08.07.2024

Frankreich, jetzt noch schneller

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten
In Frankreich gewann »überraschend« ein Linksextremer. These: Die wahren Gewinner sind internationale Ultrakapitalisten, denn Linksextreme werden den sozialen Kollaps beschleunigen – und Frankreich reif für die Übernahme machen.

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Ich schaue nach Frankreich, und ich seufze, und ich rufe: Paris, meine Liebe, was machst du denn da? Hast du einen Knick im Baguette?

Freunde, wir müssen über die Wahlen in Frankreich reden. Entweder ergibt alles keinen Sinn mehr – oder es ergibt tatsächlich sehr viel Sinn, wenn man nur den richtigen Begriff kennt.

Am 30. Juni und 7. Juli 2024 wurde in Frankreich gewählt. Bei der ersten Wahl schien es klar, dass Marine Le Pen komfortabel die Wahl gewinnen würde.

Eigentlich soll das französische Wahlsystem wahrscheinlicher machen, dass sich bei Wahlen zuverlässige Mehrheiten mit belastbarer demokratischer Rechtfertigung herauskristallisieren – eigentlich.

Damit es bei nur einer Wahlrunde bleibt, müsste einer der Kandidaten dabei über 50 Prozent der Stimmen und 25 Prozent der registrierten Wähler erreichen. Klappt das nicht, findet eine zweite Wahlrunde statt. Dort nehmen alle die Kandidaten teil, die beim ersten Wahlgang mindestens 12,5 Prozent der registrierten Wähler für sich gewannen, auf jeden Fall aber die zwei stärksten Kandidaten.

Dafür kennt Frankreich das System der Erst- und Zweitstimmen wie in Deutschland so nicht. In Deutschland gilt die erste Stimme dem lokalen Abgeordneten im Wahlkreis, die zweite einer landesweiten Wahlliste. Das finden wir manchmal kurios und schimpfen über einen zu großen Bundestag, doch es ist tatsächlich sehr demokratisch.

Auf der einen Seite erfordert es ja der demokratische Instinkt, dass ein Wahlkreis jemanden wählt, der für ebendiesen Wahlkreis spricht: der direkt gewählte Abgeordnete. Auf der anderen Seite will man, dass jeder Bürger im Parlament eine Vertretung hat, also auch der, der für einen Kandidat stimmte, der nicht gewann. Das sichert die Zweitstimme.

Doch Frankreich hat nur Wahlkreise. Und wenn man, zum Beispiel wie Macron es eben tat, die Wähler geschickt instruieren lässt, kann sich die Sitzverteilung im Parlament deutlich von den abgegebenen Stimmen unterscheiden.

Denn: Wenn du nicht die relativ stärkste Partei in einem Wahlkreis bist, sind deine Stimmen für den Gulli. Und so kann es passieren, dass du wie die Le-Pen-Partei nun frankreichweit die relativ meisten Stimmen holst, und doch in der Sitzverteilung nur auf dem dritten Platz landest. Was und wer im französischen Parlament sitzt, wird aktuell mehr von Wahlkreisen, Wahlrecht und Koalitionen als vom tatsächlichen Wählerwillen entschieden.

Und dieses Wahlkreis-Wahlrecht ist nicht das einzige demokratische Problem!

Durch die doppelten Wahlen bietet sich in der »Woche dazwischen« reichlich Gelegenheit für Propaganda, ausgehend von der »ersten echten Wahl«. Wähler wählen erst, was sie wirklich wollen – und dann wählen sie »strategisch«.

Bei der ersten Wahl, am 30. Juni 2024, gewann die »Rassemblement National« eindeutig, und zwar nach Stimmen und Wahlkreisen.

Zwischen den Wahlgängen lässt sich in Frankreich allerdings viel Manipulation hinter den Kulissen und vor Ort betreiben – vor allem, wenn man das französische Wahlsystem kennt und über die entsprechenden Netzwerke zur Mobilisierung verfügt. Und so kann die zweite Runde deutlich anders aussehen als die erste.

Beim zweiten Wahlgang allerdings landete der konservative »Rassemblement National« von Le Pen in der Stimmenzahl wieder auf Platz 1 – doch in der Sitzanzahl im Parlament fiel er auf Platz 3 zurück (siehe etwa sr.de, 8.7.2024).

Die üblichen »Guten« in der EU jubeln. Kein Wunder: Der französische Wahlgewinner heißt Jean-Luc Mélenchon und gilt als ultralinker Deutschlandhasser, also linksgrün durch und durch.

Besonders Politiker in Ländern, deren Haushalt zum guten Teil von deutschen Transferleistungen stabilisiert wird, sind froh, einen starken Verbündeten im Kampf »gegen Rechts« zu haben, sprich: gegen nationale Eigenverantwortung.

Das linksextreme »Nouveau Front Populaire« will Schulden machen und das Renteneintrittsalter auf 60 senken. Man ist stolz darauf, im Migrantenmilieu gewählt worden zu sein. Es darf damit gerechnet werden, dass Frankreich die Grenzen und »Herzen« weiter öffnen wird und dass die Banlieus noch heißer brennen werden – und nicht nur die. (Lohnt es sich überhaupt noch, die Notre Dame wieder aufzubauen?)

Die Demokratie- und Frankreichfeinde haben in Frankreich nicht die meisten Stimmen, aber die meisten Sitze gewonnen. Und wie man es aus dem linken Lager erwartet, gingen Linksextreme zum Siegeszug in mehreren französischen Städten brandschatzend auf die Straßen, richteten Schäden und Zerstörung an – das sind die Wahlgewinner wohlgemerkt, so freuen sich Linke. Die Polizei setzte Tränengas ein, beim Versuch, den Straßenterror der linksextremen Wahlgewinner zu bremsen.

Doch haben die wirklich »gewonnen«?

In ganz Europa grübeln private wie auch öffentliche Denker, wer der wirkliche Gewinner der französischen Wahl 2024 ist.

Ist es vielleicht doch die »Rassemblement National«, die mit langem Atem spielt und eben doch ihre Wählerbasis erweitern konnte? Vielleicht ist es Macron, der weiter hinter den Kulissen irgendwelche Fäden zieht (… wer auch immer seine Fäden zieht).

Eigentlich ist ja der linksextreme Jean-Luc Mélenchon der »Gewinner« – aber wird er wirklich eine stabile Regierung bilden können?

Fragen über Fragen – derweil zünden die Linksextremen die Straßen in Frankreich an. Linksextreme jubeln Seite an Seite mit migrantischen Antiwestlern. (Wir müssen nicht wirklich debattieren, wer wessen »nützlicher Idiot« ist.)

Freunde, ich sage euch, wer gewonnen hat: Es sind definitiv nicht irgendwelche »Linke«, wenn »links« irgendwas mit dem »kleinen Mann« und »Arbeiterrechten« zu tun hat.

In Frankreich haben die Ultrakapitalisten gewonnen, und das Wort »Ultra« wähle ich mit Bedacht.

Ich will euch einen Begriff nahelegen, den wir alle dringend studieren sollten, wenn wir ihn noch nicht kennen: »Akzelerationismus« (siehe auch Wikipedia).

»Akzeleration« bedeutet Beschleunigung.

Es gibt Menschen, die zu dem Schluss gekommen sind, dass die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Strukturen irreparabel defekt sind und ganz neu aufgebaut werden müssen. Neu aufgebaut wird ein System aber erst, wenn es kollabiert oder aus anderem Grund zerstört ist.

Eine Möglichkeit zur Zerstörung ist natürlich Krieg. (In der Ukraine wird es viele »Chancen« zum Wiederaufbau geben, aber zum Glück stehen BlackRock und J.P. Morgan bereit.)

Eine andere, weniger kriegerische, doch genau deshalb womöglich perfidere Möglichkeit zur Zerstörung zwecks Wiederaufbau besteht darin, ohnehin auftretende destruktive Entwicklungen zu beschleunigen.

»Akzelerationismus« ist zunächst einmal keine Ideologie, sondern eine Methode. Die Idee der »Beschleunigung zum Kollaps zwecks Wiederaufbau« findet sich in allen politischen Lagern. »Akzelerationismus« ist wahrlich nicht die einzige Gemeinsamkeit heutiger Marxisten mit Ultrakapitalisten.

Die Entwicklungen in Frankreich ergeben erschreckend wenig Sinn – außer man probiert die These »Akzelerationismus«.

Frankreich, das flächenmäßig größte Land der EU und das bevölkerungsreichste Land nach Deutschland, hat die politischen Voraussetzungen geschaffen, den ohnehin eingeschlagenen Weg zum erst sozialen und dann ökonomischen Kollaps radikal zu beschleunigen.

Wenn Frankreich als Gesellschaft und Ökonomie kollabiert, stehen genug andere undemokratische Ideologien und ultrakapitalistische Akteure bereit.

Welches Interesse und welche beruflichen Hintergründe diesen oder jenen politischen Player aktuell zu seiner jeweiligen Rolle motivieren könnten, das überlasse ich euch als Hausaufgabe.

Ich schaue in das Land, in welchem nicht nur Gott gern essen geht, und ich seufze: Ach, Frankreich, Paris, meine Liebe – was um Himmels machst du denn da? Hast du einen Knick im Baguette? War dein Milchkaffee schlecht? Ist deine Gauloise nass?

Was auch immer gerade passiert, es passiert immer schneller.

Weiterschreiben, Dushan!

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