Nennt mich altmodisch, aber ich finde, kleine Kinder sollten nicht auf Baustellen spielen. Und große Kinder zur Sicherheit auch nicht. Und – nennt mich dafür einen »Rechten« – ich finde es richtig, dass Schutzzäune um Baustellen aufgestellt werden müssen.
Solltet ihr an dieser Stelle denken, ich sei jetzt vollständig abgedreht, über Baustellen zu reden, dann folgt mir hier noch ein klein wenig bei den Gedanken, bitte.
Ja, es gibt Leute, die schimpfen, ich hätte eine Baustellenphobie, doch ich will mich verteidigen!
Baurecht schützt vor Torheit
Auf Baustellen, da finden sich tiefe Gruben und spitzes Metall. Gefährliche Werkzeuge und schwere Betonblöcke. Eigentlich sollte einem schon der gesunde Menschenverstand sagen, dass man als Ahnungsloser dort nicht herumspaziert.
Doch da nicht alle Menschen mit gleich viel Menschenverstand ausgestattet sind, verpflichten die gesetzlichen Bauordnungen der verschiedenen Bundesländer (Baurecht ist Ländersache), dass man einen Zaun um bestimmte Baustellen aufstellen muss.
Ist womöglich auch das deutsche Baurecht eine unschöne Folge der »Baustellenphobie«? Ach, natürlich will das Baurecht bezüglich der Baustellenzäune doch nur den gesunden Menschenverstand durchsetzen.
Verstand verhindert Versehrung
Der gesunde Menschenverstand ist quasi ein »psychologischer« Bauzaun – und der tatsächliche Bauzaun ist eigentlich nur der zum Holzverhau oder Maschendraht gewordene gesunde Menschenverstand.
Ach, ich bin so alt, ich kann mich noch erinnern, als das, was heute »Phobie« genannt wird, »gesunder Menschenverstand« hieß.
Ja, der gesunde Menschenverstand wurde von Generation zu Generation weitergereicht. Als »Starthilfe ins Leben« gewissermaßen.
Zu jungen Mädchen sagte man etwa: »Mädel, man steigt nicht mit Fremden ins Auto!«
Heute gälte diese Aussage als »-phob«. (Und ich scherze leider nicht. Die Zahl der jungen Damen, die fürs Leben verletzt sind, weil sie fürchteten, durch Verweigerung als »Rassistin« dazustehen, ist größer als Null.)
Nicht jeder Mensch, der eine Baustelle betritt, obwohl sie gefährlich ist, wird sich verletzen. Wenn einer auf einer Baustelle herumspaziert und sich dort nicht verletzt, könnte er zu dem Schluss kommen, dass alle Warnungen übertrieben und eben von Baustellenphobie getrieben sind. Doch natürlich ist Sicherheit eine Frage von Statistiken und Wahrscheinlichkeit.
Beispielsweise regelt § 13 der Hamburgischen Bauordnung dies: »Bei Bauarbeiten, durch die unbeteiligte Personen gefährdet werden können, ist die Gefahrenzone abzugrenzen oder durch Warnzeichen zu kennzeichnen. Soweit erforderlich, sind Baustellen mit einem Bauzaun abzugrenzen, mit Schutzvorrichtungen gegen herabfallende Gegenstände zu versehen und zu beleuchten.«
Warning has broken
Angststörungen – »Phobien«, siehe Wikipedia – sind »exzessive, übertriebene Angstreaktionen beim Fehlen einer wirklichen äußeren Bedrohung«.
Eine Phobie ist eine übertriebene, oft unbegründete Reaktion auf etwas. Aber mal ehrlich: Ist es wirklich irrational, wenn jemand nicht auf einer Baustelle herumspazieren will?
Oder wenn man Kindern sagt, sie sollen nicht in die Nähe einer Grube gehen?
Früher wäre das »Vorsicht« genannt worden, heute soll es ein Tabu sein.
Du sollst die Gefahr der Baustelle aushalten – »tolerieren« –, denn alles andere würde die Gefühle der Bauarbeiter verletzen.
Gegen gewollte Gefährdung!
Nehmen wir an, einer wollte Zäune an gefährlichen Baustellen abreißen. Nehmen wir an, einer wertet den gesunden Menschenverstand als »Phobie« ab. Darf man von so einem vermuten, dass er womöglich Menschen in die Grube fallen und sterben lassen will?
Eine andere Frage, vor allem für »Verschwörungstheoretiker«, wäre natürlich, warum gewisse Akteure wollen, dass die Leute unbedarft auf Baustellen herumspazieren.
»Mehr Mut zum Baustellenzaun!«, so rufe ich heute, »mehr Mut zum gesunden Menschenverstand!«
Und wenn der gesunde Menschenverstand eben heute »Phobie« heißt, dann eben »Mehr Mut zur Phobie!«