Dushan-Wegner

29.10.2020

Berlin schwätzt, Frankreich erträgt

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Foto von Tomasz Sroka
Im Namen von COVID wird Demokratie ausgehebelt und Freiheit gecancelt, angeblich um Leben zu retten. Im Namen von »Toleranz« aber werden in Europa bald täglich Menschen geopfert. Etwas stimmt da nicht, etwas stimmt da SEHR nicht.
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Ich habe wieder abgeschaltet. In Berlin wurde am 29.10.2020 etwas abgehalten, was sich »Regierungserklärung« nennt. Zuvor hatten Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder drastische Lockdown-Maßnahmen beschlossen, die quasi das öffentliche Leben in Deutschland zum Erliegen bringen sollen (siehe auch Essay »Lockdown«). (Wir ahnen, wen es wirklich treffen wird – wie man so hört, sind manche Edel-Restaurants, wo sich Politiker und Gutmenschen so treffen, angeblich auch bis in die Lockdown-Zeit hinein gut gebucht – siehe dazu auch »Coronatheater«.)

Der AfD-Fraktionschef Gauland brachte als Argument gegen den drastischen Lockdown, man würde ja auch nicht das Autofahren verbieten, weil es Tote gibt (ich halte es für schwierig – die Zahl der Unfallopfer ist rückläufig, nicht exponentiell steigend; dem könnte man natürlich entgegnen, dass längst nicht jeder, bei dem der umstrittene PCR-Test anschlägt, auch wirklich an COVID-19 erkrankt oder sogar daran stirbt – es ist längst nicht ausdiskutiert).

Im Bundestag wurde am 29.10.2020 also politisches Theater gespielt, eine Fake-Debatte, insofern als das Ergebnis dieser Debatte nicht nur längst feststand, sondern bereits beschlossen worden war. Es erinnerte an jene Batman-Szene, als der »Buchhalter« das Geld der Mafia-Bosse »entführt« und ihnen erst danach erklärt, warum er es tat.

Es scheint ja längst üblich zu sein, dass Abgeordnete (gegen Artikel 28 des Grundgesetzes…) sich selbst zum gutbezahlten Stimmvieh herabstufen und wählen, was »höhere Mächte« vorgeben – doch dass die DDR-Tochter Merkel mal eben die üblichen Wege der Demokratie zusammenstreicht und die Debatte dazu erst danach stattfinden darf, das lässt einen selbst im Propagandastaat Deutschland tief durchatmen.

Berlin, Nizza

Ein Teil des Arguments des AfD-Fraktionsvorsitzenden Gauland war heute (sinngemäß und aus dem Gedächtnis notiert), dass es immer in einer Republik eine Zahl von Toten geben wird, und dass es falsch sei, den Menschen die Freiheit zu nehmen, um jeden Toten zu verhindern.

Der Talking-Points-Kenner in mir fragte sich natürlich, warum Gauland ausgerechnet diesen Aspekt politischen Handelns in die Debatte einbrachte – tun das eigene Auftreten und das Dauerfeuer von Staatsfunk und Propaganda nicht genug, um sich ein eher »harsches« Image zu sichern – selbst bei vielen der eigenen Wähler?

Sein Parlamentskollege, der Fraktionsvorsitzende der Merkelisten, ein Herr Ralph Brinkhaus, stieg wie zu erwarten auf die Vorlage ein.

»Der Tod eines Menschen ist jedoch irreversibel«, predigte er – um de facto seiner Chefin einen moralischen Blankoscheck auszustellen. Ein neues »Alternativlos«, ein gefühltes Virus-Notstandsgesetz.

Ich muss gestehen – meine Augenbrauen schnellten hoch, weit über die Brillenränder.

»Der Tod eines Menschen ist jedoch irreversibel«, sagt ausgerechnet der Chef jener Partei, welche die Grenzen offen hielt und Islamisten unkontrolliert ins Land ließ.

»Der Tod eines Menschen ist jedoch irreversibel«, sagt ausgerechnet der Chef der Partei, die Geld an die Wohlfahrtsverbände scheffelt, auf dass diese die »letzte Meile« im tödlichen Geschäft der Schlepper liefern.

Während der Fraktionschef der »Jünger Angelas« plötzlich sein Herz für den Wert des einzelnen Lebens entdeckte, und während all die Parteisoldaten etwas aufführten, was mit »Fake-Demokratie« vielleicht nicht vollständig falsch beschrieben wäre, drehte sich woanders Europas Uhr weiter – und sie drehte sich schnell.

In Frankreich wurde am Vormittag desselben Donnerstags wieder gemordet, wieder von einem Islamisten.

»Drei Tote bei Messerattacke in Nizza«, lesen wir (welt.de, 29.10.2020). Ein Verdächtiger wurde verhaftet (bbc.com, 29.10.2020). Es soll sich laut italienischen Medienberichten (corriere.it, 29.10.2020) um einen Tunesier handeln, der erst Anfang Oktober 2020 via Schleppern in Europa ankam. Behörden sprechen von einem Terroranschlag, nach einigen Berichten wurde eine Frau in der Kirche geköpft (aljazeera.com, 29.10.2020).

Der Mörder soll mehrfach »Allahu Akbar« gerufen haben. Deutsche Haltungsjournalisten werden vermutlich schreiben, seine »Motive« seien »unklar.«

In Frankreich scheinen Islamisten besonders häufig zu morden. Politiker und Journalisten suchen immer wieder neue politische Umschreibung für die Ursache, die nicht genannt werden darf (»koloniale Geschichte«, »soziale Ungleichheit« et cetera).

Natürlich ahnt jeder mündige Bürger, dessen Denken noch nicht vollständig von der Propaganda weichgekocht wurde, die wirkliche Ursache des Terrors: Sogenannte »Islamisten« sehen, wie schön es ist, frei im Westen zu leben, als fröhlicher Teil der christlich geprägten Konsum-Spaß-Glücklichsein-Gesellschaft, ihre Ideologie jedoch verbietet ihnen (auch) diese Art der Freiheit und Freude, es ist tatsächlich inkompatibel – doch statt ihre Ideologie zu ändern, wollen sie die Freude zerstören.

Unabhängig davon, was er sonst tat und sagte, hatte George W. Bush schlicht recht: »They hate our freedoms…« (washingtonpost.com, 1.9.2001) – sie hassen unsere Freiheiten. (Randnotiz: Ich liebe den Plural von Freiheit, zumal wenn man ihn mit meiner Begriffsdefinition von Freiheit zusammenbringt; siehe Essay vom 1.11.2017: »Was meinen Sie, wenn Sie ›Freiheit‹ sagen?«)

»p und nicht-p«

Eine meiner Lebensregeln lautet: Wenn eine Aussage und ihr Gegenteil beide wahr zu sein scheinen, haben wir wahrscheinlich das Problem nicht verstanden.

Man könnte diese Lebensregel für das Handeln der Regierung adaptieren, und ganz neu formulieren: Wenn die Regierung mal den einen Wert hochhält, und dann wieder das Gegenteil jenes Wertes, dann ist die wahre Motivation vielleicht eine ganz andere – und hat nichts mit dem einen oder mit dem anderen Wert zu tun.

Die Regierungen Europas sind nachweislich bereit, unter der »Ideologie des Ertragens« (Lateinisch: tolerare; siehe auch »Unsere tödliche Toleranz«) eine Zahl von Menschenleben zu opfern, während man immer weiter junge Männer aus Krisenregionen nach Europa einfliegt oder via Schlepper und NGOs einreisen lässt. In der anderen Krise ist man aber auffallend leicht bereit, die Wirtschaft abzuwürgen, Menschen an unbehandelten Krankheiten sterben zu lassen oder gar in den Selbstmord zu treiben, aggressiv und mit höchstem Propaganda-Einsatz alle widersprechenden Argumente ignorierend.

Sorry – etwas stimmt da nicht, etwas stimmt da sehr nicht. »Es kann nicht sein, dass p und nicht-p«, sagen die Logiker. Die Entscheidungen und Begründungen der Regierungen sind inkohärent – something is rotten in the States of Europe.

Luftanhalten im kurzen Moment

Noch bevor ich am 29.10.2020 das folgenlose Geschwätz im Parlament abschaltete, hörte ich einen anderen Oppositionsredner sagen: »Wählt diese Regierung ab, solange ihr noch könnt.« – Man möchte seufzen.

Einen Tag vor dem 29.10.2020 beschrieb ich im Text »Lockdown!« die Metapher vom fliegenden Ball, der auf eine Vase zufliegt – und vom Luftanhalten im kurzen Moment, wenn man nicht weiß, ob der Ball die Vase erwischen und zertrümmern… oder doch noch diesmal knapp verpassen wird.

Ich bin kein Journalist. Ich muss Ihnen nicht »wir schaffen das!« vorlügen, um aus Konzern- und Steuergeldern den blutigen Journalistenlohn ausgezahlt zu bekommen.

Ich sage: Ich verstehe, wenn ihr gerade gespannt die Luft anhaltet – etwas nervös, etwas misstrauisch, sehr vorsichtig. Ja, ich habe heute das Bundestag-TV abgeschaltet – doch ich behalte diesen Ball im Blick.

Bleibt vorsichtig. Sichert was ihr sichern könnt.

Achtet sehr genau darauf, wohin der Ball fliegt.

Ich glaube nicht, dass die-da-oben wirklich glauben, wovon sie von uns verlangen, dass wir es glauben – und also tue ich mir täglich schwerer, es denen zu glauben.

Es gilt, weiterhin und gerade heute: Prüfe alle(s), glaube wenig – denke selbst!

Weiterschreiben, Wegner!

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