Dushan-Wegner

07.01.2023

Chef in eigener Sache

von Dushan Wegner, Lesezeit 3 Minuten
Die großen CEOs und wirklich wichtige Politiker (und natürlich alle, die so etwas werden wollen) üben den »großen Auftritt« auf den Bühnen der Welt. Was würde passieren, wenn wir »kleinen Leute« auch sowas praktizierten?
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Ich kann mich daran erinnern, als ich vor Jahren in Frankfurt am Main arbeitete. Ich war ein kleiner Angestellter, und ich werde nie vergessen, als zum ersten Mal ein Team von wirklich wichtigen Bankern unsere Abteilung besuchte.

Es ist statistisch belegt, dass die CEOs von Konzernen durchschnittlich höher sind als wir Normalsterblichen. – Ich nehme an, das gilt auch für wichtige Banker.

So wie diese Super-Alphatypen lachend und gestikulierend in den Raum trampelten, ich hätte geschätzt, dass sie zweieinhalb Meter hoch waren – mindestens.

Auch ohne die ganz offensichtlich teuren Anzüge, rahmenlosen Brillen und erstklassigen Haarschnitte hätte niemand einen Zweifel daran gewagt, dass dies wichtige Leute waren.

Der starke Auftritt ist für das Chefsein nicht weniger wichtig als etwa das Fachwissen – im Gegenteil. Fürs Wissen kann man Berater einstellen, das Chef-Charisma muss eine Eigenschaft des Chefs sein – sonst ist er kein Chef.

Wenn so ein Alphatier den Raum betritt, zögert es nicht, diesen Raum auch zu beanspruchen.

Er schaut sich um, er gestikuliert. Der Chef ist so laut, wie er laut sein will.

Er kommuniziert seiner Umgebung, dass er sie nicht fürchtet. Und er bietet sich an, seine Mitmenschen zu den nächsten Schlachten zu führen.

Wenn er seinen Chef-Auftritt gut beherrscht – inklusive der notwendigen Talking Points – dann nehmen seine Mitmenschen auch dankbar sein Chef-Angebot an.

Ob Politiker oder CEO auf internationaler Bühne, wer öffentlich auftritt und Autorität beansprucht, der übt es ja zuvor, wie er diese Bühne betritt.

Jedoch, der starke Auftritt funktioniert nicht nur in Richtung des Publikums – es funktioniert auch für die Psyche dessen, der ihn praktiziert! Wer den Raum nach Art eines Chefs betritt, der überzeugt nicht nur den Raum, sondern auch sich selbst, dass er Chef ist, dass er die Lage im Griff hat und die Zukunft im Blick.

Nun, ich selbst will kein großer Chef sein. Und wenn Sie ein großer Chef sind, dann wissen Sie das alles wahrscheinlich – sonst wären Sie nicht großer Chef geworden.

Als Angestellter haben Sie solches Verhalten wahrscheinlich von großen Chefs erlebt – oder von Möchtegern-Chefs, die es schlecht kopieren.

Und wir alle haben es zumindest im TV oder auf YouTube bei Politikern gesehen, wenn sie die Wahlkampf-Bühne oder ein Talkshow-Studio betreten.

Die Alphatiere winken und gestikulieren. Man grüßt in den Raum hinein, als spräche man einzelne Leute im Publikum an. Damit soll der Eindruck entstehen, man hätte überall, wo man hinkommt, viele persönliche Freunde.

Der Chef-Auftritt ist ein markanter, nicht wegzudenkender Teil menschlicher Kultur. Ich aber frage mich, was ich selbst davon lernen kann – wo und wie ich diese Mechanismen für mich nutzen kann.

Es wäre vielleicht hilfreich, wenn ich den Tag wie ein Chef beginne – ich meine: Wenn ich den neuen Tag betrete, wie ein Chef den Raum betritt.

Ich greife Raum und Zeit, und beanspruche sie für mich.

Furchtlos, locker und doch bestimmt lächelnd, und selbstverständlich grüßend, auch ohne Publikum.

Wie inszeniere ich meinen Morgen?

Ich könnte natürlich jammern: »Oh Mist, diesen Tag muss ich auch noch herumbekommen.«

Oder ich könnte erklären: »Hallo Tag, du machst mir keine Angst! Ich grüße dich, ob du gegrüßt werden willst oder nicht, denn du bist mein Tag.«

Rede ich mir hier Mut zu?

Natürlich rede ich mir hier Mut zu!

Doch, so wie die Chefs in Frankfurt will ich mich stark fühlen, stark genug, um auch diesen Tag mehr als nur abzuhaken.

Und groß will ich sein – mindestens zweieinhalb Meter groß.

Ich wünsche uns hier Mut, Kraft und Größe.

Möge ein jeder zumindest in eigener Sache der unbestrittene Chef sein.

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