Letzte Woche war so ein Tag, da stolperte ich am Nachmittag noch in den Supermarkt und wollte etwas zum Abendessen holen. Ich überlegte, was wir noch alles daheim haben. Ich ging im Kopf den Kühlschrank und die Regale durch. Und dann merkte ich, wie meine Einkauf-Instinkte zum Seilziehen antraten. Ich konnte etwas Fertiges kaufen, das gefroren aus der Fabrik gekommen war. Oder ich konnte ganz frisch Gurken, Auberginen und Zuchinis kaufen, und was man sonst noch so braucht für ein ordentliches Schnitzel – aber das würde garantiert Arbeit mit sich bringen. Wofür würde ich mich entscheiden? Für das Einfache, oder für das Anstrengende, das ich wirklich wollte?
Wer Kinder hat, der weiß, dass die Magie und die Verantwortung des Elternseins über Tage, wenn nicht sogar über Wochen hinweg hinter Pflichten und Tagesroutine verschwinden können. Man macht seinen Job als Tierpfleger und Dompteur des gesellschaftlichen Nachwuchses ja nicht unbedingt schlecht, man besinnt sich nur vielleicht zu selten.
Letztens haben Elli und ich dann doch über eine dieser Besinnungsfragen gesprochen, nämlich: Wenn wir unseren Kindern nur eine einzige Weisheit mit auf den Weg geben könnten, was wäre es?
Natürlich gibt es auf eine solche Frage nicht die eine, endgültige Antwort. Natürlich wäre es keineswegs falsch, wenn ich im Geiste meiner Relevanten Strukturen mit „Ordne deine Kreise!“ antwortete. Dennoch scheint es notwendig, diese mitzugebende Weisheit immer wieder neu zu formulieren. Man bereitet ja den Salat nicht nur einmal, am Anfang des Jahres, zu, sondern immer wieder neu. Und Fertigschnitzel sind sowieso nur panierte Verzweiflung. Man isst sie, aber man redet nicht öffentlich darüber.
Nun, die eine Weisheit, die ich meinen Kindern heute mitgeben würde, wäre wohl diese:
Verwechsle nicht das Einfache mit dem Richtigen – und auch nicht das Komplizierte. Handle danach, was die dir wichtigen Kreise stützt, nicht danach, was dir einfach oder schwer fällt.
Wir könnten es auch als negative Warnung formulieren:
Das Einfache ist nicht unbedingt das Richtige. Das Komplizierte auch nicht.
Das Einfache zu tun ist verführerisch, aber es kann das Leben schnell sehr kompliziert werden lassen.
Auf eine Reise hin zu sparen ist kompliziert, die Reise auf Kredit zu unternehmen fühlt sich einfach an – das Leben auf Pump ist aber noch viel komplizierter als im Vorfeld zu sparen.
Sich selbst frisches Essen zuzubereiten ist kompliziert und Fastfood scheint einfach – sich später übergewichtig von Arzt zu Arzt zu schleppen ist dann wieder nicht mehr einfach.
Ein Ingenieursstudium ist komplizierter und anstrengender als Was-mit-Medien oder Regionalwissenschaften Wolkenkuckuckshausen. Dafür gestaltet sich die Lebensplanung deutlich einfacher, wenn man sich Arbeitgeber, Wohnort und Gehalt weltweit aussuchen kann, als wenn man sich von Projekt zu Projekt bei dubiosen Stiftungen und Vereinen verdingen muss.
Und, wieder das Jahrtausendthema: Ersthilfe vor Ort in Afrika wäre kompliziert, und die Grenzen zu öffnen schien einfach – dafür wird es jetzt viel, viel komplizierter.
Ich habe das Gefühl, dass diese Regel weiter greift als nur die Zukunft meiner Kinder.
Das Einfache ist nicht unbedingt das Richtige. Das Komplizierte auch nicht. Das Richtige ist das Richtige.
Ich gehe jetzt zu Mittag essen. Pasta mit frischem Gemüse, von Elli zubereitet. Das finde ich richtig, und richtig lecker.