Dushan-Wegner

17.02.2022

Das Nützliche und sein Zweck

von Dushan Wegner, Lesezeit 11 Minuten, Foto von Mahdi Soheili
In Kanada protestieren Trucker gegen Trudeaus Impfpflicht – und der droht damit, ihnen die Konten zu sperren. Es könnte ein Vorgeschmack auf die Welt nach dem »Great Reset« sein. Wer aufmuckt, wird fertiggemacht.
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Wenn ein Finger auf den Mond zeigt, so lehrt uns alte Weisheit (etwa via Bruce Lee, siehe YouTube), dann konzentriere dich nicht auf den Finger, oder du wirst all die himmlische Pracht verpassen. – Es ist ein Gedanke, der uns im Buddhismus begegnet, aber auch in unserer Philosophie.

Im Essay »Unvoreingenommen und unaufgeregt« vom 30.10.2017 erwähne ich den letzten Satz des Wittgensteinschen Tractatus, wonach man schweigen soll über die Dinge, über die man nicht reden kann (im Intro jenes Essays heißt es übrigens: »Widersprechen Sie nicht der Tagesschau – warten Sie, bis die es selbst tut.« – auch das wohl eine ewige Wahrheit).

Der vorletzte Stichpunkt des Wittgensteinschen Tractatus aber lautet so:

Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie auf ihnen über sie hinausgestiegen ist. (Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)
– Wittgenstein, Tractatus 6.54; PDF via Gutenberg, S. 164)

Wir lernen: Wir lernen nicht der Lerninhalte wegen – wir lernen, um eine Ebene höher zu steigen. Wir starren nicht auf den Finger, wenn man uns den Mond zeigt. Wir lassen die Leiter hinter uns, wenn wir hinaufgestiegen sind.

Mise en Place

Beide erwähnten Beispiele, aus asiatischer Weisheitslehre wie auch aus europäischer Philosophie, lehren, das Nützliche von seinem Zweck zu unterscheiden. Das Nützliche ist aber in beiden Fällen neutral belegt.

Man lehrt uns, wenn wir über eine nützliche Leiter zu etwas Gutem hinaufgestiegen sind, oder wenn uns ein nützlicher Finger auf etwas Schönes hinwies, das Nützliche zwar anzuerkennen, aber hinter uns zu lassen.

Ich will heute eine Erweiterung jenes Gedankens wagen – eine Erweiterung, die dem der inneren Logik und der Wahrheit jenes Gedankens nicht widerspricht, ihn nur auf unerwartete Weise anwendet.

Die nützliche Leiter, über die wir zum Höheren oder sogar Guten hinaufstiegen, oder der nützliche Fingerzeig, der uns auf das Schöne oder sogar Erhabene hinwies, dieses Nützliche kann gelegentlich selbst durchaus böse und hässlich sein!

(Nützlichkeit und Bosheit schließen ja einander logisch nicht aus. Bosheit allein ist natürlich kein Garant für Nützlichkeit, während aber Schönheit ihr eigener Wert ist; siehe dazu auch den Essay »Schönheit ist die neue Revolution« vom 26.12.2016.)

Ich habe diesen Essay nun also mit denkbar knappen philosophischen Ausführungen begonnen, in ähnlichem Geiste, wie sich ein Koch die notwendigen Werkzeuge und Zutaten zurechtlegt, bevor er mit der Zubereitung der Speise beginnt (Stichwort »Mise en Place«, siehe Wikipedia).

Auch das Böse und das Hässliche zu prüfen, ob es uns nicht als Leiter und Fingerzeig dienen könnte, es nach dem Aufstieg aber auch hinter uns zu lassen, das sei uns heute gedankliches Werkzeug!

Derart vorbereitet (und so hoffentlich auch bereit) wenden wir uns einigen Meldungen des Tages zu, immer mit der Frage, wie sie uns dienen könnten, an ihnen entlang hinaufzusteigen.

Warum eigentlich?

In Kanada regiert ein junger Mann, der als Lehrer ausgebildet ist (und zwei weitere Studiengänge abbrach), der den Massenmörder Fidel Castro bewundert (nytimes.com, 26.11.2016), der schon mal »Alternative Fakten« verbreitet, wenn es ins Narrativ passt (Essay vom 16.1.2018), der zwar in seinen jungen Jahren einigermaßen rassistisch auffiel (bbc.com, 19.9.2019), und später durch mindestens einen unappetitlichen Justiz-Skandal in den Schlagzeilen war (Essay vom 1.3.2019). Heute aber ist Trudeau einem Herrn Soros sehr freundlich zugetan (@canadianpm, 20.2.2022), und außerdem vertritt er zufälligerweise immer genau das, was höhere Kreise hören wollen – derzeit ist er also sehr nachdrücklich für mRNA-Injektionen.

Trudeau tritt schon mal beim »World Economic Forum« eines gewissen Herrn Schwab auf, und er spricht im Kontext von Corona mit der naiven Euphorie eines Kindes vom »Reset« (für eine vorbereitete Video-Rede wie aus dem Wörterbuch der Verschwörungstheoretiker, »fix the system so it works for everyone«, »this pandemic has provided an opportunity for a reset«, siehe YouTube).

Es hat fast etwas Niedliches an sich, wenn sogenannte »Faktenchecker« sich redlich bemühen, die Bedeutung von Worten in ihr Gegenteil um- und zurechtzubiegen, bis Trudeau nicht vom Great Reset spricht, wenn er vom Great Reset spricht, obwohl der Kontext unzweideutig ergibt, dass er von ziemlich genau dem spricht, wovor sogenannte Verschwörungstheoretiker warnen (vergleiche factcheck.afp.com, 19.11.2020: »Trudeau UN speech sparks ‘Great Reset’ conspiracy«).

Einen Teil dessen, wie so ein »Great Reset« praktisch aussehen könnte, erleben derzeit die Kanadier – und zwar explizit auch jene, die nicht meinen, dass sie es erleben, die es vielleicht sogar aktiv abstreiten würden, weil sie für solche Einsichten zu »kanadisch höflich« sind.

Im Essay vom 30.1.2022 erwähnte ich die Proteste der Trucker gegen Trudeaus Impfflicht speziell für Trucker. Diese Proteste dauern noch immer an, und die Trucks blockieren teils wichtige Zufahrtstraßen. Man möge mir aber bezüglich einzelner »Elemente« innerhalb dieser Trucker mit Kritik eher sparsam kommen. Wenn gegen die Regierung zu protestieren bedeutet, alles verlieren zu können, werden eben auch ein paar Leute darunter sein, die meinen, wenig zu verlieren zu haben (und manchmal auch einige Leute, deren schlechtes Benehmen der Regierung auffällig gut in den Plan passt).

Trudeau versucht noch immer, die lästigen Protestierer loszuwerden. Er hat pünktlich zum Valentinstag den Notstand erklärt (businessinsider.com, 14.2.2022), was dem Castro-Fan die Möglichkeit gibt, die Bürgerrechte u.a. von Maßnahmengegnern auszusetzen. Seine Regierung wirkt immer gereizter, sein Vorgehen wird täglich aggressiver (siehe aktuell etwa aljazeera.com, 16.2.2022). (Es zählt wohl zu den täglichen Absurdität des deutschen Propagandastaates, wenn in der FAZ (faz.net, 13.2.2022(€)) aktuell brav aufgesagt wird, dass die Protestierer ein »autoritäres Denken« aufweisen, und das frecherweise ausgerechnet in Ländern, »die auf ihre liberale Kultur stolz sind«. »Autoritär« ist also, wer dagegen ist, dass der Staat dich zu einer Injektion zwingt, während der zwingende Staat auf seine »liberale Kultur stolz« sein darf. Journalisten – die Kontorsionisten des Geistes.)

Die jüngste Drohung des selbst für seine Verhältnisse erstaunlich marionettenhaft wirkenden Trudeau wirkt wie von Verschwörungstheoretiker ausgedacht: Trudeau droht, den protestierenden Truckern die Konten zu sperren (bbc.com, 16.2.2022).

Die »Canadian Civil Liberties Association« (CCLA) erklärt zum Notstand, dieser sei konkret zum Schutz von Leben da, nicht zum Schutz wirtschaftlicher Interessen (ccla.org, 15.2.2022). Die Abläufe der Demokratie werden umgangen (siehe foxnews.com, 16.2.2022) und Grundrechte zur Disposition gestellt – warum eigentlich?

Drei Randnotizen

Erstens: Es fällt Verschwörungstheoretikern heute nicht einfach, sich neue Verschwörungstheorien auszudenken, so regelmäßig werden die bisherigen Theorien bestätigt. Wollte man es dennoch tun, könnte man sich ja des Denkansatzes »False Flag« bedienen: Wollte ein undemokratisches Über-Regime die Demokratie (erst in Kanada und dann anderswo) aushebeln, hätte es durchaus ein Interesse an chaotischen, störenden Protesten gegen die zur Übermoral erklärte Impfpflicht, denn solche Proteste können als Vorwand dienen, längst geplante Eingriffe in die Freiheit vorzunehmen, oder zumindest die Sperrung von Konten als politische Möglichkeit zu etablieren.

Zweitens: Trudeau beruft sich auf den »Emergencies Act« von 1988, der dem »War Measures Act« folgte, auf welchen sich sein Vater in der »Oktoberkrise« von 1970 berief, siehe Wikipedia. Die CCLA hat die Ehre, damals gegen die Angriffe auf die Demokratie des Vaters und heute gegen die Angriffe des Sohns zu protestieren. Sagen wir es mal so: Als kritischen Blogger würde es mich derzeit nicht nach Kanada ziehen.

Drittens: Es ist ein charmanter Zufall, dass in zwei der hier zum Thema Trudeau verlinkten Essays auch ein (jeweils anderer!) Fall erwähnt wird, wo sehr interessante Kurznachrichten einer gewissen Frau von der Leyen gelöscht wurden. Es wird einem als Bürger, der diesen Wahnsinn finanzieren muss und nach deren Beschlüssen leben soll, schon ein wenig übel.

Ich kenne einige eingesessene, in der Wolle gewirkte Kanadier, und ich kann Ihnen versichern, dass die protestierenden Trucker zwar einen Teil der Bevölkerung auf ihrer Seite haben, aber gewiss nicht die ganze – oder auch »nur« die Mehrheit.

Die weltweit sprichwörtliche »Freundlichkeit« der Kanadier ließe sich für Außenstehende auch weniger freundlich als nur »Freundlichkeit« deuten. Was der eine als »freundlich« empfindet, das könnte ein anderer als »konfliktscheu«, »unterwürfig«, »rückgratlos«, »gefallenssüchtig« oder gar »blöde« deuten.

Wenn der »Great Reset« kommt, wird er sagen, dass es keinen Great Reset gibt, und viele werden das glauben, denn sie glauben alles, was die Autoritäten ihnen sagen, und wer das anders sieht, dem wird man seinen Job kündigen und ihn verleumden, man wird ihm das Bankkonto und das Internet sperren, und dann ist er erstmal beschäftigt und niemand hört ihn – doch alle, die von seinem Schicksal hörten, sind gewarnt, selbst nicht allzu frech nachzudenken, geschweige denn zu protestieren.

»Meine Sätze erläutern dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie auf ihnen über sie hinausgestiegen ist«, so sagte Wittgenstein.

Er wird seine eigenen Sätze als gut, zumindest als neutral betrachten. Die Taten eines Trudeau wie auch einige andere Nachrichten dieser Tage dürfen wir wohl als zynisch oder sogar böse deuten, wenn es auch gewiss keine »philosophischen Sätze« sind. Ja, man könnte manches an diesen Zeiten mit Wittgenstein »unsinnig« nennen, und gerade deshalb kann man »durch sie auf ihnen über sie hinaussteigen«. Wir können und wir wollen also beschließen, diese Zeiten als Fingerzeige zu deuten, die unseren Blick auf etwas Höheres in eigener Sache lenken sollen, als eine Leiter, an der wir hinaufsteigen können.

»Strafe einen…«

Ich habe von den besorgniserregenden Entwicklungen in Kanada berichtet. Die dort stattfindenden Entwicklungen könnten als Vorhersage gelesen werden, was auch bei uns drohen könnte. Wann wird den ersten »Spaziergängern« das Bankkonto gesperrt? Da die meisten Bürger ein Smartphone dabeihaben, ist es sicher technisch möglich, ihre Identität festzustellen.

Müssen wir noch fragen, warum höhere Zirkel so dringend weg vom Bargeld möchten? Mit virtuellem Geld lassen sich kritische Bürger de facto auf Knopfdruck »gesellschaftlich ausschalten« – und danach sind sie bald quasi gezwungen, zum Überleben etwas Illegales zu tun, wofür man sie dann ganz »legal« in den Knast werfen kann.

Wir wissen, dass auch in Deutschland erschreckend viele »brave« Bürger laut Applaus klatschen würden, wenn allzu frechen Regierungskritikern der finanzielle Strom gekappt wird. Tatsächlich passiert es von Seiten der Banken ja bereits, wenn auch sporadisch. Wer im Internet nach »AfD Politiker Konto gekündigt« sucht, findet viele Fundstellen. Noch scheint es aber meist eher »vorauseilender Gehorsam« zu sein, nicht eine offizielle Anordnung von Regierung oder Behörden. Eines ist aber deutlich: Nur wenige Bürger werden gegen eine solche Übergriffigkeit des Staates aktiv protestieren – schon weil sie nicht die nächsten sein wollen, denen das Bankkonto gesperrt wird. Es gilt auch heute: »Strafe einen, erziehe Hunderte!«

Jedoch, nur zu sehen, dass da eine Gefahr droht, es ist mir zu wenig. Am Harmlosen zu wachsen, ist das überhaupt richtiges Wachstum? Ich halte es für »seelisch lebensnotwendig«, auch am Schrecklichen zu wachsen.

Rilkes Rat

Ob die aktuellen »Lockerungen« in vielen Ländern auch wirklich das vorläufige Ende der Panik ankündigen, oder ob tatsächlich eine (mindestens) jährliche Zwangs-Injektion geplant ist, wie etwa in den USA ein leitender Mitarbeiter der FDA zugegeben zu haben scheint (dailymail.co.uk, 17.2.2022) – beide Szenarien sind ein Anlass, selbst zu anderen Menschen zu werden.

»Was für andere Menschen?«, so mögen Sie fragen, und ich will es logisch beantworten: Wenn die Zeiten so sind, wie sie sind, wenn wir von einer moralisch verkommenen politischen Kaste bedrängt und womöglich auch betrogen werden, wenn es aber Wunsch und Ziel des Menschen ist, glücklich zu werden, dann ist es doch moralische Pflicht-in-eigener-Sache, dass wir lernen, auch in genau diesen Zeiten glücklich zu werden.

Wenn dein persönliches Glücksrezept nicht dazu taugt, in der Gegenwart glücklich zu werden, dann wirst du niemals glücklich werden, denn die Gegenwart ist der einzige Zeitabschnitt in dem du jemals leben wirst.

»Du mußt dein Leben ändern«, so schließt Rilke sein Gedicht Archaïscher Torso Apollos (siehe Wikisource). Nun, ich will zuerst mein Denken ändern. Seit einiger Zeit schon, und immer wieder aufs Neue.

Manche sagen, die Künstliche Intelligenz sei die große Herausforderung der Zukunft, andere reden von der Migration, und Corona-Profiteure natürlich von Viren.

Ich sage, dass unsere größte Herausforderung der Zukunft darin besteht, unser Denken über uns selbst und unsere Deutung der Welt so zu gestalten, dass wir am Wahnsinn nicht wahnsinnig werden. Es gilt, mitten im Wahnsinn ausgeglichen und glücklich zu sein, und doch mit offenen Augen, ohne Illusionen und bei vollem Bewusstsein.

Wer sich eine belastbare Lebensphilosophie erarbeitet, die auch in einer Zeit des globalen Herausrutschens aus der Demokratie funktioniert, der wird auch viele weitere Probleme lösen. Wenn aber einer im »neuen Normal« chronisch unglücklich ist, was soll ihn motivieren, irgendein anderes der neuen Probleme zu lösen?

Und doch

Ich wäre ein Scharlatan, ein Staatsfunker oder ein anderer Schlingel, wenn ich an dieser Stelle mit einer fertigen, abgeschlossenen Philosophie anträte; ich habe wenig mehr als das Protokoll meiner eigenen Arbeit anzubieten.

Für heute stelle ich fest: Dein Glück entsteht aus dem Verhältnis zwischen deinem Denken und deiner Zeit, und wenn die Zeiten sich ändern, kann es nützlich sein, dein Denken weiter zu entwickeln.

Ich will nicht zum Lügner werden, ich will mich nicht verbiegen, und doch möchte ich meinen Kopf auf dem Hals behalten. Vor allem aber will ich meine Werte nachziehen und stärken – und doch glücklich sein können.

Dass ich gestern mit der aktuellen Denkweise glücklich war, heißt keinesfalls, dass ich es auch morgen sein werde. Die Welt bleibt nicht, wie sie ist, und also darf auch ich nicht bleiben, wie ich bin (egal was eine Diätwurst mir sagt).

Mögen diese Zeiten wie eine Leiter sein, die uns höher hinaufsteigen lässt, oder, weniger dramatisch ausgedrückt: Mögen wir klüger werden.

Ich will mein Denken ändern, immer wieder, und heute will ich auch stärker werden, indem ich mich selber anstoße: Du musst dich ändern, um zu bleiben, wer du bist.

Weiterschreiben, Wegner!

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