Wer je in einem Firmenmeeting saß, hat es erlebt: Eine Frage fällt, die aus irgendeinem Grund knifflig ist.
Damit diese Frage nicht das Meeting sprengt, wird die Beschäftigung mit dieser Frage aufgeschoben. Die stille Hoffnung aber ist natürlich, dass die Frage in Vergessenheit gerät, und so bleibt die Frage eben unbeantwortet.
In Business-Meetings wird das Aufschieben der Beantwortung unangenehmer Fragen oft explizit ausgesprochen, doch unausgesprochen kennen wir es aus vielen weiteren Lebensbereichen.
Etwa in der Politik: Es ist eine zentrale Aufgabe des milliardenschweren deutschen Propaganda-Apparats, die Beantwortung unangenehmer Fragen aufzuschieben. So lange aufzuschieben, bis es sich erledigt hat, weil die Antwort keinen Unterschied mehr ausmacht.
Etwa in Beziehungen: Ach, wie viele Beziehungen erleben wir, die daran zerbrechen, dass Fragen aufgeschoben wurden? Und andere Beziehungen, die man gar nicht erst eingegangen wäre, wenn man zuvor die richtigen Fragen gestellt hätte!
Und dann gibt es jene Fragen im Persönlichen und Privaten, deren Beantwortung wir lieber aufschieben. Vielleicht, weil wir die Antwort fürchten. Etwa bei einem neuen Symptom am Körper. Oder bezüglich neuer Verhaltensweisen des Partners. Oder »philosophische« Fragen, die erstens kompliziert sind und von denen sich der Mensch zweitens durch Unterhaltung oder Arbeit auch jahrzehntelang ablenken kann.
Eine solche ewig aufgeschobene Frage ist die nach dem Sinn. Zum Beispiel die Frage nach dem Sinn des Lebens. Und die Frage nach dem Sinn der Existenz, etwa der Existenz eines ganzen Landes.
Lasst es mich gleich sagen: Die Mächte, die unser Leben bestimmen, haben null Interesse daran, dass wir allzu ernsthaft nach Sinn fragen. Nicht nach dem persönlichen Sinn des Lebens und gewiss nicht nach dem Sinn eines Landes, einer Nation, eines Volkes.
Ein Mensch, der nach dem Sinn seines Lebens fragt, könnte noch vor einer Antwort zu gefährlichen Erkenntnissen gelangen. Etwa dieser: »Was auch immer der Sinn meines Lebens ist, dies kann es nicht sein.«
Und wer nach dem Sinn eines Landes fragt, könnte feststellen: Was auch immer der Sinn eines Landes ist – diese Regierung strebt das Gegenteil davon an.
Niemand kann für dich beantworten, was dein Sinn ist, doch das heißt keinesfalls, dass kein Sinn möglich ist. Es lässt sich durchaus Sinnvolles zum Sinn sagen, und an anderer Stelle will ich das tun.
Die Suche nach der Antwort beginnt damit … zu beginnen!
Wirst du zuletzt froh sein, bis zum Schluss darauf gewartet zu haben, nach dem Sinn zu fragen? Nein, natürlich nicht!
Du wirst dir wünschen, dir viel früher diese lästige Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt zu haben.
Unternehmen können lästige, aber dringende Fragen »outsourcen«. Zum Beispiel die Frage, wem aus Kostengründen gekündigt werden soll.
Du aber kannst die Sinnfrage nicht outsourcen, und du solltest jedem Menschen kündigen, der sie für dich beantworten will.
Die Antwort auf deine Sinnfrage musst du selbst suchen. Und es gibt nur zwei Zeitpunkte, um die Suche zu beginnen: »zu spät« und heute.