Ihr kennt bestimmt diese Leute, die von einer persönlichen Katastrophe in die nächste stolpern, ihr Leben lang – und doch überleben sie irgendwie. So scheint es zumindest.
Da wäre der Lebenskünstler mit den immer neuen Geschäftsideen, die trotz aller Euphorie nie darin münden, diesen Zeitgenossen reich zu machen. Der Mann oder die Frau, die von einem instabilen Lebenspartner zum nächsten hüpfen. Oder der Leichtgläubige, der wieder und wieder Betrügern und Scharlatanen zum Opfer fällt (womit wir fast schon beim Thema des Tages wären).
Man fragt sich bei diesen Leuten bisweilen: Wie halten die das so lange durch? Warum gehen die nicht pleite? Darauf aber kennt die Wissenschaft mehr als eine mögliche Antwort!
Vielleicht haben diese Katastrophenfreunde genug geerbt und verbrauchen das Erbe nun eben.
Vielleicht haben solche Leute früher, in ihrer Jugend, als ihre Eltern sie noch zur Vernunft zwingen konnten, etwas Vernünftiges gelernt, und davon leben sie jetzt.
Vielleicht ist so ein Mensch zwar ein Experte in selbstgemachten Katastrophen, aber ebenso ein Experte darin, andere Leute für die Folgen seines Tuns aufkommen zu lassen. (Und »der Staat« zählt hier definitiv als »andere Leute«.)
Als Außenstehender empfindet man vielleicht zunächst Mitleid und Mitgefühl mit diese Menschen. Man möchte helfen. Man wünscht sich, dass diesem Menschen geholfen wird.
Bis man merkt, dass dieser Mensch sich das selbst antut. Dass manche Katastrophe realistisch vermeidbar gewesen wäre. Dass der Katastrophenpilot das alles hätte vermeiden können. Dass es so schien, immer wieder, als wollte er nicht sehen, was als Nächstes passieren musste. Dann will man dem Menschen zurufen: »Was dachtest du denn, was passieren würde?«
Der »CDU-Nachwuchs geht auf Merz los«, lesen wir aktuell (bild.de, 5.4.2025). Die CDU-Mitglieder an der Basis »stehen als Lügner da«, stellen diese nun fest.
Und auch die ersten Wähler der CDU sind unzufrieden. Zum ersten Mal steht die CDU mit der AfD in Umfragen gleich (welt.de, 05.04.2025).
In meiner Seele toben hochmoralische Kämpfe bezüglich dieser neuesten Entwicklungen.
Eine Instanz in mir hat Mitleid und Mitgefühl mit den deutschen Wählern. Ich möchte helfen. Ich wünsche, dass den deutschen Wählern geholfen wird.
Eine andere Instanz will den deutschen Wählern zurufen: »Was dachtet ihr, was denn passieren würde?«
Die Lebenskünstler, die von einer selbstgemachten Katastrophe zur nächsten stolpern, können das nur tun, bis ihre Ressourcen aufgebraucht sind, das Erbe ausgegeben, die Zeit abgelaufen, sie müde und überschuldet. Und selbst dann werden sie oft genug die Schuld für ihr Schicksal bei den anderen suchen.
Ähnlich die deutschen Wähler und Parteimitglieder: Nach den Wahlen sind sie ganz erschrocken, dass sie angelogen wurden. Und beim nächsten Mal wählen sie dann doch wieder die Neue Deutsche Einheitspartei – und werden wieder angelogen.
Die große Tragik der Katastrophenkünstler wie auch der Deutschen ist aber noch nicht einmal die Verschwendung von Zeit und Geld. Die große Tragik ist das Verschleudern der Möglichkeiten.
Was hätten jene Lebenskünstler, was hätten die Deutschen alles erreichen können, wenn sie ihre Fehler nicht wieder und wieder wiederholt hätten!