Dushan-Wegner

14.03.2018

Von Sternenstaub zu Sternenstaub – zum Tod Stephen Hawkings

von Dushan Wegner, Lesezeit 3 Minuten, Bild von NASA/Paul Alers
Stephen Hawking hat im Kampf gegen absurd große Widerstände nicht der Verbitterung nachgegeben. Danke, Herr Hawking, für Ihren Humor, Ihr Lächeln und die Erkenntnisse, die wir manchmal sogar verstanden haben!
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Stephen Hawking ist gestorben, am 14. März 2018, dem Geburtstag Albert Einsteins. Woran denken Sie, wenn Sie von Stephen Hawking hören? Wahrscheinlich ist da vor Ihrem inneren Auge ein dünner Mann mit Brille, freundlich lächelnd, etwas verdreht in seinem vollelektrischen Rollstuhl sitzend, und Sie wissen, dass dieser Mann eines der größten Genies war, die je auf dieser Erde herumliefen – beziehungsweise herumrollten.

Auch ich habe damals Eine kurze Geschichte der Zeit gelesen. Ich meine, mich zu erinnern, einiges verstanden zu haben. Ich weiß nicht mehr genau, was es war, das ich verstanden habe. Wahrscheinlich sind Krumen davon zum Teil meines Denkens geworden. Das Buch ist Teil unseres Kanons, ob man es bis zum Ende schafft oder nicht.

In 1960 legte Hawking in Oxford den Bachelor-Abschluss ab. Im Jahr 1963 wurde bei Stephen Hawking die Amyotrophe Lateralsklerose diagnostiziert. 1966 promovierte er. Seine Doktorarbeit heißt »Properties of expanding universes«. Ab 1968 saß er im Rollstuhl. 1985 verlor er die Sprache und war auf Hilfsmittel angewiesen, um sich mitzuteilen.

Wir denken, dass wir Stephen Hawking für seinen Physik-Genius bewundern. Ich denke, es ist nicht die Physik, jedenfalls nicht allein. Welche Hawking-Theorie könnten Sie einigermaßen kohärent skizzieren?

Es geht uns nicht um die Physik-Theorie. Wir glauben es einfach, dass er unglaublich gut in seinem Fachgebiet war. Es geht auch nicht um den Rollstuhl und die Abhängigkeit von Maschinen allein.

Es geht um diesen Willen, gegen geradezu absurde Widerstände das Leben voll zu leben (unvergessen die Aufnahmen, wie er in der Schwerelosigkeit schwebte) und der Welt ihre Geheimnisse und ihre Schönheit zu entlocken. Er, dem die Biologie so viel genommen hatte, gab den Menschen so viel. Er hatte Humor und er trat sogar in der TV-Serie Big Bang Theory auf.

Im letzten Kapitel von Eine kurze Geschichte der Zeit heißt es:

Wir leben, so stellen wir fest, in einer befremdlichen Welt. Wir möchten verstehen, was wir um uns her wahrnehmen, und fragen: Wie ist das Universum beschaffen? Welchen Platz nehmen wir in ihm ein, woher kommt es, und woher kommen wir? Warum ist es so und nicht anders?
Stephen Hawking

Der menschliche Geist ist nicht unendlich belastbar, aber er ist zu so viel mehr in der Lage, als wir ihm oft zutrauen.

Gerade heute, wo semiakademische Schneeflöckchen ob eines fiesen Tweets kollabieren, wo eine erwachsene Politikerin tagelang empört ist, weil ihr ein Kompliment missfiel, gerade heute in der Zeit einer in Dauerverbitterung mündenden Überempfindlichkeit, ist es wichtig und inspirierend, zu sehen, was ein Mensch erreichen kann, wenn er sich der Resignation ob seines tatsächlich schrecklichen Schicksals verweigert. Wo andere aufgegeben hätten, und wir es ihnen nicht einmal verübelt hätten, hat Stephen Hawking sich der Niederlage entgegengestemmt.

Am Ende, mit für seine Krankheit sehr stolzen 76 Jahren, hat dann doch der Körper gewonnen. Unser Körper wird am Ende jeden von uns besiegen. Bis dahin aber hoffe ich, dass mein Geist auch nur einen Bruchteil von jener Kraft aufbringen wird, mit welcher Hawking sich der Sterblichkeit und Verbitterung entgegensetzte.

Es ist nicht abzusehen, dass neue Hawkings (oder Feynmans) auftauchen. Der politisch-mediale Komplex beschert uns zur populären Wissenschaft eher Kasperletheater wie Trudeau vs. Nye. Wir gehen einem bunt glitzernden Mittelalter entgegen, nicht nur in Form roher Gewalt auf den Straßen Europas, sondern auch in Form von staatlich geförderter Wissenschaftsaversion und neuem Dogmatismus im Kulturbetrieb. Ausgerechnet jetzt, wo es dunkler wird, verlöscht auch noch der Stern Stephen Hawking. Sein Licht bleibt uns noch, eine Weile; wir sollten uns daran erwärmen, so lange wir können.

Ich verabschiede mich von diesem Mann und übernehme dafür die Worte von Ali Utlu: »Ruhe in Frieden Stephen Hawking. Von Sternenstaub zu Sternenstaub.«

Weiterschreiben, Wegner!

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