05.03.2025

Afghanistan, Ukraine, Weltall (und Deutschland zahlt die Verluste)

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Bild: »Die Realität des Propheten«
Wer heute die Realität betrachtet und dann die naheliegendsten nächsten Entwicklungen vorhersagt, den könnte man glatt für einen »Propheten« halten, und zwar für einen »verrückten« Propheten! ABER: Das, was auf uns zukommt, ist eben »verrückt«!
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Die schlechte Nachricht ist: Es hat wohl nicht geklappt, zumindest nicht beim ersten Anlauf – der Kontakt zu Odin ist verloren. Die gute Nachricht ist: Man will es bald wieder versuchen.

Ihr fragt euch: Für wen »schlecht«? Für wen »gut«? Und warum Odin? – Lasst mich erklären. Und lasst mich die Erklärung erklären, denn wir sind »mittendrin«.

Als verrückt erscheinen

Es war die beste aller Zeiten, es war die schlechteste aller Zeiten, so schreibt Charles Dickens. Dies aber sind solche Zeiten – für manche Unternehmer und manchen Propheten unter euch und auch für mich als einen, der Essays schreibt. Ich will heute über eine aktuelle Meldung sprechen, welche die meisten von uns beinahe übersehen hätten. Und ich will mich auf einen Essay von 2018 beziehen.

Wer heute die Realität betrachtet (und darin besonders die weniger laut berichteten Nachrichten) und daraufhin die naheliegendsten nächsten Entwicklungen vorhersagt, den könnte man glatt für einen »Propheten« halten, und zwar für einen »verrückten« Propheten! Aber: Das, was auf uns zukommt, ist eben »verrückt«!

Für den Propheten sind genau diese genau heute die schlechtesten aller Zeiten insofern, als die bereits begonnenen Umstellungen die Koordinaten unserer Realität derart verrücken werden, dass der Prophet, dessen Job es doch ist, die Veränderungen zu sehen und dann Bericht zu erstatten, als verrückt erscheint.

Der totale Knick

Die Unprophetischen verstehen – unter anderem – nicht, dass ein »scharfer Knick« in der Menschheitsgeschichte noch immer Jahrzehnte oder viel länger dauern kann – und viel mehr. Die neolithische Revolution, sprich: die Entdeckung des Ackerbaus, war ein »scharfer Knick« in der Geschichte, doch tatsächlich war es eine Phase von mindestens fünftausend Jahren. Der Untergang des Weströmischen Reichs war ein »scharfer Knick«, der etwa 300 Jahre dauerte. Die Industrielle Revolution brauchte mehr als ein Jahrhundert, bis tatsächlich auf der ganzen Erde industrielle Gesellschaften dominierten.

2018 hatte ich geschrieben: »Man redet heute über Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz oder menschliche Organe aus dem 3D-Drucker. Es gibt sogar Leute, die träumen von der Rohstoffgewinnung auf Asteroiden, und wem das gelingt, der wird gewiss der reichste Mensch in der Geschichte werden – kein Wunder, dass auch der reichste heute lebende Mensch sich in privater Raumfahrt versucht, er will ja seinen Status nicht verlieren! (»Das Feuer in der Faust«, 9.8.2018)«

Seitdem habe ich es noch ein paar mal erwähnt, dass mindestens zwei der reichsten Leute der Welt unglaubliche Summen in die scheinbar »verrückte« Idee investieren, auf Asteroiden nach Rohstoffen zu bohren. Es sind dieselben Rohstoffe, um die unter anderem in der Ukraine gefeilscht wird. Ja, die Rohstoffe, die es braucht, um Künstliche Intelligenz zu betreiben.

Intelligenz in den Kulturen

Der Grund, warum Künstliche Intelligenz so wichtig ist, lässt sich mit einem Gedankenexperiment beschreiben: Wenn man allen Individuen, Familien und Völkern alles Vermögen wegnehmen würde, dann würde der Wohlstand in hundert Jahren doch wieder sehr ähnlich verteilt sein wie heute. Warum? Weil eine Intelligenz in den Traditionen und Kulturen existiert, und entgegen moderner Lebenslügen sind manche Traditionen und Kulturen intelligenter als andere.

Um wie viel intelligenter eine Kultur ist als die andere, lässt sich diskutieren – aber wie soll dies gemessen werden? Doch nehmen wir an, dass der Unterschied vielleicht zwanzig oder fünfzig oder sogar hundert Prozent beträgt – der daraus resultierende Unterschied in Macht und Vermögen wird zuverlässig ein Vielfaches sein.

Und nun stellt euch vor, dass eine Nation oder ein Konzern – oder wohl präziser: ein Machtzentrum, dessen rechtliche Definition dann weder möglich noch relevant ist, auch da es eine eigene Kategorie bildet und diese also allein besetzt – zu Denkleistungen und Vorhersagen fähig ist, deren Intelligenz andere Machtzentren um ein Vielfaches übertrifft. Wenn bereits die moderaten kulturell bedingten Intelligenzunterschiede von heute zu solcher Disparität führen, wie wird die Verteilung von Macht, Reichtum und Wohlstand dann sein, wenn ein Machtzentrum alle übrigen an Intelligenz dermaßen übertrifft? Stellt euch eine Macht vor, die auch die kleinste Schwäche ihrer Gegner erkennt, die jede Chance zur Vergrößerung der eigenen Macht sieht und zuverlässig weiß, was der Gegner tun wird, lange bevor dieser es selbst weiß.

Diese Macht bräuchte, um entstehen zu können, vor allem zwei Ressourcen: KI-Algorithmen und die Rohstoffe für die Chips, auf denen diese Algorithmen laufen, siehe Ukraine, siehe Afghanistan, siehe Asteroiden im Weltall.

China den Gefallen tun

Ende Februar 2025 hat eine Firma namens »AstroForge« einen Satelliten ins Weltall geschickt. Der Slogan der Firma lautet: »We mine Asteroids.« (siehe astroforge.com). Dieser Satellit trug den Namen »Odin«. Inspiriert vom nordischen Gott gleichen Namens sucht man wohl Weisheit im All. Oder nach Möglichkeiten, Rohstoffe aus Asteroiden zu extrahieren. Hinter AstroForge stehen amerikanische Wagniskapital-Investoren, und zwar recht »konventionelle« Namen wie Y-Combinator – es ist nicht »Science Fiction«, es ist einfach Business. (Und natürlich war es SpaceX von Musk, die den Satelliten erfolgreich ins Weltall brachte.)

Die erwähnte schlechte Nachricht aber ist nun wohl, dass AstroForge den Kontakt zu »Odin« verloren hat (futurism.com, 3.3.2025). Schon zuvor hatte der CEO von AstroForge erklärt, er sei maximal nervös, wörtlich: »terrified« (cnn.com, 25.2.2025). Doch der CEO kündigte bereits an, es innerhalb von Monaten erneut versuchen zu wollen (yahoo.com, 2.3.2025).

Das ist die Lage der Welt heute: In Afghanistan extrahieren vor allem chinesische Firmen die Rohstoffe (siehe Grok). Dabei könnte die lokale Bevölkerung »stören« und sich gegen die Ausbeutung wehren, also tut Deutschland den Chinesen den Gefallen – so könnte man mutmaßen –, flugzeugweise junge Afghanen aufzunehmen (bild.de, 5.3.2025).

Trump verhandelt gerade hart und weiter mit der Ukraine, um den USA den Zugang zu den dortigen Mineralien zu sichern (siehe Essay »USA machen Deals, aber wir derweil …«). Damit die Amerikaner die Mineralien sicher aus der Erde holen können, braucht es militärische Hilfe – wenig überraschend hat Zahltrottel Deutschland erklärt, dies auf Pump zu finanzieren (tagesschau.de, 4.3.2025). (Während ich dies schreibe, wird gemeldet, dass Trump der Ukraine auch keine Geheimdienst-Infos mehr geben wird; bild.de, 5.3.2025 – etwas, das die EU nicht liefern kann – anders als Bargeld und Waffen.)

In diesem Sinne sind dies die »besten« aller Zeiten – für den, der sie beschreibt: Die Welt wird sehr bald eine sehr andere sein, und sie zu beschreiben ist tatsächlich aufregend. Und natürlich die beste aller Zeiten für die, die sich auf die Kunst des Profits im ganz großen Maßstab verstehen.

Dies sind aber auch die »schlechtesten« aller Zeiten. Es sind die »schlechtesten« Zeiten für Propheten, deren naheliegendste Prophetie noch immer wie irre Science-Fiction klingt und entsprechend wenig Abnehmer findet. Und es werden »die schlechtesten aller Zeiten« sein für die Millionen und Milliarden Menschen, die nicht von den neuen Grundrissen der Realität profitieren werden. Für die könnten sie den Absturz in einen bislang nur zu erahnenden Abgrund bedeuten – angewiesen auf die eigene fehlbare Intelligenz.

Die ersten Zeilen

Die Passage von den schlechtesten und den besten aller Zeiten ist die Eröffnung der Geschichte aus zwei Städten. Die »zwei Städte« meinen die soziale Teilung innerhalb einer Stadt – die »zwei Städte« sind Menschen aus sehr unterschiedlichen sozialen Gruppen.

Dies sind die schlechtesten und die besten aller Zeiten, und dies sind die ersten Zeilen der Geschichte zweier Realitäten. Die Hoffnung des Einzelnen, dass er seine eigene »Story in der Story« doch selbst schreiben kann.

Weiterschreiben, Wegner!

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