Er war ja gewitzt, so fand ich, dieser »Kommentar zum Flüchtlingsgipfel« des Herrn Piatov in bild.de, 8.5.2023, und der Titel lautete: »Stoppt den Aufstieg der AfD!« (Mit Ausrufezeichen! Das bedeutet, dass es Journalismus ist.)
AfD-Wähler haben in den letzten Jahren reichlich offen antidemokratische »verbale Gewalt« von Politikern und Medien erleben müssen. Das erste »Vergehen« der mir bekannten AfD-ler besteht in der Naivität und der Sturheit, das Versprechen von Grundgesetz und Amtseid ernst zu nehmen und einzufordern.
Es verwundert also nicht, dass Dutzende Twitter-Insassen sich unter dem Tweet zum Kommentar aufregen (@BILD, 7.5.2023).
Womöglich haben sie nicht die konkreten Zeilen gelesen – und auch nicht die Aussagen zwischen den Zeilen, die sich als logischer Schluss aufdrängen.
Sicher, ganz im Geist des Propagandastaates verunglimpft Filipp Piatov die AfD als »Rechtsextreme« – vermutlich muss er das so schreiben, um seinen Job zu behalten.
Doch die eigentliche Aussage werden viele AfD-Sympathisanten – zumindest die, die nicht inzwischen von der Politik finanziell abhängig sind – gern unterschreiben.
Den Aufstieg der AfD zu »stoppen« sei »ganz einfach«. Die Regierung müsste lediglich »der kaum kontrollierten Migration den Riegel« vorschieben.
Setzt man aber »Merkels ›Wir schaffen das‹-Politik fort, überfordert« man das Land – und »macht der AfD das größte Geschenk seit 2015« (ebenda).
Frech und revolutionär
Es klingt zunächst wie eine verräterische Formulierung, in welcher der Autor unbeabsichtigt durchscheinen lässt, wie man als Journalist im Propagandastaat denken und fühlen muss, um im Mainstream mitplätschern zu dürfen: Nicht das Leid der Deutschen, die ihre Heimat verlieren und um das Wohl ihrer Kinder fürchten, beschäftigt den BILD-Journalisten, sondern der Aufstieg der falschen Partei.
Die »Logik«: Die AfD spricht gravierende Probleme im Land an, welche Parteien und Propaganda lieber verschweigen und mit Fake-Moral übertönen wollen. Mit Millionen und sogar Milliarden von Euro jährlich wird versucht, die AfD zu »stoppen«, indem man es tabuisiert, die Probleme und Schmerzen zu benennen, welche so viele Deutsche quälen und eben nur von der AfD benannt werden.
Verglichen mit den realen Methoden, mit denen man die AfD »stoppen« will, ist der Vorschlag von Piatov geradezu frech und revolutionär.
Die Richtigen beim Vergesslichen
Gegen Ende meines Essays »Wasser auf die Mühlen der Falschen« stellte ich 2018 diese Frage: »Wenn alles immer nur Wasser auf die Mühlen der Falschen ist, kann es sein, dass der ganze Fluss woanders fließt?«
Oder wie wir hier zu fragen pflegen: Wenn das Aussprechen der Wahrheit den Falschen dient, was stimmt mit den »Richtigen« nicht?
Immerhin tut man inzwischen so, als würde man die Probleme besprechen. Diese Woche wird nun ins Kanzleramt zu Olaf »Erinnerungslücke« Scholz eingeladen.
Ich habe die Meldungen zu diesem Gipfel näher betrachtet (focus.de, 9.5.2023 und andere).
Um eine Krise wirklich zu verstehen, hilft es regelmäßig, sich die relevanten Strukturen der Beteiligten vor Augen zu führen – und auch festzustellen, wer als öffentlich handelnder Akteur überhaupt in Erscheinung tritt.
Kamel im Sandsturm
Die Bundesländer fordern mehr »Kostenerstattung für Unterkunft und Heizung« sowie »monatliche Pro-Kopf-Pauschale«.
Der Bund hat wenig Lust auf neue Debatten über finanzielle Beteiligung, Zuständigkeiten und eine Rückkehr zum System der Pro-Kopf-Pauschalen.
Der Deutsche Städtetag hätte gern endlich eine dauerhafte Regelung für die Finanzierung von sogenannten Flüchtlingen. (Beim letzten Gipfel verließ man den Saal und schimpfte: »Heuchelei!«, siehe focus.de, 16.2.2023)
Der Bundeskanzler würde vermutlich tatsächlich gern mehr abschieben, allein um ernsthafte Unruhen zu vermeiden, jedoch scheint seine Innenministerin Nancy »publizierte bei Antifa« Faeser einen ganz besonderen Kurs zu fahren: alle reinlassen, auf Umverteilung hoffen, doch zugleich lieber nicht noch mehr vom Bund aus zahlen.
Die bayerische Peinlichkeit namens »CSU« forderte eine Grenzpolizei (bild.de, 6.5.2023).
Grüne Politiker wie Integrationsministerin Aminata Touré tun derweil, was grüne Politiker mit Quatsch-Minister-Titeln eben tun – sie fordern Geld (bild.de, 27.4.2023). (Mit Verlaub: Wenn ein Land überhaupt erst Ministeriumsstellen zur »Integration« aufstellt, dann ist das doch ein mögliches Zeichen dafür, dass keine Integration stattfinden wird oder kann. Ministerien für Integration impliziert »Verhandlungsspielraum« – wie zwischen dem Kamel und dem Reisenden im Sandsturm; siehe Essay vom 25.9.2018.)
Eine Instanz wird aber beim Flüchtlingsgipfel fehlen: der Bürger.
Die Industrie hat Lobbyisten im Bundestag, Herr Soros & Co. sowieso. Auch BlackRock soll Beziehungen zum deutschen politischen Personal pflegen. Wohlfahrtsverbände haben Beziehungen zur Politik, und Öko-Millionäre setzen, so scheint es, gleich ihre eigenen Leute direkt in die Ministerien. Die Verbände, die für Einwandernde und Minderheiten auf dem Weg zur Mehrheit sprechen, sind nicht zu überhören.
Der eine Teil Deutschlands, der weder in den Köpfen des politischen Berlins noch beim Flüchtlingsgipfel stattfindet, ist der Bürger selbst.
Witze allein
Der Bürger hat schweigend zu leiden, und tut er es nicht, dann gilt er als »rechtsextrem« und muss »gestoppt« werden.
Es ist ungerecht, was die Deutschen sich von ihrer ach so demokratischen Regierung antun lassen.
Politiker verstehen nicht, dass Geld verdient werden muss – und dass auch die Ressource »Kraft« irgendwann zu Ende ist.
Politiker und Journalisten, die mit Begriffen wie »rechtsextrem« um sich werfen wie der Karnevalsprinz mit Bonbons, haben solche Begriffe längst ihrer Schärfe beraubt. Frust und Schmerz brennen ärger als die Angst vor bösen Wörtern. Es war mal gut oder besser als heute, und wann haben wir nach ausführlicher Debatte in freier Abstimmung beschlossen, dass es wegen »Moral« immer schlechter werden muss?
Der Aufstieg der AfD sei nur zu »stoppen«, indem man die Probleme angeht, von denen nur die AfD spricht. Finde ich gut. Als Nächstes lassen Sie uns den Hunger lösen, indem wir die Hungrigen speisen, und dann den Durst und die Armut gleich mit, indem wir alle mit Champagner auf unsere Klugheit anstoßen.
Es mag gewitzt sein, das ist wahr, die AfD stoppen zu wollen, indem man ihre Anliegen angeht – oder sogar bewältigt!
Doch Witzlein allein retten uns nicht mehr.