Dushan-Wegner

23.06.2021

Trickdiebe mit Regenbogenflagge

von Dushan Wegner, Lesezeit 8 Minuten, Foto von David Brooke Martin
Kennen Sie die Trickdiebe, die ihren Opfern eine Pappe mit Fake-Petition vors Gesicht halten? Man wird abgelenkt, während man beklaut wird. Ähnlich ist es mit Regenbogen-Flaggen und Hetze gegen Ungarn. Man lenkt uns ab, während man uns dreist beklaut.
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Wer in diesen Jahren in Paris war, etwa als Tourist, der hat sie erlebt: Zudringliche Gestalten, die einem angebliche »Petitionen« zum Unterschreiben vors Gesicht halten. Man solle unterschreiben gegen Armut oder für gehörlose Kinder oder was denen gerade so einfällt.

Man lernt als Tourist schnell, dass es nicht wirklich um eine ernsthafte Petition geht. Es ist Steuerung von Aufmerksamkeit zum Zwecke der Neuzuteilung persönlichen Besitzes, zu Deutsch: Taschendiebstahl. Diese vermeintlich ach-so-engagierten Mitbürger sind Trickdiebe.

Die Fake-Petitionen im Namen der Fake-Moral sollen den Angesprochenen ablenken – während er bestohlen wird. Wo wir aber von Ablenkung und Bestohlenwerden reden, wären wir bei der Empörung des Tages!

Gegen ihn und gegen Ungarn

Am 23. Juni 2021, um 21:00 spielt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft (die auf eine »Grund-Idee« der »Jungkommunistin« Merkel hin, so bild.de, 9.6.2015, und im Geist des neulinken Selbsthasses nur »Die Mannschaft« genannt wird) im Gruppenfinale der UEFA-Europameisterschaft gegen die Mannschaft Ungarns. (Warum darf man überhaupt noch »Mann-schaft« sagen?)

Deutschland ist heute ein Propagandastaat, und wir fühlen heute täglich, was das konkret bedeutet (siehe Essay vom 16.6.2021). Jeder Aspekt des öffentlichen wie privaten Lebens soll von Propaganda durchdrungen sein. Die Regierung stellt, zusätzlich zum Staatsfunk, Milliardenbeträge für Propaganda bereit (siehe Essay vom 27.11.2020). Die Zeitungen helfen immer wieder aus – und kommen leider selten dazu, öffentlich anzugeben, wie viel Geld etwa via Anzeigenschaltung aus dem Propagandabudget der Regierung an die Medienkonzerne fließt.

Ein aktuell laut diskutierter Auswuchs des Propagandastaates war das Ansinnen, das Stadion des Spiels gegen Ungarn in Regenbogen-Farben zu beleuchten. Damit sollte ein »Zeichen gesetzt« werden gegen Ungarn und Orban, welche als schwulenfeindlich gezeichnet werden. Die UEFA erkannte dieses Ansinnen als das, was es ist: Instrumentalisierung des Sports für inner-europäische Polit-Scharmützel. Ich weiß, dass der Publizist David Berger nicht nur für sich spricht, wenn er kommentiert: »Als homosexueller Mann fühle ich mich von der linkischen Regenbogenhasskampagne gegen Ungarn aufs Übelste missbraucht! Nicht in meinem Namen!« (@DrDavidBerger, 23.6.2021)

Der Regenbogen sollte nicht für Toleranz werben, er wurde zur Kriegserklärung, im Namen der Schwulen. Deutschland mischt sich in ungarische Angelegenheiten ein und will eine Entscheidung des ungarischen Parlaments für »unverzeihlich« erklären. Es ist mehr als verständlich, dass Orban auf eine Teilnahme an dieser gegen ihn und gegen Ungarn gerichteten Propaganda-Veranstaltung verzichtet (siehe bild.de, 23.6.2021).

In einem aggressiven Gleichschritt, den wir zuletzt 2015 erlebten, überbietet sich die deutsche Presse unisono in geifernder Wut. Im Staatsfunk stiegen etwa die Tagesthemen am Vorabend minutenlang mit dem Thema »Regenbogenfarben« ein (tagesschau.de, 22.6.2021). Die BILD gerät in Raserei: »So stärkt die Uefa Schwulen-Hasser auf der ganzen Welt« (bild.de, 22.6.2021). Es ist ein rhetorischer Trick aus dem Giftschrank: Wer gegen die Instrumentalisierung von Schwulen für politische Scharmützel ist, der ist nach dieser Logik ein »Schwulen-Hasser« – ach, es ist ermüdend.

»Wokewashing«

Der Juni wurde von Marketing- und Propaganda-Profis im Westen zum »Pride Month« erklärt. Es ist der Monat, in welchem Konzerne sich eine Regenbogenflagge über ihr Logo kleben, um in Ländern, in denen Schwule nicht benachteiligt sind, gegen die Benachteiligung von Schwulen zu demonstrieren. In Ländern dagegen, in denen Schwule verfolgt und bedroht werden, halten sich dieselben Konzerne brav zurück. Der Fachbegriff für solche Praxis ist »wokewashing«, man »wäscht sich woke« (Beispiele: spectatorworld.com, 2.6.2021).

Die Farben des Regenbogens sind hier nur dünn auflackiert, bildlich gesprochen, und sie blättern leicht ab. Politiker und globale Akteure kleistern daheim den Regenbogen auf ihre Internet-Bildchen, sonst zeigen sie aber wenig Hemmungen, sich freundlichst mit Mullahs zu stellen, in deren Ländern öffentlich schwul zu sein am Galgen enden kann (vergleiche @modediktat, 22.6.2021). Firmen, die mit Diktatoren dealen, die im billigsten Ausland produzieren, die in Afrika unter hochinteressanten Bedingungen die Rohstoffe aus der Erde holen, schmieren in Europa und den USA die Farben vorgeblicher Moral auf ihre Gesichter. Coronatheater ist nicht das einzige Theater, das die Ach-so-Moralischen heute spielen.

Absurdität und Trennung

Es ist absurd. Schon die Symbolik des Pride-Business ist denkbar schräg. An der Oberfläche weist der Regenbogen ja eine Trennung der Farben auf. Wenn der Regenbogen ein Symbol von Vielfalt ist, dann doch graphisch ein Symbol der Vielfalt durch Trennung.

Den Regenbogen als Symbol selbst kannte man in monotheistischen Ländern vor allem aus 1. Mose 9, wo Gott ihn nach der Sintflut als Zeichen seines Bundes mit der Erde einsetzt. Der Bund Gottes mit »allem Fleisch auf Erden«, sollte der nicht beinhalten, dass die Erdenbewohner sich an die Gesetze eben dieses Gottes halten? Der Regenbogen steht in der Bibel für das Ende der Sintflut und für einen neuen Bund mit dem Gott des Alten Testamentes. Der Regenbogen soll aber heute für Dinge stehen, die, laut den Werten und Geboten der Bibel, überhaupt erst die Sintflut motivierten – verstehen Sie das? (Und wenn Sie solche Fragerei stört, dann beschweren Sie sich bei dem, der jenes Buch inspirierte. Es gilt, wie stets, Galater 4:16: »Bin ich denn damit euer Feind geworden, dass ich euch die Wahrheit vorhalte?«)

Man ist versucht, ein wenig Küchenpsychologie zu praktizieren: Ungarn spielte eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Deutschen Einheit – die Ostdeutschen wissen das – Westdeutsche wie der gewiss vollständig normale Herr Lauterbach scheinen das zu leugnen (@Karl_Lauterbach, 21.6.2021archiviert). Der linke Flügel der deutschen Politik war damals ja lange Zeit der Wiedervereinigung gegenüber eher kritisch eingestellt. Vielleicht ist für die harten Knochen unter den Linken der 11. September zwar ein Unglückstag wie für die USA, doch sie meinen damit nicht »9/11« sondern die Öffnung der ungarischen Grenze am 11. September 1989, als zehntausende DDR-Bürger über Ungarn aus dem SED-Unrecht in den Westen fliehen konnten (bundesregierung.de). Man fragt sich, ob einige Linke den Ungarn bis heute dafür böse sind – was soll auch einer fühlen, der mit der Partei, vor welcher die Ostdeutschen damals flohen, heute zu koalieren bereit wäre?

So ganz gibt die Propaganda nicht auf. Der DFB, den Zyniker sarkastisch die »Fußballbehörde des Propagandastaates« nennen könnten, wird wohl vor dem Fußballspiel gegen Ungarn kleine Regenbogenflaggen verteilen, so höre ich. Wollen wir wetten, ob sie Ähnliches demnächst bei der Weltmeisterschaft in Katar wagen werden? Es ist Moral mit der Konsistenz von Tutti-Frutti-Eis in der Wüstensonne.

Während man uns anderswo

Es ist absurd. Es ist inkohärent. Es ist das neue Normal im (fast) totalen Propagandastaat. Es wäre verständlich, wenn einer die Schnauze voll hat und sich abwendet. Jedoch, man könnte übersehen, was der eigentliche Nutzen dieses schäbigen Regenbogen-Schauspiels ist.

Die »moralischen« Petitionen der Trickdiebe von Paris, und die »moralischen« Regenbogen-Flaggen der Propaganda, sie erfüllen exakt dieselbe Funktion: Beide, die Fake-Petitionen der Taschendiebe und die Fake-Moral der Propaganda, steuern unsere Aufmerksamkeit, während man uns anderswo ausnimmt.

Die lupenreine Frau von der Leyen stimmt in die Mode des Tages ein und kündigt ein EU-Verfahren gegen Ungarn an. Die Bild-Zeitung läuft zu neuer Hochform wie zuletzt 2015 auf (bild.de, 23.6.2021).

Will man uns gar ablenken? Fußball ist ja ein bewährtes Mittel, die Aufmerksamkeit zu bündeln und umzulenken, manch fragwürdiges Vorhaben wurde im Schatten von Fußballmeisterschaften umgesetzt. Jetzt steigert man die Ablenkungskraft, indem man eine Fake-Moral-Empörung draufsattelt und Orban zum Feind aufbaut.

Der deutsche Bürger wird von der europäischen Zinspolitik enteignet. Die deutsche Abgabenlast ist weltweit die höchste. Unternehmen verlagern ihre Produktion in Länder wie genau das Ungarn, gegen welches die deutsche Propaganda jetzt hetzt. Die EU versenkt läppische 100 Milliarden Euro für angeblichen Klimaschutz – ohne feststellbaren Nutzen (welt.de, 21.6.2021). Zigtausende Menschen sind derweil unterwegs nach Deutschland, auf Deutschland großes Herz und tiefe Taschen vertrauend (welt.de, 22.6.2021).

Deutschlands Bildung fällt durch Corona weiter zurück (fr.de, 21.6.2021: »Kinder und Jugendliche haben im Distanzunterricht so wenig gelernt wie in den Ferien«) – für die Maskendealer und andere Geschäftemacher ist die Corona-Panik ein großer Reibach. Für die Zukunft der Kinder, die das alles finanzieren sollen, nachdem die Handelnden sich längst abgesetzt haben, ist die Corona-Panik psychisch und praktisch ein Desaster (zeit.de, 18.6.2021: »Mediziner warnen vor verheerenden Langzeitfolgen für Kinder und Jugendliche durch die Pandemie.«). Deutschland steuert nicht erst auf den Eisberg zu, Deutschland schrammt bereits an ihm entlang, und Eiswasser dringt ein. Die Kapitäne auf dem Deutschland-Schiff brauchen dringend Ablenkung für den bald im kalten Wasser frierenden Pöbel, und da kommt die Empörung im Namen der Moral recht – und wie ernst die Moral diesen Gestalten ist, das können wir jedes Mal aufs Neue ablesen, wenn sie wieder artig vor Mullahs und Diktatoren buckeln und grinsen, vielleicht weil sie sich ein paar Profite für parteispendende Konzerne erhoffen.

Nein, bin ich nicht.

Wenn ein Trickdieb mir eine angebliche Petition »gegen die Armut« oder »für gehörlose Kinder« vors Gesicht halten will, und ich weiche ihm aus, bin ich dadurch »für Armut« oder »gegen gehörlose Kinder«? Nein, bin ich nicht. Ich glaube vielmehr dem Trickdieb nicht, dass ihm sein Anliegen ernst ist, oder dass meine Unterschrift an dieser Stelle etwas Gutes bewirken kann. Ich vermute vielmehr, dass der Trickdieb mir seine Fake-Moral-Petition hinhält, um mich abzulenken, während sein Kumpel mich bestiehlt.

Wenn ein Konzern oder ein Politiker die Regenbogenflagge auf seine Logos pinselt oder als Flagge überall hinhängen will, und ich will davon nicht genervt werden, habe ich mich dann für die Diskriminierung von Schwulen ausgesprochen? Nein, habe ich nicht. Ich stelle vielmehr fest, dass ich der Propaganda genau gar nicht glaube, dieses Anliegen zu vertreten. Man drängt uns Fake-Moral-Empörung auf, man lenkt uns ab, während man unser Land und unsere Zukunft für die Interessen und schnellen Profite gewisser Akteure drangibt.

Rechenschaft

Es gilt heute wieder, am Irrsinn selbst nicht irre zu werden. Ich sage mir deshalb heute, ich sage uns heute: Lass dich nicht zur Spielfigur der Propaganda machen.

Du bist nicht vor denen verantwortlich, gewiss nicht was Moral und Anstand betrifft. Dein Gewissen muss sich nicht vor diesen schmierigen Figuren rechtfertigen. Du kannst sie getrost ignorieren, denn das Maß ist weit strenger: Du wirst zuletzt vor dir selbst Rechenschaft ablegen müssen, vor niemandem als dir selbst, und darauf bereite dich vor.

Lass dich nicht von Fake-Moral ablenken, während sie dir die Tasche plündern. Vor allem aber, gerade wenn wieder der Anstand verhöhnt wird, bleibe anständig!

Weiterschreiben, Wegner!

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