Dushan-Wegner

16.08.2021

Die Kreise der Taliban

von Dushan Wegner, Lesezeit 13 Minuten, Foto von Mohammad Rahmani
Der Fall Afghanistans an die Taliban ist keine Überraschung. Die logische Konsequenz linker Lebenslügen ist nicht »bunt«, sondern der brutale Sieg des Gewissenlosesten. Ein Zyniker könnte Kabul also heute die »toleranteste Stadt der Welt« nennen.
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»Wir wissen, was Lenin über revolutionäre Situationen gelehrt hat. Was auch immer das für eine Lage ist, über die wir in Afghanistan reden, es ist nicht die Art von Lage.« (zitiert nach Ghost Wars, meine Übertragung aus dem Englischen)

Der Mann, der dies sagte, hieß Yuri Vladimirovich Andropov. Er gehörte zum Stab von Leonid Breschnew, leitete von 1967 bis 1982 das KGB und folgte auf Breschnew als Chef von Partei und Sowjetunion.

1979 war Andropov zunächst gegen eine militärische Intervention der UdSSR in Afghanistan. Es war ihm sehr wohl bewusst, dass die Mentalität und damit die militärischen Optionen sich zu sehr von denen unterschieden, innerhalb derer europäisch geprägte Armeen – also auch die der UdSSR – erfolgreich operieren können.

Jedoch, Andropov war auch »gebranntes Kind«, manche sagen gar, dass er unter einem »Ungarnkomplex« litt. Andropov hatte 1956 in Ungarn gesehen, wie sich ein Volk gegen eine kommunistische Regierung erheben konnte. Er überzeugte Khrushchev, militärisch in Ungarn einzugreifen – und wurde als »Schlächter von Budapest« bekannt. Sein »Ungarnkomplex« kam 1968 zum Tragen, als er den Prager Frühling brutal niederkämpfte – meine Familie erinnert sich.

Als die Lage 1979 in Kabul unruhig wurde, war Andropov zwar zunächst eher vorsichtig. Er war sich sehr wohl des besonderen Charakters der Region und ihrer Menschen bewusst (zuvor hatten lokale Kommunisten erste Ansätze ausprobiert, Kommunismus und Islam zu verbinden, nachdem die strikt antireligiöse Dogmatik auf zu viel Widerstand gestoßen war). Nach der Ermordung des ehemaligen kommunistischen Präsidenten Afghanistans Nur Muhammad Taraki (kurz nach dessen Absetzung 1979, siehe Wikipedia) aber gelangte Andropov zur Überzeugung, dass der amerikanische CIA ein »Neu-Osmanisches Großreich« mit westlicher Prägung errichten wolle – und sein »Ungarnkomplex« schlug durch.

Wie zuvor in Budapest und in Prag intervenierte die UdSSR militärisch – die Folge war ein zehnjähriger Krieg, der mit zum Niedergang der UdSSR beitrug.

Auf zum Kalifat!

Andropov lag zumindest darin richtig, dass die Gegner der kommunistischen Regierung Afghanistans von der CIA finanziert wurden (er lag »nur« grandios falsch mit der unterstellten neu-osmanischen Vision).

Beide Großmächte, die USA wie die UdSSR finanzierten lokale Gruppen und Warlords. Wir kennen den Begriff Mudschahedin, und verwenden ihn für islamische Guerillas, mit wechselnden Geldquellen (in Afghanistan damals vorwiegend der UdSSR). Von einer Gruppe zu sprechen ist vielleicht unpräzise – es ist aber wohl griffiger als »lokale Praktizierer einer kombinierten religiös-militärischen-innen-und-außenpolitischen Strategie«.

Nach dem Auszug der sowjetischen Kräfte aus Afghanistan stürzte das Land tiefer in das erwartbare Chaos. Unter den neuen Kampfgruppen fielen international die »Taliban« auf (wörtlich etwa: »die Schüler«). Einige davon hatten zuvor als Mudschahedin gekämpft, andere stammten als Religionsschulen in Nachbarländern.

Es wird gesagt, dass die USA selbst um das Jahr 1995 via Pakistan die Taliban förderten, da sie diese als eine einende, potentiell pro-westliche Kraft betrachteten – anders als die Mudschahedin-Warlords, welche das Land damals zerrissen.

Und dann passierte 9/11. Die Taliban sollen es gewesen sein, die dem verstoßenen Sohn-aus-reichem-Hause Bin Laden eine Zuflucht boten, als er 9/11 geplant und organisiert haben soll. Dann marschierte die NATO in Afghanistan ein. Man begleitete die Errichtung einer Regierung, und tatsächlich begann in Kabul – nach viel vergossenem Blut – allmählich so etwas wie »Normalität« zu blühen – und mit »Normalität« meinen wir grundlegende Bildung und lebensfrohe Konsumkultur nach westlichem Vorbild. Das große Ziel der Taliban ist aber dasselbe Ziel, das Bin Laden motivierte: Die Errichtung eines weltweiten Kalifats – mit Kabul als dem temporären Headquarter.

»A« und sein Gegenteil

Und nun schreiben wir das Jahr 2021. Anfang des Jahres wurde nach einer Farce von »Wahl« in den USA der letzte unbezweifelt demokratisch gewählte US-Präsident, Donald J. Trump, in einer Geisterzeremonie abgesetzt und durch den rassistischen, grabschenden und offen senilen Lügner Joe Biden ersetzt, einer Marionette jenes Sumpfes, der das Böse will und es immer häufiger auch schafft.

Wer die Fäden des dementen Chefs der Bidenbande zieht, es wird wohl noch einige Zeit unklar bleiben, vielleicht für immer (im echten Marionettentheater sehen wir ja auch die Fäden, aber nicht die Spieler), doch die Handlungen schreien ja für sich.

Die Biden-Administration – und mit ihr Deutschland – hat westliche Soldaten aus Afghanistan abgezogen.

Im Essay vom 13.7.2021 riss ich es an, und im Essay 21.7.2021 schrieb ich ausführlicher:

Nun ziehen also die deutschen Truppen aus jenem Land ab, das auserkoren worden war, für 9/11 zu büßen, aber vielleicht zieht eigentlich der NATO-Partner USA ab und wir eben auch (vergleiche bbc.com, 5.7.2021).
Die Soldaten ziehen ab – und die Taliban erobern das Land (ich notierte es kurz im Essay vom 13.7.2021). Menschen fliehen bereits vor den Taliban – und ein guter Teil von ihnen nennt Deutschland als Ziel (welt.de, 19.7.2021(€)).

Es hat nur wenige Wochen gedauert. Der Präsident Afghanistans hat sich aktuell ins Ausland abgesetzt (reuters.com, 15.8.2021). Mehrere afghanische Städte, unter anderem Kabul, wurden von den Taliban eingenommen (reuters.com, 15.8.2021). Die Taliban haben den Präsidentenpalast besetzt (Al Jazeera via YouTube, 16.8.2021).

Ein weiteres Mal hat Deutschlands Peinlichminister (nach einiger blöden nachträglichen Anti-Trump-Hasspropaganda) bei der Befragung der Bundesregierung vom 9.6.2021 (siehe bundestag.de) vor Augen geführt, wie ideologisch verbohrt, gefährlich und doch ahnungslos die Merkelbande ist.

Mr. Peinlich erklärte bezüglich Afghanistan, er handle »in der Hoffnung, dass das, was viele prognostizieren, dass nämlich das Chaos ausbricht, ausbleibt.«

Auf die Nachfrage von Christoph Hoffmann (FDP) antwortete die Peinlichkeit-im-Boss-Anzug:

Ich will mal sagen: All diese Fragen haben ja zur Grundlage, dass in wenigen Wochen die Taliban das Zepter in Afghanistan in der Hand haben werden. Das ist nicht die Grundlage meiner Annahmen.« (Peinlichminister Heiko Maas; Quelle und noch mehr Peinlichkeit via PDF-Plenarprotokoll vom 9.6.2021 bei bundestag.de, ab fortlaufender Seite 29836, im Video ab ca. Minute 54)

Es ist keine neue Erkenntnis, dass wenn die Regierung von »A« ausgeht, es sich dringend empfiehlt, mit dem Gegenteil von »A« zu rechnen – diese Erkenntnis hilft aber den Deutschen in Afghanistan wenig.

»Das deutsche Versagen in Kabul hat einen Namen: Heiko Maas. Und das Versagen bringt zahlreiche Menschen aktuell in direkte Lebensgefahr«, so schreibt Sebastian Thormann (tichyseinblick.de, 16.8.2021) – und er zitiert Obamas Verteidigungsminister Robert Gates, der belegt, dass nicht nur die Merkelregierung zuverlässig falsch liegt. Gates sagte über Biden einst: »Er hat sich in den letzten vier Jahrzehnten in nahezu allen wichtigen Fragen der Außenpolitik und der nationalen Sicherheit geirrt.«

Zwischenzeitlich wird bekannt, dass das Personal der deutschen Botschaft in Kabul seit Wochen warnte – Peinlichminister Maas ignorierte sie (bild.de, 16.8.2021).

Natürlich liegt Trump richtig, wenn er von Biden fordert, in Schande zurückzutreten (nypost.com, 15.8.2021). Man könnte die Forderung ja auch einleiten mit ähnlichen Worten, wie Schäuble sie einst über Peinlichminister Maas sagte: »Ein anständiger … müsste da zurücktreten …« (welt.de, 3.9.2016). Sagen wir es mal so: Weder Maas noch Biden würden einem unmittelbar als Beispiel zur Vokabel »anständig« einfallen.

(Ja, auch in dieser Lage ist so etwas wie Humor möglich, wenn es auch mit den Taliban buchstäblich ein Galgenhumor ist. Felix Krautkrämer fragt aktuell, was aus dem Projekt Gender-Mainstreaming in Afghanistan geworden ist, das die Bundesregierung mit zwei Millionen Euro förderte; siehe @krk979, 16.8.2021. Eines muss man der Merkelbande lassen: Wenn schon durchgeknallt, dann richtig.)

»Gute Nacht Welt«

Der mir bislang fürwahr nicht als Trump-Fanboy aufgefallene BILD-Mann Julian Röpcke schreibt:

Trump ließ Islamisten liquidieren.
Biden macht sie zu Staatsmännern.
Gute Nacht Welt.
(@JulianRoepcke, 15.8.2021)

Ja, es stimmt, dass Trump die Grundlagen dafür legte, aus Afghanistan abzuziehen und mit den Taliban zu verhandeln – doch Trump ist eben auch einer, der in Verhandlungen gern sowohl das Zuckerbrot als auch die Peitsche auf den Tisch legt – und es dem Verhandlungspartner »überlässt«, wofür dieser sich »entscheidet«.

In kundigen Beobachterkreisen war es sehr wohl bekannt, dass Trumps Afghanistan-Politik auch zuließ, dass die USA nie abziehen würden. 2017 etwa hieß es im renommierten kanadischen Magazin Mac Lean’s (siehe Wikipedia): »The unspoken truth underpinning Donald Trump’s latest policy on Afghanistan is that U.S. troops may never leave. Ever.« (macleans.ca, 2.9.2017; zu Deutsch etwa: »Die unausgesprochene Wahrheit in Donald Trumps jüngster Afghanistan-Strategie ist, dass die US-Truppen das Land vielleicht niemals verlassen werden. Niemals.«)

Sicher, Trumps Verhandlungen mit den Taliban waren »wechselhaft« – 2019 brachen sie ganz zusammen, natürlich via Twitter – doch es war, obgleich er vier Jahre lang jederzeit die Option hatte – eben nicht Präsident Trump, sondern der senile Grabscher Biden, der die Truppen abzog und Afghanistan bedingungslos den Taliban überließ, oder wie Röpcke weiter über Trump schreibt: »Aber nicht er ist aus Afghanistan abgezogen, obwohl er vier Jahre die Chance dazu hatte. Sondern sein Nachfolger nach nur fünf Monaten.«

Sogar im »Clinton News Network« hört aktuell man kritische Stimmen zu Bidens Totalversagen: cnn.com, 15.8.2021. Die persönliche Schuld der Figur Joe Biden wird aber realiter wohl tatsächlich gering sein. Er ist von »Woken« umgeben, die ihm reichlich falsche, mehr in linker Ideologie als in der Realität verankerte Vorhersagen haben. Breitbart berichtet aktuell etwa von den Vorhersagen des »woken« Generals Mark Milley, der noch im Juli 2021 behauptete – ähnlich wie zuvor Deutschlands Peinlichminister – dass Afghans Sicherheitskräfte sich sehr gut gegen die Taliban verteidigen könnten (breitbart.com, 16.8.2021).

Eine ganze Nato-Armee

Wer über die Jahre die Politik und Strategie der Taliban in den Nachrichten und Kommentaren verfolgt, wird immer wieder auf ein bestimmtes Zitat stoßen: »You have the watches, we have the time«, zu Deutsch etwa: »Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit.« (etwa newsweek.com, 2.10.2011)

Die genaue Quelle des Zitats ist unklar (manchmal wird es etwa einem anonymen, verhafteten Taliban-Kämpfer zugeschrieben), doch es trägt eine entscheidende kodierte Wahrheit: Wir im Westen mögen über die neuste Technologie verfügen, doch all unsere Technologie nutzt uns wenig, wenn die andere Seite geduldig genug ist, ihre Werte und ihre Realitäten durchzusetzen.

»Heute gehört uns Deutschland, morgen die ganze Welt«, so sang man einst in Deutschland. In Afghanistan heißt es heute, dass Kabul nur der Anfang ist – das islamische Gesetz soll über die gesamte Welt herrschen – und man hat Entschlossenheit, aber keine Eile (siehe @Ayei_Eloheichem, 15.8.2021).

Die Bilder der Taliban, sie sind mit westlichen Kameras aufgenommen. Man denke darüber nach, man lasse die Bedeutung und den kulturellen Widerspruch sacken: Wir sehen Kämpfer mit Bärten und Kleidung wie aus dem Mittelalter – aufgenommen mit den neuesten Kameras, wie sie im Westen entwickelt wurden und in Asien gebaut (und inzwischen in Asien weiterentwickelt – und bald vor allem dort).

Den Palast, den die Taliban einnahmen, er wurde von anderen gebaut. Die Waffen, mit denen sie schießen, ebenso. Die USA unter dem dementen Biden hinterließen in Afghanistan de facto die Ausstattung einer Nato-Armee – ach, was soll’s, weil es zugleich wahr und schmerzhaft absurd ist, zitiere ich hier eine Witz-Website: 9gag.com, 15.8.2021.

Ja, die ganze Bedeutung des Biden-Chaos erfährt man nur, wenn man zu den Nachrichten auch die Witz-Websites des Internets studiert. Soldaten, die in Afghanistan kämpften und vielleicht auch Freunde dort verloren, fragen sich heute, wofür sie es taten (9gag.com, 15.8.2021, 16.8.2021a, 16.8.2021b).

Immer wieder vergessen sie es

Am 11. September 2021, zum 20 Jahrestag von 9/11, werden die Taliban über Afghanistan herrschen. Die Taliban nennen sich die Schüler, die Studenten. Was sie studieren, das sind unter anderem wir, die schwachen, nervösen, abgelenkten Menschen im Westen.

Sogenannte »Journalisten« der üblichen linken Hurra-Postillen haben bereits dazu aufgerufen, alle »Flüchtlinge« aus Afghanistan bedingungslos aufzunehmen (@larsweisbrod, 15.8.2021). Leider vergessen diese Habt-euch-lieb-Journalisten regelmäßig, ihre Privatadresse anzugeben, wo sie ihre Kinderzimmer ausräumen, damit die Afghanis gratis, unbegrenzt und ohne Prüfung unterkommen dürfen. Ach nein, die Flüchtlinge sollen brav in die seit 2015 ohnehin »brennenden« Brennpunkte ziehen, weit weg von der komfortablen Milchkaffee-Welt der extra linientreuen Journaille.

Solche durchaus nicht unwichtigen Details können aber auch in der Hektik des journalistischen »Geschäftes« untergehen – man verzeihe möglichen Sarkasmus – denn ab heute gilt es vermutlich akut, die große Trommel zu schlagen für die mRNA-Injektion an Kindern (@larsweisbrod, 16.8.2021), nachdem die »Ständige Impfkommission« sich – wer hätte etwas anderes im Propagandastaat erwartet? – den Sachzwängen gebeugt zu haben scheint und jetzt doch die mRNA-Injektion an Kindern »empfiehlt« – mit Rückendeckung des Ethikrates natürlich (es ist ja so lächerlich: @alena_buyx, 16.8.2021).

Sofort und ohne Belege

Der Flughafen von Kabul ist heute überfüllt mit Menschen, die aus Afghanistan fliehen wollen. Menschen sind so verzweifelt, dass sie sich an startende Maschinen klammern (@ShivAroor, 16.8.2021).

Es kursieren Gerüchte, wonach Deutschland bereit sei, sofort alle ohne Papier und Belege zu evakuieren (@ronzheimer, 16.8.2021) – deutsche »Journalisten« werden die Gerüchte gern anheizen, siehe oben.

Die aktuelle wie auch die nächste Merkel üben sich derweil beide in einer Technik, die ich schon 2015 im Buch Talking Points und auch 2016 im Essay »Merkel und ihr merk-würdiger Trick« beschrieb, nämlich der Reductio ad Emotum. Wie bei Banken- oder Migrationskrise entzieht man sich rhetorisch der eigenen Verantwortung, indem man über die emotionale Reaktion redet, was dann von den willigen Journalisten des Propagandastaates zuverlässig als »überraschend emotional« gefeiert wird, aber schlicht ein recht plumper Propagandatrick ist. Zu Kabul und den Taliban wird Merkel aktuell also zitiert mit: »Wir erleben bittere Stunden«, und Laschet mit »Werden in den kommenden Wochen schreckliche Bilder sehen.« (beides bild.de, 18.6.2021). Wer über emotionale Reaktionen redet, der macht sich selbst zum beobachtenden Dritten und muss sich nicht seiner Unfähigkeit und Verantwortung stellen.

Die Taliban erweisen sich derweil als »gute Linke« und sammeln in Kabul erst einmal die Waffen von Zivilisten ein (bild.de, 16.8.2021), um sicherzustellen, dass keiner sich gegen ihre Herrschaft wehren kann.

Ronzheimer von der BILD nennt die Machtübernahme der Taliban ein »grausames Symbol des Scheiterns« (bild.de, 16.8.2021).

Richtig: Die Taliban.

Und doch, so grausam die Situation ist: Nichts von den Ereignissen ändert etwas an den Linien, die sich seit Jahren abzeichneten, die in diesen Essays vorgezeichnet sind.

Die eine große Linie ist: Menschen und Organisationen mit geordneten relevanten Strukturen werden zuletzt immer gegen die Menschen mit Unordnung-in-Kopf-und-Herzen gewinnen. Niemand wird bestreiten, dass die »relevanten Strukturen«, die »Kreise« der Taliban sehr klar geordnet sind.

Wir sollten generell akzeptieren, dass es Menschen und Kulturen gibt, nicht nur die Taliban, denen die westlichen Werte – oder was davon noch übrig ist – ein Fall für den Papierkorb sind, egal wie viel Geld sie von uns erhalten (vergleiche @mamjahid, 15.8.2021/ archiviert). Vielleicht verachten uns manche von denen für unsere Dummheit, ihnen Geld und Auskommen zu geben, während sie uns öffentlich demütigen – und dann wird mehr Geld gewiss nicht helfen.

Die andere große Linie, die (wahrlich nicht nur) ich zeichne, lautet schlicht: Der Westen ist auf dem Weg in eine Zukunft als Chinas Kolonie.

Was aber ist die Alternative zur Existenz als Chinas Kolonie? Eine Partnerschaft. Und wissen Sie, wer bereits seine Zukunft als Partner Chinas vorbereitet?

Richtig: Die Taliban.

Während der Westen sich blamiert und die Hände ringt, befinden sich China und die Taliban längst in Verhandlungen. faz.net, 28.7.2021 schreibt: »Mit ganz großem Bahnhof hat der chinesische Außenminister einen stellvertretenden Taliban-Führer empfangen. Peking signalisiert damit, dass es in Afghanistan eine größere Rolle spielen will.«

Yep Lun Tian schreibt für Reuters (reuters.com, 16.8.2021; meine Übertragung aus dem Englischen) : »Während die Taliban voranschreiten, legt China die Grundlagen, um eine heikle Lage zu akzeptieren.«

Die »heikle Lage« bedeutet konkret: Afghanische Mädchen, die ab heute nichts mehr wert sind, nichts mehr zählen, deren Träume ausgeträumt sind, die zum Spielzeug und Material der Taliban-Barabren werden (für ein herzzerreißendes Video: @khaledhosseini, 14.8.2021).  

»Akzeptieren« scheint mir aber ein viel zu euphemistisches Wort. In der chinesischen Global Times wird man aktuell deutlicher: »China könnte am Nachkriegs-Neuaufbau teilnehmen«, und zur moralischen Grundlegung dann auch: »Wir haben keine Massaker oder missbrauchte Frauen gesehen, und die meisten Städte wurden ohne Kampf eingenommen. Es gab Anschuldigungen gegen die Taliban, aber wir haben noch keine Beweise gesehen.« (globaltimes.cn, 15.8.2021)

Inzwischen hat China ganz offiziell die Taliban als Staatsführung anerkannt (@SteffenWurzel, 16.8.2021).

Vor allem aber

»Wir wissen, was Lenin über revolutionäre Situationen gelehrt hat«, so sagte einst Andropov, »Was auch immer das für eine Lage ist, über die wir in Afghanistan reden, es ist nicht die Art von Lage.«

Russland verstand Afghanistan nicht, der Westen versteht bis heute Afghanistan nicht. Solange die Klasse der »Educated Idiots« nicht begreift, dass andere Völker andere relevante Strukturen haben, solange sie das Verhalten der Afghanis und der Taliban nach westlichen Mustern vorhersagt, solange wird sie so tragisch falsch liegen wie Maas, Biden und Konsorten.

Ich selbst aber ziehe aus der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan mehrere Lehren – und keine davon ist neu:

Etwa: Die Merkelbande und das Regime des dementen Biden stellen genau das machtbegabte Elend dar, für welches wir es hielten. Aber auch: Für die Werte des Westens zu sterben lohnt sich nicht, denn der Westen hat sich seiner Werte entledigt, er pflegt mehr so Werte-Simulation (nein, Regenbogen-Flaggen, wo jeder zustimmt, sind kein »Wert«).

Und dann, vor allem: Am Ende gewinnt immer die Realität, und Teil der menschlichen Realität ist, dass die Kultur mit den geordneten Kreisen, den klaren relevanten Strukturen gewinnen wird. Die Taliban wissen, welche Strukturen ihnen relevant sind, China weiß es auch – wir nicht.

Unsere Lehre aus den Ereignissen in Afghanistan bleibt: Ordnet eure Kreise, damit ihr nicht mit dem Rest des Westens zum umherfliegenden Blättchen im Sturm der Geschichte werdet.

Lehrt eure Kinder das Programmieren (sogar die Taliban brauchen Coder) und etwas chinesische Weisheit (es ist, trotz Kommunismus, die DNA Chinas).

Wenn Regierung und Journalisten dir sagen, dass die Sonne scheinen wird, nimm unbedingt Schirm und Gummistiefel mit.

Am Ende gewinnt immer die Realität – stell dich also rechtzeitig auf die Realität ein.

Vor allem aber: Ordne deine Kreise!

Weiterschreiben, Wegner!

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