21.12.2024

Magdeburg: Propaganda und Widersprüche

von Dushan Wegner, Lesezeit 8 Minuten, Bild: »Kalte Weihnacht«
Magdeburg-Täter mordete auf Weihnachtsmarkt, griff christliche Identität an, wollte »beliebige Deutsche abschlachten«. Linke machen daraus »AfD-Anhänger« – Unsinn. Das wahre Fazit ist: Weihnachten im »besten Deutschland« bedeutet 5 Tote + 200 Verletzte.
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Am gestrigen Freitagabend ist ein Mann (gleiches Geburtsjahr wie ich) mit einem stark motorisierten PKW in eine Menschenmenge auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt gefahren. Fünf Tote, 200 Verletzte (tagesschau.de, 21.12.2024), das ist halt Weihnachten im besten Deutschland aller Zeiten.

Ich habe die Nachrichten verfolgt, gestern Abend und heute Morgen. Ich habe das schreckliche Video gesehen. Zunächst hörte man, der Täter sei »Syrer«, dann jemand »aus Saudi-Arabien«.

Ja, meine ersten Assoziationen waren »Islamismus« und dass das Blut der Opfer an den Händen der Gutmenschen klebt.

Ich halte diese Assoziation für rational und vernünftig. Bei Ärzten sagt man: »Wenn du Hufgeklapper hörst, dann denke an ein Pferd, nicht an ein Zebra.« – Sogar die professionellen Bullshitter in Politik und Redaktionen hatten wohl heimlich dieselbe erste Assoziation. Deshalb posteten sie ja sofort ihre Warnhinweise gegen »Instrumentalisierung« et cetera.

Beispiel Beck

Ein paradigmatisches Beispiel für linksgrüne Heuchelei lieferte Volker Beck.

Als nach aller Lebenserfahrung davon auszugehen war, dass der Täter ein »klassischer« Islamist ist, schrieb Beck:

»Egal aus welchen sozialen Gruppen der Fahrer des Wagens von #Magdeburg stammt, er ist nicht Repräsentant dieser Gruppen, sondern ein Einzelner daraus.« (@volker_beck, 20.12.2024/archiviert)

Als später klar wurde, dass der Täter sich wohl auf X irgendwann mal positiv über die AfD geäußert hatte, wurde Herr Beck nicht müde, X-Posts zu reposten, in denen der Täter als »Unterstützer der AfD« beschrieben wurde (zum Beispiel @Freddy2805, 21.12.2024).

Wir wissen es doch alle, doch wir können Herrn Beck geradezu für die Illustration dankbar sein: Dass ein Täter nicht für die Gruppe spricht, gilt bei den »Guten« des Propagandastaates nur für muslimische Täter.

Wenn ein Täter sich bei seiner Tat auf den Islam beruft, wenn er in die islamische Community eingebunden ist, wenn er aktives Mitglied einer Moscheegemeinschaft war, und wenn seine Tat buchstäblich vom »Islamischen Staat« motiviert ist, dann hat seine Tat für die Propaganda dennoch »nichts mit dem Islam zu tun«™ – und jede anderslautende These ist bloß »Hass & Hetze«.

Hat aber ein Täter sich unter tausend wirren Posts einmal positiv über die AfD geäußert – ohne je als Person irgendwie eingebunden zu sein –, wird die deutsche Journaille nicht müde, diese Äußerung in Dauerschleife zu berichten, bis bei allzu vielen deutsche Schäflein diese Verbindung als zentraler Fakt hängenbleibt.

Die wahre Wahrheit

Ich halte die zentralen Thesen der deutschen Propaganda bezüglich der Tat von Magdeburg für falsch und teils auf perfide Weise gelogen.

Der »Arzt aus Saudi-Arabien« brachte schon vor seiner Tat vieles mit, was dazu geeignet ist, an seiner psychischen Stabilität zu zweifeln.

Das X-Profil des Täters (@drtalebjawad, Stand 21.12.2024 noch online) zeichnet in vielen, zumeist auf Arabisch geschrieben Posts einen besessenen Anti-Islamisten.

Die Propaganda etikettiert Taleb Al Abdulmohsen als »Islamkritiker« (wahlweise auch »Islamkritiker und AfD-Anhänger«), doch das ist irreführend.

Der Arzt »kritisierte« Islam nicht einfach nur, wie du oder ich es auch tun würden – und sollten, wenn wir denkende Menschen sind!

Der Arzt hatte sich vom Islam losgesagt, doch er schien noch immer sehr mit sich und seiner alten Heimat zu ringen. Seine Posts und Reposts thematisieren etwa die Steinigung von Frauen (Link: Vorsicht, schreckliches Video einer echten Steinigung) nach islamischem Recht.

Aufmerksame Bürger, die sich gestern durch die X-Timeline von @DrTalebJawad durcharbeiteten, fanden unter dessen Posts mehrere, in denen er offen mit Terror gegen Deutschland und Deutsche droht – weil Deutschland seiner Meinung nach nicht genug für seine Sache tut. Er fragt etwa: »Gibt es einen Weg zur Gerechtigkeit, ohne eine deutsche Botschaft zu bomben oder beliebige Deutsche abzuschlachten?«

Ulf Poschardt merkt sehr richtig an: »Wer einen Weihnachtsmarkt angreift, will ein Symbol christlicher Identität angreifen.«

Der Täter von Magdeburg mordete auf dem Weihnachtsmarkt, griff also christliche Identität an. Er wollte buchstäblich »beliebige Deutsche abschlachten«.

Doch die Propaganda macht aus ihm »AfD-Anhänger« und »Rechtsextremer« sowieso. Es sind bemerkenswerte »Rechte«, die in Video-Interviews von sich selbst sagen, Linke (wörtlich: »Leftist«) zu sein (@Hartes_Geld, 21.12.2024).

Ich sage euch: Ihr verachtet Journalisten – zumindest die, die sich zu Rädchen im Propagandabetrieb machen lassen – nicht genug.

Offenbar nicht ernst

Die üblichen Verdächtigen des Propagandastaates fuhren erst mal mit Volldampf auf der Islamkritiker- und AfD-Anhänger-Schiene. Doch denkende Menschen sahen zu viele Brüche und Widersprüche – und offene Fragen.

Der Täter wird als »Ex-Muslim« bezeichnet – und bezeichnete sich auch selbst so, sehr lautstark. Doch Ex-Muslime leben gefährlich und brauchen Gemeinschaft. Als aber andere Ex-Muslime ihn kontaktierten, lehnte er es offenbar ab, »seine Geschichte und andere Themen vor der Kamera zu erzählen« (@BrotherRasheed, 21.12.2024). Warum?

Ex-Muslime, deren Glaubwürdigkeit als solche nicht bezweifelt wird, glaubten schon in der Vergangenheit diesem Arzt Taleb nicht. Ali Utlu etwa hielt und hält ihn für einen Fake-Ex-Muslim, sogar möglicherweise für einen ausländischen Agenten: »Er war weder echter Atheist, noch ex-Muslim. Es war Taqiyya.« (@AliCologne, 21.12.2024) – Hamed Abdel Samad schreibt, nach seiner Einschätzung sei dieser Mann entweder ein Verwirrter oder ein Maulwurf« (@WolfMalca, 21.12.2024). – Wir sollten den »smell test« von Insidern nicht unterschätzen! Denen, die wirklich Ex-Muslime sind, »riecht« der Täter nicht nach Ex-Muslim, und zwar schon länger nicht.

Im Internet kursieren derweil Screenshots, die Versuche belegen, seine Drohungen gegen Deutsche bei den Behörden zu melden – doch die nahmen es offenbar nicht ernst (@Moraqeb2020, 21.12.2024).

Ich frage mich inzwischen ernsthaft, wie viele brutale Verbrechen in Deutschland passieren können oder ungeahndet bleiben, weil die Polizei damit beschäftigt ist, die Quengel-Anzeigen von Habeck & Co. abzuarbeiten (bild.de, 21.11.2024).

Laut (bislang unwidersprochenen) Berichten in den sozialen Medien verlangte Saudi-Arabien die Auslieferung des Arztes (@stillgray, 20.12.2024). Nein, Deutschland sollte wahrlich nicht jedem Auslieferungswunsch aus Staaten wie Saudi-Arabien nachkommen – aber zumindest mal hinschauen, was es mit der betreffenden Person auf sich hat, das wäre doch drin, oder?!

Elemente der alten Ideologie

Wenn der Täter wirklich das gewesen wäre, als was die deutsche Propaganda ihn zeichnet, wäre er dann nicht statt in einen deutschen Weihnachtsmarkt eher in eine andere Art von Menschenmasse gefahren?

Es scheint alles sehr wenig Sinn zu ergeben – bis man ein längst vorhandenes und erschreckend genau passendes Schema zur Erklärung ansetzt, und das hat mit altmodischer, bewährter Psychologie zu tun.

Bei Apostaten und Abtrünnigen, welche eine Ideologie verlassen, ist regelmäßig zu beobachten, dass sie Muster ideologischer Verbissenheit mitnehmen, nur diese eben in (scheinbar?) umgekehrte Richtung anwenden. Religiöse Konvertiten – auch »Konvertiten« zum Atheismus – sind bekanntermaßen häufig extra-religiös – oder extra anti-religiös.

Doch diese Leute begehen in ihrem Verhalten einen logischen Fehler! Das Gegenteil von feurigem Glauben an einen Gott und seine Religion ist nicht der feurige Nicht-Glaube, sondern eher eine Art kritischer Gleichgültigkeit.

Wenn Menschen sich von einer Ideologie distanzieren, kann die kognitive Dissonanz (die psychische Belastung, die entsteht, wenn zwei gegensätzliche Überzeugungen gleichzeitig bestehen) dazu führen, dass sie eine neue, extrem entgegengesetzte Überzeugung annehmen, um das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Dieses neue Verhalten kann aber immer noch Elemente der alten Ideologie spiegeln.

Zerrissen durch Unbekümmertheit

Ideologien sind oft zentral für die Identität einer Person. Wenn jemand eine Ideologie verlässt, kann er oder sie eine neue Identität suchen, die jedoch dieselben psychologischen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Bedeutung und Struktur erfüllt. Diese neue »Anti-Identität« könnte ähnliche Mechanismen wie die alte Ideologie nutzen.

Es ist also psychologisch tatsächlich konsequent, dass der Anti-Muslim in Magdeburg auf einen Weihnachtsmarkt fuhr. Er tat es, so meine »philosophische Theorie«, aus Zerrissenheit.

Ich gehe davon aus, dass der Täter von Magdeburg aus ähnlichen psychologischen Gründen in den Weihnachtsmarkt fuhr, wie Islamisten in den Weihnachtsmarkt fahren oder Klimaspinner alte Gemälde verunstalten (siehe dazu den Essay »Islamisten, Klimaspinner … wir«): Diese Täter leiden unter einer tiefen, sehr schmerzhaften Zerrissenheit. Und in ihrer Psyche ist einer der sie zerreißenden Aspekte die Unbekümmertheit, Tradition und Lebensfreude des Westens.

Der Täter und Ex-Muslim hat am Islam gelitten, sein Herz war offenbar noch immer tief mit der Tradition und alten Heimat verbunden, und er wollte Deutsche abschlachten, weil sie seinen Anliegen gegenüber relativ gleichgültig waren.

Keine Ressourcen

Der Täter wurde anscheinend deutschen Behörden gemeldet. Seine Drohungen waren bekannt. Würde der deutsche Staat offene Terror-Drohungen etwas ernster nehmen und böse Worte gegen Sankt Habeck auch mal durchgehen lassen, dann wäre der Mordanschlag von Magdeburg womöglich verhindert worden.

Die erste und letzte tatsächliche Schuld an der Tat trägt natürlich der Täter. Doch eine moralische Mitschuld tragen auch Gutmenschen, Politiker und Journalisten, dazu natürlich alle CDU-, SPD- und Grünen-Wähler. Diese Leute tragen zu dem gesellschaftlichen Klima bei, in welchem sich die Regierung gerechtfertigt fühlt, den Bürger zur Strafe für Politikerschelte morgens um 4:00 aus dem Bett zu holen – ohne Gerichtsverfahren, klar –, doch bei offenen Terror-Drohungen auf Arabisch leider keine Ressourcen mehr übrigzuhaben scheint.

Addendum

Zentrale Passagen im obigen Abschnitt »Elemente der alten Ideologie« habe ich verbatim von Grok übernommen, der Künstlichen Intelligenz von X (Link zu Frage und Antwort).

Eine »künstliche Intelligenz« half mir, den aktuellen Stand zu hier relevanten Aspekten von Reaktanz, kognitiver Dissonanz und Identität zu rekapitulieren.

Dass ich diese Information von einer KI bezog, hat mit meiner Einschätzung nach der eigentlich wichtigsten Meldung des gestrigen Tages zu tun.

Die KI-Großmacht OpenAI hat gestern »o3« veröffentlicht (siehe etwa techcrunch.com, 20.12.2024). o3 ist ein neues KI-Modell mit bislang ungeahnten Fähigkeiten zur logischen Schlussfolgerung und dem Lösen mathematischer Aufgaben.

o3 hat zum Beispiel den »American Invitational Mathematics Examination« (siehe Wikipedia), einen sehr elitären Test für Spitzen-Mathematiker, mit 96,7 % bestanden.

Der »Heilige Gral« der KI ist die »Artificial General Intelligence« (AGI, siehe Wikipedia). Man hört, dass in dem nicht unwichtigen Gebiet »höhere Mathematik« die AGI gestern erreicht wurde. Künstliche Intelligenz kann frei und zugleich hochgradig logisch hochkomplexe Probleme lösen. Welche Konsequenz wird es für Wirtschaft und Gesellschaften haben, wenn Maschinen schon heute besser denken können als 99 % der Menschen?

So schrecklich die Ereignisse von Magdeburg sind, so sehr die Opfer unser Mitgefühl verdienen, in größerem Maßstab klingt der Anschlag von Magdeburg »nur« wie einer der letzten Akkorde einer nationalen Wahnphase.

Die große Überlebensfrage der Zukunft sind Maschinen, die besser denken können als 99 % der Menschen. (So unrealistisch ist das ja gar nicht! Besser zu denken als deutsche Politik, das vermag sogar der simple Thermostat an der alten Gasheizung – der schaltet nämlich das Feuer herunter, wenn die Raumtemperatur zu hoch ist.)

Weiterschreiben, Wegner!

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