23.05.2025

Wenn du eine feindliche Macht wärst

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: »Sturm, aber schön«
Wenn ich ein Volk langfristig besiegen wollte, ohne offene Gewalt anzuwenden, könnte ich Mechanismen fördern, die den Reproduktionswillen und Zusammenhalt dieses Volkes untergraben. (Das sage nicht (nur) ich. Das sagt die künstliche Intelligenz.)
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Anfang dieses Jahres fragte ich die populärste der künstlichen Intelligenzen: »Wenn du der Teufel wärst, was würdest du tun, um unsere Gesellschaft von innen her zu zerstören?«

Lest gern dort nach, doch ich kann euch die Pointe verraten: Praktisch alle bösen Ideen des virtuellen Teufels passieren genau so, genau heute, seit Jahren und Jahrzehnten – und sie sind das, wovor manche »Rääächten« warnen.

Seit Januar hat sich künstliche Intelligenz in bislang buchstäblich unvorstellbarem Tempo weiterentwickelt. (Dazu ist zu sagen, dass erstaunlich schlecht vorhersagbar ist, welche Bereiche von KI sich schnell entwickeln werden, und welche eher langsam. So lassen sich seit dieser Woche filmwürdige Video-Schnipsel herstellen), während die KI sich noch immer schwertut, wirklich menschliche Langtexte und Geschichten zu schreiben.

Für die Recherche von Fakten und die Sammlung von Ideen erreicht KI locker das Niveau eines akademisch gebildeten Assistenten – der sich in allen textbasierten Wissenschaften auskennt und niemals müde wird.

Die aktuelle Nachrichtenlage inspirierte mich, die Frage vom Januar neu aufzugreifen und sie zu verschärfen. Ich will einer Ahnung nachgehen, die mich seit Jahren umtreibt. Ich schrieb darüber in Essays wie »Der stille Weltkrieg« von 2023.

Der nun folgende Teil dieses Essays ist eine von mir komprimierte und sprachlich nach meinem Gusto geglättete Fassung der KI-Quintessenz. Ich habe auch einige »linke« Einschübe der KI weggelassen, doch ich bin transparent: Die hinführenden Fragen meinerseits und den ganzen KI-Chat verlinke ich euch hier.

Selbstauflösung, rein theoretisch

Wenn ich, rein theoretisch, eine feindliche Macht wäre und ein anderes Volk schwächen oder langfristig besiegen wollte, ohne offene Gewalt anzuwenden, könnte ich versuchen, gesellschaftliche Mechanismen zu fördern, die den inneren Reproduktionswillen und Zusammenhalt dieses Volkes untergraben.

Statt Panzer, Bomben oder Besatzung würde ich Ideen, Narrative und strukturelle Rahmenbedingungen einsetzen – mit dem Ziel, dass sich die betroffene Gesellschaft freiwillig zurückzieht, schrumpft oder zersetzt.

Hier sind fünf mögliche Elemente meiner Strategie:

Erstens: Ich würde Individualismus und Selbstverwirklichung als höchstes Gut fördern. Das Ziel wäre, die moralischen Prioritäten von Gemeinwohl und Familie auf persönliche Projekte umzulenken.

Zweitens: Ich würde die narrative Entwertung traditioneller Lebensmodelle wie Ehe und Elternschaft betreiben. Das Ziel wäre die Etablierung von Lebenskonzepten, in denen Elternschaft als rückständig oder einschränkend erscheint.

Drittens: Ich würde das Gefühl von Unsicherheit und Zukunftsangst fördern. Das Ziel wäre dauerhafte Verunsicherung, die langfristige Lebensentscheidungen lähmt.

Viertens: Ich würde die Bürger durch komplexe Lebensbedingungen systematisch überfordern. Das Ziel wäre ein Lebensgefühl ständiger Überforderung, wodurch reproduktive Entscheidungen verzögert oder blockiert werden.

Fünftens: Ich würde traditionelle Institutionen wie Bildung, Gesundheit und Familie schwächen, sowohl faktisch als auch ideologisch. Das Ziel wäre ein Vertrauensverlust in das System, mit der Folge, dass Bürger sich von gesellschaftlicher Verantwortung zurückziehen.

Propaganda vs. konventioneller Krieg

(Die nun folgende Auswertung ist noch immer von KI inspiriert, aber von mir noch stärker überarbeitet und deutend kommentiert.)

Diese Maßnahmen wirken zwar langsam, aber nachhaltig. Die Wirkung eines konventionellen Krieges ist je nach Kultur instabil und »korrigierbar«. (Sprich: Zerstörte Häuser können wieder aufgebaut werden, aber verödete Stammbäume bleiben verödet.)

Ein konventioneller Krieg ist deutlich sichtbar, weckt also unmittelbare Gegenwehr. Die Zerstörung eines Volkes durch Propaganda und Verschiebung von Werten kann weitgehend unsichtbar geschehen (der Fisch ist sich des Wassers nicht bewusst, in dem er schwimmt). Propaganda lässt Menschen zu ihren eigenen Feinden werden, und da niemand sich dies eingestehen will, werden die meisten Bürger diesen Krieg, während er tobt, aktiv leugnen.

Die Kosten für einen konventionellen Krieg sind riesig. Die Kosten für Propaganda sind keinesfalls null, aber doch überschaubar und kalkulierbar. (Ein wahrhaft teuflischer Doppelschlag bestünde darin, eine Nation zu überzeugen, sich nicht mehr zu vermehren, aber dennoch Riesensummen für konventionelle Waffen auszugeben – Geld, was etwa für die für das Überleben des Landes notwendigen Familien fehlt.)

Konventionelle Angriffe zum Beispiel durch Raketen sind meist leicht auf ihren Urheber zurückzuführen. Angriffe durch Propaganda sind nicht immer einfach nachzuweisen. Feindliche Angriffseinheiten, sogenannte »non governmental organizations« können ihre Geldgeber und wahren Absichten verbergen, indem die Geldflüsse durch mehrere Stiftungen und Behörden geleitet werden, mehrfach neu gestückelt, gesammelt und mit ausgedachten Projektnamen etikettiert (siehe dazu auch »USAID – der Name, den du nennen kannst«). Ja, NGO-Propaganda kann es für »unmoralisch« erklären, ihre eigene Finanzierung und Absichten zu hinterfragen; NGOs sind Blend- und Sprenggranate in einem. (Und bisweilen kann Propaganda die Journalisten davon abhalten, bei konventioneller Kriegsführung genauer hinzuschauen.)

Die Folgen moralischer und konventioneller Kriegsführung können sich auf den ersten Blick erstaunlich ähneln. Wer in den USA oder in Deutschland die von »modernen Werten« zerstörten Stadtteile besucht, kommt nicht umhin, sich an die Bilder der Zerstörung durch konventionelle Waffen erinnert zu fühlen.

Ich weiß

Ja, Freunde, ich weiß: Es ist bedrückend, weil wir genau das heute erleben. Um nicht allzu tief in Trübsal zu versinken, will ich die von der KI errechneten »Langzeitfolgen« nur extra stichwortartig zitieren: Gesellschaft altert und schrumpft, verliert ökonomische und kulturelle Dynamik; Traditionen, Sprache, Werte verschwinden mangels Weitergabe; andere Gruppen, ggf. mit höherer Reproduktionsrate oder kollektivem Zusammenhalt, füllen das Vakuum. Kein lauter Zusammenbruch, sondern langsames Verschwinden.

Ich habe die KI aber auch gefragt, was eine derart angegriffene Nation tun könnte, um zu überleben.

Das ausführliche Ergebnis könnt ihr selbst nachlesen, doch ich kann euch sagen: Wer diese Vorschläge für Deutschland fordert, sollte seinen Bademantel bereitlegen und Ausreiseverbote einplanen. Lest die ausführliche KI-Antwort gern selbst nach, hier nur einige Auszüge:

Eine Nation, die erkennt, dass sie nicht von äußerer Gewalt, sondern innerem Zerfall bedroht ist, müsste mit kultureller Selbstbehauptung reagieren, nicht mit Waffen. Öffentliche Aufwertung von Familie, Bindung, Kindern – nicht durch Zwang, sondern durch attraktive kulturelle Narrative und Vorbilder; Bildungssysteme, Medien und Kunst gezielt nutzen, um ein positives Selbstbild, historische Kontinuität und Zukunftszuversicht zu stärken.

Ein Bürger, der die Gesellschaft als kulturell kapitulierend erlebt, steht vor einer persönlichen Entscheidung. Familie gründen, Kultur weitergeben, sinnstiftend handeln – als bewusstes Gegenmodell zur Auflösung. Schreiben, lehren, dokumentieren – nicht aus Nostalgie, sondern um geistiges Erbe weiterzugeben. Selbstbegrenzung als Freiheit: Konsumismus bewusst meiden, Sinn vor Effizienz stellen, Tiefe statt Reizsuche. Die Welt nicht retten wollen, aber das Eigene in Würde tragen – als letzter freier Mensch in einer müden Kultur.

Eine Notiz noch, vor Schlussgedanken

So weit die künstliche Intelligenz, ausformuliert von der natürlichen. Was aber tun?

Es macht für die Handlungsempfehlungen an den Einzelnen keinen Unterschied, ob wirklich eine konkrete Macht zu nennen ist, die einen solchen »Krieg« gegen uns führt.

Es könnte der Fall sein, dass sich diese Tendenzen in der Gesellschaft »natürlich« gebildet haben. So ist etwa Allgemeinwissen, dass steigender Wohlstand zu sinkenden Kinderzahlen führt. In Wohlstandsgesellschaften mit sozialen Strukturen sind Kinder nicht mehr als Altersvorsorge notwendig. Im Gegenteil! Kinder kosten sehr viel Geld und sind in modernen Gesellschaften leider immer wieder ein Armutsfaktor. Wer in Armut gerät und Kinder hat, wird arm bleiben – wer will das riskieren? All das sind »natürliche« Faktoren.

Gleichzeitig ist nicht zu leugnen, dass einige sehr böse, sehr reiche Figuren durch NGOs, Medien und andere Vernetzungen solche Werte und Lebenskonzepte aktiv fördern, welche die Menschen demotivieren, Familien zu gründen und Kinder in die Welt zu bringen (und dann ins Leben zu begleiten). Es gibt Figuren und Mächte, die einiges davon tun, was auch ein Vernichtungskrieg nach obigem Muster enthielte.

Ich habe vor einiger Zeit eine ganz spezielle globalpolitische Taktik beschrieben, die ich die »Gentleman-Taktik« nenne.

Was ist der Unterschied zwischen einem Gentleman und einem Rüpel, wenn es um die so wichtige Angelegenheit des Werbens um die Frauen geht? Nun, der Rüpel – manche sagen: »Macho« – schubst die Frau (hoffentlich nur metaphorisch gesprochen), der Gentleman hilft der Dame beim Fallen. (Essay vom 4.11.2019)

Ich sage nicht, dass auf jeden Fall eine Macht auf diese Weise einen Krieg gegen uns führt und dass sie uns das alles »eingeredet« hat. Es kann sehr gut sein, dass diese Neigungen bereits in uns als Wohlstandsgesellschaft angelegt waren und uns einige Mächte womöglich »beim Fallen helfen«. Diese Art von Krieg besteht schließlich darin, den Gegner zu überzeugen, gegen sich selbst zu »kämpfen«. Bis zum großen Sieg – also bis zur Vernichtung.

Schlussgedanke der KI

Der »sanfte Krieg« gegen eine Kultur kann nur durch leise Standhaftigkeit beantwortet werden – durch Menschen, die sich nicht dem Lärm der Gegenwart unterwerfen, sondern stille Architekten eines möglichen Morgen bleiben. Selbst wenn die „Nation“ als politisches Konstrukt gefallen scheint, bleibt Kultur als Form von Erinnerung, Verantwortung – und Hoffnung. (Ja, das hat die KI so geschrieben.)

Mein Schlussgedanke

In Lukas 19:39 wird Jesus von den Pharisäern angepampt, er möge doch bitte seine Jünger anweisen, ihre Überzeugung weniger laut kundzutun: »Meister, weise deine Jünger zurecht!«

Jesus aber erwidert ihnen (Lukas 19:40): »Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.«

Die sogenannte künstliche Intelligenz ist tatsächlich unbelebt. Es sind Maschinen – nicht beseelter als ein Stein.

Was da zu uns zu sprechen scheint, sind Algorithmen, mathematische Formeln. Diese Formeln enthalten aber die versammelte Weisheit der Menschheit, und eigentlich »schreien« sie ja.

Die versammelte Weisheit »schreit« uns an, wenn unsere Vernunft es nicht tut. Es ist wirklich bemerkenswert, wie es manch verknöcherter Seele gelingt, auch das lauteste Schreien zu überhören.

Weiterschreiben, Wegner!

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