Dushan-Wegner

17.11.2022

Des einen Terrorist, des anderen Aktivist?

von Dushan Wegner, Lesezeit 7 Minuten, Foto von Michael Olsen
Klima-Aktivisten nehmen Tote in Kauf, greifen Parteizentralen an (Symbole der Demokratie) und Kunstwerke (Symbole der Kultur), fordern mit Gewalt einen »Systemwechsel« – doch der Verfassungsschutz-Chef klingt bald wie deren Pressesprecher. Was ist da los?
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Seit Monaten leiden Menschen in Berlin und anderen Städten unter den Aktionen sogenannter »Klimaaktivisten«. Solche teils aus dem Ausland finanzierten Figuren attackieren Symbole westlicher Kulturgeschichte (vor allem Gemälde) und blockieren den Verkehr in Großstädten, bewusst in Kauf nehmend, dass dabei Unbeteiligte sterben können.

Ich hatte schon früher darüber geschrieben, dass Klimaspinner einiges mitbringen, was es braucht, um »Terroristen« genannt zu werden. (Siehe etwa die Essays »Islamisten, Klimaspinner … wir« (24.10.2022) und »Klimakampf, nicht Klimakuscheln« (1.11.2022))

Letzte Woche starb dann auch der erste Mensch in Folge einer Klimaaktivisten-Aktion, als ein Rettungswagen nicht durch den künstlichen Stau kam (sieheEssay vom 4.11.2022).

Man könnte nun denken: »Zum Glück ist Deutschland ein demokratischer Rechtsstaat, und wir haben einen Verfassungsschutz, der verteidigt uns vor Leuten, welche ihre politischen Ziele an demokratischen Wegen vorbei erreichen wollen.«

Klar, das könnte man denken. Man wäre darin ja auch gerechtfertigt! So lernten wir es in der Schule, so wird es uns von Politik und Presse versichert – und so weiter.

Staatsfeinde, die Grundrechte wollen

Der aktuelle Verfassungsschutz-Chef Haldenwang kam in dieses Amt, nachdem Maaßen gegangen worden war (siehe Essay vom 17.9.2018), weil er Merkels Chemnitz-Lüge nicht unterstützen wollte.

Vor einiger Zeit erfand der Haldenwang-Verfassungsschutz etwa die Idee »demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates« (siehe Essay »Chinaprotokoll, oder: Die Sprache der Vernichtung« vom 8.6.2022.). Was aber ist eine »Delegitimierung«?

Es ist ein Zauberwort, so wie »Hass«. Delegitimierung ist, was die-da-oben als solche erklären.

Im Juni schrieb ich wörtlich in der Einleitung meines Essays: »Querdenker sind Menschen, die noch praktisch glauben, dass der Bürger in der Demokratie eine Stimme hat und etwas ändern kann.«

Querdenker, die Grundrechte einforderten, wurden von Politik und Presse wie Staatsfeinde behandelt – und mehr als einmal wörtlich so bezeichnet.

Und natürlich nahm der Verfassungsschutz die »Querdenker« ins Visier. (stuttgarter-zeitung.de, 9.12.2020(€) titelte: »Verfassungsschutz nimmt Corona-Proteste unter die Lupe: Nur Querdenker oder schon Staatsfeind?«)

Immer mehr Bürger raunten, dass der Verfassungsschutz wie ein verlängerter Arm gewisser Parteien wirkt. Haldenwangs Einsatz gegen eine politische Richtung ging zeitweise so weit, dass ein Gericht den CDU-Mann stoppen musste, in seiner Funktion als Verfassungsschutz-Chef die AfD als Prüffall zu bezeichnen – er »akzeptierte« das Urteil großzügig (sz.de, 8.3.2019). Es konnte ihm egal sein – der Talking-Point war gesetzt.

Wessen Interessen?

Nun haben inzwischen offenbar weder Verfassungsschutz noch Polizei so wirklich Lust, Lauterbachs neueste Paranoia dem Volk einzuprügeln.

Also könnte der Verfassungsschutz sich den Klimaspinnern zuwenden.

Wir haben es bei Klimaspinnern mit Leuten zu tun, die den demokratischen Prozess missachten, und »der Einfachheit halber« die Gesellschaft erpressen wollen, ihrem Willen zu folgen.

Teile der Klimaspinner-Bewegung sind praktisch offen antisemitisch (sagt sogar taz.de, 5.9.2022). Einzelne haben öffentlich wörtlich eine »Grüne RAF« (welt.de, 22.11.2021) und Anschläge angekündigt (rnd.de, 20.2.2022).

Zu all dem werden sie von superreichen ausländischen Geldgebern finanziert (bild.de, 9.11.2022(€)), deren Interessen sich nicht zwingend mit den Interessen Deutschlands und seiner Bürger decken müssen – um es höflich zu sagen.

Wenn bereits die Grundrechte-Demos der Querdenker ein Anlass waren, genauer hinzuschauen, dann müssten es die immer extremeren Klimaaktivisten doch auch sein?

Insofern kein Beobachtungsobjekt

Nun, Herr Haldenwang hat sich nun dazu geäußert.

n-tv.de, 17.11.2022 titelt: »Verfassungsschutz: Letzte Generation ist nicht extremistisch«, und zitiert Herrn Haldenwang dann: »Ich erkenne jedenfalls gegenwärtig nicht, dass sich diese Gruppierung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richtet, und insofern ist das kein Beobachtungsobjekt für den Verfassungsschutz.«

Und der »RAF-Vergleich« – den deren Apologeten selbst ins Gespräch brachten! – sei »Nonsens«.

Damit scheint Haldenwang übrigens tendenziell sogar Michael Buback zu widersprechen, dem Sohn des von der RAF ermordeten Siegfried Buback, welcher sagte, er wolle nur »ungern« die Aktivitäten einer Gruppe mit der RAF vergleichen – aber Parallelen sieht er eben wohl doch: »Aber ich sehe ideologisch bedingte massive Eingriffe in die Rechte anderer.« (rnd.de, 7.11.2022)

Haldenwang sieht ja, dass die Gruppe auch Straftaten begeht, relativiert diese jedoch tatsächlich: »Aber das Begehen von Straftaten macht diese Gruppierung jetzt nicht extremistisch.« (zitiert nach n-tv.de, 17.11.2022)

Bei Nicht-Linken kann es neuerdings genügen, auch nur dessen verdächtigt zu werden, die Äußerung eines verbotenen Zweifels an der Nachrichtenlage zu planen (siehe Essay vom 27.10.2022), um ins Visier des Verfassungsschutzes zu geraten. Linksgrüne Extremisten versuchen dagegen, ihre politischen Ziele mit Gewalt und Anschlägen zu erreichen, doch Haldenwang winkt eher so gutmütig ab.

Lassen Sie mich tagesschau.de, 15.1.2021 direkt zitieren: »Auch an diesem Wochenende gehen wieder Gegner der Corona-Politik auf die Straßen. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang erkennt unter ihnen eine neue Szene von Staatsfeinden. Sie verbinde die Verachtung des Rechtsstaates.«

Wenn du nicht willst, dass der Staat dich zur Injektion von mRNA zwingt, und das auch öffentlich kundtust, dann bist du potenziell ein Staatsfeind und verachtest den Rechtsstaat. Wenn du aber im Namen des »Klimas« den Tod von Bürgern in Kauf nimmst, die Symbole der Demokratie und die Symbole der eigenen Kultur angreifst, ist das total demokratisch, denn deine Anschläge wollen doch nur das Handeln der Regierenden verändern.

Aha.

So niedlich!

Haldenwang verniedlicht die Anschläge der »Aktivisten«, indem er ihnen Kindersprache in den Mund legt, und uminterpretiert: »He, Regierung, ihr habt so lange geschlafen, ihr müsst jetzt endlich mal was tun«. – Und er verteidigt sie: »Also, anders kann man eigentlich gar nicht ausdrücken, wie sehr man dieses System eigentlich respektiert, wenn man die Funktionsträger zum Handeln auffordert.« (zitiert nach n-tv.de, 17.11.2022)

Die Drohung mit Anschlägen, Attacken auf Parteibüros bis hin zur Inkaufnahme von Toten als Ausdruck dafür, dass man »dieses System eigentlich respektiert«?!

Was sagen eigentlich »Letzte Generation« selbst zu ihrem angeblichen Respekt vorm System. Ja, wir ahnen es – sie fordert per »Ultimatum« den »Systemwechsel« (@AufstandLastGen, 16.2.2022/archiviert; letztegeneration.de/archiviert).

Frei nach Sokrates: Ich weiß, dass ich an dieser Stelle einiges nichts weiß.

Bis eben noch ermittelte der Staatsschutz, wenn irgendwer gefühlt auch nur einen Wattebausch gegen ein Parteibüro warf. Klimaaktivisten aber beschmieren Parteizentralen, direkt in Berlin (rp-online.de, 2.11.2022) und der Verfassungsschutz hält sich die Augen mit beiden Fäusten zu.

Stellen Sie sich vor, Querdenker hätten sarkastisch angekündigt, etwas in die Luft jagen zu wollen. Oder hätten den Bundestag besetzt und verkündet, »Revolution« sei eben »kein Ponyhof«. Der Staatsschutz würde ermitteln, die Schlagzeilen wären voll, man müsste drei neue Gefängnisse für Falschdenker bauen.

Nun, jene Öko-Prominente aus reichem Hause, Luisa Neubauer, hatte wörtlich »gescherzt«, eine Pipeline in die Luft jagen zu wollen (berliner-zeitung.de, 14.6.2022), hatte das mit der »Revolution« und dem »Ponyhof« verkündet (@luisamneubauer, 4.6.2019/  archiviert), aber entweder ich verstehe deutsche Wörter nicht mehr, oder es findet unter der medialen Oberfläche etwas ganz anderes statt, denn nichts davon bewegt den Verfassungsschutz offenbar, Öko-Extremisten auch solche zu nennen und dann auch zu beobachten.

Ja, wissen Sie, wer ebenfalls jüngst vor der Nähe der »Klimaaktivisten« zu Linksextremisten warnte? Haldenwang selbst! (siehe tichyseinblick.de, 11.11.2022)

Wäre ich Verschwörungstheoretiker, würde ich fragen, wie viele Klimaspinner tatsächlich V-Leute des Verfassungsschutzes sind – womit Haldenwang für seine eigenen Leute in die Bresche springt. Absurd, ja – aber absurder als die uns als solche präsentierte Realität?

Ich habe in den letzten Jahren schon so manche Verharmlosung von Funktionären gehört, aber konkrete Anschläge auf Kulturgüter und potenziell tödliche Eingriffe ins Leben der Bürger als launige Aufforderung zum Handeln zu bezeichnen, das ist selbst für Deutschland 2022 schockierend.

Überzeugt mich! (bitte!)

Als ich dieses Jahres »Das Buch übers Loslassen von Dushan Wegner« schrieb, ahnte ich zwar, doch ich konnte nicht wissen, wie schmerzhaft aktuell einige der Gedanken werden würden.

Beinahe wöchentlich spüre ich dahingezerrt, alte Annahmen über das Funktionieren öffentlicher Debatte – und damit der Demokratie – loszulassen.

Ich will also die neueste Verlautbarung des Maaßen-Ersatzes so kommentieren: Ich werde womöglich loslassen müssen, was ich traditionell als Funktion des Verfassungsschutzes annahm.

Und dann werde ich wohl neu lernen müssen, was dessen eigentliche Funktion ist.

Ich möchte wirklich gern an die Demokratie glauben, an die Prinzipien, die ich mit der sprichwörtlichen Muttermilch aufsog. Wenn aber Klimaspinner laut Verfassungsschutz feine Demokraten sind, was bin ich?

Ich wäre heute sehr dankbar, wenn jemand mich davon überzeugen könnte, dass ich mich irre, dass ich etwas übersehen habe, dass es alles doch seine gute, demokratische Ordnung hat.

Aber – bitte! – das »Argument aus Autorität« ist keines. Dass ein Herr mit Krawatte und Amt etwas sagt, macht dies noch lange nicht wahr – oder auch nur überzeugend.

»Du hast das zu glauben, sonst delegitimierst du die Behörden«, ist als Argument eher in der Nähe der »Argumente« der Klimaspinner: »Du hast uns zu gehorchen, sonst blockieren wir deinen Rettungswagen und schauen dir beim Sterben zu.«

Überzeugt mich bitte, dass ich nicht die traditionellen Vorstellungen über die Demokratie und ihre Einrichtungen loslassen muss.

Aber überzeugt mich mit vernünftigten Argumenten – bitte.

Weiterschreiben, Wegner!

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