06.04.2019

Weniger Rauschen, mehr Signal!

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Foto von Miltiadis Fragkidis
Es gilt heute, bei jeder Meldung zu fragen: Ist das relevant oder ist es Rauschen? Aktuelles Beispiel: Öko-Phrasen bei Markus Lanz vs. Migranten, die in Griechenland die Polizei angreifen und nach »Mitteleuropa« wollen. – Was ist Rauschen und was Signal?
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Nehmen wir einmal an, in einem Gespräch sagt uns das Gegenüber ein paar Dinge, die wir partout nicht hören wollen. Nehmen wir weiter an, dass wir in dieser Situation nicht in die Debatte einsteigen wollen – oder können. Welche Möglichkeiten haben wir, den unangenehmen Inhalten auszuweichen?

Wir könnten denjenigen bitten, aufzuhören. Wenn wir »antifamäßig« veranlagt sind, könnten wir ihn mit Gewalt zum Schweigen bringen. Wir könnten uns aber auch die Ohren zuhalten – und wer hat es nicht schon zumindest als Geste im Spaß getan? – wir könnten uns die Ohren zuhalten und dabei laut »Lalalalala« rufen.

Wer sich die Ohren zuhält und dabei laut »Lalalala« ruft, der erreicht damit zweierlei: Er verhindert erstens, dass die unangenehme Information in sein Ohr und anschließend in sein Gehirn gelangt und das zusätzliche Geräusch übertönt, was eventuell zwischen den Fingern in die Hörgänge gelangen könnte. Zweitens – und das ist mindestens ebenso wichtig – beschäftigt er sein Gehirn mit dem Sagen und dem Hören von Müll-Information. »Lalalala« enthält je keine verwertbare Erkenntnis, und doch ist das Gehirn damit beschäftigt – womit wir bei den Nachrichten wären!

Signal vs. Rauschen

Techniker sprechen vom Signal-Rausch-Verhältnis; gemeint ist »die technische Qualität eines Nutzsignals (z. B. Sprache oder Video), das von einem Rauschsignal überlagert ist« (Wikipedia). Auf Englisch heißt dieses Verhältnis »signal-noise-ratio«, und dieser englische Begriff gefällt mir gut. »Signal« lässt sich nicht nur als Signal übersetzen, sondern auch als Meldung, und »Noise« lässt sich bekanntlich nicht nur mit Rauschen übersetzen, sondern im allgemeinen Sprachgebrauch üblicherweise mit Lärm und Krach.

Heute Nachrichten zu lesen bedeutet auch und zuerst, die (relevanten) Meldungen vom Lärm und Rauschen zu unterscheiden. Wer heute die Nachrichten kommentiert und Muster darin zu erkennen sucht – vielleicht sogar Auswege, auf dass man nicht irre daran wird! – der tut klug daran, immer zuerst zu untersuchen, was Signal ist und was Lärm.

Vernunft und Freiheit

Die öffentliche Debatte in Deutschland wird heute wesentlich von sogenannten Talkshows vor allem im Staatsfunk dominiert. Die Inszenierung folgt Abend für Abend dem immergleichen Muster: Der nach Information dürstende Zuschauer wird mit dem Versprechen von Meldung geködert, und oft (nicht immer!) ist ein Erwachsener dabei, der Informationen liefert, doch gegen ihn werden drei bis fünf »Rausch-Sender« gesetzt, die tatsächliche Informationen mit Rausch überdecken (bei Gelegenheit debattieren auch ausschließlich Rausch-Sender untereinander).

Nehmen wir etwa die gestrige Sendung »Markus Lanz«. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ist eingeladen, und manche Bürger, die noch immer der alten Vernunft-und-Freiheit-Partei nachtrauern, mögen eingeschaltet haben, um zu sehen, was die einstige Nachwuchshoffnung zu sagen hat.

Ihm gegenüber setzte man, unter anderem, Luisa Neubauer, eine junge Miet-Moderatorin (siehe wirmoderieren.com), welche ihr Taschengeld derzeit als »Klima-Aktivistin« verdient, und David Hasselhoff, einen US-Schauspieler, bekannt für seine Rollen in Knight Rider und Baywatch, für sein Lied Looking for Freedom, sowie für das Essen von Hamburgern in betrunkenem Zustand (er, nicht die Hamburger – Sie können es ja googeln, es ist traurig).

Vor einiger Zeit sagte Lindner in einem Interview, dass die technische und ökonomische Machbarkeit von Umweltpolitik zu verstehen eine Sache »für Profis« sei (siehe etwa welt.de, 11.3.2019). Gemeint war, offensichtlich, dass man CO2 nicht durch Schuleschwänzen und Sprüchemachen einspart, sondern durch das Erfinden besserer Technologie. Das ist sachlich richtig, das ist Signal und Meldung.

Lindner skizziert bei Lanz die Paradoxie deutscher Umweltpraxis (man zahlt CO2-Strafen statt Gebäude zu sanieren, auf zdf.de etwa ab Minute 14:30) und erklärt, wie Demokratie funktionieren sollte – man wählt Volksvertreter und lässt dann Profis an die Dinge – doch das erscheint den Rauschgeneratoren schlicht unerträglich. (Randnotiz: Es gibt auch in der FDP populistische Rauschgeneratoren, man denke etwa an den linksgrün lärmenden Konstantin Kuhle oder den bei Bedarf eher postdemokratisch daherpöbelnden Migrationspakt-Fan Alexander Graf Lambsdorff, siehe »Migrationspakt: Im Bundestag fallen die letzten Masken« – entgegen anderslautenden Rauschens sind Christian Lindner und FDP nicht vollständig gleichzusetzen.)

Man wirft Lindner in der Talkshow im Kern vor, dass er Signal gesendet hatte – um dieses dann von mehreren Seiten aus mit Rauschen zu überlagern. David Hasselhoff setzte zu einer wirren Tirade an und erzählt von Waffen und Krieg (»Schluss mit den Kanonen«), und auch Twitter findet er doof, und Trump sowieso – viel Rauschen, um das Signal zu verdecken. Auch Neubauer rauscht, wenn sie nicht gerade mit der Überheblichkeit des selbstbewusst Ahnungslosen grinst. Sie sagt »wir müssen jetzt effektiv handeln« und andere Rauscheffekte. (Bei zdf.de gibt es aktuell noch die ganze Lanz-Sendung vom 4.3.2019 zu sehen, wenn es das ist, was Sie mit Ihrer Lebenszeit anstellen möchten.)

Umweltschutz ist in Deutschland ein Meta-Rausch-Thema: Es gibt auf erster Ebene einige sinnvolle Signale und Informationen, doch die werden vom emotional-faktenfreien Rauschen überlagert; sie verbinden sich zu einem lärmenden Gesamtrauschen auf zweiter Ebene, und die »postnationale« Offene-Grenzen-Fraktion ist froh, dass das laute Öko-Rauschen die eigentlich relevanten Meldungen eine Zeit lang überlagert – im Wahljahr ist man dankbar über jede Meldung, die vom »Problembären« ablenkt.

Befreite Meldungen

Die von Rausch und Störung befreiten Meldungen des Tages sind – leider – keine Neuigkeiten im Kernsinn von »Neu«, es sind die täglichen Manifestationen des Noch-immer-so: Deutschlands Sogwirkung auf die Migrationswilligen weltweit hält an.

Nach griechischen Angaben haben hunderte Migranten die Polizeisperren eines Flüchtlingslagers durchbrochen, um »in Richtung Norden« zu marschieren, mit dem Ziel »Mitteleuropa« – sprich: Deutschland (welt.de, 5.4.2019). Teilweise werden dort Kinder und Frauen vorgeschickt, doch oft sind es junge, aggressive Männer, welche die Polizei angreifen und so gar nicht dem Bild vom hilflosen Flüchtling entsprechen. Im Internet kursieren angeblich aktuell Videos davon, wie junge Männer »Germany, Germany« skandieren.

Österreich weigert sich immer öfter, zurückgewiesene Migranten aufzunehmen (welt.de, 5.4.2019). Illegale Migranten versuchen seit einiger Zeit schon mit dem Flugzeug nach Deutschland einzureisen (welt.de, 9.3.2018, bild.de, 5.4.2019, tichyseinblick.de, 3.4.2019). Sogenannte »Seenotretter« übernehmen nach wie vor de facto die Menschenfracht von Schleppern auf dem Mittelmeer – in den Meldungen heißt es dann etwa, sie hätten ein »manövrierunfähiges Schlauchboot« »gefunden« und »Flüchtlinge aus Seenot gerettet«, oder ähnlich. Es werden fröhliche Fotos in Sieges- und Kampfposen gepostet. Wenig später liest man dann so etwas wie: »Die Bundesregierung hat sich zur Aufnahme einiger Migranten (…) bereit erklärt« (welt.de, 5.4.2019, tagesschau.de, 6.4.2019).

Mal mit Panik

Entgegen mancher Fake-Angst linksgrüner Geschäftemacher muss Deutschland sich nicht seiner Energievorsorgung entledigen, weil sonst die Welt in 12 Jahren endet – das ist Rauschen.

Wenn die Mauern eines Hauses nicht halten, wenn die Türen oder Fenster fehlen, dann ist die Wahl des Tapetenmusters nicht die drängendste der Fragen. Wenn die Grenzen eines Landes nicht halten, dann erübrigen sich eine Menge anderer Fragen.

Die Aufgabe des medialen Rauschens im sich selbst abschaffenden Deutschland ist es, den Bürger vom Denken und Bewusstwerdung abzuhalten. »Hochqualifizierte raus, Niedrigqualifizierte rein« (siehe etwa nzz.ch, 6.4.2019) – wie lange kann ein Land sein eigenes Fundament aushöhlen, bis der Schaden irreparabel ist und das Haus umfällt? Der rauschende, ablenkende Lärm mag mal mit Moralin angereichert sein und mal mit Panik, irgendwann wird es wieder Fußball sein und zwischendurch was gerade so anfällt, doch das Rauschen hat seit den Römern denselben Zweck: Das Rauschen hält den Bürger davon ab, über das tatsächlich Relevante nachzudenken.

Doch, es wäre ebenfalls nicht ratsam, gar keine Nachrichten zu hören – die Ganzgroßenmedien haben ja noch immer exklusiven Zugang zu relevanten Informationen; es gilt aber für uns, die Opfer und Konsumenten derer Berichterstattung, zwischen Signal und Rauschen, zwischen relevanter Meldung und überlagerndem Lärm zu unterscheiden.

Ihre notwendigen Übungen

Wenn ein Mensch nicht hören möchte, was gesagt wird, hält er sich die Ohren zu und ruft: »Lalala!«

Das Programm des deutschen Staatsfunks ist vergleichbar mit zwei Händen die in jedes Wohnzimmer und dann aus dem Fernseher heraus reichen, zwei zwangsfinanzierte Hände, die dem Zuschauer die Ohren zuhalten und an seiner Statt »Lalala!« rufen, auf dass er das Relevante zwar kurz wahrnimmt, und dann doch nicht darüber nachdenkt.

Der Bürger, der am Abend die Talkshow anschaltet, er könnte genausogut sich die Ohren zuhalten und »Lalala!« rufen – vermutlich wäre Letzteres weniger schädlich. Wir brauchen Nachrichten, kein Zweifel, doch wir müssen immerzu zwischen Signal und Rauschen unterscheiden, zwischen wirklich relevanter Meldung und verdummendem Lärm.

Auf denn, unterscheiden wir! Jede Zeit hat ihre notwendigen Übungen, und unsere Übung besteht darin, zwischen Nachricht und Lärm zu unterscheiden, zwischen Signal und Rauschen.

Das Rauschen eben Rauschen sein zu lassen und die tatsächlich wichtigen Nachrichten für sich herauszufiltern, das gilt heute schon als Akt der Rebellion. Wenn jemand Sie zwingen würde, Arsen zu kaufen, würden Sie es einnehmen, nur weil Sie zum Bezahlen gezwungen wurden? Nein. Genauso können und sollten Bürger das Zwangsgebühren-TV ausschalten. Nachrichten gibt es auch anderswo – haben Sie von diesem Internet gehört?

Es gibt ja auch gute Nachrichten, und dieser Tipp ist reines Signal: Wenn der Fernseher läuft und die Talkshow dröhnt, dann ist es nicht zwingend notwendig, dass wir uns die Ohren zuhalten und »Lalala!« rufen – es genügt und es wird definitiv klüger machen, die zwangsfinanzierten Rauschgeneratoren einfach auszuschalten.

Das sei unser Leitspruch und unser Selbstauftrag: Weniger Rauschen, mehr Signal!

Weiterschreiben, Dushan!

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