Liebe Freunde des zeitwerten Gedankens, wir greifen heute wieder zu den Schriften der Weisheit, und ich meine damit das zeitlos wertvolle Buch vom Fürsten des Niccolò Machiavelli, in der Übersetzung A. W. Rehbergs.
Das 15. Kapitel trägt den Titel »Wodurch die Fürsten Lob und Tadel erwerben«.
Wir lesen darin:
Jemand, der es darauf anlegt, in allen Dingen moralisch gut zu handeln, muß unter einem Haufen, der sich daran nicht kehrt, zu Grunde gehen. Daher muß ein Fürst, der sich behaupten will, sich auch darauf verstehen, nach Gelegenheit schlecht zu handeln, und dies thun oder lassen, so wie es die Notwendigkeit erfordert. (Macchiavelli, via projekt-gutenberg.org)
Das hier von Niccolò M. beschriebene Prinzip heißt »Trennung von Moral und Politik«, und es ist derart etabliert, dass es einen eigenen Wikipedia-Eintrag hat.
Das Wort »notwendig«
Zunächst mag uns das Prinzip der »Trennung von Moral und Politik« zynisch und plump erscheinen. Sogar Machiavellis eigene Formulierung wirkt zunächst auffällig plump, geradezu intellektuell derb. In etwa: Die Mächtigen müssen manchmal böse sein, das ist halt so, denn die anderen Leute sind ja auch böse.
Auf den ersten Blick wirkt das ja geradezu absurd: Machiavellis Fürst ist darauf angewiesen, dass das Volk sich an Moral hält. Für ihn selbst gilt die Moral aber nicht, wenn es notwendig ist, gegen sie zu verstoßen.
Das klingt etwas zynisch, ans Absurde grenzend. Jedoch: Es hängt hier nicht wenig am Wort »notwendig«. Mithilfe der Relevanten Strukturen können wir die zugrundeliegende Wahrheit etwas präziser ausdrücken: Dem Stammeshäuptling müssen andere Strukturen relevanter sein als den übrigen Mitgliedern des Stammes. Das ist eigentlich gut für die »kleinen Leute«, denn ihr »kleines« Leben ist eingebettet in die großen Strukturen, die zu erhalten ja die Aufgabe der Großen ist – wenn sie es denn tun.
Deskriptiv oder präskriptiv
Ich erinnere mich tatsächlich noch daran, als im Jahr 2005 Ulrich Wickerts Fast-schon-Skandal-Buch erschien »Der Ehrliche ist der Dumme« (Untertitel: Über den Verlust der Werte).
Die Skandalkraft rührt aus der Unklarheit, ob der Titel deskriptiv oder präskriptiv gemeint ist.
Man ahnt aber, dass ein Zustand beschrieben wird, doch zusammen mit der Annahme, dass kein Mensch freiwillig dumm sein will – und sich aus der Beschreibung der Sachlage implizit eine Handlungsempfehlung ergibt: »Wenn du nicht als der Dumme dastehen willst, sei nicht unnötig ehrlich!«
Wie Straßengauner
Wir schreiben das Jahr 2023, und die Provokation von gerade eben wirkt eher wie eine simple Beschreibung der Realität.
Aktuell klingt etwa Mario Thurnes bei tichyseinblickde.de, 21.4.2023 zunächst dankbar für jeden Bürger, der »den Laden am Laufen« hält: »Danke, dass Sie arbeiten gehen.« – Aber recht schnell gelangt er zum Fazit: »Wer arbeitet, ist der Dumme.«
Nun mag mancher klagen, dass es schlecht sei, dass und wenn für »die da oben«eine andere Moral gilt als für »uns hier unten«.
Doch er läge womöglich tragisch falsch: Das Problem ist nicht, dass die da oben eine andere Moral für sich in Anspruch nehmen, sondern dass sie nach exakt derselben Moral handeln wie der gewöhnlichste Straßengauner hier unten – mit dem einen Unterschied, dass sie Anwälte und Beziehungen haben, um dem Gefängnis fernzubleiben, obwohl sie Deutsche sind. Ach, besäßen sie zur höheren Stellung auch wirklich eine höhere Moral!
Warum eigentlich?
Manche von denen haben sich innerlich von der Verantwortung für das Wohl des Landes abgekoppelt, oder sie scheinen dem Land aktiv Schaden zufügen zu wollen, wie jene Partei, in deren Reihen »Deutschland, du Stück Scheiße« oder »Nie wieder Deutschland« keine kontroversen Statements sind.
Von amerikanischen Milliardären finanzierte »Klimasöldner« kämpfen gegen Deutschland und die Deutschen (siehe auch Essay vom 17.11.2022). Der Staat gibt Milliarden für die Flüchtlingskrise aus (siehe auch Essay vom 20.4.2023). Selbst die höchste Steuer- und Abgabenlast weltweit reicht für das alles nicht aus – Deutschland verschuldet sich immer weiter.
Also noch mal die Frage: Warum arbeiten Sie eigentlich?
In mir und Ihnen brummt ein »geistiger Motor«, der uns Tag für Tag arbeiten lässt – mit dem Geld als Vorwand (nicht selten auch als Vorwand für uns selbst).
Sind heute der Ehrliche und der Arbeitende wirklich die Dummen?
Ich stehe morgens auf und schreibe, ob Sie mich dafür bezahlen oder nicht. Doch ich bin Schreiber, da erwartet man das so. Sollte es bei den Arbeitern etwa auch so sein? Es ist nicht so einfach.
Wirklich?
Für die da oben zählt eine andere Moral als für uns hier unten – so wollen sie uns glauben lassen. Doch es ist kein gutes Geschäft, das sie uns aufzwingen.
Die Verderbtheit der Lupenreinen in den Regierungen ist ja nicht der einzige Grund für die Entwertung von Arbeit. Künstliche Intelligenz hat begonnen, topqualifizierte Arbeiter hypereffizient werden zu lassen – und der Rest tritt in einen schärfer werdenden Wettbewerb um die verbleibenden Nicht-KI-Arbeitsstellen.
In täglicher Arbeit
Wir bewegen uns täglich näher an einen Zustand, an welchem die Menschen in ihrer Arbeit einen Sinn werden finden müssen – weil die Vergütung gerade mal zum Überleben reicht.
Vielleicht liege ich richtig, und die Entwertung von Arbeit ist »nur« die Vorstufe weit tiefgreifenderer Umwälzungen. Oder ich liege falsch, und dies ist nur eine Phase und alles schwingt wieder zurück – Arbeit und Arbeiter werden bald wieder geschätzt.
Was auch immer Sie für wahrscheinlich(er) halten: Ich selbst halte es für ratsam, viel darum zu geben, einen Sinn in der täglichen Arbeit zu suchen.
Hunderte oder Hunderttausende
Nein, der Ehrliche ist nicht der Dumme, und der Arbeiter auch nicht. Ich will gar nicht von »Dummheit« reden, denn aus einer gewissen Perspektive ist ein jeder von uns ganz furchtbar dumm.
Die Frage ist, ob du in deiner Arbeit einen Sinn findest. Ja, versuche, gut bezahlt zu werden. Doch am Ende des Tages ist alles Geld ausgegeben, verschenkt oder vererbt, und auch der spannendste Berufsweg geht zu Ende.
Wenn du gerade keinen Sinn in großen Plänen und Weltveränderung finden kannst, dann kannst du die Sinnsuche ja beim Gnothi seauton (siehe Wikipedia) beginnen lassen: Was hast du heute über dich gelernt?
Ob du tausend, zehntausend oder hunderttausend im Monat verdienst – oder ob du dich mit ein paar hundert Euro im Monat durchschlägst: Die erste und letzte Frage wird sein, ob und wie du Sinn darin gefunden hast.
Und wenn man den alten Griechen folgt, dann ist es deine Aufgabe, bei deiner Arbeit etwas über dich zu lernen, dich zu erkennen, und das wäre ein Sinn, der tatsächlich funktionieren kann.