Ein Leser kritisierte meine Verwendung des Begriffs Narrativ. Eines seiner Argumente (und vermutlich die eigentliche Quelle seines Unwohlseins) war ein gefühlt »inflationäres« Vorkommen dieses Begriffs.
Und es ist ja auch wahr! »Narrativ« findet sich tatsächlich oft in den Verlautbarungen der Linken. Und doch bleibt der Begriff nützlich – zumindest bis wir einen präziseren finden.
Nicht zugehörig markiert
»Narrativ« wird von der Propaganda verwendet, etwa als Teil der bei der Gehirnwäsche von Kindern und Jugendlichen eingesetzten Lügen über den politischen Gegner.
Wenn Sie diesen letzten Satz für etwas zu zugespitzt halten, etwas arg übertrieben, kann ich Ihnen versichern und dann auch belegen, dass er das Phänomen erschreckend nüchtern und sachlich beschreibt.
Als Beleg und Beispiel diene etwa der folgende Satz: »Am 25. November 2023 trafen sich in einer Potsdamer Villa etwa dreißig Personen, um zu beraten, wie eine große Zahl von Menschen, die als fremd und nicht zugehörig markiert wurden, aus dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zu entfernen seien.«
Dieser Satz ist natürlich eine Quasi-Lüge, wie überhaupt vieles an der »Berichterstattung« über jenes Event blank gelogen und offene Propaganda war. Diese Zeilen stammen aus einem Pamphlet der »Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz«, dessen Titel lautet: »Narrative der extremen Rechten«. (Es ist aktuell noch online auf bzkj.de.)
»Demographie wird Fakten schaffen«
Der Begriff »Narrativ« wird in jenem Pamphlet vor allem für die üblichen Unterstellungen und Zuschreibungen an Regierungskritiker verwendet. Der Autor, ein Professor, ist Leiter eines »Forschungsschwerpunktes Rechtsextremismus/Neonazismus« und befasst sich mit »der extremen/populistischen Rechten sowie mit Praktiken des Erinnerns an rechte Gewalt«. Er redet immer nur über das eine, ob dieses existiert oder nicht. – Man darf vermuten: Wenn der Professor nicht dem politischen Gegner regelmäßig all diese bösen Absichten und »Narrative« zuschreiben würde, wäre er finanziell womöglich viel schlechter gestellt.
Neben »Narrativ« als die zugeschriebene böse Absicht, findet sich »Narrativ« auch als Leugnung der durch den politischen Gegner thematisierten Tatsache.
Beispiel aus jenem Paper über »rechte Narrative«: »Replacement Migration« ist ein sehr offizielles UN-Thema (siehe un.org), also der Ersatz westlicher Gesellschaft durch Einwanderung aus archaischen Gesellschaften verbunden mit höherer Geburtenrate der Eingewanderten.
Politiker mit Wurzeln in muslimischen Kulturen wie etwa Sawsan Chebli geben Ähnliches inzwischen offen zu. Wörtlich: »Vor allem der 3. und 4. Generation sage ich: Dieses Land ist auch Euer unser (sic!) Land. Kämpft dafür. Demographie wird Fakten schaffen.«
Man kann auch weitere Momente der Wahrheit zitieren. Etwa einen Hasnain Kazim: »Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.« – Oder Deniz Yücel: »Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite.« – Und so weiter.
Als »rechtes Narrativ« (und damit implizit unwahr) gilt es also, schlicht zu wiederholen, was zwar offen gesagt und zugegeben wird – und was jeder in Schulen und auf Straßen beobachten kann –, was man aber nicht aussprechen darf.
Der Begriff »rechtes Narrativ« ist eine Ergänzung zur »rechten Verschwörungstheorie«. Etwas ist »rechte Verschwörungstheorie«, bis es passiert, und wenn es passiert, ist es »rechtes Narrativ«.
Gefährliches Positiv
»Narrativ« stammt vom lateinischen narratio, was wörtlich »Erzählung« bedeutet. Narrative beschreiben üblicherweise Erzählungen, die von Gruppen und Gesellschaften handeln und den Menschen dieser Gruppen eine Identität und einen Sinn geben.
Wenn also die Propaganda die Warnungen und Beobachtungen politischer Kritiker als Narrativ bezeichnet, will sie diese damit abwerten. Einem Menschen vorzuwerfen, seine Warnungen seien Teil seines Narrativs, soll seine Warnungen abwerten; sinngemäß und manchmal wörtlich: »Du hast keine eigene Identität und Werte, also musst du armer Tropf dir schlimme Gefahren ausdenken, um dich wichtig zu fühlen.«
Erst letztens sah ich, wie Hayali gegenüber dem AfD-Chef Chrupalla dessen Aussage, dass die CDU ihre Migrationspolitik derzeit von der AfD abschreibt, als »Narrativ« abwertete. Es ist offensichtlich, doch die Propaganda will nicht, dass man es zur Kenntnis nimmt.
Interessanter als die Narrativ-Vorwürfe an politische Abweichler (Propaganda-Deutsch: »extreme Rechte«) sind aber die tatsächlichen Narrative der Linken.
In der linken Erzählung sind bekanntlich alle Kulturen gleich gut (außer derjenigen, die der Menschheit den Wohlstand und die Menschenrechte brachte, die ist schlimm). In der linken Erzählung sind bekanntlich alle Menschen im Herzen gut (außer denen, in deren Länder alle Armen dieser Welt ziehen wollen und die diese dann auch aufnehmen).
Die linke Erzählung, das Narrativ, ist tatsächlich positiv – allerdings auf gefährliche Weise falsch. »Positiv« gestimmt zu sein ist kein Selbstzweck. Wenn ein Auto auf eine Klippe zufährt, aber die Brücke fehlt, dann ist der »Positive« sympathisch, wenn er »Wir schaffen das!« sagt und »nur rechte Hetzer bestreiten die Existenz einer Brücke«. Doch überleben werden die Autoinsassen eher, wenn sie auf den »bösen Negativen« hören, der mit »Hass und Hetze« nervt; sprich: der darauf hinweist, dass da keine Brücke ist.
Die Amateur-Philosophen wieder
Netzpolitik.org hat nun das Gutachten des Verfassungsschutzes von 2021 über die AfD veröffentlicht (netzpolitik.org, 3.2.2025). Man kann es online lesen, und es erinnert mich streckenweise an meine eigene Bewertung der Arbeit jener Behörde von 2022: Der Inlandsgeheimdienst wirkt wie ein »Amateur-Philosophenstadel«.
Die Behördenmitarbeiter versuchen sich an Begriffsanalysen und kulturellen Deutungen jenseits ihrer erkennbaren Kompetenz – und auffällig aggressiv werden sie bei Islamkritik.
Ein AfD-Abgeordneter wird zum Islam zitiert: »Das höchste Gesetz ist die Scharia. Sie darf von keinem Gläubigen in Frage gestellt werden.«
Ein anderer: »Der Islam will genau das umsetzen, was er predigt. Er ist eben nicht in erster Linie Religion, sondern politische Ideologie. Und diese ist zweifelsohne mit unseren Vorstellungen von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Aufklärung absolut unvereinbar. Mit einer Herrschaft des Islams wäre Europa zurück im Mittelalter. Und das dürfen wir nicht zulassen.«
Der Verfassungsschutz »argumentiert« dann: »Mit der Gleichsetzung des Islam mit einer politischen Ideologie verleiht Holm seiner grundsätzlichen Ablehnung des Islam Ausdruck. Dem Islam wird damit abgesprochen, „in erster Linie Religion“ zu sein, was in der Konsequenz dazu führen kann, dass diesem auch nicht die Rechte einer Religion zugestanden werden. Der Islam wird zur Gänze pauschal und undifferenziert als mit der Demokratie, dem Rechtsstaat und der Freiheit inkompatibel beschrieben.«
Welche Teile des Islam – die auch in der islamischen Welt ernst genommen werden – sind denn mit Demokratie kompatibel?
Der Verfassungsschutz diskutiert nicht, ob der Islam zuerst politische Machtambition ist oder zuerst Religion. Er setzt es als gegeben, dass der Islam zuerst Religion ist (mal eben Tausende Jahre an Geschichte ignorierend) – und wer das anders sieht, dem kreidet man »grundsätzliche Ablehnung« des Islam an. Warum?
Warum ist es eigentlich bereits »rechtsextrem«, die Religion, in deren Einflussbereich so viel Unrecht geschieht, grundsätzlich abzulehnen?
Die Antwort auf diese Fragen ist wohl: Der Verfassungsschutz verteidigt weder Verfassung noch Demokratie – für die wird er inzwischen zur Gefahr –, der Verfassungsschutz verteidigt zuerst das linke Narrativ, die große linke Erzählung.
Beinahe niedlich
Ein Narrativ ist ein erzählerisches Deutungsmuster, das komplexe Ereignisse oder Sachverhalte in eine kohärente, oft vereinfachende Geschichte einbettet, insbesondere in Politik und Propaganda zur Beeinflussung von Meinungen.
Narrative betten Individuen und Gruppen in eine sinnstiftende Geschichte ein, formen das Selbstbild und stärken die Abgrenzung von anderen.
Während die deutsche Propaganda im Angriff auf Abweichler regelmäßig offensichtliche Fakten als »Narrativ« (und damit als implizit falsch und böse) abtut, baut sie ihre gesamte Politik auf ein täglich widerlegtes und inkohärentes Narrativ auf.
Das Weltbild der Linken ist auf Lügen gebaut, so pflege ich hier zu sagen. Linke Lebenslügen reichen von Klima bis Migration, von Islam bis zu Geschlechtern. Die Gesamtform der linken Lebenslügen verdichtet sich zum linken Narrativ.
Das alles wäre beinahe niedlich, wenn das linke positive, aber gelogene Narrativ nicht außer der Unterstützung eines milliardenschweren Propaganda-Apparats auch noch die des Inlandgeheimdienstes hätte.
Auseinanderhalten können
Ich stimme jedem Leser ja darin zu, dass ich gern weniger über Narrative reden sollte – und stattdessen über Fakten, Zukunft und Philosophie.
Doch die Linken und Lügner reden ständig über Narrative und nutzen es, um Fakten, Warnungen und Überprüfbares als »Erzählung« zu entwerten.
Und die Linken haben ja selbst tatsächlich ein Narrativ, eine echte Erzählung, sogar eine positive – allerdings leider eine, die auf Lügen aufgebaut ist und deshalb ins Desaster führt.
Ja, wir müssen über Erzählungen reden. Darüber, wie die Bösen die simplen Fakten als Erzählungen abtun wollen. Darüber, wie deren Selbst- und Weltbild auf Lügen-Erzählungen basieren.
Und in einer stillen Stunde könnten wir uns und unseren Kindern erzählen, warum wir tun, was wir tun, wo wir herkommen und wo wir einst hinwollten – falls wir uns noch daran erinnern können. Nicht nur Kinder und Linke brauchen Erzählungen, Geschichten, Narrative.
Doch vergesst nicht: Fakten sind Fakten, und Erzählungen sind Erzählungen. Mit dem einen planen wir, mit dem anderen fühlen wir. Ein Narrativ ist als solches keineswegs immer böse – solange man, anders als Linke und andere religiöse Fanatiker, die Fakten und die Erzählungen sauber auseinanderhält.