Was, wenn es »Putin-Trolle« wirklich gibt, doch ihr Wirken andere Dinge über unsere Regierung offenbart, als unserer Propaganda lieb ist? – Lasst mich erklären, Schritt für Schritt!
In diesen Tagen und Jahren nutzen westliche Politiker wieder einen alten Buhmann für das eigene Versagen: den bösen Russen. Ob verlorene Wahlen, gesellschaftliche Unruhen oder zerbröselnde Wirtschaft – stets ist der böse Russe schuld.
Immer mehr Deutsche misstrauen den Mainstream-Medien? Nein, es kann nicht an deren Propaganda-Charakter liegen – es muss an russischer Desinformation liegen (tagesschau.de, 19.11.2024).
Immer mehr Deutsche trauen sich nicht mehr auf die Straße und machen sich Sorgen um ihre Zukunft in einem Land ohne Wirtschaft? Nein, es liegt nicht an einwandernden »jungen Männern« und auswandernden Unternehmen. Es liegt natürlich nur daran, dass die Russen uns Angst einjagen (tagesschau.de, 16.09.2024).
Niemals begründet, immer der Russe
Deutsche Propaganda wirkt wie das Kind, das die Keksdose geplündert und umgeworfen hat – und dann dem Hund die Schuld gibt.
Doch erlaubt mir eine provokative Frage: Was, wenn das Kind die Wahrheit sagt? Was, wenn wirklich der Hund die Keksdose geplündert hat?
Wenn es wirklich der Hund war, dann muss man fragen, wie der Hund überhaupt an die Keksdose herankam!
Wichtiges in Rumänien
Auf X fragt sich @DimitriNabokoff, ob wir mitbekommen hätten, dass in Rumänien »gerade etwas sehr Wichtiges passiert« ist. Ich hatte es nicht mitbekommen, also las ich weiter. Ich erfuhr, dass bei den Wahlen dort wohl »ein prorussischer Hinterbänkler aus dem Stand den ersten Platz« eingenommen hat. Er habe »einfach gute Social-Media-Arbeit gemacht und fertig«.
(Der Kandidat heißt übrigens Calin Georgescu, und sein 1. Platz bedeutet tatsächlich lediglich 22,94 Prozent der Stimmen. Damit ist er erst einmal in der Stichwahl; siehe tagesschau.de, 25.11.2024.)
Man fragt sich vielleicht, woher er die Mittel hatte, einen Wahlkampf zu bestreiten, wenn er doch ein politisches Nichts war, und Dimitri Nabokoff raunt: »Woher Geld und Know-how kam, könnt ihr euch denken.«
Gemeint ist: Der böse Russe war’s. Denn nach der Meinung des Herrn Nabokoff »war es der Beweis, dass Russland mit Geld und Social Media nach Belieben Stimmungen und Wahlergebnisse generieren kann. Demokratie wird damit eine Frage des Preises.«
Und wenn es stimmt
Ignorieren wir für einen Augenblick die offensichtliche Frage, was genau es braucht, um als »Beweis« zu gelten.
Wagen wir dafür wieder eine provokative Frage, die nicht widerspricht, sondern erst mal bestätigt: Nehmen wir an, dass der Russe wirklich via Social Media in westliche Debatten eingreift – was bedeutet es, was sagt es über uns aus, wenn der Russe wirklich mit so etwas Erfolg haben sollte?
Nicht nur der AfD, sondern auch praktisch jedem kritisch denkenden Deutschen wird bisweilen angekreidet, angeblich ein »bezahlter Putin-Troll« zu sein. Nehmen wir aber für den Augenblick an, dass es in einigen Fällen tatsächlich stimmt. Und stellen wir fest, dass »natürliche« und aus Russland bezahlte Regierungskritiker dieselben Dinge sagen.
Als »Rechter« und (potenzieller) »Putin-Troll« gilt in Deutschland ja jeder, der unangenehme Wahrheiten ausspricht. Die »russische Desinformation«, welche Grüne und andere Totalitäre verbieten lassen wollen (welt.de, 06.03.2024), sind oft genug schlicht Wahrheiten, die das Propaganda-Narrativ als Lüge enttarnen.
Vor Desinformation zu schützen
Was aber meinen die mit »Desinformation«? Es ist ein ungenauer Begriff, der den Bürgern ein unscharfes Unbehagen einpflanzen soll. Der Bürger soll fühlen: Desinformation ist böse, weil sie unwahr ist, was aber Desinformation ist, das legen nicht Fakten und Logik fest, sondern eine Autorität.
Vergessen wir nicht, dass es laut Bundesregierung wörtlich »Fake News« war, also Desinformation, »die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen« (@BMG_Bund, 14.3.2020).
Ich wünschte, ich würde scherzen, wenn ich sage, dass es laut der Bundesregierung als »russische Desinformation« gilt, dass die Ukraine langfristig wenig Chancen gegen Russland hat (bundesregierung.de, 24.2.2023).
Für Grüne muss eine Information weder sachlich falsch noch nachweislich von Russen gestreut sein, um als »russische Desinformation« zu gelten – und das sagen sie selbst! (Siehe als Beispiel aktuell etwa Grünen-MdB @yooHannes, 26.11.2024 – »russische Desinformation« muss weder russisch noch falsch sein, um als solche zu gelten – es muss nur das Grünen-Narrativ entlarven.)
Wenn ihr aber mal herzlich lachen wollt: Die Bundesregierung gibt ganz offiziell bekannt, dass man, »um sich vor Desinformation zu schützen«, »möglichst mehrere Informationsquellen vergleichen« soll, »beispielsweise von Qualitätsmedien wie öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendern oder seriösen Zeitungen«. (Das ist ja das Schöne: Wenn sie »alle gleich schalten«, kann der Bürger noch so viel vergleichen … es kommt doch immer nur das heraus, was die Regierung sagt.)
Indem er die Wahrheit sagt
Ich bin sonst gern ein Contrarian und probiere aus Prinzip die Gegenthese aus. In Fällen wie den berüchtigten »Putin-Trollen« wage ich etwas noch Provokativeres als die Gegenthese! Was, wenn es diese Leute wirklich gibt, und wenn sie tatsächlich das streuen, wovon die deutsche Propaganda sagt, dass es »Propaganda« ist?
Ich stimme also der Möglichkeit zu und frage: Was sagt es über die Regierung aus, wenn der Feind sie destabilisieren kann, indem er die Wahrheit sagt?