Dushan-Wegner

09.03.2021

Maskendeals und Schädel auf dem Wasser

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Foto von Simon Wilkes
Wir beginnen zu ahnen, was gewisse Leute zur Corona-Politik treibt (wäre ja nicht das erste Mal, dass Politiker an Deals verdienen würden). Man seufzt und fragt: Wird man solche Leute je zur Rechenschaft ziehen?
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»Desweiteren sah er einen Schädel, der auf der Oberfläche des Wassers trieb, und er sagte zu diesem: Weil du ertränkt hast, haben sie dich ertränkt, und am Ende werden die, die dich ertränkt haben, ertränkt werden.«

Vielleicht haben Sie diese Worte wiedererkannt; sie stammen aus den Pirkei Avot, den jüdischen Spruchweisheiten der Väter. Die mit »Er« bezeichnete Figur dieses Textes ist der Schriftgelehrte Hillel.

Es ist ein Bild von solch gewaltiger Kraft, dass wir sogleich mehr als eine mögliche Deutung sehen!

Es klingt wie ein Versprechen höherer Gerechtigkeit; wer Böses getan hat, dem wird Böses widerfahren.

Wird es das?

Hmmmm.

Findet solche Deutung wirklich Bestätigung in der Welt? Nun, die wirklich wahre Antwort könnte Teile der Bevölkerung nur halb befriedigt hinterlassen – womit wir natürlich bei den aktuellen Nachrichten wären!

Auch nur im Ansatz ernsthaft

Wir hören dieser Tage gleich von mehreren möglichen Korruptionsskandalen aus dem Merkelwahlverein, dessen Kürzel, so höre ich, offiziell gar nicht für »Corrupt, Durchtrieben, Unverfroren« steht, sondern für irgendwas mit – halten Sie sich fest! – »Christlich« und »Demokratisch«. (Ja, es ist ein Hohn. Wäre die CDU ein Joghurt, würden die EU-Behörden ihr den Namen wegen offensichtlicher Täuschungsabsicht verbieten.)

Im Text »Ich will wieder vertrauen können« notierten wir im Dezember 2020 die Fragen um den Influencer @Joe_Laschet und die Maskendeals der NRW-Regierung. Jene offenen Fragen hatten wohl nur ein Geschmäckle (Klausurenexperte Laschet kann weiterhin CDU-Kanzler werden) – andere Maskenbesorgungen im Umfeld der sogenannten »Union« riechen nochmal strenger. Laut welt.de, 7.3.2021 wird gegen Herrn Nüßlein von der CSU (bisher Unions-Fraktionsvize) wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt (es soll um 660.000 Euro »Provision« gehen); im Fall eines Herrn Löbel von der CDU geht es »nur« um 250.000 Euro. Das sind wohlgemerkt zwei Fälle, von denen gesprochen wird – wir können nur schätzen, wie weit der Eisberg nach unten reicht, tief hinein in die trüben Berliner Abgründe.

Es wäre reichlich illusorisch, darauf zu hoffen, dass irgendeine dieser Gestalten wirklich ernsthaft zur Verantwortung gezogen wird (beide behielten erst einmal ihre Bundestagsmandate und kassierten also zunächst weiter) – irgendein Winkel wird sich schon finden, um sie nicht zu belangen.

Es würde aller Lebenserfahrung widersprechen, davon auszugehen, dass diese beiden Verdachtsfälle nicht auf nochmal ganz andere Abgründe schließen lassen könnten – selbst wenn sich die Causa dieser beiden Christdemokraten als Missverständnis herausstellen wird. Wie es um die innere Moral der CDU bestellt ist, erkennen wir nicht nur daran, dass sie sich seit über eineinhalb Jahrzehnten von »Jungkommunistin« Merkel herumkommandieren und zur sukzessiven Zerstörung der Heimat antreiben lässt, sondern beispielhaft etwa auch daran, dass ein Herr Amthor aktuell in Mecklenburg-Vorpommern zum CDU-Spitzenkandidaten ausgerufen wurde (fr.de, 8.3.2021: »Nach Lobbyimus-Affäre: Philipp Amthor steigt zum CDU-Spitzenkandidaten auf«).

Ich weiß, dass es vor Ort in den Kommunen durchaus ehrliche und fleißige CDU-Politiker gibt, die teils ehrenamtlich und aus Sorge um ihre »relevanten Strukturen« ihre Zeit und Kraft opfern – doch wenn ein toter Fisch verrottet ist, ist er nicht dadurch nicht-verrottet, dass einige Flossen noch ganz okay sind.

Die Maskengeschichten sind ja nicht das erste Mal, dass Politiker und ihre Freunde von den politischen Maßnahmen profitieren, die ihre eigenen Parteien oder Koalitionen initiiert haben (siehe auch den Essay vom 8.9.2020: »Raubzug an den Bürgern«) – man denke nur an das Milliardenbusiness der offenen Grenzen, dazu der Vermietungen, der Betreuung bärtiger Minderjähriger et cetera.

Es würde/wird genau gar nicht überraschen, wenn und dass Politiker tatsächlich von der Corona-Ermächtigung profitieren – überraschend wäre, wenn sie es nicht täten – und noch überraschender wäre, wenn sie ernsthaft dafür bestraft würden.

Was hülfe es?

Nein, es ist nicht Empörung und gewiss nicht Überraschung, die mich heute zuerst bewegt. Ich denke heute vielmehr so ernsthaft wie abgeklärt über die Frage nach, ob den Bösen, ob Merkel und ihren Helfern wirklich eines Tages auch nur ein kleines Fitzelchen an Gerechtigkeit widerfahren wird.

Nun, sagen wir es geradeheraus: Wir werden weder Merkel, noch die sie möglichmachenden Journalisten, noch die vielen Profiteure in diversen deutschen Hinterzimmern so bald im Gerichtssaal sehen, geschweige denn auf Jahrzehnte hinter Gittern. Nein, ganz im Geist dieser Zeit wird dieses Pack vielmehr einander mit Orden behängen, einander Preise verleihen und dazu Geldsummen zuschustern, die sie den Bürgern abgepresst haben.

Was also ist es, das Hillel sah?

»Ärgere dich nicht über die schlechten Menschen«, rät der Psalmist (37:1), und weiter: »Beneide die nicht, die Unrecht tun. Denn sie werden wie Gras verdorren und wie Blumen verwelken.« (Und etwa in Psalm 73 wird ganz offen gewettert, warum es den Bösen so gut zu gehen scheint: »Siehe, das sind die Frevler; die sind glücklich für immer und werden reich. Soll es denn umsonst sein, dass ich mein Herz rein hielt und meine Hände in Unschuld wasche? Ich bin täglich geplagt, und meine Züchtigung ist alle Morgen da.«)

Was stimmt also nun? Werden die Bösen für ihre Taten bestraft werden oder nicht? Gibt es die ganz große Gerechtigkeit, ob im Rechtsstaat, im Propagandastaat, auf dem ganz großen Weltkarussell?

Äderchen in der Nase

Es sei mir zur selbstgestellten Frage eine Gegenfrage erlaubt: Haben Sie sich schon einmal mit einem Menschen unterhalten, der damit durchgekommen war, den Menschen großen Schaden zuzufügen und/oder sein Vermögen auf unrechte Weise erworben zu haben? Führten Sie schon einmal ein längeres, echtes Gespräch mit einem Menschen, der von Berufs wegen und/oder aus Gewohnheit die Wahrheit verbiegt? Ich meine einen, der offen lügt; und dessen Muskeln um Mund und Augen nicht mal mehr mikroskopisch zucken, dessen Äderchen in der Nase schon lange nicht mehr jucken, und wenn er noch so dreist lügt. Einen, dem die Freude an der Wahrheit gleich wie der Schmerz der Lüge beide abhanden gekommen sind.

Wenn Sie mit einem solchen Menschen je sprachen – man merkt es unter Umständen ja erst später, teils viel später – dann können Sie sich gewiss an ein irritierendes, unwohles Gefühl erinnern, dass sich nach einiger Zeit einstellte, und dass Sie in dem Moment vielleicht nicht deuten konnten (wenn jene Figuren erfahren und erfolgreich genug sind, dann achten sie darauf, Begegnungen mit normalen Menschen zu verkürzen, denn sie wissen, dass nach einer gewissen Zeit das Gegenüber lästige Fragen zu stellen droht).

Ich schreibe Folgendes im Wissen um die Gefahr, dass wir Menschen allzu bereitwillig viel zu viel Hoffnung auf metaphysische Gerechtigkeit in ansonsten simple kausale Zusammenhänge legen: Menschen, die bereit sind, ihre Mitmenschen zu betrügen, verlieren selbst nach und nach etwas, das wir »Seele« nennen könnten.

»Was hülfe es dem Menschen«, so beschreibt es Matthäus 16:26a, »wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?«

Die Kälte derer

Nein, wir sollten keine Hoffnung in den Zusammenhang legen, dass wer kalt handelt, selbst kalt wird. Was sollte das denn für eine Hoffnung sein? Es wäre mehr ein Rachegefühl, und Rache ist keine Hoffnung! Jedoch, dass es ist, wie es ist, das dürfen wir doch anerkennen, oder nicht?

Der Schädel, den Hillel vorbeischwimmen sieht, ich deute ihn als die Kälte derer, denen die Lüge von der zweiten zur ersten Natur wurde. Der Betrüger wird zum Selbstbetrogenen – und es kommen ihm die Fähigkeiten abhanden, selbst daran zu leiden.

Der Schädel weiß nicht, dass er tot ist, und so fühlen auch von Seelennekrose befallene Politiker oder Journalisten nicht, dass ihnen doch eigentlich lebensnotwendige Teile ihrer Persönlichkeit fehlen.

Ich sage:Hofft nicht auf Gerechtigkeit! Schimpft nicht auf die Bösen, und verschwendet eure Kraft nicht damit, den Gewissenlosen ins Gewissen reden zu wollen.

Diese Leute sind diese Leute, und sie werden immer diese Leute sein.

Wir haben alles Recht, froh zu sein, nicht zu sein wie diese Leute – jedoch, daraus, dass wir nicht wie die-da-oben sind, dass in uns noch ein gewissensgetriebenes Herz schlägt, darauf folgt doch auch die Pflicht, täglich drum bemüht zu sein, dass es so bleibt.

Was bleibt? Was lernen wir aus den Maskendeals? Was lehrten uns die Schädel, die auf dem Wasser trieben?

Für heute dies: Hütet euch vor denen-da-oben, und nicht minder hütet euch davor, so zu werden wie die!

Weiterschreiben, Wegner!

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