15.01.2025

Habeck, die Baerbock 1.1

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Bild: »Das Gegenteil von Politik«
Habeck redet Quatsch über Krankenversicherung auf Erspartes. Es hat logische Brüche, ist ungerecht und destruktiv. Aber es ist vor allem Quatsch. Im Grunde ist Habeck eine neue Baerbock – eine Baerbock 1.1.
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Vielleicht kennt ihr Nigel Richards nicht, aber ich versichere euch, dass Nigel Richards der perfekte Politiker wäre – lasst mich erklären!

Der Neuseeländer Richards gewann 2018 die Weltmeisterschaft im Scrabble. Zuvor, 2015, gewann er bereits die französische Meisterschaft – allerdings ohne Französisch zu sprechen.

Und nun, Ende 2024, gewann Nigel Richards die spanische Scrabble-Meisterschaft – ohne Spanisch zu sprechen (theguardian.com, 10.12.2024).

Scrabble ist ein Spiel, in dem es gilt, Wörter aus Buchstaben zusammenzustellen. Man würde also annehmen, dass ein Mensch, um im Scrabble erfolgreich zu sein, auch die entsprechende Sprache beherrschen sollte.

Es stellt sich nun heraus, dass ein Mensch auch gewinnen kann, wenn er die Sprache nicht beherrscht, wenn er mit den Wörtern hantiert, ohne ihre Bedeutung zu verstehen. Ähnlich wie das unter Philosophen bekannte und beliebte »Chinesische Zimmer«. Oder wie ein Roboter. Oder wie ein Politiker – womit wir schon halb beim Thema des Tages wären!

Beide Seiten dem Diktat

Der Kanzlerkandidat der Grünen, der darauf besteht, kein Schwachkopf zu sein, hat vorgeschlagen, zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auch Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden mit Sozialabgaben zu belasten (welt.de, 13.01.2025).

Nach dem Angriff der Regierung auf die Altersvorsorge via Eigenheim wollen die Grünen nun auch die Altersvorsorge via Geldsparen unattraktiv machen (bild.de, 13.01.2025).

Gleich auf den ersten Blick fallen logische Lücken und Brüche im neuesten Habeck-Vorschlag auf. Zum Beispiel: Wenn ein Privatversicherter Beiträge in eine Krankenkasse einzahlt, hat er damit auch Anspruch auf gesetzliche Krankenversicherungsleistung?

Man könnte die logischen Fehler der neuesten Habeck-Volte diskutieren, doch eine Diskussion über Logik setzt voraus, dass beide Seiten sich dem Diktat der Logik unterwerfen.

Man könnte auch versucht sein, die Emotionalität und das Weltbild der Grünen anzuführen, um die Prämissen solcher Ideen zu verstehen.

Auch eher dunkel

Auf Instagram verteidigen die Grünen den Habeck-Unsinn mit einer bunten Infografik (Die Grünen auf Instagram, 14.1.2024). Und auf der ersten dieser Textkacheln führen die Grünen vier Beispielpersonen an: »Mia, Pflegerin«, »Tanja, Unternehmerin«, »Amar, Selbstständiger« und »Kapitalhai«.

Der Name Amar klingt nicht nur nach »Migrationsgeschichte«, in der Grünen-Grafik ist seine Haut auch eher dunkel.

In der Auswahl von Beispielpersonen verraten die Grünen ebenso ungewollt wie maximal ehrlich, wie ihr Menschenbild die Menschen aufteilt: weiße Frauen (Mia, Tanja), farbige Männer (Amar) – und Kapitalhaie.

Wo sind die weißen Männer in der Grünen-Grafik, also – seien wir ehrlich – die Gruppe, die das finanzielle Rückgrat des deutschen Wohlstands bildet?

Die weißen Männer sind für die Grünen allesamt »Kapitalhaie«. Nein, in der Grünen-Sekte sieht man Herrn Habeck nicht als alten weißen Mann, für die ist er »der Robert«.

Wir werden den Vorschlag Habecks aber weder logisch verstehen noch widerlegen. Es ist nicht logisch – und doch ist es roboterhaft, und dieses Roboterhafte gilt es zu verstehen.

Aussetzer sind quasi »Bugs«

Herr Habeck mag in seinen Äußerungen auffällig inkompetent wirken, doch jede sinnvolle Debatte über Habecks Kompetenz würde voraussetzen, dass Habeck überhaupt versucht, sein Gesprochenes mit einem konkreten Weltwissen in seinem Kopf abzugleichen.

Tatsächlich wiederholt Habeck vermutlich einfach nur Wörter, mit denen er bei Journalisten und anderen Menschen auf seinem Denkniveau guten Anklang findet.

Wenn eine »künstliche Intelligenz« einen politischen Kandidaten aufstellen würde, dann würde er so ähnlich sprechen wie Herr Habeck. Habeck wirkt wie eine der frühen Versionen künstlicher Intelligenz, und seine zahlreichen Aussetzer sind quasi »Bugs«.

Da frühe KI-Sprachmodelle über kein eigenes inneres Konstrukt der Welt verfügten, beschränkten sie sich tatsächlich darauf zu sagen, was nach statistischer Wahrscheinlichkeit als nächstes Wort folgen könnte (ähnlich wie die Wortvorschläge im Smartphone).

So entstanden Sätze, die sinnvoll klangen und die von der KI mit großer Selbstsicherheit formuliert wurden – die sachlich aber schlicht Unsinn waren. Dieses Phänomen wird Halluzination genannt: Primitive, frühe KI sagte, was ihre Zielgruppe wahrscheinlich hören wollte, unabhängig von der tatsächlichen Realität – ähnlich wie manche Politiker.

Es ist eine Gemeinsamkeit früher künstlicher Intelligenz mit Grünen-Politikern, die beide von normalen Menschen unterscheidet: Wenn man einen normalen Menschen länger reden lässt, wird er nach und nach sein eigenes Denken reflektieren, er wird also logischer und kohärenter werden. Je länger man aber Grüne und frühe künstliche Intelligenz reden lässt, umso eklatanter wird der Mangel an stimmigen zugrundeliegenden Weltmodellen.

Fast wörtlich

Vielleicht habt ihr es gemerkt: Ich habe gerade Gedanken aus einem Essay des Jahres 2021 zitiert. Der Text hieß »Merkel sucht den Nachfolgeroboter« und handelt davon, dass Baerbock ähnlich auftritt wie die (damalige) künstliche Intelligenz: Wie ein »Sprachmodell« sagt sie Dinge, von denen es wahrscheinlich ist, dass sie im Publikum eine bestimmte Reaktion erzeugen.

Ich erwähnte damals schon das Chinesische Zimmer, und dort schrieb ich auch mehr dazu. Einen Absatz jenes Essays habe ich hier sogar fast wörtlich übernommen, habe bloß den Namen ausgetauscht, denn damals schrieb ich: »Frau Baerbock wiederholt vermutlich einfach nur Wörter, mit denen sie bei Journalisten und anderen Menschen auf ihrem Denkniveau guten Anklang findet.«

Im Grunde ist Habecks öffentliches Auftreten methodisch eine nur minimal verbesserte Version Baerbock. Habeck ist nicht Baerbock 2.0, höchstens »Baerbock, Version 1.1«.

Habeck sagt Wörter, von denen er meint, dass sie bei seinen Wählern ankommen. Wenn in Habecks Kopf ein Weltmodell existierte, auf welches seine Aussagen bauen würden, würde sein Kopf nicht so schwach durchdachte Dinge hervorbringen.

Problematisch, gefährlich und zerstörerisch werden all die Quatsch-Aussagen der Grünen dadurch, dass die tatsächlich versuchen, diesen Quatsch umzusetzen. Oder wie ich anderer Stelle schrieb: Die Grünen sind »eine Partei wie ein Affe mit Maschinengewehr«.

Seitdem viel intelligenter

Habeck, Baerbock und manches weitere Personal des Propagandastaates erinnern an eine frühe Version künstlicher Intelligenz. Sie scheinen einfach nur Wörter zu reproduzieren, von denen sie erwarten, dass diese eine bestimmte Reaktion hervorrufen.

Ich legte euch einen solchen Vergleich schon mal vor, vor knapp vier Jahren. Künstliche Intelligenz ist seitdem viel intelligenter geworden. Anders als gewisse Politiker verfügt künstliche Intelligenz seitdem über Filter, Logik und wissenschaftliche Weltmodelle, welche das Gesagte formen und überprüfen.

Künstliche Intelligenz kann Dinge sagen, die sinnvoll klingen oder auf andere Weise wirken – ähnlich wie Politiker –, und doch merken wir früher oder später, dass die Maschine nicht versteht, was sie redet – ähnlich wie Politiker.

Bedeutung ist hinderlich

Nigel Richards wurde französischer und später spanischer Meister im Scrabble, indem er die jeweiligen Wörterbücher auswendig lernte.

Nigel Richards wäre der perfekte Politiker: Er könnte Beliebiges sagen. Solange es bei seiner Zielgruppe ankäme, würde es ihm nicht wehtun, wenn er Unsinn erzählte, denn er versteht den Sinn seiner Worte ja nicht.

Ja, vermutlich hat Nigel Richards einen handfesten Vorteil gegenüber der Konkurrenz, die die jeweilige Sprache beherrscht!

Ob Scrabble-Spieler, Soziopathen oder professionelle Politiker: Es ist von Vorteil, wenn einem die Bedeutung seiner Worte nicht im Weg steht.

Weiterschreiben, Wegner!

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