Stellen wir uns einmal eine Welt vor, in welcher zwar weiterhin die uns bekannten Alterungsprozesse stattfinden, die Menschen aber dennoch nicht sterben. (Zur zynischen Illustration seien hier Witz und Fotos des Satireblattes The Onion genannt: »Buckingham Palace bestätigt, dass Prinz Phillip diesen Morgen bei guter Gesundheit aus der Leichenhalle entlassen wurde«; theonion.com, 16.3.2021).
In dieser merkwürdigen Welt erkranken die Menschen zwar und ihre Haut verfärbt sich, ihre Organe versagen und ihre Knochen zerbröseln. Die Augen der Untoten werden trübe und ihr Gehirn wird zu Gelatine. Und diese Halblebenden, sie sterben einfach nicht! Nein, sie treiben Geschäfte und unterzeichnen Verträge. Es ist ein gruseliges Schauspiel, doch die, die noch wirklich leben, deren Augen klar sind und deren Gehirn noch denkend ist, die wissen auch nicht, wie man diesem Grusel entkommen könnte – womit wir natürlich bei der Politik des Tages wären.
Etwas arg unangenehm
Der Mann mit dem schwarzen Geldkoffer, ein gewisser Herr Schäuble, deutete wohl einmal an, einer anderen Krähe ein Auge aushacken zu wollen, als er gesagt haben soll: »Ein anständiger Minister müsste da zurücktreten.« (siehe etwa Essay vom 13.2.20201)
Das »anständige« ist das Schlüsselwort. Heute tritt man nicht mehr zurück. Früher wären (und: sind) Minister, die den Doktortitel abgeben mussten, bald darauf zurückgetreten. Früher wäre Ministern, die als Immobilieninvestoren reüssieren, während sie im Amt totalversagen, eine Neuorientierung aufs Private empfohlen worden (heute, so hört man, schickt er Anwälte los auf die, die etwas arg unangenehm über ihn berichten). Früher wäre diese gesamte Regierung, diese schädlichste, gefährlichste und nachhaltig zerstörendste deutsche Regierung seit Ende des Zweiten Weltkrieges, längst zurückgetreten.
Nein, heute tritt man nicht zurück – wozu auch? Die erste Motivation für den Rücktritt ist doch, aus Scham der öffentlichen Schande zu entgehen. Eine öffentliche Schande gibt es ja kaum, wenn der Staatsfunk und von der Regierung co-finanzierte Zeitungen zwar gelegentlich das Minimum an Skandalen berichten, um etwas Dampf vom Kessel zu lassen, doch dann zuverlässig auf Abweichler einzudreschen und die allgemeine Empörung auf die Fake-Probleme der Propaganda zu lenken (wir kennen es ja ad nauseam: Gendersternchen, Rassismus, et cetera – womit sich eben die Emotionen kanalisieren lassen).
Würde er doch »Lob« verdienen
Man zuckt ja bald nur noch mit den Schultern, wenn man von den Geschäften derer-da-oben hört. »Arbeitgeber von Spahns Ehemann verkaufte Masken an Gesundheitsministerium«, so lesen wir heute (welt.de, 21.3.2021). Dessen Arbeitgeber ist übrigens eine Burda GmbH, so Medienberichte. Es ging wieder einmal um Masken.
Ein Herr Fleischhauer meinte kommentierend, die Masken wären doch recht günstig gewesen (»ein Drittel von dem, was die Beamten bei anderer Gelegenheit als Marktpreis veranschlagten«) und sollte Herr Funke (der Ehemann von Immobilienprofi Spahn) daran beteiligt gewesen, dann würde er doch »Lob« verdienen. – Leider versäumte @janfleischhauer an seinen Doppeltweet einen dritten Tweet anzuhängen, in welchem er erwähnen würde, dass er selbst aktuell für den Focus schreibt, der natürlich bei Hubert Burda Media daheim ist. Ach, es ist schon eine Bürde mit diesen Berliner Netzwerken!
Nein, man weiß heute kaum noch, wem man vertrauen kann. »Ich will wieder vertrauen können«, rief ich im Dezember aus (es ging auch da um Masken, und zwar im Kontext des CDU-Klausurenprofis Laschet und seines zweifellos gutaussehenden Sohnes).
(Notiz: In einer der zahlreichen CDU/CSU-Affären – in dieser sind die Stichworte: »Bestechung«, »Geldwäsche«, »Aserbaidschan« – wurde seit einiger Zeit gegen die CDU-Abgeordnete Karin Strenz und den CSU-Abgeordneten Eduard Lintner ermittelt, inklusive Hausdurchsuchungen; siehe transparency.de, 30.1.2020. Merkels Parteikollegin Strenz flog am 21.3.2021 in Begleitung ihres Gatten aus Varadero, Kuba nach Frankfurt/Main zurück – und auf diesem Flug verstarb sie laut aktuellen Medienberichten (bild.de, 22.3.2021). Wir stellen uns kurz die deutsche Berichterstattung vor, wenn der Staatschef der Verstorbenen nicht Ex-FDJ-Merkel sondern Ex-KGB-Putin gewesen wäre – und ansonsten belassen wir es bei dieser Notiz.)
Erstmal nur über Nacht
Es ist dieser Tage fürwahr nicht einfach, denen-da-oben zu vertrauen. Jedoch, das Merkelsystem meint einen Weg gefunden zu haben, von seinem Versagen abzulenken, und es erinnert auffällig an die Methoden, die Merkel aus ihrer politischen Jugend kannte: Wenn die Menschen unzufrieden sind, sperr sie einfach ein – erstmal nur über Nacht (spiegel.de, 21.3.2021). Juristen weisen darauf hin, dass es schlicht verfassungswidrig ist (siehe etwa @Ralf_Hoecker, 22.3.2021), doch hat sich das Merkelsystem je von möglicher Rechtswidrigkeit allein aufhalten lassen?
Ich erlaube mir, den stellvertretenden BILD-Chefredakteur Ronzheimer zu zitieren, der es präzise auf den Punkt bringt:
Zu wenig Impfstoff, kein Test-System, schlechte Corona-Warn-App, fehlende Innovation/Forschung (wo genau Ansteckungen) – die jetzt vom Kanzleramt gewollte #Ausgangssperre ist eine Kapitulationserklärung. Der endgültige Beweis des Scheiterns. (@ronzheimer, 22.3.2021)
Eigentlich hätte eine solch desaströse Regierung schon zu mehr als einer Gelegenheit zurücktreten müssen – der »Merkel muss weg«-Ruf erklang ja schon lange vor dem Chinavirus.
Wenn der Verfassungsschutz wirklich die Werte der Verfassung und die Verfasstheit der Demokratie schützen wollte, müsste CDU-Mann Haldenwang doch die Merkel-CDU beobachten – und nicht ihre Kritiker! Und er müsste dringend ihre Entlassung empfehlen. (Wer sollte das Merkelregime aber entlassen? Frank »hat nichts von Eikonal gewusst« Steinmeier? Haha.)
In weit verfrühter Hoffnung
Die Merkelregierung, die Fake-Doktoren, die Masken-Profiteure, die bezahlten Claqueure in den Redaktionen, die vielen Propagandavereine, die an den Zitzen der verschiedenen Propagandabudgets saugen, und dafür ihr antidemokratisches Gift im Namen angeblicher Moral in die Blutbahn der Nation injizieren (so denn noch eine Vene zu finden ist) – das Berliner System wirkt auf mich wie Untote, die lange nach dem Ende ihrer natürlichen Laufzeit weiter agieren – und es ist gruselig.
»Honeckers Rache« wird Merkel von sarkastisch aufgelegten Zynikern genannt. Ich nenne ihr System eine »untote Regierung«.
2018 fragte ich, ob »Merkel muss weg« das neue »Wir sind das Volk« sei, und später im selben Jahr fragte ich in weit verfrühter Hoffnung: »Was wirst du am Tag nach Merkel tun?«
Vor einem Jahr, im Essay vom 18.3.2020 hielt ich aus damals aktuellem Anlass fest: »Merkel muss weg, der Staatsfunk mit ihr!«
Die Uhren haben sich weitergedreht, die Regierung wankt wie gefährliche Untote durch die Geschichte. Aus »Merkel muss weg« ist geworden: »Merkel hätte weggemusst«.
Und meine Frage »Was wirst du am Tag nach Merkel tun?« ergänze ich heute so: Was auch immer du danach tun wollest, tue es jetzt!