25.03.2020

Wie viel Last kann dieser Esel tragen?

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Foto von TS Sergey
Internetwitz – Ein Zeitreisender fragt: »Hallo, welches Jahr ist es«? – Antwort: »2020!« – »Wow, was für ein Jahr! Die Milliarden Toten! Der Meteorit! Und dann das Hantavirus!« – »Milliarden? Meteorit?!« – Der Zeitreisende: »Oh, sorry – welcher Monat?«
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Die Einstiegsgeschichte dieses Essays gibt es auch als Werkstatt-Video von mir vorgelesen auf YouTube! Die URL ist: youtu.be/ctTcs670C4U
Dieser Text hat noch kein Video/Audio. Wenn du magst, nimm diesen Essay als Video auf und stell ihn auf YouTube, mit Essay-Info und Link hierhin. Ich werde die erste halbwegs brauchbare Version hier über den Text einbetten.
(Alle sonstigen Rechte bleiben bei mir, eventuelle YouTube-Werbeeinnahmen gehen erstmal an dich. Schreib eine E-Mail an [email protected].)

Liebe Kinder, ich erzähle euch heute eine lustige Geschichte!

Es war einmal ein kleiner Esel und dieser kleine Esel hatte einen Besitzer, wie jeder anständige kleine Esel ihn haben sollte. Der liebe Herr Besitzer band dem Tier jeden Tag große Lasten auf.
Schwer bepackt schleppte sich dann das Eselein, schnaufend und schnaubend, in die Stadt, zum Markt, wo der Herr Besitzer die Waren verkaufte. Der Besitzer war ein sehr moralischer Mensch. Er bot gern anderen Markthändlern an, deren Waren mitzunehmen, damit die nicht selbst schleppen mussten.

Natürlich trug der Eselbesitzer nicht persönlich die schweren Lasten der anderen Leute, es war das Tier, das kleine Eselein, das die Lasten trug. Je älter der Besitzer wurde, umso moralischer wurde er und entsprechend wurden auch die Lasten schwerer, die das Eselein zu schleppen hatte. Der Esel ächzte und stöhnte, jeden Tag, und mit jedem Tag ein wenig mehr, doch er zwang sich durch die engen Straßen und dann die steilen Treppen hinauf, über krumme Pflastersteine, bis zum Markt.

Eines Tages geschah es, dass eine schlimme Eselgrippe im Land grassierte. Der Esel wurde krank, er schwitzte und er hustete sich die Esel-Seele aus dem geschundenen Esel-Leib.

Der Besitzer des Esels konnte es sich gar nicht erlauben, den Esel ruhen zu lassen, zu viele Versprechen hatte er abgegeben, zu viele Verpflichtungen war er eingegangen, damals, als die Sonne noch wärmer schien, als die Geschäfte noch rund liefen und das Eselein noch bei bester Gesundheit gewesen war.

Der Besitzer lud dem kranken Esel also wieder die schweren Lasten auf, ob das Tier nun krank war oder nicht. Als das kranke Eselein sich mit der schweren Last noch schwerer tat als ohnehin, schlug der Herr Besitzer das Tier mit dem Stock, um der Dringlichkeit dieser Angelegenheit den notwendigen Nachdruck zu verleihen.

Der kranke Esel machte sich ein letztes Mal auf den Weg, zitternd, fiebrig, müde. Der Esel war eine halbe Meile weit gegangen, dann brach er tot zusammen.

Der Besitzer stand über dem Tier, er schüttelte empört seinen Besitzerkopf, doch alles, was ihm zu sagen einfiel, war die Frage: »Wo bekomme ich einen neuen Esel her?«

Das also, liebe Kinder, war unsere Geschichte vom kleinen Eselein, das krank wurde.

Geht fein schlafen und träumt schön weiter!

Mit großen Versprechen

In diesen Tagen, wenn wir uns zurückziehen in unsere vier Wände (innerhalb derer ja hoffentlich noch weitere Wände stehen, Zimmer, Gänge und Räume bildend, vielleicht sogar einen Innenhof), zur unserer eigenen und all der Schwachen Sicherheit eingeschlossen und doch via Internet mit der Welt verbunden, in diesen Tagen der ersten echten weltweiten Seuche im digitalen Zeitalter könnte man fast das Gefühl bekommen, all die anderen Probleme wären urplötzlich fort, verschwunden manchem die Zuversicht und bald vielleicht ein Viertel deutscher Wirtschaftskraft!

(Ach, hätte Deutschland nur so bald und klug gehandelt wie Südkorea oder Japan – das lange Wegreden der Corona-Gefahr könnte die teuerste Realitätsleugnung seit vielen Jahrzehnten werden, zumindest für Deutschland.)

Jedoch, so wie der Himmel nicht fort ist, nur weil wir uns nicht die Zeit nehmen, hinaufzuschauen, so ist es auch mit all den anderen Problemen, die Deutschland hatte, hat und haben wird, sie sind ja nicht fort, im Gegenteil – die, pardon, virulentesten unserer Probleme addieren und potenzieren sich.

Die kulturellen Differenzen bleiben. Ob Corona-Krise oder nicht – der Ramadan steht an, in Deutschland wurde in mindestens einem Fall das Schächten, also das Ausbluten von Tieren »wegen Religion« erlaubt, aber man will nicht verraten, wo (deutschlandfunk.de, 25.3.2020). Ramadan mit Kontaktverbot und Ausgehsperre – wird man das vermitteln können?

Nicht immer wartet man ab, ob und bis deutsche Gerichte das Recht der Religion anpassen – manchmal wird selbst »Recht geschaffen«, auch das bleibt.

»Asylbewerber missachten Kontaktverbot«, liest man aus dem Erzgebirge (bild.de, 25.3.2020), und dass »große Gruppen von Bewohnern des Schneeberger Asylheims bei Ausflügen« beobachtet worden seien – was der restlichen Bevölkerung das Gefühl vermittelt, die Auflagen würden für die Gäste nicht gelten.

Ich höre vom 24-jährigen jungen Mann aus Eritrea, der einem 45-jährigen Schnellimbiss-Verkäufer gegenüber sein Missfallen über die Beschränkungen der Coronakrise durch Würgen, Schlagen und Platzwunde über dessen Augen mitteilte. Ich fühle mich in den Verkäufer hinein, der gewiss nicht aus Spaß mitten in der Coronakrise im Schnellimbiss malocht – ich versuche die Welt aber auch aus der Perspektive des Eritreers zu sehen, der nach Deutschland eingeladen wurde, mit großen Versprechungen – wo sind die Bahnhofsklatscher und Gutmenschen, die ihm erklären, wie Deutschland funktioniert, gerade jetzt? Die Unwucht von 2015, sie bleibt nicht nur, sie wird schärfer werden.

Was das bedeutet, weiß jeder

Im November 2018 schrieb ich den Text »Ein Land wird ausgewrungen«, und darin:

Was ist denn wirklich das Thermometer der ethischen Kerntemperatur eines Landes? Woran erkennt man die Moral einer Gesellschaft? Man wird sich schnell einigen: Die Moral der Gesellschaft erkennt man daran, wie sie ihre eigenen Schwächsten behandelt. – Deutschland wringt sich aus, um anderen Leuten etwas vom Saft zu geben – niemand wird es danken.

Deutschland wurde von seiner sogenannten »Politikelite« ausgewrungen, auf Verschleiß gefahren – wer sollte es ihm auch danken? Deutschland drohte schon vor dem Corona-Vertrödeln den Anschluss an Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz zu verlieren. (Wollen wir wetten, dass China trotz allem weit vorne bleibt und bald die USA überholt? Siehe auch: »Künstliche Intelligenz und Mäusespeck«) – Tausende deutschen Arbeitsplätze gingen schon zu Zeiten verloren, als man in China noch bedenkenlos Fledermaussuppe schlürfen konnte (siehe auch »Der guten Zeiten wegen«), jetzt sind wir bald einen Schritt weiter.

»Nach fest kommt ab«, so eine nützliche Redensart, und was das bedeutet, das weiß jeder, der die Mutter an einer etwas zu weichen Schraube die entscheidende Umdrehung zu weit drehte.

Tatsächlich ein Esel

Die Deutschen erinnern mich dieser Tage an einen gutmütigen Esel, dem der »Besitzer« in seinem Moralwahn täglich neue Lasten aufbürdet.

Das Land wurde auf Verschleiß gefahren, immer nur bis zur nächsten Wahl, sollen doch Straßen verrotten, Schulen stinken und Menschen abgestochen werden, solange der Staatsfunk zufrieden und Merkel an der Macht bleibt.

Die US-Immobilienblase von 2008 hatte eine simple Ursache: Millionen Hausbesitzer und diverse Banken gingen davon aus, dass die Hauspreise immer weiter steigen werden – und als sie es nicht taten, kollabierte das System.

Merkels Politik des Machterhalt-um-jeden-Preis ging seit jeher davon aus, dass Deutschland nie getestet werden würde.

Das deutsche Eselein wird nun, wie manch anderes Eselein zuvor, die Eselgrippe bekommen. Einst war der deutsche Esel sehr stark und gesund, doch schon vor der Eselgrippe schnäuzte er sich auffällig oft die Nase. Der deutsche Staatsfunk hat dem deutschen Esel das Gehirn zu Matsch geprügelt, die deutsche Politik hat ihm mehr Lasten aufgebürdet, als erlaubt sein sollte. Wäre Deutschland tatsächlich ein Esel, hätte PeTA uns längst die Frau vom Rücken gezerrt, wegen Tierschutz und ganz allgemeinem Anstand (siehe peta.de, 10/2018).

Welcher Meteorit?

Am 28.2.2020, im Text »Februarkäfer flieg!«, schrieb ich:

Der Februar 2020 ist bald zu Ende, ein weiterer Monat mit genug Ereignissen für ein Jahr.

Und zuvor:

Was, wenn 2020 eine ganz neue Dimension wird? Wie wird man das Land ruhig halten?

Nun geht also der März 2020 seinem Ende entgegen. – Im Internet kursieren aktuell Witze dieser Art:

Ein Zeitreisender erscheint und fragt: »Welches Jahr ist es?
Die Antwort: »2020!«
Der Zeitreisende: »Oh, was für ein Jahr! Milliarden Tote, dann der Meteorit, und dann das Hantavirus!«
Die Rückfrage: »Milliarden Tote? Meteorit?«
Der Zeitreisende: »Moment, sorry – welcher Monat ist es?«

Hahahaha – zum Glück ist das nur ein Witz, eine Übertreibung, die helfen soll, einen Schmerz zu bewältigen.

Das Hantavirus gibt es zwar wirklich, und dieser Tage soll in China ein Mann im Bus tot umgekippt sein, der aufs Hantavirus positiv getestet wurde (nypost.com, 24.3.2020), doch Experten versichern, dass jener Virus nicht neu und nicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist und man sich sowieso nur durchs Essen von Ratten infizieren kann.

Gestern standen wir kurz vorm Abgrund, heute kam das Coronavirus und die deutsche Bundesrepublik wird regiert von der dümmstmöglichen Regierung ihrer Geschichte. Man hat im Bundestag hektisch Maßnahmen beschlossen (siehe dazu tichyseinblick.de, 25.3.2020), von denen mancher sagt: Wenn die Krankheit uns nicht tötet, erledigt das die Medizin!

In unserer Geschichte stirbt der Esel zwar, und der Besitzer überlegt, wo er einen neuen Esel herbekommt, doch muss es so sein, dass er stirbt?

Nationen, Kulturen, Traditionen und Völker tragen ja nicht nur Geschichte, Viren und dumme Ideen in und mit sich, sondern immer auch die Möglichkeit, neu anzufangen, neu zum Leben zu erwachen, und aufs Neue klug zu werden.

Dem geschundenen Esel Deutschland geht es nicht gut, wirklich nicht gut. Es könnte eine famose Idee sein, dem Esel Deutschland etwas Last vom Rücken zu nehmen!

Weiterschreiben, Wegner!

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