18.10.2024

Zukunft ist, was die Systeme, die wir schufen, benötigen

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten
»Schwächung des Vertrauens in das Wahlsystem«, »Eindruck erwecken, dass das Regime nicht das öffentliche Interesse verfolgt«, »Anstiftung zu Protesten«, »Beeinträchtigung des Staatsbildes im Ausland« (2019 in den USA publizierte Strategie gegen Russland)

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Ihr sucht (fast) alle am falschen Ort, so fuhr ich euch gestern schon im Titel meines Essays an. Und ich implizierte mindestens die These, dass der wahre Motivator des Ukraine-Krieges die ukrainischen Rohstoffe sind, die »zufälligerweise« sehr wichtig sind für den Bau jener Geräte, auf denen »Künstliche Intelligenz« betrieben wird.

Einer von euch widersprach mir auf YouTube. Das sei alles schon lange vor KI geplant gewesen. Man habe schon lange Russland schwächen wollen. Ich solle dazu »das Rand Whitepaper von 2019« studieren. Ich vermute, er meint »Overextending and Unbalancing Russia« (PDF via rand.org, online am 18.10.2024).

Dieses Whitepaper analysiert tatsächlich verschiedene nicht-militärische Strategien, die die USA und ihre Verbündeten nutzen könnten, um Russland wirtschaftlich, politisch und militärisch zu belasten und aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Das Paper beschreibt die Schwächen Russlands, wie die Abhängigkeit von Energieexporten, eine alternde Bevölkerung, Anfälligkeit für wirtschaftliche Sanktionen und angeblich auch ein autoritäres Regime unter Putin.

Man schlägt vor, Russland wirtschaftlich zu schwächen, etwa durch Steigerung der US-Energieproduktion, um die russischen Einnahmen zu senken. Durch vertiefte Sanktionen, aber auch durch die Förderung der Emigration hochqualifizierter Russen.

Man schlägt vor, Russland geopolitisch aktiv zu schwächen, etwa durch militärische Unterstützung der Ukraine.

Man schlägt vor, Russland zu destabilisieren, indem Unruhe und Proteste unterstützt werden.

Ich zitiere wörtlich: »Diminishing faith in the Russian electoral system«, »Creating the perception that the regime is not pursuing the public interest«, »Encouraging domestic protests and other nonviolent resistance«, »Undermining Russia’s image abroad« (alles auf Seite 5 jenes Whitepapers)

Auf Deutsch: »Schwächung des Vertrauens in das russische Wahlsystem«, »Erwecken des Eindrucks, dass das Regime nicht das öffentliche Interesse verfolgt«, »Anstiftung zu Protesten im Inland und anderem gewaltlosen Widerstand«, »Beeinträchtigung des Bildes Russlands im Ausland«

Wenn ihr diese Schlagworte hört, könnte euch vermutlich auffallen, dass ebendiese Vorwürfe an kritische Geister in Deutschland gerichtet werden. Also das sie genau das tun, aber eben im Auftrag von Russland. Und dann könntet ihr womöglich an jenes alte Propaganda-Motto denken: »Wirf dem anderen vor, wessen du selbst schuldig bist« (siehe dazu auch meinen Essay vom 26.8.2023).

Diese RAND-Corporation, die das schreibt, ist kein einsamer Spinner, der in einer Waldhütte radikale Falken-Manifeste verfasst. RAND berät ganz offiziell und auf hoher Ebene die US-amerikanische Politik, insbesondere den Pentagon. Für RAND arbeiteten Donald Rumsfeld, Condoleezza Rice, aber auch Daniel Ellsberg, bekannt durch die Pentagon-Papers (siehe Wikipedia).

Es besteht kein Zweifel, dass diese und andere derartige Strategien von hochrangigen US-Militärs und westlichen Politikern mindestens gehört und bedacht wurden. Ja, wenn man die aktuellen Entscheidungen betrachtet, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die aktuelle Politik diese Ziele verfolgt und einige der vorgeschlagenen Methoden umsetzt.

Und doch wage ich bei alldem die folgende Thesenkonstruktion: Warum jemand etwas tut, was er als Grund für seine Handlung angibt, vor sich selbst, vor seinen Freunden und vor dir, und warum es dann eben passiert, das sind mehrere verschiedene Themen.

Warum (und was »warum« bedeutet)

Aus der Existenz eines Strategiepapiers lässt sich nicht ableiten, dass die entsprechenden Ideen aufgrund dieses Papiers umgesetzt wurden – sonst geriete man in Erklärungsnot, warum andere Vorschläge des zitierten Instituts schon mal nicht umgesetzt wurden.

Auch Thinktanks sind Teil der Aufmerksamkeitsökonomie. Manche Dinge werden sie zugespitzt sagen. Manchmal springen Thinktanks auf längst fahrende Züge auf – und dann tun sie so, als wären sie schon immer der Lokführer gewesen.

Wenn Strategien und Planspiele in der Realität umgesetzt werden, stellt sich noch immer die Frage, warum diese und nicht andere Strategien umgesetzt wurden.

Mein Freund Roko inspirierte mich zur Idee, dass die wirklich Mächtigen, die auch mächtig bleiben werden, heute mit aller Kraft die Grundlagen für Künstliche Intelligenz schaffen.

Einige von denen tun es bewusst und öffentlich (Musk, Zuckerberg, Bezos, Google), andere tun es womöglich unbewusst oder nach außen verschwiegen. Manche Akteure halten nur die entsprechenden Zeichen hoch, um zumindest ihre zukünftige Nützlichkeit zu dokumentieren (wie Selenskyj, der als Bodenschätze der Ukraine vier für KI essenzielle Mineralien aufzählt).

Das aber ist eine Lektion, die sich für manche unserer Kriege anwenden ließe: Am Ende entscheidet nicht, was Menschen glauben oder sagen, sondern was die Systeme benötigen, die sie geschaffen haben.

Die Zukunft ist, was die Systeme, die wir schufen, benötigen. (Genauso wie die Gegenwart das ist, was die Systeme, die unsere Vorfahren schufen, benötigen. Das ist der Grund, warum du arbeiten gehst, Steuern zahlst und warum die Propaganda dir all die Lügen einhämmern will – die Systeme, die unsere Vorfahren schufen, benötigen das so. Doch die Systeme bröckeln und ihre Ablösung hat bereits begonnen.)

Die Zukunft aber gehört denen, die es sich zur Aufgabe machen, für die Systeme der Zukunft die Rohstoffe bereitzustellen.

Wenn du aber nicht der Rohstoffbeschaffer zukünftiger Systeme bist, dann schrei nicht zu laut, dass du auch nicht der Rohstoff sein willst – in den Systemen der Zukunft gibt es noch weniger wünschenswerte Positionen. Bald wirst du dir wünschen, zumindest Rohstoff zu sein.

Weiterschreiben, Wegner!

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