Dushan-Wegner

10.11.2020

»Das Leben ist gerade wie in Zeitlupe«

von Dushan Wegner, Lesezeit 10 Minuten, Foto von Nitish Meena
»Das Leben ist gerade wie in Zeitlupe«, schreibt mir ein Leser aus den USA, »wir erleben hier den letzten und größten Fight der Demokratie.« – Ich fürchtete, dass es so weit kommen würde, ich würde nur echt gern (und bald!) wissen, wie es ausgeht!
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In der Quarantäne entdeckten Menschen weltweit im »Virus-Hausarrest« die alte Freizeitbeschäftigung »Puzzle« neu (siehe etwa vanityfair.com, 5.5.2020). Man hat heute Smartphones und Streaming-TV und das alles daheim, doch immer nur auf den Bildschirm zu starren, dass lässt Seele wie Gehirn verkümmern. Puzzle-Hersteller melden Rekordumsätze (hier auf YouTube ein schöner Bericht über einen großen US-Puzzle-Hersteller) – es freut den Nostalgiker in mir, wenn ein so angenehm »unmoderner« Geschäftszweig unerwartet neu aufblüht.

Für lange Zeit nicht mehr

Erlauben Sie mir bitte, die Zuschrift eines in den USA lebenden Lesers zu zitieren (mit dessen Erlaubnis und ohne seinen Namen, von mir unverändert bis auf Anpassung der Umlaute von »ae« nach »ä« etc.) – ab hier Zitat:

»Ihre Kommentare zur US Wahl sind realistisch. Wir erleben hier den letzten und größten Fight der Demokratie. Wenn dieser verloren geht, wird es die echte Demokratie für lange Zeit nicht mehr geben. Sie ist in der gesamten westlichen Welt bereits deutlich angeschossen.

»Ich erlebe hier ein unbeschreibliches kollektives Luftanhalten. Das Leben ist gerade wie in Zeitlupe, wenig bewegt sich wirklich. Alles wartet. Selbst der Hate Speech der üblichen Linken fällt aktuell etwas schwächer aus.

»Trump und sein Team arbeiten wohl auf Hochtouren. Man erlebt eigentlich nur seine Helfer. Ich denke Trump ist persönlich mächtig getroffen, vielleicht ist er auch einfach nur vorsichtig, im juristischen Sinne. Alle Republicans sind abgetaucht, die üblichen Politiker sind nicht zu hören. Alle wissen, es kann nur noch der grosse Krieg kommen. Es schaukelte sich ja hoch zwischen Links und Rechts. Alle wissen unbewusst oder bewusst, dass jetzt der entscheidende Kampf kommen muss. Ich denke, wir werden es bald wissen….« (Ende des Zitats)

Unmetaphorisch real

»… es kann nur noch der grosse Krieg kommen«, so schreibt jener Leser – was für ein schrecklicher Satz!

Es klingt dramatisch. Es ist als Metapher gemeint. Es liegt Plausibilität darin. Die Drohungen der Anti-Trump-Fraktion gegen die angeblichen Wahl-Verlierer klingen weiterhin martialisch (während Biden von »Einheit« redet, phantasieren seine Anhänger bereits von Säuberungen, von der totalen und finalen Vernichtung ihrer politischen Gegner; siehe hierzu auch Essay vom 8.11.2020).

Der »Journalist« Jake Tapper vom berüchtigten Anti-Trump-Sender »CNN« drohte seinen politischen Gegnern:

Ich sympathisiere wirklich mit denen, welche die Niederlage verkraften müssen – es ist nicht einfach -, aber an einem bestimmten Punkt muss man nicht nur darüber nachdenken, was für die Nation am besten ist (friedliche Machtübertragung), sondern auch darüber, wie zukünftige Arbeitgeber euren Charakter in schwierigen Zeiten definieren könnten. (@JakeTapper, 9.11.2020/ archiviert, Übertragung aus dem Englischen)

Prominente Journalisten bei CNN, dem Lieblings-Nachrichtensender des Sumpfes, droht offen den politischen Gegner, und man hört, kaum verhohlen: »Wenn ihr euch nicht unterordnet, werden wir euch beruflich vernichten.« – Wie Tucker Carlson auf Fox News richtig bemerkte (Fox News, 10.11.2020, via YouTube), hätte sich das in dieser Offenheit nicht einmal die Mafia getraut, denn sie weiß, dass das FBI mithört. Haben amerikanische »Haltungsjournalisten« das Gefühl, über dem FBI zu stehen, unantastbar zu sein?

Jennifer Rubin von der Washington Post (gehört Jeff Bezos) will jeden, der es wagt, das Wahlergebnis zu hinterfragen, aus der »höflichen« Gesellschaft ausschließen (@JRubinBlogger, 6.11.2020) – sprich: ihn zu niederer Arbeit aussortieren, wie einst NS und Kommunisten es mit politischen Gegnern taten. Die Machtübernahme des greisen Bidens und der sogenannten »Democrats« fühlt sich täglich mehr wie ein anstehender Coup an – und schon länger nicht mehr wie eine demokratische Wahl.

»Democrats« lancieren derweil unzweideutig totalitäre, anti-demokratische Projekte wie das »Trump Accountability Project« (trumpaccountability.net; @HariSevugan, 6.11.2020/ archiviert), mit dem erklärten Ziel, dass jeder US-Bürger, der in den vergangenen Jahren für die US-Regierung arbeitete, in einer noch zu klärenden Form gebrandmarkt werden soll. 

Jedoch, die Kriegsgefahr wird auch sehr unmetaphorisch real. Ein Beispiel von vielen: Biden/Harris und die »Democrats«, in denen einige sehr aktiv bis offen antisemitische Israelhasser ihre politische Heimat finden (siehe dazu u.a. den humoristischen Text vom 15.4.2019), wollen wieder den Iran stärken (timesofisrael.com, 8.11.2020).

Diejenigen, die sich die »Guten« nennen, wollen mit Wut den einzigen Präsidenten seit langer Zeit absetzen, der keinen Krieg anzettelte, dafür aber bis dahin schier unmöglich geglaubte Friedensabkommen stiftete.

Die innere Unordnung von Linken ist nicht mehr »kognitive (und moralische) Dissonanz« zu nennen – es ist eine kognitive und moralische Kakophonie.

»Nicht unbedingt falsch«

In Texten wie »Eine Brücke über den großen Graben« (15.12.2017) oder »Mensch vs. Gehorsam« (8.3.2018) habe ich über eine große Spaltung Deutschlands geschrieben, doch es ist eine Spaltung, die sich durch die westliche Welt zieht – und jetzt in den USA wird sie in diesen Tagen so deutlich wie selten.

Zur Illustration dieses »großen Grabens« in ihrer aktuellsten Ausprägung will ich einen Autor des umstrittenen Trumphasser-Blattes New York Times zitieren:

Facebook ist aktuell voll mit rechtsgerichteten Falschinformationen. Diese alle sind die 10 am häufigsten verwendeten URLs auf der Plattform in den letzten 24 Stunden … (@kevinroose, 10.11.2020/ archiviert; meine Übertragung)

Darunter zeigt Herr Roose die Screenshots von vier Schlagzeilen, die seiner Bewertung nach rechte Fehlinformationen sind.

(Um Ihnen und mir die Mühe zu sparen, verlinke ich hier einfach nur die Meldungen, die exakt das als richtig bestätigen, was jener Herr als »Fehlinformation« bezeichnet: freep.com (»Detroit Free Press«), 6.11.2020; freep.com (»Detroit Free Press«), 7.11.2020; nytimes.com, 9.11.2020; politico.com, 9.11.2020 bzw. wieder die NY Times selbst: nytimes.com, 9.11.2020)

Dass ein New-York-Times-Schreiber die Wahrheit in ihr Gegenteil verbiegt, das allein ist keine Meldung mehr. Geradezu unterhaltsam jedoch wird seine Reaktion, wenn ihm vielfach vorgeführt wird, dass jede der angeblichen »right-wing misinformation« schlicht faktisch und unbestritten richtig ist, sogar in den Randspalten von Mainstream-Publikation.

Der Haltungsjournalist schreibt:

Das Schwierige für Facebook ist, dass einige der viralsten Geschichten nicht unbedingt falsch sind. (Perdue + Loeffler haben tatsächlich den Rücktritt des SOS gefordert.) Doch sie füttern das Narrativ von der gestohlenen Wahl, welches schwer wieder herunterzufahren sein wird. (@kevinroose, 10.11.2020/ archiviert)

Man darf es sich auf der Zunge zergehen lassen (es wird ein strenger Geschmack bleiben), was der New-York-Times-Schreiber ganz offen als »right-wing misinformationen« klassifiziert: Nachrichten, die zwar faktisch richtig und leicht prüfbar sind, aber das »falsche« Narrativ stützen, sind »misinformation« und sollten wohl von Facebook zensiert werden.)

Im Essay »Wasser auf die Mühlen der Falschen« (21.12.2018) fragte ich: » Ab dem wievielten »das ist Wasser auf die Mühlen der Falschen« gestehen Linke sich ein, dass ihr Weltbild auf Lügen gebaut ist?«

Vier Jahre lang verbreiteten Leitmedien, auch in Deutschland, absurde Verschwörungstheorien über die angebliche Rolle Russlands bei der Wahl Donald J. Trumps, und legten bis zuletzt keinen einzigen Beleg vor, außer irgendwelchen Papieren unklarer Herkunft und Geheimdienstdossiers, die sogar teils vom Clinton-Lager finanziert wurden. Diesmal liegen unter Eid abgelegte Aussagen vor (und es werden täglich mehr), dazu Videos und statistische Anomalien. Konzernmedien aber (wie auch der deutsche Staatsfunk) beharren darauf, dass diese Wahl, die emotional aufgeheizt war wie kaum eine Wahl davor, dafür aber wie noch nie auf das für Betrug anfällige Briefwahlverfahren setzte, absolut und unbezweifelt sauber ablief. Jake Posobiec bringt die vollständige Unglaubwürdigkeit der Konzernmedien auf den Punkt:

Sie glaubten an ein ausländisches Dossier ohne Belege, lehnen aber eidesstattliche Erklärungen und Videobeweise ab. (@JackPosobiec, 10.11.2020)

Wie reagiert »der Sumpf« darauf, wenn einer ihrer Beamten auf echte Probleme hinweist? Exakt so, wie man es von jenen erwarten würde, die sich »die Guten« nennen. Ein Beispiel: Der Wahlleiter von Oregon gab zu, dass es tatsächlich Schwachstellen im Teils veralteten System – und wurde auf der Stelle dafür gefeuert (seattletimes.com, 9.11.2020).

Der Graben, der sich nicht nur durch Deutschland, sondern durch eine Reihe westlicher Gesellschaften zieht, er ist auch ein kognitiver Graben.

Auf der einen Seite des Grabens diejenigen, für die Wahrheit in Theorie wie in Praxis schlicht bedeutet: »Was passiert ist.«

Auf der anderen Seite des Grabens jene, für die Wahrheit praktisch bedeutet: »Wahrheit ist, wovon es sich gut anfühlt, es zu glauben und für wahr anzunehmen«.

Wer jenes als Wahrheit betrachtet, was zu sagen sich gut anfühlt, der wird logischerweise jene Wahrheiten anerkennen, für deren Wahr-Annahme man (etwa vom Mann mit der Krawatte im TV) gelobt wird – und jenes als unwahr anerkennen, für deren Wahr-Annahme man verleumdet und ausgegrenzt wird, dazu bedroht und bestraft.

Alle Teile in der Schachtel

Wir entdecken dieser Tage das Puzzlespiel neu, und das nicht nur praktisch, daheim am Esstisch. Jedoch, so charmant die bewährte Puzzle-Metapher ist, genau da, wo sie nicht greift, wird es lehrreich.

»Das Leben ist gerade wie in Zeitlupe, wenig bewegt sich wirklich«, schreibt der Leser, »alles wartet«.

Ein klassisches Puzzle, das sind für uns viele einzelne Teile, die es zusammenzusetzen gilt, damit sich ein Bild ergibt, und das ist auch hier der Fall – doch die Unterschiede sind es, die wehtun!

Beim echten Puzzle ist das Bild vorher bekannt, wir wissen dazu, dass zuverlässig alle Teile in der Schachtel vorhanden sind, und wir können jederzeit auf dem Deckel nachschauen, wie das fertige Puzzle aussehen wird – all das fehlt hier!

Wir setzen ein Puzzle zusammen, das erst noch gezeichnet wird, um dessen fertiges Bild sich sehr mächtige Akteure streiten, wir setzen es zusammen, während man uns heftig am Tisch rüttelt.

Klitzekleinwenig

Beim Puzzle setzt man nicht gleich alle Teile auf einmal zusammen, sondern zunächst jene Teilbereiche, die man gefunden und erkannt hat. Dann versucht man, die Teilbereiche wiederum zusammenzufügen, mit Hilfe der übrigen, noch unverbundenen Einzelstücke.

Dieses »Puzzle« ist noch längst nicht zusammengesetzt, doch ein paar Zusammenhänge lassen sich erkennen.

Das China-Virus hat global ohnehin stattfindende gesellschaftliche Entwicklungen ums Vielfache beschleunigt – und mit wenig Gegenwehr. Die Digitalisierung von Arbeit und Alltag etwa ist innerhalb von wenig Monaten um ein gefühltes Jahrzehnt nach vorne geschnellt, was niemand bestreiten wird. Eine andere durch Corona beschleunigte Entwicklung ist die ebenfalls kaum zu leugnende Korrosion der Demokratie.

Eine noch deutliche schwerwiegendere Entwicklung als die Digitalisierung (aber doch eine damit zusammenhängende!) sind die Schäden an den Werten der Demokratie – weltweit, so noch vorhanden. Vergessen wir nicht, dass »Corona« das Argument der Democrats für den Masseneinsatz der für Betrug so anfälligen Briefwahlen war – jetzt ahnen wir den Grund.

Natürlich wird sich an diesem Puzzle ein Bild ergeben. Doch anders als beim Puzzle liegt es noch nicht fest, welches Bild das sein wird.

»Alles wartet« – das ist sehr wahr. Jedoch, nicht nur die Ereignisse und Fakten sind Teile eines Puzzles, um dessen letztes Bild noch gekämpft wird – auch wir sind Puzzlestücke in einem großen Ganzen, und wir suchen nach dem richtigen Ort mit den passenden benachbarten Puzzlestücken, wo wir hineinpassen, wo sich ein stimmiges Bild ergibt.

Ich weiß nicht, wie viel Sie und ich an dem großen Puzzlebild noch verändern werden. Was wir aber tatsächlich ändern können, das ist immerhin, wie unser Puzzlestück aussieht.

Die Welt hält die Luft an, auch ich.

Ein klitzekleinwenig können wir beeinflussen, was auf dem großen Puzzle steht, ein jeder von uns, theoretisch zumindest, doch es ist derart klitzekleinwenig, dass sich heute mancher klitzeklein und machtlos fühlt.

Ich kann aber (und sollte also!) noch immer zeichnen, malen und neu-erfinden, welches Bild auf meinem eigenen kleinen Puzzlestück erscheint, wie ich in »das große Puzzle« hineinpasse.

Ich kann (und sollte also!) sogar an meinen Rändern schneiden, uns so bestimmen, an welche Menschen ich gut andocke. (Hoffentlich an all meine wunderbaren Leser!)

Wer heute nicht verwirrt ist, der ist es, der wirklich verwirrt ist. Jeden Tag werden neue Teile des Puzzles klarer, andere fallen dafür wieder auseinander. Lieber sage ich »ich weiß nicht«, als jenes eine Wahrheit zu nennen, was bei Sonnenlicht betrachtet nichts als eine Lüge sein kann.

»WE WILL WIN!«, twittert Donald J. Trump, und wenn er irrt, dann wird wohl wahr werden, was der zitierte Leser schrieb, dann wird »es die echte Demokratie für lange Zeit nicht mehr geben«. Im Biden-Lager scheint sich erste Sorge zu verbreiten, dass Trump vor Gericht gegen allen Anschein gewinnen könnte – man erwägt, auf rechtlichem Wege eine Übergabe der Macht erzwingen zu wollen – wohlgemerkt bevor die Kommission den Wahlsieger erklärt hat (nypost.com, 10.11.2020).

Ich sehe es alles – und ich beschließe doch, zu hoffen. Ich will mein Puzzlestück gestalten, ich will meinen Ort im großen Puzzle neu suchen. Das ist unsere Aufgabe, das kann ich tun – und also will ich es tun.

Dem großen Puzzle gegenüber fühlen wir uns rat- wie hilflos, das ist menschlich – wer sich heute der Dinge ganz sicher ist, über den darf man sicher sagen, dass er wohl in den Sphären wilder Illusionen schwebt. 

Ja, wie Millionen andere Bürger dieses lustigen kleinen blauen Planeten in den Außenbezirken der Galaxie fühle ich mich heute hilflos, was das ganz große Bild angeht. Was aber mich selbst angeht, was meine eigene Rolle in dem ganz großen Durcheinander betrifft, darin bin und bleibe ich mächtig.

In diesem Geiste also, liebe Leser, lassen Sie uns Puzzle spielen. Und an Tagen wie heute dürfen wir auch mal die Luft anhalten – gespannt und nervös, ja – doch nie ohne Hoffnung!

Weiterschreiben, Wegner!

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