29.06.2025

Männer, Macheten, Müdigkeit

von Dushan Wegner, Lesezeit 3 Minuten, Bild: »Und dann?«
Messerstecherei auf Parkplatz. Eine von vielen Meldungen im besten Deutschland aller Zeiten. – Spürt ihr sie auch, jenseits von Wut und Sorge, diese einsetzende MÜDIGKEIT?
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Es ist eine jener typischen, täglichen Meldungen aus dem besten Deutschland aller Zeiten. bild.de, 29.06.2025 titelt: »Mit Machete, Knüppel und Eisenstange: Blutige Schlacht auf Parkplatz«.

Mehrere »Männer«, so heißt es, »stritten« sich. Nähere Angaben zu den »Männern« werden nicht gemacht. Doch erstaunlicherweise ist ein Foto eines der »Männer« über dem Text. Halbnackt, mit blutigen Striemen auf der Schulter, erschöpft wie ein Boxer nach einem Kampf. Der Kopf bandagiert. Die sehnig-muskulöse Brust blank. Die Beine in Sporthose (Under Armour). Die Füße in roten Socken (Adidas) und schwarzen Turnschuhen (Nike). Ich erwarte, dass das Marketing irgendeines zynischen Sportkonzerns sich inspirieren lässt. Man wird demnächst ein ähnliches Werbefoto inszenieren, allerdings nur mit einer Marke.

Ich denke an das Video zu »No Church in the Wild«. Ich denke an das Lied auch aus anderen Gründen, die ich an anderer Stelle beschreiben werde. Ich schreibe diesen Text am Sonntagmorgen. Noch etwas Zeit.

Macheten und »Männer«. Gewalt in Schulen und Straßen. Politik des Weiter-so. Und was fühlen wir dabei? Was ist das Lebensgefühl beim Blick in den nahenden Abgrund?

Es ist nicht nur in Deutschland so. Es passiert überall, wo im Namen der großen Lügen wie »Toleranz« Land und Gesellschaft zerstört werden. Paris, London, New York, Berlin. Die Liste der kippenden Städte gleicht dem Kronleuchter einst strahlender westlicher Kultur.

Doch ein weiteres Mal gefragt: Wie fühlen wir uns dabei?

Es ist erstaunlicherweise nicht zuerst Panik, die sich heute breitmacht. Nicht Angst. Nicht Wut.

Selbstverständlich sind wir wütend, natürlich spüren wir Angst, sind ratlos und so weiter. Doch es ist nicht das erste Gefühl.

Da ist noch etwas, und es überrascht mich selbst.

Da ist dies: Ich bin müde.

Und ich höre von Menschen weltweit, die schlicht müde sind. Im Amerikanischen nennt man es »fatigue«, bisweilen mit einer Farbangabe vor »fatigue«.

Betreiber und Kunden von Geschäften und Restaurants in den USA sind es müde, bestohlen und drangsaliert zu werden von Menschen, die wissen, dass ihnen keine Strafe droht – oder welche die Strafe, warum auch immer, nicht abschreckt.

Die Menschen, hüben wie drüben, sind es müde, zusehen zu müssen, wie das Land und die Gesellschaft, die über Generationen aufgebaut wurden, innerhalb weniger Jahre aktiv und aggressiv kaputt gemacht werden.

Mit dem Propheten Habakuk will man klagen:

Warum lässt du mich Unrecht sehen und siehst dem Elend zu? Gewalt und Unrecht sind vor meinen Augen; Streit erhebt sich, Zwietracht kommt auf. Darum erlahmt das Gesetz, nie kommt das Recht hervor. Denn der Frevler umstellt den Gerechten – darum kommt das Recht verdreht hervor. (Habakuk 1:3–4)

Wir hören, lesen und sehen, wie das Unrecht zum Alltag wird und das Recht zur Farce. Wir werden müde – und wir werden kalt.

Empathie für den Fremden, die Liebe zum eigenen Land, zum Nächsten, das Pläneschmieden für die eigene Zukunft … all das braucht Energie, setzt zumindest die theoretische Möglichkeit des Erfolgs voraus.

In seiner Beschreibung der Endzeit sagt Jesus voraus:

Und weil die Gesetzlosigkeit überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten. (Matthäus 24:12)

Das beschreibt leider mein Lebensgefühl. Wir sind müde ob der Gesetzlosigkeit. Es fühlt sich an, als gälten Gesetze nur für die »viel zu braven einheimischen Steuerzahler« – auf die sie aber mit doppelter und dreifacher Härte angewandt werden.

Wir sind müde – und die Liebe droht zu erkalten. Liebe in ihren verschiedenen Ausprägungen droht zu erkalten. Und wenn die Liebe zur Heimat erkaltet, wenn von der Liebe nur noch Nostalgie bleibt, weil schlicht keine Heimat mehr da ist, dann ist der Mensch eben heimatlos. Im Haus unserer Väter werden wir zu Vertriebenen.

Gleich der nächste Vers lautet übrigens: »Wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet werden.«

Diese Standhaftigkeit ist wohl ein Gegenteil zur erkaltenden Liebe – vielleicht sogar ein Gegenmittel!

Ich frage mich dieser Tage, was »standhaft« zu bleiben konkret bedeutet. Woran kann ich messen und mit welchem Werkzeug soll ich prüfen, ob ich standhaft genug bin?

Weiterschreiben, Wegner!

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