17.05.2024

Und jetzt stellt euch vor

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Bild: »Hallo, Vorsicht!«
Bald wird Politik von »Künstlicher Intelligenz« entschieden. Kein Grund zur Euphorie! Wenn statt Menschen nun eben Computer nach woke-globalistischen Lebenslügen operieren, dann werden diese die Menschheit eben noch effizienter in die Katastrophe führen.
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Freunde, lasst mich zwei Leute zitieren, namentlich Sam Padilla und Elon Musk. Einer beobachtet etwas, der andere kommentiert die Beobachtung. Ich will es euch vorlegen, euch darauf hinweisen. Und dann will ich kurz aufzeigen, warum es so super wichtig ist.

Samuel Padilla arbeitet für Google (setzt hier die aktuellsten Buzzwords wie »Web3« und »Blockchain« ein) und kommuniziert öffentlich, teils für seinen Arbeitgeber, teils für sich selbst.

Auf X/Twitter schrieb Sam Padilla jüngst diese Beobachtung: »Holy fucking shit. I just walked from Soma to Hayes Valley through Market St and easily sketchiest walk of my life. And dude I grew up in Brazil and Colombia. I’ve walked real sketchy shit before. Doesn’t even compare.
Felt like a scene straight out of the walking dead. Sad.« (@theSamPadilla, 15.5.2024)

Der Inhalt ist etwa: Sam Padilla ging letztens zu Fuß durch San Francisco von »South of Market« nach Hayes Valley (laut Google Maps ein Fußmarsch von 46 Minuten). Padilla ist in Brasilien und Kolumbien aufgewachsen, doch was er sah, war kein Vergleich dazu. Es waren Szenen wie aus einem Zombiefilm.

Im Folgetweet beschreibt Padilla, dass er etwa 100 Leute sah, die allesamt sichtlich auf Drogen waren.

In dem Augenblick, so sagt er, fuhr ein vollständig autonomes Auto des Unternehmens »Waymo« an ihm vorüber. Es war das erste Mal, so schreibt Padilla, dass er ein solches Auto ganz ohne Menschen am Steuer sah.

Padilla schließt diese Beobachtung mit einem moralischen Aufruf: »This can’t be the future of tech.« (@theSamPadilla, 15.5.2024)

Auf Deutsch etwa: »Dies darf nicht die Zukunft von Technologie sein.«

Fortschritt und Drogenzombies

So weit, so aufdringlich. Es ist tatsächlich ein dystopisches Szenario: Hundert(e) Drogenzombies – und dazwischen fahren von Künstlicher Intelligenz gesteuerte Roboter-Autos.

Das darf doch nicht die Zukunft von Technologie sein, schreibt er, doch er meint wohl auch die Zukunft der Gesellschaft und damit die Zukunft insgesamt. (Es ist keine neue, aber noch immer unterschätzte Erkenntnis, dass Werkzeuge, einmal vom Menschen erdacht und geschaffen, alsbald den Menschen und seine Gesellschaft formen.)

Elon Musk kommentierte diese Beschreibung gegenwärtiger San-Francisco-Tech-Dystopie: »Und jetzt stellt euch vor, dass die Denkweise, die zu diesem Ergebnis führte, in Künstliche Intelligenz einprogrammiert würde.« (@elonmusk, 16.5.2024; im Original: »Now imagine if the philosophy that led to this outcome was programmed into AI«.)

In diesem kurzen Kommentar ist bemerkenswert viel Aktuelles, Relevantes und zugleich Ewiggültiges enthalten – lasst es mich aufschlüsseln!

Notwendig, zu verstehen

Elon Musk spricht von der Philosophie, welche zu diesem oder jenem Ergebnis führt. Eine Philosophie, die zu einem bestimmten Zustand der Gesellschaft führt, während eine andere Philosophie zu einem anderen Zustand geführt hätte.

Nun ist Philosophie ein weites Feld. Meint Elon Musk die Ontologie, also die Debatte des Seins? Kaum. Meint er die Ästhetik oder die Epistemologie, also die Debatte ums Wissen?

Es wird alles eine Rolle spielen dafür, wie eine Gesellschaft sich entwickelt. Wenn etwa charismatische Offenbarungen und religiöse Autoritäten als Wissensquellen gelten, dann hat das erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft.

Der ebenso simple wie zentrale Faktor für Erfolg oder Versagen einer Gesellschaft sind aber natürlich ihre Werte, was als gut, wichtig und bewahrenswert etabliert ist – und was es zu bekämpfen gilt.

Um vorherzusagen, wie eine Gruppe von Menschen – und der »durchschnittliche« Mensch in dieser Gruppe – sich innerhalb statistischer Wahrscheinlichkeit in einer bestimmten Situation verhalten wird, ist es notwendig, deren Begriffe von »Gut und Böse« zu verstehen.

Wirklich wirklich!

Treue Leser wissen, dass die »Relevanten Strukturen« die Grundlage meines Denkens und meiner Motivation bilden. Es ist eine Theorie dazu, wie Menschen die Etiketten »gut« und »böse« zuordnen.

In einem Satz zusammengefasst: Was dir relevant ist, dessen Stärkung wirst du als gut empfinden – und dessen Schwächung wirst du böse nennen. Um Menschen zu bewegen, eine Veränderung zu begrüßen, sie also als gut zu bewerten, sollte man aufzeigen, wie diese relevante Strukturen stärkt. Und um Menschen gegen eine Veränderung aufzuwiegeln, muss man sie spüren lassen, wie diese Veränderung eben relevante Strukturen schwächt. Dies fällt umso einfacher, wenn diese Strukturen eher abstrakter Natur sind, und ihre Existenz und Eigenschaften etwa von religiösen Autoritäten nach Bedarf definiert werden können.

Wenn du die wirklich relevanten Strukturen einer Gesellschaft verstehst, verstehst du damit ihre wirklichen ethischen Werte, und damit kannst du vorhersagen, wie es sich entwickeln wird, wenn der Mensch beziehungsweise die Gesellschaft auf der einen Seite und auf der anderen die Realität aufeinandertreffen.

(Übrigens: Das Wort »wirklich« wie in der Formulierung »wirkliche ethische Werte« ist hier wichtig, denn sowohl einzelne Menschen als auch Gesellschaften belügen sich nicht selten darüber, was ihnen wirklich wichtig ist.)

Auf höherer Stufe?

Im Essay vom 18.12.2022 (wie die Zeit eilt!) fragte ich: »Könnte ›Künstliche Intelligenz‹ das mit dem Regieren besser machen?«

Im Text selbst präsentierte ich dann »10 Punkte, wie und warum sogenannte ›Künstliche Intelligenz‹ (›KI‹) uns Menschen besser regieren kann, als wir Menschen uns selbst regieren«. Die zu erwartende Überraschung war dann, dass diese 10 Argumente selbst bereits von der Künstlichen Intelligenz ChatGPT entwickelt worden waren. (Übrigens: Vor wenigen Tagen nun hat OpenAI die neueste öffentlich verfügbare Entwicklungsstufe von ChatGPT vorgestellt, »GPT-4o«; siehe openai.com, 13.5.2024. Und, ja, die künstliche Intelligenz ähnelt wieder etwas mehr der menschlichen, wurde noch kreativer und zugleich noch präziser, dabei arbeitet sie ermüdungsfrei, kostengünstig und kann sich für jede Antwort beim gesamten öffentlich zugänglichen Wissen der Menschheit bedienen (und dieses Wissen in vielen Fällen auch richtig wiedergeben).)

Allwissend – und »objektiv«?

Einer der Tricks, dessen sich sogenannte Journalisten beim Einsatz von künstlicher Intelligenz bedienen können, ist die Berufung auf künstliche Intelligenz als einer extra-neutralen und zugleich allwissenden Autorität. Die Antworten der KI werden als eine absolute Wahrheit, ihre Prognosen als besonders glaubwürdig und ihre moralischen Urteile (ja, auch die gibt es, und wie!) als besonders objektiv und damit auf höherer Stufe gültig betrachtet.

Die deutsche Propaganda etwa setzte dies ein, als der Staatsfunk sich von der KI einen »AfD-Staat« halluzinieren ließ, der natürlich denkbar düster und schrecklich sein wird (daserste.de, 15.2.2024). (Es trieft vor Ironie, dass der Staatsfunk selbst knapp ein Jahr zuvor »berichtete«, wie die böse Opposition angeblich »künstliche Intelligenz ausnutzt« und sie eine »verzerrte Realität durch KI« darstellt; siehe zdf.de, 27.5.2023.)

Der Bericht über die KI-Halluzination vom AfD-Staat nutzt diese Denkfehler aus:

  1. KI bezieht ihr Weltwissen aus dem Material, mit dem sie trainiert wird. Wird KI mit Propagandamaterial trainiert, wird sie auch Propaganda wieder ausspucken.
  2. Jede öffentlich zugängliche KI wird mit Wertvorgaben justiert.
  3. Das bedeutet in der Praxis: Künstliche Intelligenz liefert keine absolute Wahrheit, sondern ist ein Werkzeug, das so arbeitet, wie der Hersteller und der Bediener dieses Werkzeugs es jeweils einstellen und einsetzen. (Wenn also Staatsfunker eine Mainstream-KI für Propagandafilmchen einsetzen, wird diese genau das zu erwartende Ergebnis liefern.)

Dabei extra effizient

Elon Musks Kommentar (»Und jetzt stellt euch vor, dass die Denkweise, die zu diesem Ergebnis führte, in Künstliche Intelligenz einprogrammiert würde.«) weist also auf ein sehr reales Problem hin: Sollte Künstliche Intelligenz für Regierungsentscheidungen eingesetzt werden, würde dies keinesfalls zwingend zu ethisch wünschenswerten Ergebnissen führen. Ein größeres Problem als die weiterhin vorhandene Fehlerhaftigkeit der Maschine aber liegt in den vorgegebenen Werten und Gewichtungen.

Der Zweck von Maschinen ist vor allem Effizienz. Wenn ein Land von einer Maschine gesteuert wird, welcher Werte vorgegeben wurden, die selbst auf Irrtümern basieren und deshalb zuverlässig zu Katastrophen führen, wird dieses Land durch die Effizienz der Maschine vor allem schneller und effizienter in der Katastrophe landen.

Die intelligenteste Intelligenz ist nicht nur vollständig nutzlos, sondern buchstäblich lebensgefährlich, wenn sie gezwungen wird, alte Dummheiten zu wiederholen, dabei aber eben extra effizient vorgeht.

Live zu besichtigen

Der kurze Austausch zwischen Sam Padilla und Elon Musk inspirierte mich, weil in denkbar knapper Form eine der wichtigsten Wahrheiten der gesamten menschlichen Existenz der Menschen als Menschheit dargelegt wurde.

Glück und Unglück des Menschen – aber auch Erfolg oder selbstverschuldete Niederlage der Menschheit – hängen davon ab, ob unsere relevanten Strukturen klug und weise gewählt wurden und ob wir bei der Umsetzung rational vorgehen.

Der Horror fataler »linker« Lebenslügen ist in den Wokeness-Hochburgen von Kalifornien und stellenweise auch Kanada live zu besichtigen: Obdachlosigkeit, Gewalt, Diebstahl, aufgegebene Geschäfte und inzwischen vor allem Drogenzombies zu Hunderten. In San Francisco wirkt dies besonders dystopisch, da quasi parallel zu diesem Niedergang die Entwicklung und Live-Erprobung modernster Technologien wie selbstfahrender Autos stattfindet.

Die Zukunft

Die große Wahrheit im Kern des kurzen Austauschs zwischen Padilla und Musk ist aber ein Gedanke, den wir hier schon länger kennen, den wir uns wieder einmal in Erinnerung rufen sollten, denn er gilt für die gesamte Menschheit, für ganze Gesellschaften genauso wie für Familien und Individuen: Zeige mir deine relevanten Strukturen, und ich sage dir deine Zukunft voraus.

Dem alten Auftrag der Griechen folgend will ich es heute als Meditation formulieren, als Selbstauftrag: Ich mache mir meine relevanten Strukturen ehrlich bewusst, und so sehe ich meine eigene Zukunft.

Weiterschreiben, Wegner!

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