Ich will stets ehrlich sein, und also gestehe ich offen, dass ich unter den Menschen eine bestimmte Gattung bevorzuge, und zwar jene, welche sowohl sich als auch mir die harten, potenziell schmerzhaften Fragen stellen.
Eine der schmerzhaftesten und zugleich notwendigsten Fragen lautet, immer wieder: »War’s das wert?«
Eine Variante dieser Frage, in der Gegenwart gestellt, ist natürlich: »Ist es das wert?«
Und wer lebensklug ist, der wird die Frage auch mal vorab stellen: »Wird es das wert gewesen sein?«
Ich kenne zwei oder drei Menschen, die immerzu darüber klagen, wie schrecklich das Ergebnis ihrer jüngsten Entscheidungen ausfiel. Man fragt sich, wieso sie es denn taten, man weiß es aber. Diese Leute tauschten das Hochgefühl oder auch mal die Sicherheit des Moments gegen die Zufriedenheit, ja sogar gegen die Sinnhaftigkeit später.
Ja, später sind sie dann unglücklich, und sie schimpfen und sie fluchen – »warum passiert das immer mir?« – und man wünscht sich zu deren eigenem Wohle, sie würden einmal nur die Frage vorab stellen, ob der Spaß und das Problemvergessen des Moments die Konsequenzen wert gewesen sein werden.
Jedoch, wir kennen doch auch Menschen, welche ihre Zähne zusammenbeißen und die echten Probleme frontal angehen, welche Realitäten eben nicht ausweichen. Kluge, starke Menschen, die auf kleine Vergnügen und Ablenkungen verzichten, die echte Werte leben statt sie nur von anderen zu fordern, die täglich auf gute Ziele hinarbeiten. Und oft genug – wenn auch leider nicht immer – sind es dann diese Menschen, die später auf ihr Werk zurückblicken können, und die sagen: »Das war’s mir wert.«
Das Private ist heute bekanntlich immer politisch, und das Politische greift ja ohnehin seit Menschengedenken ins Private hinein – auch dafür ist es ja da. Man möchte doch auch Nationen und sogar ganze Hemisphären dazu auffordern, sich immer wieder und vorab zu fragen (etwa vor einem Krieg): »Wird es das wert gewesen sein?« (Ein Krieg kann gegen ein Nachbarland geführt werden, oder, wie Deutschland es in diesen Jahren versucht, gegen die Realität selbst, doch auch da ist die Frage: Wird es das wert gewesen sein? Und: Was genau war eigentlich der Wert.)
Ja, ich schätze jene Gattung Mensch, die sich selbst und anderen so hart wie offen die wichtigen Fragen stellt, und diese Gattung ist eine, die jedem offensteht, der die emotionale Kraft und Mühe aufbringt, die wichtigen Fragen zu stellen.
Kants Imperativ besagt, man solle so leben, dass davon allgemeingültige Regeln abgeleitet werden könnten. Ich seufze, denn ich bin zu zynisch und zugleich zu bescheiden, um durch mein Handeln globale Regeln aufstellen zu wollen.
Ich will heute einen neuen Imperativ ausprobieren: »Lebe und handle stets so, dass du ehrlich sagen kannst: ›Das war’s mir wert!‹« (Und dann kannst du dir übrigens auch mein aktuelles T-Shirt anziehen, auf welchem genau das draufsteht.)