Dushan-Wegner

10.10.2017

Ich nenne es die »Große Kündigung«

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten, Foto von Matthew Henry
Teile der Gesellschaft haben anderen Teilen der Gesellschaft »gekündigt.« Was tun? Wir Bürger müssen zusammenbringen, was Spalter auseinander reißen.
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Es soll Angestellte geben, die haben ihrem Boss »innerlich gekündigt«. Man geht noch zur Arbeit, man sitzt seine Zeit am Schreibtisch ab. Man trinkt den Kaffee und man leistet das Minimum an Arbeit. Und, ganz wichtig, man kassiert das monatliche Gehalt! Doch innen, in der Seele, da hat man schon gekündigt.

Man hat dieser Tage das Gefühl, dass einige Gruppen der Bevölkerung anderen Gruppen der Bevölkerung »gekündigt« haben. Sicher, es gab schon immer Gräben zwischen Menschen. Gemeinsame Krisen schufen aber häufig auch Gemeinsamkeit. Das ist neuerdings anders.

In Deutschland haben »die Wähler« der Kanzlerin gekündigt. Sie weiß das. Ob sie es zugibt, das ist eine andere Frage. Merkels trotziger Spruch am Wahlabend, »Ich sehe nicht, was wir anders machen sollten«, hört sich auch nach »innerer Kündigung« an.

Bildschirmfoto 2017-10-15 um 10.58.00
Verachtung vom SPIEGEL-Mitarbeiter

Der Osten Deutschlands hat dem Westen gekündigt, glaubt man einigen Meinungsstarken, im Osten wie im Westen. Teile der so selbstbewussten wie prekären Meinungseliten haben dem Osten gekündigt. Das Misstrauen der Journalisten gegenüber realen Menschen ist vereinzelt bereits in offene Verachtung umgeschlagen – die kamen mit dem Trabbi rüber und jetzt wählen sie auch noch falsch.

Ein Teil des Volkes, nicht nur die Wähler der rechten oder linken »Populisten«, hat innerlich »denen da oben« gekündigt. Andersrum sowieso. Wir denken an die Aussage des damaligen Präsidenten Gauck: »Die Eliten sind gar nicht das Problem, die Bevölkerungen sind im Moment das Problem« – und dann tun jene »Eliten« ganz erstaunt, wenn die Bürger ihre Wahlveranstaltungen niederpfeifen. (Nebenbei bemerkt: Die deutschen Bürger haben sich brav und treu ans Gesetz gehalten und tun es noch immer – obwohl sie fürs Deutschsein und damit auch fürs Bürgersein beschimpft werden. Es war die CDU-SPD-Regierung, die in historisch wichtigen Fragen ohne Rechtsgrundlage arbeitete. Die Bürger waren brav.)

Der Rechtsstaats-Vertrag – eine fiktive Entität, fürchte ich – wurde zumindest gefühlt von der Regierung aufgekündigt – einseitig! Der Bürger kann ja auch kaum kündigen. Wenn der Bürger sich nicht an Recht und Gesetz hält, wird er ins Gefängnis geworfen. Wenn die Regierung das Recht ignoriert, lässt sie sich von »Journalisten mit Haltung« für »Humanität« preisen, und tut dann die Folgen ihres Handelns mit einem Schulterzucken ab. Man schickt ja die eigenen Kinder, so unsere »Eliten« überhaupt noch welche haben, auf die Privatschule.

Was sind unsere Möglichkeiten, heute, in der Zeit der großen Kündigung?

Nun, beginnen wir doch damit: Wir müssen auf die Einhaltung der Gesetze pochen, bevor Merkel diese weiter verbiegt. Für Bürger gibt es dafür die Gerichte der Juristen und Richter. In der Politik ist die oberste Instanz das Gericht öffentlicher Meinung. Selbst Diktatoren fürchten die öffentliche Meinung, um wie viel mehr eine demokratisch gewählte Kanzlerin.

Politiker, die sich nicht an Gesetz und Verstand halten, denen muss mindestens die öffentliche Meinung täglich neu das Urteil sprechen.

Manchmal fühlen wir Internet-Kommentatoren uns hilflos. Die letzten Wahlen haben aber vorgeführt, dass sich in der Summe durchaus etwas verändern lässt – und das ist keine Bewertung jener Veränderung, nur simple Feststellung in der Sache.

Merkel und ihr Justizminister setzten an, das Internet zu zensieren, aber die echte Meinung der Menschen bahnte sich doch ihren Weg. Hochbezahlte Moderatoren hielten de facto Tribunale gegen Abweichler, ließen sie fünf gegen einen beschimpfen oder beschimpften sie gleich selbst (wir denken etwa an Ronja von Rönne in der ARD), ließen sie kaum einen Satz aussprechen oder ließen sie gleich in Abwesenheit aburteilen. Und die Wähler? Die Wähler reagieren mit Trotz.

Einst rief man in Deutschland: »Wir sind ein Volk!« – Heute gelten bereits die Bestandteile dieses Satzes als unanständig. »Wir« darf nur gesagt werden, wenn es von Pflichten spricht. Ansonsten hat eine regierungsnahe Stiftung (die mit der Ex-Stasi als Chefin) festgestellt, dass das Wort »wir« böse ist, weil es angeblich »die« ausschließt. »Volk« ist sowieso verdächtig, ähnlich wie »Heimat«. Und »ein« Volk sein zu wollen, ist allemal verdächtig, scheint doch der Heldentenor der Leitmedien von Alt-Links bis Neu-Links zu sein, dass »der Osten« böse ist. (Es wird nicht verwundern, wenn sie noch etwas Böses an »sind« und »sein« finden. Und das Ausrufezeichen erst!)

Kündigen wir den Kündigern! Einige bemühen sich, Ost von West zu spalten. Verstand von Politik spalten sie sowieso. Sie nennen es »Politik mit dem Herzen«. Es ist Zeit, deren einseitige Kündigung nicht zu akzeptieren.

Am Spalten verdient sich besser als am Zusammenbringen. Spalter wollen spalten. Lassen wir sie nicht! Was Politik und Haltungsjournalisten spalten, können und müssen wir im Alltag wieder zusammenfügen.

 

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