Ich habe kürzlich zum ersten Mal einen »Transmann« in echt gesehen, in einer sehr bestimmten Hinsicht. Und es war wohl eher ein »Transjüngling«, ein junger Mensch.
Ich sah die hier berichteten Eigenschaften ohne mein Zutun, ohne es erwartet oder eingefädelt zu haben – und ohne ausweichen zu können. Ich will die genauen Umstände privat halten, hier nur das Wesentliche.
Der Mensch zeigte seine Brust. In der Mitte des Brustkorbs waren zwei waagrechte Pflaster angebracht.
Doch eines der beiden Pflaster hatte sich weitgehend gelöst. Ich sah eine große, grell rote Narbe.
Es war die Art von Narben, die man bisweilen im Internet sieht, wenn ein Mädchen manipuliert wurde, sich von »Ärzten« die Brüste abschneiden zu lassen.
Die Brüste wurden nicht wegen Krebs abgenommen oder auch »nur« wegen der latenten Angst vor Krebs, weil familiäre Vorbelastung besteht.
Nein, die Brüste wurden abgeschnitten, weil dem Mädchen eingeredet worden war, dass es ihm danach psychisch besser gehen würde, weil es dann angeblich ein »Mann« sei.
Außer der roten Narbe fielen mir weitere Sonderbarkeiten auf, etwa der dünne, aber länger stehende Bartwuchs über den femininen Gesichtsknochen. Ein Mann-Mann hätte den läppischen Flaum abrasiert. Ich vermute, dieser Mensch ließ ihn stehen, weil er diesen dünnen Bart mit der Einnahme etlicher Hormone überhaupt erst gezüchtet hatte.
Dazu kamen die üblichen Zeichen moderner seelischer Verwirrung. Verschiedene Tattoos und dazu an der Haut montierte Metallvorrichtungen, unter anderem der Septumring unter der Nase, der darauf abzielt, das Gegenüber in der Wahrnehmung des Gesichts zu irritieren. (Deshalb verweigern Tätowierer mit Gewissen meist Gesichtstattoos – und deshalb sind genau diese in mexikanischen Gangs so üblich. Der Nasenring bewirkt beim Gegenüber eine ähnliche Irritation, lässt sich aber wenigstens leicht entfernen.)
Die Tattoos und das Metall in der Haut wären für mich als durchschnittliches linksgrünes Proletariat durchgegangen, wären da nicht die zwei Pflaster auf der Brust. Und die große, grellrote Narbe, wo vorher eine weibliche Brust gewesen war.
Als dieser Mensch vor mir stand, zerschnitten und zerstochen, ergriff mich ein kalter Schauder.
Rechtlich gesehen war dieser Mensch vermutlich selbst verantwortlich für die Verstümmelung, die ihm angetan wurde. Gewiss hatte dieser Mensch irgendwo irgendwas unterschrieben.
Und doch, welche Verantwortung, welche Schuld haben die Gestalten auf sich geladen, die diesem Menschen das angetan haben!
Liebes Menschlein, du wurdest angelogen. Du wirst nie ein Mann sein. Ja, selbst wenn du zusätzlich zum Bart und zur platten Brust noch versuchst, dir einen Penis aus dem Fleisch deines Arms metzgern zu lassen, wirst du nie ein Mann sein.
Geh doch im Sommer mal an einen Strand. Da wirst du nicht wenige Männer mit Brüsten sehen. Und doch sind sie Männer. Viele Männer rasieren sich glatt, manchen wächst kaum Bart. Und doch sind sie Männer. Wenn einem Mann bei einem Unfall das Glied abhanden käme, oder wenn dieses im Alter die andere Funktion neben dem Urinieren verlieren sollte – oder er sich schlicht Wichtigerem zuwendet –, ist er dennoch ein Mann.
Oder vergleiche eine Frau, der man die Brust wegen Krebs abnahm. Ist sie dadurch weniger eine Frau? Gar ein Mann? Natürlich nicht!
Dein Gehirn, armes Mädchen mit abgeschnittenen Brüsten, es ist nicht dafür verkabelt, Tag für Tag verachtet und ausgenutzt zu werden, und doch jeden Morgen aufzustehen und weiterzumachen und Neues zu erschaffen, allein weil du ein Mann bist.
Du bist es nicht, für den Rudyard Kipling sein Gedicht »If–« schrieb, und darin sagte: »Wenn du zusehen kannst, wie das, wofür du dein Leben gegeben hast, zerbrochen wird, und wenn du dich bücken kannst und es neu aufbauen, mit deinem abgenutzten Werkzeug […] dann ist die Erde dein und alles was in ihr ist, und – was noch viel mehr ist – du wirst ein Mann sein, mein Sohn!« (deutsche Video-Version von mir).
Mädchen mit abgeschnittenen Brüsten, du wirst nie ein »alter weißer Mann« sein, also einer aus jener Gruppe von Menschen, welche die moderne Zivilisation erdacht haben, und deren Schultern das tragen, was heute noch vom Ruhm des Westens übrig ist, und die doch dafür so sehr gehasst werden, nämlich genau von den Leuten, die dich angelogen und manipuliert haben.
Mir wurde in dem Moment klar: Wenn ich bislang die Existenz Satans und seiner Dämonen für eine Metapher gehalten hätte, wenn ich das absolut Böse als besonders saubere Form der Relevante-Strukturen-Mathematik wegdefiniert hätte, spätestens ab diesem Erleben hätte ich gewusst, dass das Böse existiert.
Das Böse existiert. Das Böse wirkt in diese Gesellschaft und in diese Zeit hinein, und führt zu Ideen und Wahnzuständen, die Menschenleben zerstören.
Wenn ich im Wald spazieren gehe und die frische Hufspur eines Rehs in der weichen Erde sehe, dann weiß ich, dass ein Reh existiert und vermutlich in der Nähe ist. Ebenso mit den Spuren des Bösen. Ich sehe die Hufspuren des Bösen, also weiß ich, dass das Böse existiert – und dass es in der Nähe aktiv ist.
Es scheint eine Regel zu sein: Wenn Menschen meinen, Gott spielen zu wollen, dann wird das Ergebnis regelmäßig reichlich dämonisch.
Die Menschen, die den Mädchen so etwas antun, führen das Werk des Bösen aus.
Und doch, und doch: Bei all dem ist es nicht meine einzige und letzte Lektion, dass das Böse existiert. Das wussten wir schon vorher, wenn wir es auch nicht immer so unmittelbar erlebten. Es wäre traurig und falsch, wenn wir es beim Schrecken ob des Schrecklichen beließen.
Seien wir realistisch: Die Zahl von Mädchen, denen dieses und anderes Unrecht angetan wurde, wird steigen. Immer wieder erkennen diese Jugendlichen später, dass sie manipuliert wurden und vieles unumkehrbar ist.
Die Suizidzahlen in dieser Gruppe sind horrend (siehe Wikipedia). Man will als Mann leben, ohne von der Natur dafür ausgestattet worden zu sein, täglich beschimpft zu werden, allein zu sein und doch weiterzumachen und Verantwortung zu tragen.
Diese Mädchen werden bedauern, was sie sich antun ließen. Und dann ist es unsere erste Aufgabe, sie in den Arm zu nehmen. Du weißt nicht, was dieser Mensch durchlitt, mit welchen Schwächen und in welche Situation er hineingeboren wurde, dass er bewegt war, sich etwas so Schreckliches antun zu lassen.
Dass ich nicht solche Fehler begangen habe, ist nicht meine »Leistung« – es ist Gnade. Und es ist meine Pflicht, diesem Menschen mit Liebe zu begegnen.
Vielleicht nicht jetzt und gewiss nicht aufdringlich. Doch wenn es an der Zeit ist – dann hoffentlich rechtzeitig.