Dushan-Wegner

06.09.2018

Eine anständige Kanzlerin würde um Entschuldigung bitten

von Dushan Wegner, Lesezeit 12 Minuten, Bild von Medena Rosa
Merkel & Seibert reden von »Hetzjagd« und pampen dann mit fadenscheinigen Ausflüchten zurück, wenn sie auf ihren Fehler hingewiesen werden. Es ist ein Skandal, dass man dem Volk solche Ungeheuerlichkeiten vorwirft und später nicht einmal »Sorry« sagt.
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Wenn man in Köln von der Breitestraße aus die Nord-Süd-Fahrt kreuzt und in Richtung Schildergasse geht, etwa weil man von einem WDR-Büro zum anderen gelangen möchte, oder weil man bei einem der auf GEZ-Verdiener spezialisierten feinen Etablissements und teuren Modeläden einzukehren gedenkt, kommt man auch am Haus Brückenstraße 17 vorbei, dem ehemaligen Kaufhaus Salomon.

Wenn man darauf achtet und den Blick ein wenig hebt, entdeckt man außen an der Fassade dieses traditionsreichen Hauses ganz besondere Steinfiguren. Aus Sandstein gemeißelt lässt sich da die Geschichte von des Kaisers neuen Kleidern »lesen«. Die Details sind wunderbar kölsch, und mit »kölsch« meine ich frech! (Link: 3-D-View bei Google Maps)

Wir kennen ja das Märchen, doch haben wir es auch präsent, denken wir oft genug daran? Die Handlung ist schnell erzählt: Ein eitler Kaiser genießt es, jeden Tag die neueste und feinste Kleidung anzuziehen. Eines Tages kommen zwei Betrüger und überzeugen ihn, dass sie Stoffe weben, die magischerweise nur jene sehen können, »die ihres Amts würdig und nicht dumm seien« (Wikipedia). Der Kaiser fällt auf dieses Angebot herein und entlohnt die beiden Kerle kaiserlich für ihre Dienste. Die Betrüger führen ein großes Schauspiel vor, als würden sie weben, doch es ist nichts da; sie weben Luft. Der Kaiser kann nicht zugeben, nichts zu sehen wo nichts ist, und das ist es ja, worauf die Betrüger zählen.

Ein großes Fest steht an. Der Kaiser beschließt, seine neuen »Kleider« anzuziehen und während eines Festumzugs vorzuführen.

Und so zieht der Kaiser an, was nicht da ist, nervös, in seiner Unwürdigkeit erwischt zu werden. Nackig wie der liebe Herrgott ihn erschuf, präsentiert sich der Kaiser seinen Untertanen. Niemand vom Hofstaat und auch sonst keiner will zugeben, dass er keine Kleider sieht, denn man fürchtet, sich zu entlarven als einer, der seines Amts nicht würdig und zudem dumm ist.

Erst ein unschuldiges Kind (zumindest in der bekanntesten Variante des Märchens), das dem Festumzug beiwohnt, ruft endlich die Wahrheit aus: »Der Kaiser ist nackt!«

Versionen der Wahrheit

Es sind keine guten Zeiten für die Wahrheit in Deutschland. In Chemnitz und anderswo wird gegen linke Regierungspolitik und ihre tödlichen Folgen protestiert. Darüber, was bei diesen Protesten passiert, gibt es in letzter Zeit immer zwei Versionen. Auf der einen Seite die Version, die Bundesregierung und regierungsnahe Medien berichten (und aus welcher sie ihre Empörung und ihr strenges moralisches Urteil rechtfertigen) – und auf der anderen Seite die Berichte der Menschen vor Ort, die tatsächlich dabei waren.

Die Demonstrationen in Chemnitz sind nun einige Tage her, und die Schere zwischen Regierungswahrheit und Wahrheitswahrheit will sich hartnäckig nicht schließen – es ist spannend, auf welche Seite sich die verschiedenen Akteure schlagen.

Hetzjagd oder keine Hetzjagd

Gab es in Chemnitz wirklich Hetzjagden durch Rechtsextreme auf Menschen mit Migrationshintergrund? Es ist keine triviale Frage. Wenn es diese wirklich gegeben hat, dann sollte das doch ein Grund für den Einsatz stärkerer Einheiten als nur der örtlichen Polizei sein. Wenn es wirklich Hetzjagden in Deutschland gab, wäre es dann nicht dringend geboten, dass die vielbeschworene internationale Gemeinschaft einen Blick auf Deutschland wirft?!

Das Problem ist, dass die Aussagen der Kanzlerin und die Fakten auseinanderzugehen scheinen. Nach allem was man heute weiß, habe es aus Gruppen heraus einzelne Fälle gegeben, in denen ein Migrant angeraunzt wurde, auch mit Ausfallschritten, Gesten und wohl auch Worten. Die bekannten Videos scheinen zugleich nicht zu zeigen, was diesen zweifellos üblen Drohgesten voranging. Der Ausdruck »Hetzjagd« aber bedeutet, dass eine Gruppe von Menschen einen oder mehrere Menschen buchstäblich durch die Straßen jagt.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, formal in derselben Partei wie Merkel, widersprach der Kanzlerin – wie auch Menschen, die vor Ort waren: »Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagd in Chemnitz.« (siehe z.B. tagesspiegel.de, 5.9.2018)

Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz:

Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz werden von mir geteilt. (Verfassungsschutz-Chef Maaßen in BILD, laut faz.net, 7.9.2018)

Merkel und ihr Regierungssprecher haben, wie es heute scheint, ohne Beleg und wahrheitswidrig von »Hetzjagd« gesprochen. – Als sie dann bei der Unwahrheit erwischt wurden, flüchteten sie sich in Wortspielereien, wie man sie eher vom halbehrlichen Vereinsvorstand erwarten würde, der beim Griff in die Vereinskasse erwischt wurde, nicht von der Regierung der Wirtschaftsmacht Deutschland. Statt zu gestehen, die Unwahrheit gesagt zu haben, um dadurch kaum verhüllt die Opposition anzugreifen, beleidigt man seine Zuhörer mit Formulierungen wie, dass man »keine semantische Debatte« führen wolle. (Siehe auch mein Text: »Die Mehrheit liegt selten richtig, aber oft falsch«) – Die USA haben einen Präsidenten, der Medien ihre Fehler und Parteilichkeit vorführt, Deutschland hat eine Regierung, welche schamlos mit ihr nahestehenden Medien bei der Konstruktion eines machtstabilisierenden »offiziellen« Narrativs zusammenarbeitet.

Die eine Frage ist: Hat Merkel aus propagandistischer Absicht gelogen – oder ist sie inzwischen so in ihrer eigenen Welt eingekapselt, dass ihr nur noch zugetragen wird, was sie hören möchte, ob es nun wahr ist oder nicht? Doch die weit gewichtigere Frage ist: Was ist das für eine Kanzlerin, die ihr Volk so schlimm beschuldigt – und dafür später nicht einmal »Sorry« sagt? Was haben wir etwa von späteren Erklärungen zu halten, es sei nur »politische Einordnung« gewesen? (publicomag.com, 4.9.2018) – Es wird um so falscher, je länger sie um die Fakten wurschteln. Eine anständige Kanzlerin würde um Entschuldigung bitten.

Aus Hass folgt alles

Der Fachmann ist schockiert (und der Laie wundert sich) über die Argumentation, mit welcher der Merkelapparat die Wahrheit der Hetzjagd-Aussage begründet. Philosophen kennen eine Reihe von Möglichkeiten, mit denen sich die eine Aussage rechtfertigen lässt, etwa die Kohärenz (es passt zu anderen Aussagen, die anerkannt sind) oder die Korrespondenz (es passt zu den Fakten). In Zeiten des Merkel-Maas-Hayali-Regimes entdecken wir eine neue Form von Wahrheitstheorie: Es ist wahr, was sich von »Hass« ableiten lässt (und das linke Narrativ stützt). Ex odium sequitur quodlibet – aus Hass folgt Beliebiges.

Es habe Bilder gegeben, die »sehr klar Hass und damit auch die Verfolgung unschuldiger Menschen« gezeigt hätten. Davon müsse man sich distanzieren, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin. »Damit ist alles gesagt«, fügte sie hinzu. (welt.de, 6.9.2018)

Die logische Mechanik lässt einen dann doch sprachlos zurück. »Hass« ist die neue Allzweckvokabel der Merkel-Regierung, seit Jahren schon, an Rechtsstaat und nun auch an Fakten vorbei zu agieren und zu regieren. Das Innenministerium etwa erklärte 2017 via Twitter im Kampf gegen das Phantom »Hatespeech«:

Wir sprechen uns gegen Hatespeech aus, egal ob strafbar oder nicht. Jeder darf seine Meinung äußern, aber sachlich & ohne Angriffe. (@BMI_Bund, 28.7.2018)

Viele Bürger, auch ich, haben damals davor gewarnt, dass der außerjuristische Begriff »Hass« genutzt werden könnte, um am Rechtsweg vorbei Zensur zu ermöglichen.

Heute fast, auf den Tag genau vor 2 Jahren, sagte ich in Bild.de:

Wegner zu BILD: »In einem demokratischen Staat sollte niemand Angst haben, seine Meinung zu sagen. Ich kämpfe gegen NoHateSpeech, weil mir Meinungsfreiheit und Demokratie so wichtig sind.« (bild.de, 1.9.2016)

Wer dachte, Zensur allein sei das Problem des Universalwortes »Hass«, war wohl zu optimistisch. Merkel nutzt »Hass« nun als wahrheitsbegründende Zaubervokabel: Man hat »Hass« gesehen … also hat es »damit« Verfolgung und wohl auch »Hetzjagden« gegeben. Wenn ein Linker irgendwo »Hass« zu erkennen meint, dann folgt daraus, dass auch jede andere Behauptung wahr ist. Wenn es Ihnen irrsinnig erscheint, dann vielleicht schlicht deshalb, weil es tatsächlich irrsinnig ist.

Täglich neu

Die Phantomhetzjagden von Chemnitz sind nicht die einzige merkwürdige Differenz zwischen berichteter und überprüfbarer Wahrheit. Wir sahen Fotos mittelalter Herren, die den Hitlergruß zeigten – und wir wundern uns, warum wohl mindestens einer davon »RAF« auf dem Körper tätowiert (theoretisch auch möglich: geschrieben) hatte. Er sieht auch sonst optisch eher nach linker als rechter Szene aus, verfilzte Haare, Hoodie und Zwei-Wochen-Bart passen nicht wirklich zur Seitenscheiteln und Glatter-Schädel-Look.

t-online.de, die sich seit einiger Zeit auch in Journalismus versuchen, schreiben:

Ausschließen können wir jedoch nicht, dass es sich bei dem Mann um einen Provokateur handelt. Das kann auch die Staatsanwaltschaft bislang nicht. (t-online.de, 6.9.2018)

Man fragt sich, was sonst noch alles »nicht ausgeschlossen« werden kann.

Es sind die Details, es sind die Auslassungen, die Fragen wecken. Zur letzten »Merkel-muss-weg«-Demonstration in Hamburg berichtet spiegel.de am 5.9.2018 etwa von einem »rechten« Demonstranten, der einem Journalisten die Kamera aus der Hand geschlagen haben soll. (Was Linksmedien nicht berichten: Man hört etwa von Journalisten, die selbst einfachen Bürgern aggressiv die Kamera direkt ins Gesicht halten, und wenn sie gebeten werden, zumindest etwas Abstand zu wahren und niemanden zu bedrängen, rechtfertigen sie ihr Verhalten mit Pressefreiheit. Wie kam der Journalist überhaupt so nah an den Demonstranten, das ihm die Kamera einfach so aus der Hand geschlagen werden konnte? Passiert das öfter? Dass einige Linksaktivisten als Journalisten auftreten, ist dokumentiert, siehe z.B. welt.de, 3.3.2016: »Extremisten mit Presseausweis«.)

Man ist es ja fast schon gewohnt, dass linke Publikationen regelmäßig die ihnen nicht genehme Seite ins Lächerliche und zugleich Gefährliche ziehen (Spiegel spricht im Kontext von Hamburg von »Rechten und Verschwörungstheoretikern«), während sie linke Antifa-Fanatiker zu »Gegendemonstranten« verharmlost.

Eine Leserin beschreibt, wie es wirklich war in Hamburg:

Wir waren gestern nur um die 200 Leute (die »10 000« bei der Gegendemonstration glaube ich trotzdem nicht), aber ein »bunter« (haha) Querschnitt durch Alters- und wohl auch Einkommensklassen, überwiegend ganz normale Leute. Auf der Gegenseite ein typischer Mob, der gerne auch gewalttätig/er gewesen wäre, wenn die Polizei uns nicht geschützt hätte. Wer wirklichen Hass erleben möchte, soll sich so eine »Aktivisten«-Veranstaltung aus der Nähe betrachten und anhören: Hassverzerrte Kindergesichter, Stimmen junger Frauen, die sich vor Hass überschlagen, blanke Mordlust in rhythmischen Sprechchören wie »Halt die Fresse«, »Haut ab« und – angelehnt an die RAF – »Wir kriegen euch alle!«

Linke Politiker und Journalisten berauschen sich derzeit an der großen Zahl von Leuten, die sich via Musik, Freigetränken oder einfach nur »Partystimmung« mobilisieren lassen. Links zu sein, das ist heute die Lizenz, seinen Hass auf Abweichler und Andersdenkende auszuleben – denn wer im Sinne der Regierung hasst und wütet, der zeigt darin Zivilcourage. It’s only hate if we don’t like it.

Grundsätzliches Bekenntnis

Was antworten Sie, wenn Sie Lust auf ein Steak haben, aber Ihr Sie liebender Partner Sie fragt, was Sie von einem Salat halten? Vielleicht so etwas: »Grundsätzlich bin ich für Salat, aber …«

Merkel sagte im Sommer 2018 diese Sätze:

Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass wir Recht und Gesetz einhalten wollen und werden, und dass wir das, wo immer das notwendig ist, auch tun. Ich glaube, dass diese Prinzipien des Rechtsstaats auch richtig und wichtig sind. Im nordrhein-westfälischen Landtag wird heute ja noch einmal über den Einzelfall gesprochen. Das grundsätzliche Bekenntnis ist aber da: Der Rechtsstaat ist die Voraussetzung für Demokratie. (Merkel in Sommerpressekonferenz 2018, bundesregierung.de)

Joachim Steinhöfel greift den ersten Satz auf und ergänzt passend:

«Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass wir Recht und Gesetz einhalten wollen werden und da, wo immer das notwendig ist, auch tun.“ (Angela Merkel, 2018). Wo dies hingegen, nach meiner Meinung nicht so wichtig ist, wie zB bei der Migrations- oder Europolitik lassen wirs.. (@steinhoefel, 5.9.2018)

Merkel bekennt sich »grundsätzlich« zum Rechtsstaat, wie der Fleischesser sich »grundsätzlich« zum Salat bekennt.

Demokratiezug?

»Das Land zerbricht«, schrieb ich letztens. Es zerbricht an mehreren Stellen, doch es ist extra schmerzhaft, zu erleben, wie die Lüge wieder zur Gewohnheit wird und der Rechtsbruch zur gefühlten Lappalie.

Wenn Merkel sagt, sie wolle Recht und Gesetz einhalten, »wo immer das notwendig ist«, dann krampft sich dem Demokraten in mir der Magen zusammen, denn im Ohr erklingen einem Erdogans Zeilen über die Demokratie, die ein Zug sei, auf den man nur so lange aufspringt, wie es zur Sicherung der Macht braucht. Der größte Skandal ist heute, dass das, was passiert, kein Skandal ist.

»Warst du nicht fett und rosig? Warst du nicht glücklich?«, sangen Die Sterne, und: »was hat dich bloß so ruiniert? Wo fing das an? Was ist passiert?«

In Bezug auf Deutschland braucht es kein großes Rätselraten, was die demokratische Debatte so ruiniert hat. Die 68er setzten zum »Marsch durch die Institutionen« an, doch die 68er waren mehr ein inneres Unwohlsein als ein politisches Konzept. Merkel hat erkannt, wie ein von linksgrünen Medienschaffenden innerlich weichgekochtes Land unterworfen werden kann, und der Rest war Durchführung und Machtsicherung.

Nicht 100 % Lügner

Es braucht nicht unbedingt Vorsatz, damit eine Aussage »Lüge« genannt werden kann. (Siehe auch mein Text: Darf man über »Lügen« reden?)

Mir ist egal, wovon Merkel sich angetrieben fühlt, so wie es mir egal ist, was den eitlen Kaiser trieb, sich Kleider verkaufen und anziehen zu lassen, die für ihn unsichtbar waren. Die interessantere Frage scheint mir, was die Untertanen bewegte, am Schauspiel teilzunehmen.

Der Hofstaat, der Merkel und den nackten Kaiser jeweils umschwirrt, aber auch der erweiterte Hofstaat in TV-Sendern und Zeitungen, was treibt sie?

Beim nackten Kaiser hatten einige Hurra-Rufer wahrscheinlich Angst um ihr Leben. In der Merkelrepublik haben die Hurra-Rufer und Journalismuspreisträger womöglich Angst um ihr Einkommen. Das Gehalt des Haltungsjournalisten hängt davon ab, dass er so tut, als wäre nicht Merkels zerstörerisches Handeln sondern die Proteste dagegen das eigentliche Problem. Einige hoffen, dass der Zirkus noch lange genug andauert und sie darin Karriere machen können – Auskommen jetzt, Aussteigen später. Sicherlich profitierten viele Höflinge von der Eitelkeit des Kaisers, so wie heute von Schleppern bis zu Wohlfahrtskonzernen viele Herrschaften von Merkels Welteinladung profitieren und doch ruhig schlafen können, obwohl doch jeder weiß, dass an der »Migrationspolitik« daran einzig die sozialen Verwerfungen nachhaltig sind.

Nicht jeder, der im Märchen so tut, als sähe er die Kleidung, ist ein 100 %-Lügner; eigentlich sind es nur die beiden Betrüger. Alle anderen haben eine »nachvollziehbare« Begründung. Sie wollen nicht entlarvt werden, sie haben Angst um ihre Sicherheit, sie wollen geliebt werden – und einige reden sich vielleicht tatsächlich ein, etwas zu sehen wo nichts ist.

Sei das Kind

1951 führte Salomon Ash in seinem »Konformitätsexperiment« eindrucksvoll vor, wie sehr der Mensch sich in seiner Wahrnehmung zu verbiegen bereit und in der Lage ist, wenn der soziale Druck nur groß genug ist. Probanden wurden in einen Raum gesetzt mit einer Gruppe weiterer Menschen. Die Probanden glaubten, die anderen Anwesenden seien ebenso Probanden wie sie gewesen, doch das war falsch; die anderen waren Mitarbeiter von Ash. Der Proband wurde jeweils gebeten, die Länge von Linien zu vergleichen und das Ergebnis anzugeben. In manchen der Fälle waren die Mitarbeiter instruiert, das richtige Ergebnis zu sagen und dem eigentlichen Probanden mitzuteilen, in anderen Fällen sagten sie unisono etwas Falsches. Das erschreckende Ergebnis des Ash-Experiments: Wenn die Mitarbeiter das richtige Ergebnis sagten, dann sagte auch der Proband in 99 % der Fälle das richtige Ergebnis; wenn die Mitarbeiter jedoch zusammen etwas einheitlich Falsches sagten, dann passte auch der Proband in einem Drittel der Durchgänge sein Urteil dem offensichtlich Falschen an (siehe Wikipedia), und nur ein Viertel der Probanden passte kein einziges Mal ihr Urteil der offensichtlich falschen Mehrheit an.

Es tut sicherlich weh, zuzusehen, wie Merkel und ihre Helfer die Wahrheit zurechtbiegen, wie die Masse via Moblautstärke bestimmen will, was richtig ist und was falsch, was wirklich passiert und was nicht. »Wir sind mehr« heißt es heute, und wer findet, dass der Kaiser in Wahrheit nackt ist, der gilt als »Nazi«.

75 % der Teilnehmer im Ash-Experiment passten ihre Meinung mindestens einmal der Mehrheit an, obwohl deren Aussage offenkundig falsch war. Sie konnten sagen, »wir sind mehr«, doch in der Sache lagen sie falsch.

Verzweifeln wir nicht an den 75 %. Vergessen wir nicht, dass 25 % sich kein einziges Mal beirren ließen vom Irrtum der Mehrheit. Seid die 25 %, die sagten, was sie sahen, obwohl die gekauften Mitläufer ihnen im Kollektiv widersprachen!

Im Märchen ist es das Kind, das mutig »Der Kaiser ist nackt!« ausruft – und dann trauen sich auch die anderen, zu sehen was sie sehen. – »Der Kaiser ist nackt«, lautet heute: »Merkel muss weg!«

Sei das Kind, das »Der Kaiser ist nackt« ruft!

Weiterschreiben, Wegner!

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