Trump und Harris trafen gestern zum ersten TV-Duell aufeinander (siehe etwa foxnews.com, 10.9.2024). Es sollte wie ein Kampf zweier gleichberechtigter politischer Gegner sein. Ein »Boxkampf der Argumente«, wenn man zu blumigen Metaphern geneigt ist – natürlich mit den gelegentlichen emotional-rhetorischen Kinnhaken.
Der eine Boxer dieses Boxkampfs ist erfahren, hat unzählige Kämpfe hinter sich und weiß, wie man harte Schläge einsteckt.
Der andere Boxer – eigentlich eine Boxerin – hat zwar einige Erfahrung in der US-Politik (ich sage mal an dieser Stelle nichts weiter dazu, wer weiß, der weiß), aber weniger (erfolgreiche) Erfahrung in Debatten. Er/sie wurde aber passabel vorbereitet, und ist vor allem geschickt darin, den Gegner zu provozieren und gelegentlich eben doch einen Treffer zu landen.
Doch das eigentliche Problem lag diesmal woanders: der Schiedsrichter, der eigentlich neutral sein sollte, scheint offensichtlich zuerst das Ziel zu verfolgen, dem erfahrenen Boxer das Leben schwer zu machen. Jeder Schlag des alten Kämpfers wird sofort kritisiert. Dem Alten wird wenig Raum gelassen, sich zu verteidigen, während der »junge Boxer« ungehindert zuschlagen kann, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
Gewisses kaum kommentiert
So in der Art lief es bei der Debatte zwischen Trump und Harris ab. Es war das erste große Aufeinandertreffen im aktuellen Wahlzyklus. Die Themen reichten von Abtreibung bis Wirtschaft.
Trump stellte sich nicht nur Harris entgegen, sondern musste gleichzeitig gegen die Moderatoren von ABC News kämpfen, deren Agenda recht offensichtlich war. Immer wieder wurde Trump »faktengecheckt«, unterbrochen und herausgefordert, während offensichtlich falsche Behauptungen von Harris kaum kommentiert wurden.
Ein Beispiel: Harris behauptete, Trump wolle eine »Verkaufssteuer« auf alltägliche Güter einführen. Das war falsch, und Trump wies es als »incorrect statement« für seine Verhältnisse höflich zurück. Aber anstatt darauf einzugehen – wie sie es bei falschen Aussagen von Trump taten –, griffen die Moderatoren Trump an, indem sie behaupteten, dass seine Zollpläne höhere Kosten für Konsumenten bedeuten würden.
Sicher, Trump landete einige emotionale Treffer. Etwa, als er behauptete, dass Harris’ Vater und sie beide Marxisten sind. Dass Harris schon jetzt desaströs für das Land ist (siehe @EndWokeness, 11.9.2024).
Kamala Harris, die sonst eher durch übertriebenes Lachen und wirre woke Satzfragmente auffällt, überraschte durch erstaunlich eloquentes Monologisieren und abschätziges Grinsen im Obama-Stil auf. Sehr schick waren auch die Ohrringe der Frau Harris, die übrigens zufälligerweise solchen Ohrringen ähnelten, die auch als Funk-Kopfhörer dienen (@TTAVOfficial, 11.9.2024).
Insgesamt muss man aber leider diagnostizieren: Trump verließ sich ein wenig zu sehr auf seine Erfahrung, statt punktgenau vorbereitet zu sein. Insgesamt kämpfte er aber allein gegen Harris und beide Moderatoren. Wenn diese TV-Debatte ein Boxkampf war, dann einer mit zwei Schiedsrichtern, die auch gegen den »Alten« zuschlugen.
Joe Biden aufwecken
Das große Trump-vs.-Harris-Argument ist aber, nicht nur an diesem Abend: Wenn Trump all die schrecklichen Dinge tun wollte, die ihm angekreidet werden, hätte er es längst getan. Wenn Harris all die guten Dinge wirklich tun wollte, die sie ankündigte, hätte sie als Teil der Regierung dies längst zumindest initiieren können.
Trump forderte hämisch Harris auf, sofort die Debatte zu unterbrechen, nach Washington zu gehen, Joe Biden aufzuwecken – um vier Uhr nachmittags – auf dass er unterschreibt, dass die Grenzen geschlossen werden (@dom_lucre, 11.9.2024).
Doch natürlich wissen alle Anwesenden – weiß eigentlich die gesamte Welt, dass Joe Biden geistig nicht mehr wirklich auf diesem Planeten weilt. Bei Biden flackert noch Licht, aber es ist wohl keiner daheim.
Das eigentliche Thema nicht nur dieses Pseudo-Wahlkampfes um den POTUS-Titel ist nicht mehr, wer die »Wahl« »gewinnen« wird. Ende Juli schrieb ich den Essay »Wieder da, und Harris wird POTUS«. Darin stellte ich fest, dass man gegen Trump eigentlich nur einen Kandidaten benötigte, von welchem halbwegs glaubwürdig behauptet werden kann, dass er die Wahl gewonnen hat – die Briefwahlstimmen werden sich schon noch ernten lassen.
Beim letzten Mal mit Biden war es ja reichlich und gefährlich lächerlich. Solange man Harris aber weitgehend von der Presse abschirmt, und sie nur auswendig gelernte Phrasen aufsagen lässt, ist sie gut genug als Marionette – Biden taugt schon länger nicht einmal zu dieser.
Nicht (noch) schlechter als sonst
Das eigentliche Mega-Meta-Thema dieses US-Wahlkampfs und wohl »der Idee der Demokratie insgesamt« fängt mit einer recht unbestrittenen Beobachtung an: Seit einigen Monaten, aber eigentlich seit länger als vier Jahren schon, ist klar, dass Joe Biden ein Wrack ist. Seit einigen Wochen wird es aber nicht einmal geleugnet.
Denken wir aber einmal eine Sekunde lang darüber nach! Die USA sind de facto ohne (geistig anwesenden) Präsidenten – und doch läuft alles mehr oder weniger, zumindest nicht noch schlechter als sonst!
Wenn aber die USA seit vermutlich nun schon Jahren ohne (geistig anwesenden) Präsidenten funktionieren können, wofür braucht es Wahlen und den Rest des demokratischen Zirkus?
Ihr wähltet es doch so
Der wahre Zweck von Wahlen ist wohl eher, das Volk ruhig zu halten, weil man ihm dank Wahl sagen kann: »Ihr habt es doch selbst so gewählt. Also haltet die Klappe und erduldet, wie wir euer Land und euer Leben drangeben.«
(In Deutschland kommt die Variante dazu: »Ihr habt zwar etwas anderes gewählt, aber das war ›unverzeihlich‹, also ignorieren wir eure Stimmen einfach mal und koalieren drumherum. Findet euch damit ab, ihr Rechten!«)
Es ist wirklich, wirklich simpel: Wenn die USA seit inzwischen vermutlich Jahren, und unbezweifelt seit Wochen und Monaten, ohne (geistig anwesenden) Präsidenten auskommen, ist »der mächtigste Mann der Welt« und damit (auch) die US-Demokratie eine Illusion.
Nicht zwischen die Räder
Es gibt eine Maschine, eine große Staatsmaschine. Und die große Maschine läuft und knattert. Doch wie ihre Rädchen wirklich verschaltet sind, und wer wirklich an den Hebeln sitzt, dazu wissen wir nur, dass es offenbar nicht die Leute sein können, von denen offiziell behauptet wird, dass sie es tun.
Passt auf euch auf, Freunde! Auch eine Staatsmaschine, deren Räderwerk wir nicht verstehen, kann uns gefährlich werden – gerade die! Kommt nicht unter und nicht zwischen die Räder. Bleibt ehrlich zu euch selbst, auch und besonders zur Frage, was ihr wisst … und was ihr eben nicht wisst.