05.10.2024

Das Marsproblem ist nicht Sauerstoff, sondern deine Psyche

von Dushan Wegner, Lesezeit 3 Minuten
Elon Musk sagt, dass die Zukunft der Menschheit im All liegt. Doch der Mensch kann sich nicht selbst entfliehen, und wenn er auf den Mars fliegt. Erst wenn wir unser Inneres heilen, wird die Reise zu den Sternen mehr als nur eine Flucht sein.

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Träumen die Menschen davon, den Mars zu besiedeln? Ich weiß es nicht. Ich träume nicht davon. Aber Elon Musk träumt davon, die Menschheit zu einer interplanetary species zu machen, und er tut es auf die für ihn typische, charismatische Weise:

I think there is a strong humanitarian argument for making life multiplanetary… in order to safeguard the existence of humanity in the event that something catastrophic were to happen. (Quelle: International Astronautical Congress, 2016, Elon Musk)

Auf Deutsch etwa:

Ich denke, es gibt ein starkes humanitäres Argument dafür, das Leben multiplanetar zu machen … um die Existenz der Menschheit zu sichern, falls etwas Katastrophales passieren sollte.

»A new life awaits you in the off-world colonies! A chance to begin again in a golden land of opportunity and adventure!«, so verspricht die Werbung im Film »Blade Runner« (siehe YouTube) – »Ein neues Leben erwartet dich in den Außerwelt-Kolonien! Eine Chance, neu anzufangen in einem goldenen Land voller Möglichkeiten und Abenteuer!«

Wäre Mars dieses »goldene Land voller Möglichkeiten und Abenteuer«?

Ignorieren wir einmal all die technischen Herausforderungen, die sich etwa aus den Temperaturen, der Abwesenheit alles zum Leben Notwendigen und den begleitenden psychischen Herausforderungen ergeben. (Musk scheint diese Problemchen ja auch zu ignorieren, zumindest bei seinen öffentlichen Auftritten.)

Ich sehe ein tiefgreifenderes Problem: Die Probleme, vor denen wir entfliehen würden, seien es Krieg, Kriminalität oder idiotische Ressourcenverteilung, sind doch in der menschlichen Psyche begründet.

Nicht die Schwerkraft und nicht der Sauerstoff sind das größte Marsproblem, nicht einmal die lange Reise ohne absehbare Wiederkehr. Das eigentliche Marsproblem ist, dass wir Marsreisenden unsere Psyche und ihre Dämonen mitbringen würden.

Man kann den Menschen von der Erde nehmen, aber nicht die Erde aus dem Menschen. Wir nehmen unsere Eifersucht, unsere Gier, unsere Selbstzweifel und Zerstörungswut mit – wohin auch immer wir fliehen. Die Menschheit würde auf dem Mars doch nicht plötzlich zu einer klügeren Spezies!

Wenn wir die Probleme unserer Psyche nicht lösen – oder zumindest verstehen –, dann wird der Mars nur eine neue Bühne für dasselbe alte Drama sein.

Aus indirektem Grund bin ich ein großer Fan der Planung und Erforschung von Marsreisen! Wenn wir endlich uns selbst gut genug erkennen, um die Reise zum Mars und dann dessen Besiedelung angehen zu können – dann wird eine Reise zum Mars keine Flucht sein (müssen).

Ich muss in diesem Kontext an jene Migranten denken, die von einem Land in ein anderes migrieren, auf der Flucht vor unangenehmen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Da sie aber ihre Kultur und Denkweisen ins neue Land mitnehmen, errichten sie am Zielort wieder genau das, wovor sie doch flohen.

Bevor wir den Mars besiedeln, sollten wir dringend zumindest die destruktivsten menschlichen Neigungen in den Griff bekommen. Wenn wir aber lernen, unsere menschliche Natur zu heilen (und dies magischerweise ohne Zwang, Manipulation und Totalitarismus gelingt), dann brauchen wir den Mars gar nicht mehr!

Wenn wir lernen würden, unsere eigenen inneren Konflikte zu lösen, dann hätten wir die Antwort auf alle Probleme, die uns jetzt plagen – hier, auf der Erde.

Ja, plant eure und unsere Reise zum Mars. Beginnt eure Marsplanung damit, die Probleme zu verstehen, welche die Flucht zum Mars ĂĽberhaupt erst notwendig machen werden.

Stellt euch euren Dämonen, die euch schon hier auf der Erde plagen – und dann wagt schon hier auf der Erde euren Neuanfang, voller Möglichkeiten und Abenteuer.

Weiterschreiben, Wegner!

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