Dushan-Wegner

18.02.2019

ARD und das »Framing Manual« – hilflos, fehlerhaft und doch erschreckend

von Dushan Wegner, Lesezeit 12 Minuten, Bild von Manuel M. Almeida
Man weiß nicht, was am »Framing Manual« für die ARD schockierender ist: Dass so offen Propaganda-Ideen diskutiert werden, dass es so plump ist – oder die gravierenden Denkfehler darin!
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Als ich noch Kunden beriet und Seminare zur politischen Sprache gab, kam es vor, dass Politik-Mitarbeiter verschiedener Parteien sich meine Schulungsaufsätze besorgt hatten, sie lasen und anwendeten, und nachdem Talking Points erschienen war (beim Frankfurter Westend Verlag, inzwischen im Selbstverlag), passierte es, dass Politikprofis, die ich zufälligerweise traf, das Buch nicht nur durchgearbeitet hatten, sondern auch ganze Passagen daraus sinngemäß zitieren konnten. – Ich erlebe heute etwas Ähnliches, etwas Schräges, auch wenn ich wahrlich nicht sicher bin, dass und ob die Akteure es gelesen haben (geschweige denn verstanden).

Alles im Rahmen

Das Lager der »Guten« präsentiert nun schon seit Jahren eine Sprachexpertin namens Dr. Elisabeth Wehling. Sie tritt im TV und auf Konferenzen auf, und ihr großes Schlagwort ist »Framing«.

Eine Zeit lang galt »Framing« als etwas, das vor allem die »Bösen« tun (siehe etwa »Wer vom Framing redet, will nur den Fakten ausweichen«). 2017 dachten sich aber wohl die Chef-Guten, »wenn du sie nicht besiegen kannst, schließ dich ihnen an«, und beauftragten bei eben jener Expertin eine Ausarbeitung zum Framing, und – Grundgütiger! – das entstandene Machwerk ist bemerkenswert.

In Deutschland wird aktuell Wehlings laut ARD 2017 entstandene »Framing Manual – Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD« diskutiert (siehe zum Beispiel tichyseinblick.de, 15.2.2019). Ich hatte die Gelegenheit, hineinzublicken.

Als ich das Lachen, das Staunen und das Fremdschämen einigermaßen bewältigt hatte, war mein erster Gedanke: Das wirkt, als ob jemand meine Talking Points und Orwells 1984 nebeneinandergelegt hätte, dann beides gründlich missverstand, und schließlich aufschrieb, wie er sich so vorstellt, dass Propaganda aussieht.

Als jemand, der sich ein wenig mit politischer Sprache, rhetorisch eingesetzter Ethik und wirksamen Formulierungen auskennt, erlaube ich mir, Ihnen einige Notizen aus meiner Perspektive vorzulegen.

Moral, alles Moral

Ein zentraler Ratschlag des  Framing Manuals ist, dass die ARD ihre »Kommunikation immer in Form von moralischen Argumenten stattfinden« lässt (S. 3).

Gut, auf den ersten Blick klingt es auch danach, was ich in Talking Points und Relevante Strukturen behandle. Das erste Problem: Welche Theorie von »Gut und Böse« wendet Wehling an?

Auf fast 90 Seiten werden Behauptungen aufgestellt und Vorschläge gemacht, es wird »moralische Dringlichkeit« (S. 3) und »moralische Perspektive« (S. 3) empfohlen, ohne allerdings offenzulegen, was theoretische Grundlage der Moral sein soll.

Einige Werte werden genannt, etwa, »dass jeder Bürger wichtig und wertig ist« (S. 4), doch sie bleiben weitgehend nebulös; es sind moralisch klingende Allgemeinplätze ohne Theoriefundament. – Hat die Verfasserin gespürt, dass ihr der theoretische Ethik-Unterbau fehlt? Gegen Ende appelliert sie:

Sprechen Sie davon, welche Werte Ihre Eltern Ihnen vermittelt haben (es müssen dieselben Werte sein, von denen die moralischen Framings der ARD getragen sind). (S. 84)

Theoretisch tiefer wird es kaum. – Wenn Menschen moralisch argumentieren wollen, aber über keine Moraltheorie verfügen (erst recht nicht ausformuliert), dann haben sie eben nichts als Bauchgefühl und den Bezug auf Autoritäten; dies gilt für moderne radikale Gesinnungsethiker (vulgo: »Gutmenschen«) und für ARD-Berater gleich.

Dem Framing Manual fehlt eine solide Ethik-Theorie, die hinausgehen würde über den impliziten Bezug auf ein unausgesprochenes Ist-doch-klar und einige Handwinke wie die »Werte der Eltern« und »Werte der ARD«, und dieser Mangel ist mehr als ein Schönheitsfehler – das gesamte Schriftstück baut ja darauf, dass man »moralisch« argumentieren soll, es ist dessen Ausgangungspunkt und Ziel. Nichts ist praktischer als eine gute Theorie, so heißt es bekanntlich, und es stimmt – entsprechend hilflos und unpraktisch kommt man daher, wenn die Theorie fehlt.

Die meisten Fehler des Framing Manual bis hin zum Fremdschäm-Finale ergeben sich aus dem Mangel der Theorie (ein Teil ergibt sich aus dem Wiederkäuen alter Denkweisen) – und es ist so schräg, dass es schon wieder spannend und unterhaltsam ist!

Widersprich ihr nicht …

Letztens habe ich über Politiker gesprochen, von denen gilt: Widersprich ihnen nicht, warte einfach, bis sie es selbst tun! – Es scheint, dass es wohl auch Berater und Schriftstücke gibt, die in dieser Kategorie einzuordnen sind.

Auf Seite 4 heißt es: »Die ARD steht für Vielfalt und Inklusion«. (Sehen wir einmal davon ab, dass viele Bürger gelernt haben, dass das Propaganda-Wort Vielfalt heute für Beliebigkeit steht und Inklusion an Schulen etwa moralisch fragwürdige Konsequenzen haben kann (es kann grausam und unmenschlich sein, kranke und schwache Kinder wie gesunde zu behandeln, da sie dadurch nonstop frustrierender Überforderung ausgesetzt sind) – die Studie scheint mit ihrer Wortwahl zuerst die Sprache der ARD-Eliten zu bedienen, nicht die der Bürger vor Ort.)

Das Schlagwort »Inklusion« zieht sich durch das gesamte Dokument, und nach meinem Verständnis ist damit schlicht gemeint, dass jeder Bürger, auch wenn er einer kleinen Gruppe angehört, Anspruch auf ein für ihn passendes Programm hat. Abgeleitet wird es aus der Feststellung, dass jeder Mensch »gleich wertig« ist (S. 4).

Man könnte diskutieren, ob aus der »gleichen Wertigkeit« jedes Menschen folgt, dass alle gezwungen werden, für auch die kleinste Gruppe ein Nischenprogramm zu finanzieren – und man könnte weiter fragen, warum dann die ARD ein Programm macht, das sich aggressiv gegen eine zweistellige Prozentzahl der Wähler zu richten scheint – aber gut, nehmen wir das Argument so auf: Aus den Werten der Inklusion soll folgen, dass man Programm macht für Menschen mit Eigenschaften, »die andernorts sozial marginalisiert werden, wie etwa Schwule und Lesben oder Muslime« (S. 5 – ja, es steht so da).

Diese Argumentation impliziert die moralische Bringschuld der ARD gegenüber allen Bürgern. – Das ist im Prinzip gar kein schwaches Argument, und es wäre noch stärker, wenn man es der ARD glauben könnte.

Durch das Dokument zieht sich allerdings ein weiterer Strang. Die ARD, so heißt es, soll dringend weg vom Reden über »Kunden«, denn das »aktiviert einen Frame der prototypischen ökonomischen Transaktion« (S. 12). Das Framing Manual warnt wieder und wieder davor, die Beziehung von ARD und Bürger im Kontext der Transaktion zu betrachten.

»Raus aus dem Konsum Frame« (S. 24) heißt es. Der Begriff »Beitragsservice« wird kritisiert (S. 24), denn »Service« stünde für ein »Serviceunternehmen« (S. 24), und das gelte es zu vermeiden.

Wehling will »moralisch« argumentieren, doch die implizite Moraltheorie ist – ganz im Geist der Zeit – eine weitgehend bauchgefühlige: Einmal will sie Inklusion, die de facto bedeutet, dass man auch kleinen Gruppen ein adäquates Programm liefert (dass sie es in anderen Worten sagt, ändert nicht die beschriebenen Vorgänge) – und dann will sie wieder um jeden Preis vermeiden, dass der Bürger sinngemäß einen Lieferanspruch an die ARD erhebt, dass er an eine »Transaktion« denkt. – Was nun?

Der Inklusion-vs-Konsument-Widerspruch ist nicht der einzige! Auf S. 16 etwa rät sie dringend davon ab, die Sprache der Gegner zu benutzen, auf S. 18 rät sie dazu, erst einmal wie bislang zu sprechen – was aber, wenn man bislang Ausdrücke der »Gegner« teilte? – Das mag ein Detail sein, doch solche Details summieren sich zu einer großen Kakophonie der hinter wichtig klingen Wörtern verbarrikadierten Ratlosigkeit.

Was die Verfasserin der Studie nicht zu verstehen scheint: Für ethische Gefühle ist die Formulierung weniger wichtig als die Wirksamkeit der Tatsachen unter der Formulierung. Eine Formulierung kann nur dann eine ethische Debatte drehen, wenn sie tatsächlich relevante Mechanismen als solche fühlbar macht.

In Beraterkreisen heißt es auch, frei nach Upton Sinclair: Du kannst einen Mann (oder: eine Frau, klar) nicht dazu bringen, etwas zu verstehen, wenn sein (oder: ihr) Gehalt davon abhängt, dass er (oder: sie) es nicht versteht.

Das ist nicht, wie das funktioniert

Über weite Teile wirkt das Framing Manual auf mich wie aus der Zeit gefallen. Es ist, als hätte jemand alte Propaganda-Anleitungen aus der Zeit weit vor dem Internet gelesen, und nicht mitbekommen, wie die Welt der letzten 20 Jahren sich weiterentwickelte.

Wann immer Sie sich mit solchen sprachlichen Angriffen konfrontiert sehen, dürfen Sie Eines nicht tun: Die Begriffe der Angreifer in jedweder Form aufgreifen, und sei es in Form von Negierungen. (S. 16)

Im Internetzeitalter hat man als Debattenteilnehmer – egal wie groß – unangenehm wenig Kontrolle über die sich durchsetzenden Begriffe. Das war anders, als die Realität und die Debatte im Grund nur das waren, was ARD, ZDF und die Zeitung als Realität und Debatte festlegten.

Es gibt diverse alternative Taktiken, wie man mit schmerzhaften Begriffen umgehen kann. Man kann etwa im Geiste eines Geusenwortes das Wort für sich adaptieren und so gegen den Erstverwender drehen (etwa »Deplorables« oder »das N-Wort«). Man kann das Wort aufnehmen und zurückverwerfen – »Fake News« war ursprünglich vor allem eine Attacke gegen konservative Meinungen, bis Trump es umdrehte! Et cetera.

Wehlings Rat, nie das Vokabular der Gegner zu benutzen, ist denkbar schlecht. De facto rät sie der ARD, sich via Wortwahl gefühlt aus der Debatte zurückzuziehen und ein eigenes Vokabular zu erfinden (und das Framing Manual macht einige denkbar peinliche Vorschläge dazu). Würde die ARD diesem Rat folgen, würde sie noch mehr wie eine weltanschaulich selbstreferentielle Sekte wirken als sie es ohnehin schon tut.

Riechst du es auch?

Auf Seite 10 rät das Framing Manual, durch »moralische Dringlichkeit« die »Fakten« zu »Munition« zu machen, doch man hat schnell das Gefühl, dass den Autoren mangels theoretischen Fundaments sehr bald die »Munition« ausging. Was tut ein Filmheld, wenn ihm die Munition ausgeht? Richtig: Er wirft erst mit der leeren Pistole selbst, und dann mit allem, was er greifen kann, vom Schraubenschlüssel bis zum Aschenbecher.

Mindestens die zweite Hälfte des Schriftstücks wirkt auf mich, als würde jemand, der weit mehr Fremdwörter kennt als er verstanden hat, mit allem, was seiner Meinung nach irgendwie wichtig klingt, panisch im Dunkeln nach dem Gegner werfen.

Manche der Ratschläge klingen wie Stanzen aus dem Meeting einer kommunistischen Jugendgruppe. Es ist von »medienkapitalistischen Heuschrecken« (S. 22) die Rede. Man formuliert: »Bürger, die sich nicht gemäß der demokratischen Vereinbarung am gemeinsamen Rundfunk ARD beteiligen, sind wortbrüchig oder auch illoyal. Sie liegen nicht nur den anderen auf der Tasche, täuschen und betrügen …« (S. 63). Man übt sich sogar in kindlich niedlichem Orwellismus: »Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will« (S. 85). (Bei vorgeschlagenen Slogans wie »Lieber selbst denken (dürfen).« (S. 88) frage ich mich dann doch, ob da nicht etwa Ironie in eigener Sache mitschwingt.)

Im Finale schlägt das Dokument einige Slogans vor, die schlicht peinlich sind. – »Wir sind Ihr« (S. 87), es klingt wie etwas, das die böse, undemokratische Partei in einem Comic plakatieren würde.

Gegen die Pfeiler

In seiner überforderten Hilflosigkeit diffamiert das Framing Manual mal eben alles, worauf der Wohlstand Deutschlands basiert. Zu den fragwürdigen Formulierungs-Vorschlägen gehört etwa »Demokratie statt Umsatz« (S. 85), »Fernsehen ohne Profitzensur« (S. 86), und extra viel Verachtung gegenüber der »Profitwirtschaft« (S. 29), die »keine besondere emotionale Bindung zum Menschen hat« (S. 29), »sondern ihn als Kunden und damit als Mittel zum finanziellen Zweck sieht« (S. 29).

Der Bäcker, die Kinderärztin, der Schneider, der am Ende des Monats mehr Geld eingenommen haben muss als er ausgegeben hat, in der ARD-Wehling-Denkwelt müssen das wohl alles gefühlskalte Monster sein. In deren Denkwelt ist nur der ethisch gut, der Geld via Gesetz und Gefängnisandrohung kassiert.

Poes Gesetz, wieder mal

In den letzten Monaten und Jahren zitiere ich immer wieder Poes Gesetz, also jene Faustregel, wonach das Extreme und seine Satire nicht zu unterscheiden sind.

Woran erkennen wir, dass das Framing Manual keine Satire ist? Eine Satire über ARD-Marketing wäre wahrscheinlich weniger abgedreht.

Selbst wenn man Wehlings Inhalte ernstnehmen wollte, würde man feststellen, dass sie auf jahrzehntealten Denkmustern basieren, dass sie aus einer Zeit der zentralen Wahrheitsverkündung, der moralischen Tagesparolen und der 30-Sekunden-Soundbites für die Tagesschau stammen. Es sind alte Gedanken, mit wenig adäquater ethischer Theorie, die in einer neuen Zeit geradezu komisch deplatziert wirken.

Funktioniert nicht

Das Framing Manual ist auch und wohl zuerst ein großes Fanal gegen die Transaktionsbegründung; sprich: Mit moralisch klingenden Trickwörtern soll scheinbar verhindert werden, dass der Bürger für sein zwangsweise eingezogenes Geld eine konkrete Gegenleistung erwartet.

Indem Wehling fast schon militant gegen die Gegenwert-Begründung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins Feld zieht, wirft sie gerade ein Licht auf die wohl größte Schwachstelle des milliardenschweren GEZ-Apparats: Der GEZ-Deal funktioniert für den einzelnen Bürger nicht.

Bei Gelegenheit könnte man die vorgeschlagenen Formulierungen als Zurechtbiegen der Wahrheit interpretieren, etwa wenn sie sagt: »Die ARD ist von uns, mit uns und für uns geschaffen: Sie ist von uns beschlossen« (S. 27). Näher an der Wahrheit ist, dass der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk von den West-Alliierten initiiert wurde, sprich: von Besatzern, mit Experten aus dem Ausland. Die Struktur der Öffentlich-Rechtlichen, die heute wie ein »Staat im Staate« empfunden werden könnte, wurde teilweise gegen die Wünsche demokratisch gewählter Politiker durchgesetzt, wie Sie etwa auf wdr.de nachlesen können. Wehlings Formulierungen vom ach-so-demokratischen Rundfunk torkeln also streckenweise am Grenzgebiet zur blanken Propaganda-Parallelwahrheit entlang.

Auch schlecht gemacht

Die Frage ist: Ist das, wofür die ARD offensichtlich Geld ausgibt (wir erfahren nicht, wieviel), ist es Manipulation, ist es Propaganda? – Nun, wir wollen nicht sein, wie Wehling der ARD zu sprechen rät, wir wollen unsere Argumente begründen!

Eine Arbeitshypothese: Manipulation ist die Beeinflussung eines Menschen mit gezielter Umgehung seiner Rationalität. – Nun, das Framing Manual versucht nachdrücklich, moralisches Argument in den Vordergrund zu spielen, während es sich auf Sachebene widerspricht, das alles mit dem Ziel, Meinung zu beeinflussen. Man könnte die Inhalte eine Anleitung zur Manipulation nennen.

Noch eine These: Propaganda kann bedeuten, dass große, politiknahe Akteure flächendeckende Werbekampagnen zur manipulativen Beeinflussung öffentlicher Meinung fahren.

Wehling rät:

Nutzen Sie vor allem Plakatkampagnen und Werbesport im TV oder Radio, um die neuen Framings in Form von Slogans und Schlagwörtern umzusetzen und Geschichten zu erzählen, die ihrer moralischen Perspektive treu sind. (S. 18)

Man könnte also sagen, dass das Framing Manual als Anleitung zur Propaganda in eigener Sache gelesen werden könnten.

Nicht dass wir uns missverstehen: Die Inhalte des Dokuments sind flach und schlecht. Wehlings Argumente haben die intellektuelle Tiefe eines Teenagers, der zum ersten Mal »Propaganda« von Bernays liest und nun meint, die Welt manipulieren zu können. Jedoch: Auch ein erfolgloser Einbruch ist ein Einbruch, auch ein schlechter Kuchen ist ein Kuchen, und schlecht gemachte Propaganda-Ideen sind noch immer Propaganda-Ideen.

Nein, nicht die Inhalte sind es, die mir Sorgen bereiten. Es ist widersprüchlich und es ist viel zu einfach gedacht, es liefert Hülsen und Phrasen, wo ehrliche Debatte dringend notwendig wäre. Es ist eher die Tatsache, dass es überhaupt versucht wird, die mir Sorgen bereitet.

Die ARD rudert nun, und sie sagt, es sei »nur Diskussionsgrundlage« (ard.de, 17.2.2019) und »Denkanstoß« (@ARD_Presse, 13.2.2019). – Das Papier trägt den Titel »Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD«, am 17.2.2019 sollte etwa die MDR-Intendantin Karola Wille in Dresden eine Rede halten, mit dem Titel (»Es geht um Demokratie, unser gemeinsamer, freier Rundfunk«, staatsschauspiel-dresden.de/archiviert) – unter www1.ard.de/intern/wir-sind-deins/ finden sich Inhalte mit Slogans bzw. Gedanken aus dem Framing Manual, unter www1.ard.de/intern/wir-sind-deins/ard-gemeinwohl-broschuere.pdf die entsprechende Broschüre – auf Seite 21 des Framing Manual heißt es über einige Formulierungen: »Diese wurden mit der ARD diskutiert und als stimmig eingestuft; da sie aus Sicht des neurokognitiven Framings gleichermaßen wirkstark sind« – eine »Diskussionsgrundlage«, deren Formulierungen diskutiert wurden und die man teilweise wörtlich übernimmt, aber das alles sei »nur Diskussionsgrundlage« – soso.

Nein, die Formulierungen machen mir überschaubar viel Angst, es ist Bullshit einfacherer Qualität. Das eigentlich Erschreckende am Framing Manual ist die Schlichtheit, in der die deutschen Eliten offensichtlich denken. Damit meinen die, irgendeine Meinung steuern zu können? Ich weiß nicht, was einen nervöser macht: dass die Meinungsmacher tatsächlich so einfach gestrickt und zudem in der Sache falsche Phrasen einkaufen, und wohl auch gelegentlich anwenden – oder dass sie damit erfolgreich sein könnten.

Jene, welche das steuern, was Abend für Abend in die Wohnzimmer der Republik gepumpt wird, haben wohl ein nur wenig ausgearbeitetes Konzept von Gut und Böse, sonst würden sie so einen kindischen Unsinn nicht beauftragen oder anschließend als »Arbeitsunterlage« nutzen. Wer noch einen Beleg dafür gebraucht hat, dass die ARD wenig moralische Autorität hat – haben darf – in und mit diesem »Framing Manual« findet er den Beleg.

Auf S. 19 stellt die von der ARD beauftragte Autorin fest, dass man die Verwender solcher Formulierungen eventuell kritisch bezeichnen könnte »als unehrlich, als dogmatisch, als manipulierend, als jemand, der Gehirnwäsche betreiben will« – ich lasse das einfach mal so stehen.

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