24.05.2025

Vorsicht, Bielefeld! Es ist Glas im Gras.

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten
Mutmaßlicher Islamist soll Feiernde in Bielefeld niedergestochen haben. Wie aber regieren die »Guten« in Bielefeld? Richtig: Demo gegen Rechts. – Das »Gute« in Deutschland, braucht es eine Therapie?

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Ihr habt gehört, was in Bielefeld passiert ist. Ein mutmaßlicher Islamist, Messer, lebensgefährlich verletzte Feiernde. Den Rest könnt ihr aus dem Kopf zu Ende zeichnen, und ihr werdet wahrscheinlich richtig liegen. Es ist schrecklich.

Und nun passiert etwas, als Anti-Reaktion darauf, das ist wieder dadurch schrecklich, dass es schrecklich dumm ist.

Weil es mir aber nicht einfach fällt, einfach so über so schreckliche Dinge zu berichten, will ich eine Geschichte erzählen – ähnliche Mechaniken, weniger schreckliche Fakten.

Dinge zu haben

Stell dir also vor, du und ich beide verbringen einige Zeit in einem schönen Stadtpark.

Es ist ein sonniger Sonntag, später wollen wir auf dem Parksee eine Runde mit dem Ruderboot drehen. Es ist schön, Dinge zu haben, auf die man sich freuen kann!

Weil es so schön ist, reden wir beide über Gott und die Welt, und ob die beiden zuletzt womöglich Kommunikationsprobleme haben – und an wem es liegt.

»Gott und die Welt brauchen eine Paartherapie«, so scherze ich, und du warnst: »Vorsicht, was, wenn der Paartherapeut dem lieben Herrgott empfiehlt, sich eine Auszeit von uns zu nehmen?«

Ich lache, und ich sage: »Tut Er das nicht? Nimmt Er sich nicht eine ausgedehnte Auszeit, zumindest in Gestalt seines Sohnes, seit 2000 Jahren schon? Wollte der nicht wiederkommen, noch zu Lebzeiten seines damaligen Publikums?«

»Wen wundert’s«, sagst du, und zuckst mit den Schultern, »die Leute waren auch nicht so wirklich nett zu ihm, als er das letzte Mal hier war.«

Noch während ich überlege, was ich Geistreiches erwidere, ist es nun an dir, mich erneut zu warnen.

»Vorsicht!«, rufst du, »da ist Glas im Gras! Schneide dich nicht!«

Dein Rufen hat mich erschreckt. Der Glas-Gras-Binnenreim lässt mich deine Warnung für einen Scherz halten. Ich antworte, indem ich dir herzlich auf die Schulter klopfe: »Du mit deinem Quatsch immer!«

Du willst mich zurückhalten, doch ich reiße mich los.

»Da ist nichts im Gras«, sage ich, und schreite voran.

»Nein!«, rufst du noch, »da ist wirklich Glas, es wird dich schneiden!«

Es nutzt nichts.

Ich unternehme den nächsten Schritt.

Ich trete ins Glas, und schneide mir den Fuß auf, bis an die Sehnen, bis auf die Knochen. Blut überall.

Ach, jetzt wurde auch diese Geschichte schrecklich. Ich lasse es aber so stehen.

Das eigentlich Schreckliche an dieser ausgedachten Geschichte sind meine nächsten verbalen Handlungen.

Du tust dein Bestes, die Blutung an meinem übel zugerichteten Fuß zu stillen. Du sorgst dafür, dass jemand den Krankenwagen ruft.

Du kümmerst dich um meine Wunde. Ich aber brülle dich an, beschimpfe dich, warum auch immer: »Du mit deiner Warnung! Böse war das von dir! Du wolltest mich nicht vorm Glas warnen. So viel Gras ist ohne Glas. Du wolltest mir bloße den Spaß am sonnigen Sonntag nehmen!«

Du wunderst dich, sprichst meine Reaktion zunächst dem Schock und Blutverlust zu.

Man bringt mich ins Krankenhaus. Noch während man meinen aufgeschnittenen Fuß wieder zusammenflickt, schimpfe ich weiter über dich: »Der Kerl hasst den Spaß im Gras! Ihm geht es nicht um meinen Fuß, um irgendeinen Fuß. Ihm geht es nur darum, uns allen das Leben zu vermiesen!«

Ich rufe vom Krankenhaus alle unsere Bekannten an, und erzähle ihnen, was für eine fiese Ratte du doch bist.

Es ist ein trauriges Zeichen unserer Zeit, dass überraschend viele Leute mir tatsächlich glauben. Zur Vorsicht kündigen sie dir lieber die Freundschaft – oder auch nur Bekanntschaft. Sicher ist sicher.

An diesem Punkt der Geschichte bist du traurig – womöglich auch als Leser – und du fühlst dich allein, verlassen. Du verstehst die Welt nicht mehr, du verstehst mich nicht. Das ändert nichts daran, dass du kühl diagnostizieren musst, dass ich offenbar verrückt geworden bin.

Wenn ein Freund verrückt und noch dazu böse wird, ist es auf gewisse Weise schlimmer, als wenn er gestorben wäre. Beim Verrückten hoffen wir immerzu, dass er wieder »zu sich kommt« – und seine böse, aber lebendige Präsenz erinnert uns immerzu an den Menschen, den der Wahnsinn uns genommen hat.

Zur Meldung zurückkehre

So weit diese, äh, »Geschichte«. Wie würdet ihr mit mir umgehen, wenn ich so ein »Freund« wäre? Schreibt es in den Kommentaren bei YouTube.

Lasst mich aber jetzt noch schnell zur Meldung zurückkehren, die diesen Text inspirierte.

Am 18. Mai 2025 soll der 35-jährige Mahmoud Mhemed in der Bielefelder Innenstadt auf Menschen eingestochen haben. Fünf Verletzte, zwei lebensgefährlich (so berichtet etwa apollo-news.net, 24.05.2025).

Mahmoud Mhemed soll sich bei der Festnahme zum »Islamischen Staat« bekannt haben, und er soll Kontakte zu polizeibekannten Islamisten gepflegt haben. Mhemeds reiste, so die Berichte, im Jahr 2023 unerlaubt nach Deutschland ein, interessanterweise über Tschechien.

Sein Asylantrag wurde abgelehnt, und gemäß der Logik des besten Deutschlands aller Zeiten hat er deshalb eine Aufenthaltserlaubnis bis Februar 2027. (Seine laut BILD-Zeitung acht Identitäten, unter denen er in Deutschland unterwegs war, halfen wohl dabei.)

Nun, wie reagiert man in Bielefeld?

»Solidarität, Vielfalt und Menschlichkeit«

Das »Bielefelder Bündnis gegen Rechts« rief auf Instagram zu einer »Demo gegen Rechts« auf (via Instagram, 23.5.2025; archiviert).

In der Begründung praktizieren sie eine Technik, die ich im Buch Talking Points als »Zuschreibung böser Intention« erkläre.

Über jene, welche der Opfer gedenken wollen, wissen die »Guten« mit geradezu hellseherischem Einblick in die Psyche ihrer Gegner zu berichten: Die Rechten »behaupten, für „Sicherheit“ einzutreten – doch in Wahrheit geht es ihnen um Hetze, um Spaltung, um die Zerstörung eines Zusammenlebens, das auf Solidarität, Vielfalt und Menschlichkeit beruht.«

Wenn du keine Argumente hast, wenn die Realität selbst das brutalste Gegenargument ist, dann verweigere einfach die Debatte, etwa indem du dem Gegner böseste Absicht unterschiebst – und blase dann zum Gegenangriff!

Allein unter ihnen

Wir könnten wiederum spekulieren, was in den Köpfen der Leute vorgeht, die solches von sich geben. Mögliche Stichworte wären etwa »Projektion«, oder: »Wirf dem Gegner vor, wessen du selbst schuldig bist«. Doch was sollte der nützliche Zweck solcher küchenpsychologischer Vermutungen sein?

Ich halte nüchtern fest: Das Verhalten mancher »Guten« bringt einiges mit, was es braucht, um »verrückt« genannt zu werden.

Natürlich sind diese »Guten« gefährlich, natürlich zerstören sie das Zusammenleben und rauben dem Land die Menschlichkeit.

Doch sie geben den »Normalen« unter uns auch das bittere Gefühl, allein zu sein. Allein gegen den Wahnsinn – allein unter Wahnsinnigen.

Wenn ihr aber euch im Angesicht solchen Wahnsinn bisweilen allein fühlen solltet, kann ich euch versichern: Damit zumindest seid ihr nicht allein.

Eine Sache noch

Die Gegen-Rechts-Kämpfer werden sich nicht freiwillig in Therapie begeben.

Die werden nicht einmal therapeutisches Ruderbootfahren im Stadtpark probieren. (Schade eigentlich: Mal wieder einfach nur Gras und Wasser zu fühlen, möglichst ohne Glas oder gefährliche Tiere, soll wirklich heilend für die Seele sein.)

Warum sollten sie auch Hilfe suchen?

Wie der Geisterfahrer, der alle übrigen Autofahrer für Geisterfahrer hält, halten die sich für »die Guten«, und damit für richtig und ohne Korrekturbedarf. Die sind verloren.

Doch Gott und diese Welt sollten definitiv eine Paartherapie erwägen.

Mindestens einer von beiden versteht den anderen nicht – und zwar sehr gründlich nicht.

Weiterschreiben, Wegner!

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