Dushan-Wegner

26.09.2020

Werte gegen Unterwerfung

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Foto von Timothy Flippo
In Frankreich resigniert man vor dem »nachdrücklichen« Islam, in Deutschland dagegen unterwirft man sich geradezu lustvoll und nennt es Toleranz. Was ist das Gegenstück zu »Islamophobie«? Wie nennt man die manische Unterwerfung?
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Ein Mensch, der in seiner Selbstdemütigung mit prickelnder Lust über die Schmerzgrenze hinaus geht, der müsste doch auch sonst ein bescheidener, wenig überheblicher Mensch sein, oder? Nein, wir ahnen, dass dem nicht so ist.

Wer die Verfilmung des Da-Vinci-Code gesehen hat, kennt jene Anfangsszene, als der Mönch Silas sich selbst rituell blutig peitscht. Im späteren Verlauf des Films wird sich diese Selbstkasteiung nicht in Friedfertigkeit niederschlagen – ganz und gar nicht.

Wer in der Welt herumkommt, der könnte von jenen sogenannten »Entscheidern« gehört haben, die dafür bezahlen, sich von einer Dame körperlich und seelisch demütigen zu lassen. Diese Herren sind am nächsten Tag keinesfalls milder gestimmt! Die Demütigung scheint sie mit neuer Energie aufzuladen, auf dass sie der Welt zeigen, was Chefsein bedeutet.

Ich verstehe diese Neigungen nicht. Schmerzen und Leid gelten mir als etwas zu Vermeidendes. Ich verstehe diese Neigungen nicht, doch ich nehme sie zur Kenntnis – und ich frage mich, welche Rolle sie im Lauf der ganz großen politischen Dinge spielen, als Metapher und Symbol.

Otto Normalkassenpatient

Es ist gar nicht so lang her, da regte man sich in Deutschland über islamistische Terror-Anschläge in Europa noch auf – heute ist ein islamistischer Terror-Anschlag ein weit geringerer Skandal als etwa ein anzüglicher Witz über eine Person, deren fürstliches Gehalt damit verdient wird, wie ein Zyniker sagen könnte, hauptberuflich »Diskriminierungsopfer« zu sein.

Im August 2020 verübte ein Islamist einen Terroranschlag auf der Berliner Stadtautobahn (der Tatverdächtige wurde bislang dafür nicht ins Gefängnis geworfen, sondern in eine mutmaßlich ziemlich teure Psychiatrie gebracht, siehe tagesschau.de, 19.8.2020 – während Otto Normalkassenpatient viele Monate auf eine simple Gesprächstherapie wartet).

Letzte Woche hat ein junger Pakistani mit scharfem Gerät vor der Redaktion des Satiremagazin »Charlie Hebdo« auf Menschen eingehackt. Es war seine Form der Satirekritik, weil Charlie Hebdo fünf Jahre nach jenem Anschlag die bekannten Karikaturen neu abgedruckt hatte. Der Tatverdächtige gestand die Tat bald (faz.net, 26.9.2020). In den sozialen Medien kursierten Bilder, die den verhafteten Tatverdächtigen zeigen sollen, und darauf scheint er mit sich und seiner Tat durchaus nicht unzufrieden zu sein.

Austauschbare materielle Träger

Wenn Gäste im Namen einer Ideologie die Gastgeber morden, dann sollten sich die Gastgeber zumindest die Ideologie näher anschauen, oder nicht?

Natürlich hat Islamismus mit Islam zu tun. Linke Ideologen bauen ja ein Netzwerk absurder Dogmen und offensichtlich falscher Sätze auf, zu denen sie ein Glaubensbekenntnis einfordern, wie etwa »ein Mensch hat das Geschlecht, von dem er sagt, dass er es hat, nicht das, mit dem er geboren wurde«, und »zu sagen, dass auch weiße Leben eine Rolle spielen, ist rassistisch«, oder eben: »wer im Namen seiner Religion mordet, tut es nicht im Namen seiner Religion, wenn diese Religion der Islam ist«.

Doch selbst, wenn man aus links-dogmatischen Gründen den Wirk- und Denkzusammenhang von Islam und Islamismus bestreitet, bleibt der nur durch offene Lüge zu bestreitende Zusammenhang von islamistischen Anschlägen und islamischer Dominanz der Debatte: Wenn die Menschen davor Angst haben, für Kritik am Islam abgestochen, erschossen oder in die Luft gesprengt zu werden, dann werden diejenigen mit Familie und generellem Lebenswillen lieber verstummen.

Terror wirkt, auch wenn man tut, als hätte er nichts mit nichts zu tun.

In der FAZ lesen wir aktuell eine kurze und doch bemerkenswerte Schlagzeile: »Resignation in Paris« (faz.net, 25.9.2020)

Im Text, der den Kontext des jüngsten islamistischen Anschlage beschreibt, lesen wir:

Viele haben resigniert und sich damit abgefunden, dass Zeichner und Journalisten Polizeischutz benötigen, weil sie sich Spott und Kritik am Islam nicht verbieten lassen wollen. Stillschweigend werden die Grenzen der Meinungsfreiheit neu gezogen. (faz.net, 25.9.2020)

Resignation scheint ein Gefühl zu sein, dass in der Luft liegt, doch es scheint mir nicht das einzige zu sein. Wir erleben begleitend eine aggressive Selbstdemütigung und Selbstverleugnung, die einen an den Begriff »Masochismus« denken lassen.

In den Sozialen Medien finden sich Videoaufnahmen aktueller Einschulungen, bei denen den Kleinkindern islamische Gesänge und Koran-Suren zur Einschulung vorgetragen werden – auf dass sie sich an dieses »neue Normal« gewöhnen, also ein Deutschland, in welchem Erdoğans Religionsbehörde vorgibt, was für sie, die »Ungläubigen« gut ist und was böse.

Wir erleben Bürgermeister und Politiker, die sich öffentlich vor dem Islam demütigen. Die Frage ist nicht, ob wir diese Menschen intellektuell ernst nehmen – diese Gestalten haben Einfluss auf unser Schicksal, ob ihre Gedanken nun durchdacht oder wie wenig mehr als irrationaler Unterwerfungsreflex wirken.

Und doch: Ich halte Islamisierung für eine sehr dringende Gegenwartsfrage, aber nicht zwingend für eine Zukunftsfrage.

Ich sehe die Errungenschaften der christlichen Welt. Ich sehe die Errungenschaften der Asiaten. Und ich sehe die Errungenschaften der muslimischen Welt. Meine Kinder lernen weiterhin Programmieren und Chinesisch inkl. asiatischer Philosophie wie Konfuzianismus, internationales Englisch und Mathematik sowieso.

Amerikas philosophisches Angebot ist die Freude am ganz, ganz großen Maßstab. Chinas philosophisches Angebot ist die Wirksamkeit einer bisweilen an die Grenzen der Menschlichkeit (nach westlicher Denkart) gehenden Effizienz. Man müsste mir noch darlegen, wie das Angebot der Unterwerfung als Selbstzweck langfristig mit dem einen oder dem anderen mithalten kann, wie es wirklich langfristig globale Macht und Gestaltungsmöglichkeit sichern soll, zumal in einer Welt, in der bis hin zur Kriegsführung alles abstrakt und digital wird, sprich: von den präzisestmöglichen Gedanken geleitet wird, die einen austauschbaren materiellen Träger betreiben.

Weit weniger komfortabel

Einige Akteure der islamischen Welt scheinen ja recht offen mit der westlichen Lust an der Unterwerfung zu spielen. Nach dem islamistischen Anschlag von 2020, ausgeführt durch einen Pakistani, meldet sich aktuell der Präsident Pakistans, Imran Khan, zu Wort. Seine Botschaft? Er klagt über die Veröffentlichung der Karikaturen und über weltweit wachsende »Islamophobie« (france24.com, 25.9.2020).

Es sind ja nicht alle Bürger westlicher Gesellschaften von der Lust am Dominiertwerden befallen – doch jene, die es sind, haben es gefährlich oft in Positionen der Macht geschafft. Die Lust an der eigenen Unterwerfung scheint gelegentlich mit einer Lust an der Unterwerfung anderer einherzugehen.

Was wäre das begriffliche Gegenstück zur angeblichen »Islamophobie«? Wie soll man die ins wahnhafte übersteigerte Lust an der Unterwerfung nennen, wenn etwa die Hamburger SPD gegen Rat und Warnungen iranische Islamisten stärken und mit ihrer Moschee zusammenarbeiten will? (welt.de, 20.9.2020)

Prüfen Sie es selbst: Gehen Sie im Kopf einige der politisch und publizistisch aktiven Selbstunterwerfer durch. Je tiefer sie sich vor einer Ideologie in den Staub werfen, umso aggressiver und herrischer treten diese gegenüber allen Bürgern auf, die es nicht tun. (Es passt zur sonstigen Absurdität dieser Selbstdemütigung, dass einige dieser Selbstdemütiger in den Ländern, in denen jene Ideologie herrscht, es weit weniger komfortabel hätten als hier, wo sie reich dafür bezahlt werden, dass sie hauptberuflich über »Intoleranz« klagen.)

Wichtiger als die Maschinen

Die Lockdowns und die Krise infolge der Maßnahmen gegen das China-Virus verschärfen eine ohnehin stattfindende Entwicklung: Die Digitalisierung der Welt wurde beschleunigt, skalierbare Wertschöpfung wird zunehmend abstrakt, die Algorithmen werden wichtiger als die Maschinen, auf denen sie laufen. (Beispiel: Es ist recht egal, mit welchem Antriebsmotor ein Tesla-Auto läuft; es könnte morgen auch Wasserstoff sein und übermorgen ein Microverse; der wirkliche Reiz eines Tesla liegt in den Algorithmen, der vernetzten Philosophie des Bordcomputers und wohl auch der so profitable »weichen« Ware Image. Apple kann für andere Hersteller unvorstellbare Aufschläge erheben, weil die Gedankenarbeit hinter den Produkten so viel gründlicher geleistet wurde. Et cetera.)

Die Zukunft gehört der Software, die Hardware als «Träger der geordneten Gedanken« ist wichtig, aber meist recht flexibel austauschbar. Ob der Islam ein zukunftsfähiges Betriebssystem für Gesellschaften ist, das möge ein jeder selbst anhand der vorhandenen Beispiele beurteilen.

Ich halte Islamisierung und die Resignation vor islamisch motivierter Gewalt für ein brennendes Gegenwartsthema – aber nicht für das große Zukunftsthema.

Die aktive wie auch die passive Islamisierung ist vor allem ein Test an westliche Gesellschaften: Wissen wir, wofür wir stehen? Was haben wir der Welt anzubieten?

Ob die Zukunft denen gehört, die andere unterwerfen, hängt davon ab, wie jene die Unterwerfung anstellen. Die Zukunft gehört gewiss nicht denen, die sich aus undurchdachter Lust der Unterwerfung selbst unterwerfen und es »Moral« oder »Toleranz« etikettieren.

Wer nichts hat, worauf er stolz sein kann außer seiner Selbstdemütigung, der hat in Wahrheit auch das nicht.

Wer seine Werte kennt, wer seine relevanten Strukturen bestimmt und geordnet hat, der unterwirft sich nicht.

Weiterschreiben, Wegner!

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