Dushan-Wegner

21.03.2021

Nicht (mehr) Bittsteller und Bettler

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten, Foto von Angus Gray
Zehntausende demonstrieren – und, sorry, sie bleiben darin Bittsteller und Bettler. Die Frage ist doch, wie wir zu HANDELNDEN werden, wie wir unsere Verantwortung eben NICHT (mehr/ganz) an »die da oben« abgeben.
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Zehntausende demonstrieren in Deutschland, gegen die widersprüchliche Corona-Willkür – der Staatsfunk erwähnt es (tagesschau.de, 20.3.2021), natürlich in seiner gewohnt verlogenen, propagandistisch verzerrten Perspektive. Mehr zur realen Realität der Demo liest man etwa bei Kollege Reitschuster (reitschuster.de, 21.3.2021).

»Journalisten wurden angegangen und beschimpft«, schwurbelt der vermaledeite Staatsfunk – dahinter will man wohl verbergen, dass es der bei Gleichschrittjournalisten zunehmend unbeliebte, hier bereits erwähnte Kollege ist, der von linken, also wahrscheinlich mit dem Staatsfunk sympathisierenden Schlägern angegriffen wurde.

Zunächst stets ein Rätsel

Mir sei erlaubt, zwei Lehren/Fragen anzuwenden, die ich selbst von Klügeren gelernt habe. Die erste dieser Lehren begegnete mir einst in einer metaphorischen Frage: Ein schwerer Stamm wird getragen, doch an einem Ende tragen drei starke Männer, und am anderen ein schwaches Männlein. Es drängt Sie, beim Tragen des Stammes auszuhelfen. An welchem Ende sollten und werden Sie anpacken? Sie werden doch da helfen wollen, wo derzeit noch weniger Leute helfen – oder nicht?

Die zweite Lehre kommt in Form einer bekannten Schlussformel unserer alten Märchen daher. Auch wer noch nie selbst ein Märchen las, kennt jene Formel: »Und die Moral von der Geschicht´ …« – und diese Formel ist zunächst stets ein Rätsel: Was ist die »Moral von der Geschicht’«? Was haben wir aus der Geschicht’ über die (An-) Ordnung der Welt gelernt, was über die Mathematik des Menschseins erfahren?

Die Anwendung dieser alten Lehren führt mich zur Schlussfrage: Was ist die neue Lehre, die wir aus der immer heißer brennenden Unzufriedenheit ziehen? Was ist die Moral der Echtzeit-Geschichte, die wir heute erleben?

Beharrlich wie zuverlässig

Ich kann nur (und will auch nur) die Lehre vorlegen, die ich ziehe – ein jeder möge (und sollte), je nach Erkenntnis- und Verantwortungslage seinen eigenen Schluss ziehen, seine eigene Lehre entwickeln.

Eine letzte Prämisse noch, bevor es zur Lehre geht, und diese kommt wiederum mit ihrer eigenen Prämisse: Die »Moral von der Geschicht´« ist eine Empfehlung zum Zwecke des erfolgreichen in die reale Realität hinein (nicht in die ideologische Fake-Realität, welche die Propaganda zeichnet, so beharrlich wie zuverlässig falsch) geführten Lebens.

Ein nicht-ganz-unwesentlicher Teil der realen Realität sind heute Meldungen wie jene, dass nicht nur die Zahl der gemeldeten Impfschäden steigt, sondern auch die Zahl der Corona-Ansteckungen nach einer Impfung (sogar der Staatsfunk erwähnt es: br.de, 18.3.2021: »Coronainfektion trotz Impfung«). Auch in als »Impfvorreiter« bekannten Ländern wie Chile gehen die Zahlen derzeit hoch (siehe worldometers.info, Stand 21.3.2021)

Elf Monate später

Das Chinavirus gleicht insofern der Quantenphysik oder der (so viel Machismo sei erlaubt) weiblichen Seele, als dass je mehr ich von der Angelegenheit lerne, umso größer mein Nichtwissen zu werden scheint. Oder, so formuliert: Ich weiß, dass ich nichts weiß – und je mehr ich von der Angelegenheit weiß, umso weniger weiß ich von ihr!

Und doch, einige Aspekte wage ich mit nicht vollständiger Unsicherheit zu sagen. Ich bin auch weiterhin recht sicher, dass wie die Kriminalität oder die ökonomische Zukunftsfähigkeit eines Landes, auch die Viruslage einer Nation weit stärker von sozialen Gewohnheiten abhängt als uns bewusst ist.

Im Essay »Bugs im Betriebssystem« vom 27.4.2020 (zwei Tage nach meinem 46. Geburtstag geschrieben und knapp elf Monate später erschreckend aktuell – prüfen Sie es selbst!) erwähnte ich die Haltestellen in Finnland, und in dem Kontext notierte ich einen Gedanken, der andeutete, was kommen würde – und der mir zu beschreiben scheint, was kommen wird: »Einige »Betriebssysteme« (oder: Nationen) reagieren stabiler und weniger autodestruktiv auf den Angriff durch ein Virus als andere.«

Es tut mir leid: Der Verweis auf Schweden oder irgend ein anderes Land lässt nur recht beschränkt Rückschlüsse auf Deutschland oder ein anderes Land zu. Wir sollten nicht den Fehler linksgrüner Ideologen begehen, Unterschiede in Kulturen und Gewohnheiten zu ignorieren, wenn diese uns nicht in unsere Absicht passen.

An der Übung gewachsen

Was das Coronavirus, die Quantenphysik oder auch das schönere Geschlecht angeht bin ich mir nur weniger Dinge sicher – nur eine Sache, und da widerspreche ich allen, die im Dunkeln zu pfeifen versuchen: Diese Angelegenheiten sind noch lange nicht vorbei, die anstehenden Fragen sind noch lange nicht beantwortet.

Die zweite Lehre aber, die eigentliche Moral von der Geschicht´ bringt mich, zum zweiten Mal innerhalb von weniger als einer Woche (zuletzt im Essay von der Warumkrise), in die Situation, eine bekannte Beraterweisheit zitieren zu wollen – weil sie das Problem recht genau beschreibt; diesmal: Die Denkweise, die uns hierhin brachte, wird uns nicht wieder heraus bringen.

Wir waren bisher wütend auf die Regierung, wir schimpften und wir demonstrierten und wir schüttelten unsere Faust gen Berliner Himmel – und was brachte es? Was brachte es außer einer Befriedigung im Moment (die uns selbst in Wahrheit schwächte und die da oben stärkte, denn es leitete unsere Energie wie ein Blitzableiter ins Nichts).

Am ehesten gebraucht

Wenn etwas wieder, wenn auch auf andere Art gut werden soll, dann werden wir unser Denken ändern müssen. Zehntausend und hunderttausend Wütende werden genau nichts verändern, wenn ihr Denken und damit ihr Handeln dasselbe bleibt, wie jenes, das eben diese Zustände überhaupt zuließ.

Wir sind gefangen in einem Denken des Bittens und Bettelns. Wer bittet und bettelt, statt zu handeln und seinen Weg zu gehen, der bleibt eben zuerst ein Bittsteller und Bettler.

Ich selbst aber will mich auch weiterhin daran halten, an jenem Ende des Baumstamms mit anzufassen, wo meine Hilfe am ehesten gebraucht wird (nach meiner besten Einschätzung, klar).

Wäre ich ein Klassenlehrer, würde ich uns allen für diesen Sommer die Hausaufgabe erteilen: Überlege dir, wie du vom Bittenden zum Handelnden wirst – zuerst natürlich, zur Übung und zur Sicherheit, bezüglich deiner eigenen Kreise – und dann, zur Kür und so deine Kraft an der Übung gewachsen ist, in größeren Angelegenheiten.

Weiterschreiben, Wegner!

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