Dushan-Wegner

15.03.2021

Nach den Universitäten / Cancel dich doch selbst!

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten, Foto von Ed van duijn
Die Universitäten wurden vom Ort intellektuellen Wachstums zur Gefahr für die Freiheit und den intellektuellen Fortschritt. Was kann/wird/soll nach den Universitäten kommen?
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Der Schritt ist klein von dem einen, von dem wir reden werden, zum anderen – solange es aber ein Kind ist, welches das eine oder andere tut, solange können beide Szenen niedlich zu nennen sein.

Das eine: Das Kindlein hört etwas, das es nicht hören will (etwa was es nach Aussage der Lehrerin in der Schule getan hat), und um es nicht zu hören, hält das Kind sich mit seinen Kinderhändchen die Kinderohren zu.

Das andere: Dem Kindlein wird etwas gesagt, das es nicht hören will, und damit es ihm nicht weiter gesagt wird, hält es mit seinen kleinen Kinderhändchen nicht sich die Kinderohren, sondern dem redenden Erwachsenen dessen Mund zu (woraufhin dieser durch die kleinen Finger hindurch murmelt, zunächst lachend).

Das eine wie das andere mag niedlich sein, solange es ein kleines Kind ist, das solches tut – weniger niedlich erscheint es dann bei einem, den man aus Gewohnheit einen Erwachsenen nennen könnte.

Von der Zunge

Wenn aus dem kleinen Kind ein großes Kind wird, und wenn seine Waffen schärfer werden als seine zwei Patschehändchen, doch wenn es auch weiterhin nicht hören will, was sich ihm als unangenehm anhört, dann ist die Angelegenheit auf vielfältige Weise wenig niedlich – so wie ein in Kindersprache brabbelnder Erwachsener mit Schnuller und Babywindel kaum niedlich wäre, sondern eher gruselig und verstörend.

(Übrigens: Wenn ich Wörter benutze, die mir verdächtig leicht von der Zunge und in die Tasten gehen, schärfe ich gern mein Verständniss solcher Wörter nach; die Angaben des Duden zu »niedlich« sind herzerwärmend poetisch: »durch seine hübsche Kleinheit, Zierlichkeit, durch zierliche, anmutige Bewegungen o. Ä. Gefallen erregend, Entzücken hervorrufend«.)

Eine Zeit lang galten die Universitäten als dauerndes Hochamt der freien Rede, radikal zuerst in der Suche nach Wahrheit. So wie in der Bibel die Zufluchtstädte ein Ort waren, an welche sich der des Totschlags Verdächtige fliehen konnte, so waren die Universität ein Ort der Zuflucht für jeden, dessen Gedanken zu wild und/oder zu realitätsnah für die gewöhnliche Gesellschaft waren. – Es ist heute sehr anders geworden. Nirgends wird einer, der von den irren linken Lebenslügen abzuweichen wagt, mehr bedrängt, als an Universitäten. Heute geht von den Universitäten eine Unfreiheit aus, die sich als Schleier irrer Lügen über die Länder des Westens legt. (Anti-intellektuelle, radikal ideologische Parteien wie die Grünen profitieren vom repressiven neuen Zeitgeist.)

In seinem Nacken

»Die Universitäten sind das schlagende Herz des neuen Faschismus!«, so hörte ich letztens einen Wütenden rufen, und weiter: »Schließe die Universitäten, und du hast den neuen Faschismus gebannt, zumindest für eine Zeit lang!« (Ich stimmte nicht vollständig zu, doch ich widersprach auch nicht: Ich bin der Debatten darüber müde, ob der »woke« Totalitarismus nun faschistisch oder bolschewistisch zu nennen sei. Es kümmert den Nacken nicht, welcher politischen Richtung sich der Stiefelabsatz zurechnet.)

Jedoch: Selbst die Institute können nur mit großer Mühe leugnen, dass einst angesehene Universitäten zu Feinden der Meinungsfreiheit und zu Bremsen des intellektuellen Fortschritts zu werden drohen. (Notiz: Im August 2020 beschrieb ich im Essay »Irgendwas ist immer (und dann waren die Unis irrelevant)«, wie Konzerne die Studienangebote der Universitäten zu ersetzen beginnen, doch vertun wir uns nicht: Die Sektierer an der Spitze der kalifornischen Tech-Konzerne sind an Technologie und Geld interessiert, wie sie es jedoch mit der Freiheit abweichender Meinung halten, das haben sie durch ihre Eingriffe vor der grotesken »Wahl« des Jahres 2020 ein-für-allemal fixiert. Die in den USA von den Universitäten ausgehende Unfreiheit wird etwa in nas.org, 2.3.2021 und forbes.com, 28.12.2020 dokumentiert.)

Die praktische Potenz

Um es präziser und im Zuge solchen Bemühens in der Sprache der Relevanten Strukturen zu erklären: Auch »Cancel Culture« (wie man Zensur und ideologische Gleichschaltung heute nennt), die (wahrlich nicht nur) Universitäten ergriffen hat, lässt sich mit Strukturen und Relevanz beschreiben: Wokeness und Cancel Culture, welche die Universitäten erwürgen, setzen die Relevanz der Strukturen »eigene Ideologie« und »eigene Macht« weit über die relevante Struktur »intellektueller Fortschritt«, »Wahrhaftigkeit« oder »Würde des Nächsten« (welche wir Abweichler für die Strenggläubigen ja ohnehin oft in nur geringerem Maße besitzen).

Der Schritt ist klein von dem einen zum anderen – der Schritt erscheint kleiner, vom Weghören (»Safe Zones«) zum Mundzuhalten (»Cancel Culture«), von »ich will das nicht hören« zu »ich werde dich vernichten, wenn du es sagst«.

Die Universitäten aber, welche diesen Schritt gegangen sind, sie werden kaum aus eigener Kraft zurückgehen können.

(Zwischendurch: Ich möchte jedem einzelnen dieser woken Denkverbietern laut zurufen: »Cancel dich doch selbst!« … und weil ich nicht gern rumbrülle, lasse ich dies mein neues Design für T-Shirts und Pullis für mich tun! – Neues Dushan-Wegner-T-Shirt also: »Cancel dich doch selbst!«)

Dies sind »die letzten Tage des Westens«, so notierten wir 2017 – hundert Jahre zuvor hatte Oswald Spengler es ja skizziert – und wer wollte es noch leugnen?

Was hiernach kommen wird, das wird anders sein, sehr anders. Wenn es hiernach im Westen noch/wieder freie Meinungen und also einen Fortschritt des Denkens geben soll, dann wird es neue Zentren einer neuen Denkfreiheit geben müssen.

Der Schritt war klein vom einen zum anderen. Der Schritt zurück ist unmöglich. Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Schritte – und darauf, wer den Mut (und die praktische Potenz) vorlegen wird, die nächsten Schritte nicht nur anzudenken, sondern sie auch zu gehen!

Weiterschreiben, Wegner!

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