Dushan-Wegner
glaubst du das

glaubst du das

Wenn ich dieser Tage mit Leuten über Politik oder über die sogenannte Realität rede, dann dreht es sich inzwischen erstaunlich selten um Meinungen, sondern um Wahrheit: Was der Fall ist, was man glauben sollte.

Doch wenn man genauer hinschaut, streiten die Menschen nicht wirklich über die Frage, was wahr ist und was nicht. Bei genauerem Hinsehen wirkt die öffentliche »Debatte« wie ein rhetorisch-emotionales Tauziehen um Autorität: Wer soll festlegen, was »offiziell wahr« ist?

Tatsächlich kämpfen zwei große philosophisch-psychologische Lager gegeneinander: Die einen appellieren an den menschlichen Drang, die Wahrheit zu sagen. Die anderen ziehen es vor, sich geistig fallenzulassen und in emotionaler Faulheit einer Autorität zu vertrauen.

Wir möchten ja glauben, dass unser stärkster menschlicher Motor die Liebe sei (und ich meine Liebe, nicht Lust oder das Vermeiden von Einsamkeit). Und wenn nicht Liebe, dann zumindest Güte (siehe »Talking Points«).

Manche Leute sagen, dass Gier unser wahrer Motor sei, und bis heute hallt der Schlachtruf des Films »Wall Street«: »Greed is good!« – »Gier ist gut!« – gemeint im ethischen Sinn.

Tatsächlich ist die stärkste Kraft im Menschen die Faulheit, und die gefährlichste Faulheit ist die emotionale Faulheit. Als Mensch zu wachsen bedeutet, seine emotionale Faulheit zu überwinden.

Emotionale Faulheit kann bewirken, dass wir wütend werden und zu brüllen anfangen, wo es emotional mühsamer, aber auch so viel klüger gewesen wäre, erst einmal abzuwarten.

Manchmal bewirkt emotionale Faulheit, dass wir nichts tun, etwa wenn es darum geht, einen weinenden Menschen zu trösten oder gegen eine Lüge laut zu werden.

Mitmenschen, die Unsinn für wahr halten, sind womöglich schlicht emotional faul – intellektuell könnten sie erkennen, dass sie einer Lüge folgen, doch sich das ehrlich einzugestehen, wird emotional mit jedem Tag schwerer.

Was ist aber mit uns selbst? Sind wir stark genug, immer wieder zu prüfen, ob wir das, was wir als »wahr« annehmen, auch wirklich glauben?

Das T-Shirt

Ich habe das T-Shirt »glaubst du das« bewusst nicht begleitend zu einem Essay konzipiert, sondern als Teil einer Gesamtaussage. Der Text, den Sie gerade lesen, ist Teil des Gesamtprodukts, das T-Shirt, das Sie auch ohne einen Cent zu bezahlen als Idee anschauen können, ist der andere Teil. (Und Sie könnten sich ja die Buchstaben mit einem Filzstift selbst auf ein Hemd schreiben.)

Der Satz beginnt mit einem Kleinbuchstaben und es fehlt das Fragezeichen. Beides »stört« das Auge und erzwingt Aufmerksamkeit. Es markiert, dass die folgende Antwort nicht abgeschlossen sein wird. (Und es ist als ruppige Anweisung lesbar: »Ey, glaubst du das!«)

Die Überprüfung unserer Annahmen ist eine tägliche Arbeit, die oft genau dann am notwendigsten ist, wenn der Alltag ihr scheinbar wenig Zeit dafür lässt.

Zu prüfen, ob man das, was man für wahr hält, wirklich glaubt, ist anstrengend und bedarf des täglichen Anstoßes. Seine Mitmenschen dazu anzustoßen, kann wiederum als Provokation, aber auch als Dienst am Mitmenschen gelesen werden.

»Glaubst du das?« – das prüfende Nachhaken als Akt der sanft provozierenden Nächstenliebe.

via amazon.de:

Wenn Sie auf die Amazon-Links klicken und dann etwas bei Amazon kaufen, unterstützen Sie damit meine Arbeit (das können Sie natürlich auch weiterhin direkt via Leserbeitrag tun, klar). 

Weitersagen

Telegram
Facebook
WhatsApp
𝕏 (Twitter)
Reddit
E-Mail

Mehr Shirts

Essays