Dushan-Wegner

23.07.2019

Die Deutschen und das Glück – warum tun wir uns so schwer?

von Dushan Wegner, Lesezeit 8 Minuten, Bild von Francesco Gallarotti
Im Staatsfunk fordert ein Professor, dass Bürger einander im Leben herumschnüffeln, um Abweichler im Namen ökologischer Ideologie zur Rede zu stellen. Was ist das Ziel? Ein verbittertes Land voll unglücklicher Hobby-Spione?!
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Stellen wir uns einmal vor, dass wir an einem Bach sitzen. In diesem Bach schwimmen Forellen, und wir sehen einem Mann zu, wie er versucht, eine Forelle mit seinen nackten Händen zu fangen.

Wir merken schnell, dass der Forellenfänger erstaunlich geschickt vorgeht bei seinen Versuchen, den Fisch mit seinen Händen zu fangen – und dann fängt er ihn auch!

Bald hält der Forellenfänger eine zappelnde Forelle in seiner Hand, und wir freuen uns für ihn. Doch – oh! – er lässt die Forelle gleich wieder fallen, er versteht es nicht, sie festzuhalten. Der Forellenfänger ist geduldig, er versucht es noch einmal, er fängt noch eine Forelle und es gelingt ihm wieder – und wieder dasselbe Schauspiel! So geschickt und klug er beim Fangen der Forelle vorgeht, so tölpelhaft stellt er sich an beim Versuch, die Forelle auch festzuhalten.

Kann man dem Forellenfänger mit der Forellenfesthalteschwäche helfen – und wenn ja, dann wie?

Noch – heute noch

Wenn ich nach der Formulierung »die Deutschen« innerhalb der Domain »deutschlandfunkkultur.de« suche, meldet Google mir aktuell mehr als vierzehntausend Fundstellen (Link: probieren Sie es selbst aus). – Sicher, da sind wahrscheinlich Doppelungen dabei und wohl auch Verwendungen als Adjektiv, wie in der Formulierung »die deutschen Bauern«, doch es ist viel Ringen um »die Deutschen« dabei. (Auf die Idee, einmal nachzuschauen, brachte mich ein Tweet von @argonerd, 22.7.2019, ob ich diesem vollständig zustimme oder nicht.)

Wir lesen Aussagen wie »Die Deutschen könnten mehr Optimismus zeigen«, »Hier gibt es immer noch Rassismus« oder »Der Deutsche ist auf jeden Fall sehr regelfixiert. Er glaubt immer, alles besser zu wissen in der Öffentlichkeit…« (Quelle: 1, 2, 3). – Eine bestimmte Formulierung zur angeblichen Regelfreudigkeit der Deutschen aber gefällt: »Es ist absurd, aber manches ist auch ganz sinnvoll, um das Zusammenleben zu regeln.« (link)

Was bedeutet es, »typisch deutsch« zu sein? Was bedeutet es nochheute noch?

Mit kleiner Brille

Wir bleiben für den Augenblick beim sogenannten »Deutschlandfunk«. – Herr Niko Paech arbeitet(e) als Professor an verschiedenen Universitäten, und wenn Leute über sein Fach reden, setzen sie der Ökonomik nicht selten ein Adjektiv voraus, etwa plural, ökologisch oder postwachstum. Als Professor lebt Paech vom Rahm der Wohlstandsgesellschaft, und er erfüllt eine Rolle, welche einst die Sektierer und Bußprediger erfüllten: Er fordert quasi Selbstkasteiung und ökonomische Selbstverstümmelung – er nennt es »Postwachstum« – und gerade jene, welche direkt oder indirekt von wachsendem Wohlstand profitierten, stimmen ihm zu.

Herr Paech mit der typisch linksmodischen kleinen Brille fordert nun im Deutschlandfunk den »Rückbau der Industrie« und die »20-Stunden-Woche«. Es ist lächerlich, und dass irgendwer es ernst nehmen könnte, macht es nicht weniger lachhaft, eher gefährlich, doch es ist steuerbar.

Die Gebühren, die den Deutschlandfunk finanzieren, werden bekanntlich dem Bürger abgepresst, und dann wird damit die Verbreitung solcher Inhalte finanziert:

Um diese Blockade zu überwinden, brauche es eine harte gesellschaftliche Debatte. Menschen müssten auch mal einen Streit beginnen, wenn der Nachbar eine Kreuzfahrt buche. Sie müssten andere fragen, mit welchem Recht sie eigentlich einen SUV führen oder eine Flugreise in den Skiurlaub machten. (deutschlandfunk.de, 22.7.2019)

Aus der Überzeugung heraus, moralisch überlegen zu sein, soll man den Nachbarn bedrängen und beschnüffeln? Was soll man eigentlich tun, wenn der Nachbar sich nicht dem moralischen Diktat unterwirft?

Timo Lokoschat (arbeitet in der Chefredaktion der BILD) kommentiert:

Es geht Nachbarn einen feuchten Kehricht an, ob und warum die Person, die neben ihnen wohnt, in den Skiurlaub fliegt. Es ist nämlich: Das Leben der Anderen. Apropos… (@Lokoschat, 22.7.2019)

Sich in »das Leben der Anderen« einzumischen, mit dem expliziten Ziel, deren Verhalten »auf Linie« zu bringen – ob als Stasi verdeckt oder offen, stets nachdrücklich ohne Rücksicht auf die seelisch-persönliche Freiheit des Individuums und letzten Endes gegen seine Würde – ist das wirklich »typisch deutsch«?

In einer jener »Typisch Deutsch«-Kolumnen moniert eine US-Amerikanerin eine angeblich »typisch deutsche« Eigenschaft:

… dieses Ansprechen in der Öffentlichkeit, um irgendwie zurechtzuweisen, das ist sehr deutsch. (Melissa Eddy in deutschlandfunkkultur.de, 8.11.2018)

Ist es »typisch deutsch« den Nachbarn zu überwachen, sein Verhalten steuern zu wollen? Ich weiß nicht. Ich kenne genug Deutsche, die sich dem Überwachen und Überwachtwerden gleichermaßen verweigern.

Stadtwohnung mit Balkon

Was braucht es, um im Leben etwas Glück zu finden? Meine These ist – Leser der Relevanten Strukturen wissen es – dass der Mensch – metaphorisch gesprochen – seine Kreise ordnen sollte, damit er Glück finden kann. Herausfinden, was einem wirklich wichtig ist (die »Kreise«), und dann sein Bestes geben, diese Kreise zu stärken und gegen Angriffe zu verteidigen.

Nicht jedem Volk und nicht jeder Nation ist es gegeben, eine Konstellation zu finden, die den Menschen wie auch der Nation ermöglicht, ihre »Kreise zu ordnen«. – »Mein Haus, mein Auto, mein Boot«, so sagt eine sehr deutsche Werbung, doch wir hören, womöglich richtig, dass wirklich gemeint ist: Meine Familie, meine Freiheit, meine Freude am Leben.

Das Haus in der Vorstadt oder die Stadtwohnung mit dem schönen Balkon. Die Kinder auf der guten Schule, nachmittags beim Fußball oder auch mal in der Musikschule. Das monatliche Einkommen, von dem am Ende des Monats etwas übrigbleibt, und das Abendprogramm, gern mit einem Glas Wein in der Hand, bei dem man sogar etwas klüger wird, ein oder zwei Mal im Jahr sogar in den Urlaub, sei es an die Nordsee oder in den Süden – die »Ordnung der Kreise« eben.

Wenige Völker und Nationen, weltweit, haben so hart und so konsequent daran gearbeitet wie die Deutschen, den bestmöglichen Kompromiss zu finden zwischen den Anforderungen der modernen Technologiegesellschaft, den tierischen Anteilen an der Natur des Menschen, und dazu den Anforderungen des Glücks.

Was ist »typisch deutsch«? – Ich würde diese Frage nicht für alle Deutschen beantworten wollen, also in dem Sinne, dass die Antwort für alle Deutschen gelten könnte. Aber: Ich wage die These, dass es eine typische Eigenschaft der heutigen Deutschen als Volk und Nation ist, alles mitzubringen, was es braucht, um glücklich zu werden – und dann das eigene Glück spektakulär wegzuwerfen.

Eine Art, sein Glück wegzuwerfen, ist es ohne Zweifel, einander das Leben vorschreiben zu wollen – es ist aber nicht die einzige. Glück beginnt damit, seine Kreise zu ordnen – seine eigenen Kreise!

Forellen fangen – und festhalten

Ich sehe die Deutschen, die heute eigentlich alles erlangt haben, was es bräuchte, um sich das Glücklichsein zu erlauben – und gerade die sind es, die eine totalitäre Partei wählen, welche nach Verboten und Überwachung rufen, welche bereit sind, das Land und ihre Freiheit wieder einer Ideologie zu opfern.

Die Deutschen bringen alles mit, was es braucht, um glücklich zu sein – darunter Fleiß, Klugheit und einen Sinn für Gerechtigkeit – doch etwas in ihnen macht sie anfällig für Verführer, das alles wegzuwerfen für eine Ideologie, für ein billiges, vorübergehendes Lob von den Propagandisten.

Wenn man einem aktuellen Text bei welt.de, 22.7.2019 folgt, soll es neuerdings »typisch deutsch« sein, seine Parks und öffentlichen Plätze zugemüllt zu hinterlassen. Auf den ersten Blick wirkt jener Text auf mich wie jener »Klickdreck«, der einfach irgendeinen provokanten Unsinn behauptet, mit dem Ziel, viel Widerspruch und Klicks und damit Werbe-Einblendungen zu generieren, doch es könnte tatsächlich etwas Wahres dran sein, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen, als der Clickbait suggeriert: Die Vermüllung öffentlicher Plätze – wenn sie denn wirklich durch Deutsche passiert – findet sich ja vor allem in jenen Großstädten, wo die Menschen linksgrüner Propaganda glauben, wo man gelernt hat, dass »richtig« ist, worauf man gerade Lust hat. In dem Sinn wäre die Vermüllung öffentlicher Plätze eher »typisch linksdeutsch«. Die Vermüllung öffentlicher Plätze durchs »Chillen« wäre, in diesem Sinn, eine Übung im »Wegwerfen des Glücks«. – Warum werfen »die Deutschen« weg, wofür sie so hart gearbeitet haben?

Die Deutschen erinnern mich an den Forellenfänger mit dem erstaunlichen Talent, die Forelle zu fangen, und zugleich der merkwürdigen Unfähigkeit, die Forelle auch festzuhalten.

Die Forelle wie auch das Glück

Können wir zu einem ganzen Volk sprechen? Können Sie es tun, kann ich es tun? – Nun, da weder Sie noch ich bei der Propaganda arbeiten, können wir es nicht.

Die Deutschen bringen vieles mit, was es braucht, glücklich zu werden – und mindestens intuitiv spüren es Millionen von Migranten weltweit, deshalb wollen sie zu den Deutschen kommen – doch die Deutschen werfen, von Propaganda und Staatsfunk dazu manipuliert, das hart erarbeitete Glück wieder weg.

Innere Ordnung, im Leben, im Geist wie auch im Land, ist die erste Voraussetzung des Glücks! Innere Unordnung, im Leben, im Geist wie auch im Land, beschädigt die Möglichkeit des Glücks.

Wir können nicht »zum Land« reden, und die, die es können, treten wie Prediger der Unordnung, Unterwerfung und Unfreiheit auf – allesamt dem Glück wenig zuträgliche Unsitten.

Eine alte Weisheit – hoffentlich nicht zu alt – lehrt uns, dass jede Veränderung der Welt mit einem selbst beginnt. Es bleibt zu hoffen, dass etwas Saft der Wahrheit in jener alten Zitrone übrig ist!

Wir als Nicht-Propagandisten können nicht jeden Tag »zum Land« reden, und »zum Volk« zu reden ist nicht einfacher. Wir können aber – und was sonst sollte man tun? – uns selbst ermahnen, uns selbst anleiten.

Vielleicht lernen auch »die Deutschen« dereinst, ihr Glück nicht nur hart zu erarbeiten, sondern es auch festzuhalten. Versteht, was euch wichtig ist, ordnet und beschützt es – und hütet euch vor den Möchtegern-Erziehern, die dem Nachbarn ihr eigenes Unglücklichsein aufzwingen wollen, mit Bedarfsmoral und Schnüffelei.

Es ist nicht genug, das Glück wie die Forelle fangen zu können – es ist auch notwendig, das Glück wie auch die Forelle festzuhalten!

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