Am 12. September 2024 hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Handlungsempfehlungen des Bürgerrats »Forum gegen Fakes« entgegengenommen, berichtet man stolz auf auf bundesregierung.de.
Dieses »Forum gegen Fakes« wird vom Bundesinnenministerium »unterstützt«. Und es konnten dort »alle Bürgerinnen und Bürger Ideen zum Umgang mit Desinformation einbringen«.
Wir ahnen, wie das Ergebnis klingen wird: Man wird mehr Zensur fordern.
Das ist ja schon seit Zensursula-Zeiten das alte und doch weiter aktuelle Bonmot: »Ich habe ein Geschenk, und es ist Zensur. Wie magst du dein Geschenk heute eingepackt haben? Terrorgefahr, Schutz der Kinder oder, ganz aktuell, Schutz vor Desinformation?«
Was gesagt wird (und was nicht)
Ein »Bürgerrat« entwickelte also angeblich Empfehlungen und Maßnahmen, die Politik, Medien, Wirtschaft, und die Zivilgesellschaft in die Pflicht nehmen. Dazu zählen die Schaffung unabhängiger Anlaufstellen für Bürger und Journalisten, strengere Regeln für Plattformen und die Förderung von Medienkompetenz. So zumindest würde es die Propaganda erzählen.
Dieser »Bürgerrat« ist eine »ausgeloste« Gruppe von Menschen, die »repräsentativ« sein soll. Eine Gruppe, von der irgendwie so getan wird, als stünde sie für die Deutschen. Auslosung aus einer von »Experten« vorausgewählten Gruppe. Wer braucht schon »Wahlen« zur Willens- und Meinungsbildung?
Warum diese ach so zufällige und repräsentative Gruppe wahrscheinlich immer das fordern wird, was Grüntotalitäre fordern, hat Alexander Wendt in bemerkenswerter Fleißarbeit im Januar dieses Jahres zusammengetragen, siehe tichyseinblick.de. Man könnte die Auswahl dieser Bürger so zusammenfassen: »Ein paar grüne Funktionäre suchen Bürger aus – mit Staats- und Bertelsmann-Geld.«
Dieser »Bürgerrat« erhält dann »Input«, etwa vom Verfassungsschutz und anderen »Experten«. Was man als Ergebnis dieses »Inputs« dann wohl produzieren wird? Doch hoffentlich genau das, was die Regierung hören will, und wofür sie doch nur einen Stichwortgeber aus der »Zivilgesellschaft« braucht!
Jetzt hat man im Rahmen eines derart initiierten »Forums gegen Fakes« ein »Bürgergutachten zum Umgang mit Desinformation« herausgegeben. Mit freundlicher Hilfe der Bertelsmannstiftung (PDF siehe forum-gegen-fakes-de). (Als Partner finden sich neben BMI und Bertelsmannstiftung auch das Nachrichtenportal t-online, eine Michael Otto Foundation, Stiftung Mercator und noch ein paar weitere Namen.)
Und, wie es der wilde Zufall so will, treibt die Teilnehmer des Bürgerrates genau das um, wovon die Regierung des Propagandastaates will, dass es die Bürger umtreibt, damit die Regierung mehr Zensur durchsetzen kann.
Ein anonymer Teilnehmer wird zitiert: »Desinformationen und Fakes sind etwas, das einem permanent im Alltag begegnet, manchmal ganz unbewusst.« (Seite 16)
Ein zufällig ausgeloster »Teilnehmer« des Bürgerrates kam also spontan darauf, dass ihm »permanent« etwas »im Alltag« begegnet, das ihm aber »unbewusst« ist? Ja, natürlich tat er das.
Und nun hat man also ein Dokument mit der Unterstützung der Regierung erstellt, das der Regierung genau die anti-demokratischen Stichworte liefert, die sie offenbar sucht – aber es wird natürlich stur so getan, als sei das alles irgendwie »zivilgesellschaftlich« und außerhalb des Zugriffs des Staates. Schauen wir uns das bösartige, demokratiefeindliche Pamphlet einmal ganz vorurteilsfrei an!
Die Lösung
Ich will vorab gestehen, dass mir die offen anti-demokratische, aber auch anti-intellektuelle Ausrichtung dieses Machwerks es dann doch kalt den Rücken runter laufen ließ.
Diese weder demokratisch noch intellektuell irgendwie legitimierte »Bürgerrat«-Aktion hat einen straffen Plan in »Phasen« (Seite 18).
Auch das haben wir aus der Geschichte gelernt. Selbst übler Wahnsinn wird von den Bürgern hingenommen, wenn er »nach Plan« verläuft.
»Weißt du, was ich gemerkt habe«, fragt der berühmte Heath-Ledger-Joker, »niemand verfällt in Panik, wenn die Dinge nach Plan verlaufen.«
Anders als der Regierung kann man diesem Joker immerhin zubilligen, dass er sich der meta-ethischen Dimensionen seines Handelns bewusst ist.
Meinungsfreiheit auf Sparflamme
Die Bürger sind also zufälligerweise zu exakt den Schlüssen gelangt, von denen die beratenden »Experten« vermutlich wollen, dass sie zu diesen Schlüssen gelangen.
Man befindet sich in einem Dilemma. Einerseits will man offiziell die Meinungsfreiheit behalten. Andererseits will und soll man wohl den Korridor erlaubter Meinung verengen.
Haltet euch fest, zu welchen Schlüssen die gelangen, ihr werdet nie darauf kommen! (Ich wähle mal aus, ihr könnt euch den Rest dazu denken oder nachlesen …)
Ranking, wem zu glauben
Man empfiehlt, ein »Desinformationsranking von Aussagen politischer Akteurinnen und Akteure während des Zeitraums des Wahlkampfes einzuführen.« (Seite 26)
Und wer soll dieses Ranking erstellen? Wer soll im Auftrag des Staates festlegen, wem mehr zu glauben ist und wem weniger?
»Das Ranking soll von einem gemeinwohlorientierten, unabhängigen Medienhaus/Kollektiv (beispielsweise ›Correctiv‹) aus kontinuierlich gesammelten Daten erstellt werden.« (Seite 26)
Zum Beispiel also wohl von den hier beteiligten Stiftungen. Oder eben von jener Organisation, welche der Regierung mit der Deportationslüge bei der Propaganda aushalf.
Und auf diesem Niveau geht es weiter: Es soll ein »Gütesiegel für qualitativen Journalismus« geben (Seite 27). Das wird von einer »unabhängigen Stelle« vergeben. Man seufzt.
Und es wird noch viel schlimmer. Hier werden Ideen aus übelsten Science-Fiction-Dystopien publiziert, einfach so.
Man will eine »Rückverfolgbarkeit von Quellen« für Journalisten erzwingen (Seite 28).
»Zu jedem veröffentlichten Inhalt sollten zusätzliche Informationen (Metainformationen) bereitgestellt werden.« (Seite 28)
Über digitale Signaturen soll alles Gesagte zu seinem Urheber zurückverfolgbar sein.
Und wenn du das als Publizist nicht willst?
»Die Person/Organisation/Verbreiterinnen und Verbreiter hinter der Information können sich zertifizieren lassen, z. B. über unabhängige Prüfungen (ISO, vgl. Reporter ohne Grenzen, Verweis auf Empfehlung der Gruppe Journalismus).« (Seite 28)
Spätestens an dieser Stelle glaubt doch keiner mehr die offensichtliche Lüge von den zufällig ausgelosten »Bürgerräten«.
Nach meiner Lebenserfahrung hatten hier totalitäre Bürokraten bereits ein Maßnahmenpaket bereit. Diese Ideen sind so offen anti-demokratisch und moralisch verkommen, dass man sie nicht erst durch die üblichen Parteigremien bugsieren wollte, so vermute ich. Also dachte man sich diese unsinnigen »Bürgerräte« aus, die man praktisch vollständig steuern kann, bei denen man keine lästigen Wahlen abhalten muss und denen man beliebige Inhalte oktroyieren kann, zu denen sie angeblich aus eigenen Stücken gekommen sind.
Die erwartete Steigerung dieses totalitären, anti-demokratischen Machwerks ist natürlich die »Verpflichtung der Social-Media-Plattformen zur effektiven Bekämpfung von Desinformation« (Seite 32).
Man will Social Media verpflichten, Propaganda an ihre Nutzer auszuspielen. 1 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes soll für Propaganda und Zensur ausgegeben werden, Pardon: »um Desinformation entgegenzuwirken«.
Und dann, endlich, der Einsatz von KI bei der Zensur: »Vor dem Posten soll es eine angemessene Bedenkzeit (2–5 Minuten) für alle Inhalte auf Social-Media-Plattformen geben. Innerhalb dieser Bedenkzeit überprüft eine KI den Inhalt auf mögliche Desinformation, beispielsweise im Hinblick auf Schlagwörter, welche auf sensible Themen (wie beispielsweise Wahlbeeinflussung, Migration) hinweisen. Der Katalog an problematischen Schlagwörtern ist stetig von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Plattformen zu aktualisieren.« (Seite 34)
Nach welchen Kriterien soll die KI entscheiden, was Desinformation ist?
Lasst mich den dystopischen Science-Fiction-Horror direkt zitieren: »Wir empfehlen die verstärkte Entwicklung von KI-Technologien zur Kennzeichnung von Desinformation. Dafür sollen existierende Initiativen gefördert und die Entstehung neuer Projekte finanziert werden. Diese Projekte sollen zentral koordiniert werden.
Dieses Vorhaben soll vom Ministerium finanziell gefördert werden, aber dennoch unabhängig und unparteiisch sein. Dadurch soll die Meinungsfreiheit nicht beschränkt werden.« (Seite 36)
Vom Ministerium gefördert, aber unabhängig und unparteiisch. Und Meinungsfreiheit nicht beschränkt. Außerdem wird der Kreis quadriert und der Satz P ist gleichzeitig wahr und nicht wahr. Schrödingers Katze rotiert in ihrer Kiste.
Dies alles ist kein dystopischer Roman. Dies ist ein Schriftstück aus dem Jahr 2024, mit Bertelsmannstiftung und deutscher Regierung als Unterstützer. Die verlangen tatsächlich, dass, bevor du dich öffentlich äußern darfst, von der Regierung finanzierte Roboter deine Meinung darauf prüfen, ob das überhaupt gesagt werden darf oder »Desinformation« ist.
Blaupause, in deinen Händen
Ich habe mich im Geschichtsunterricht gefragt, wie Menschen früher in Totalitarismus und dystopische Systeme gelangten. Wie sie das mit sich machen ließen. Wie konnte es passieren? Wie konnten die Menschen das zulassen?
Die Antwort ist: Die haben es zugelassen, ähnlich wie du es heute zulässt. Oder, wie Broder es formulierte: »Wenn ihr euch fragt, wie es damals passieren konnte: weil sie damals so waren, wie ihr heute seid.« (kath.net, 7.1.2022)
Politiknahe Stichwortgeber – die Demokratie in ihrem Handeln geradezu verhöhnend – legen euch eine Blaupause für die totalitäre Tech-Dystopie vor.
Die geben es euch zum Nachlesen. Die tun es, damit ihr das Gefühl habt, dass es »nach Plan« verläuft. Und das wird so funktionieren, denn so ist der Mensch programmiert. Dass man euch aber den Plan vorlegt, bedeutet auch, dass ihr später nicht sagen könnt, ihr hättet von nichts gewusst. Ihr könnt es schon heute nicht sagen.
Wenn ihr euch gefragt habt, warum die Menschen in jenen fernen Zeiten und Ländern nichts taten, als das Totalitäre aufzog, kann ich euch die Antwort sagen: Die taten nichts, aus demselben Grunde, warum du jetzt nichts tun wirst, nachdem ich diese Information mit dir geteilt habe.