Dushan-Wegner

30.09.2019

Selbes Land, neue Sitten

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Bild von chuttersnap
Minderjährige brechen in Computerladen ein und fliehen mit Auto. Polizei verfolgt sie, stellt sie – und gibt sie den Eltern zurück. Gesetze und Realität passen nicht mehr zusammen. Die Zukunft wird spannend.
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Wenn Sie ein Fußballer alter Schule sind, dann könnte das Wort »Hacker« für Sie einen besonders derb und unfair spielenden Spieler bezeichnen. Wenn man heute aber »Hacker« hört, denkt man meist an »irgendwas mit Computer«, und auch dank der ahnungslosen Atemlosigkeit moderner Journaktivisten, denkt man auch »russischer Hacker« dazu, also auf jeden Fall eher etwas Böses.

Ob im Fußball, in Computernetzwerken oder in der davon abgeleiteten sozialen Bedeutung, Hacker sind Menschen, welche Schwächen und Lücken eines Systems zu ihrem Vorteil nutzen – in diesem Sinne wären Bestechung, Korruption oder der Kölsche Klüngel (»man kennt sich, man hilft sich«) auch eine Form des Hackens, ein Ausnutzen der Schwächen des Systems zum eigenen Vorteil, während man darauf besteht, dass die akzeptierten Regeln und Gewohnheiten für den Rest der Gesellschaft unverändert weiter gelten.

»Mit hoher Geschwindigkeit in Richtung A 57«

In Köln wurde in ein Computergeschäft eingebrochen. Ich kenne dieses Computergeschäft gut. Wenn man vom Neumarkt über die Ehrenstraße zu den Ringen geht, kommt man jedes Mal an dem Laden vorbei. Ich habe dort selbst etwas Geld gelassen. Jene Ladenkette hat Apple-Computer verkauft, als diese noch längst nicht so Mainstream (und teuer) waren wie heute.

Um 2.42 Uhr am Sonntagmorgen war der Polizei ein Einbruch gemeldet worden. Die Täter waren in ein Computergeschäft an der Ehrenstraße in Köln eingebrochen. Kurz danach meldeten Zeugen einen BMW, der mit hoher Geschwindigkeit in Richtung A 57 fuhr. (bild.de, 30.9.2019)

Der Bericht der BILD-Zeitung schließt so:

Nach der Befragung wurden die Jugendlichen an ihre Erziehungsberechtigten übergeben. Ob und wenn ja welche strafrechtliche Konsequenzen den Jungen drohen, hängt entscheidend von ihrem jeweiligen Alter ab. Denn: Kinder unter 14 Jahren sind noch nicht strafmündig. (bild.de, 30.9.2019)

Wenn sich das Alter der Kinder bestätigt, und sei es auch nur bei einem Teil der Gruppe, dann stehen wir als Gesellschaft vor einem Dilemma: Die 14-Jahre-Grenze bei der Strafmündigkeit geht davon aus, dass Kinder bis 14 überhaupt nicht in der Lage sind, in Gänze zu verstehen, was sie da tun, und also wäre es ungerecht, einen Menschen für etwas zu bestrafen, dass er nicht versteht, doch sie geht zugleich auch implizit davon aus, dass es »so schlimm schon nicht kommen wird«. Was soll ein Schulkind denn schon Böses anstellen? Einen Kaugummi klauen? Eine Glasscheibe mit dem Fußball einwerfen? – Unsere Gesetze, unsere Schulen und die Sicherheitseinrichtungen unserer Gesellschaft haben es heute mit Denk- und Handlungsmustern zu tun, für welche unsere Regeln und Gewohnheiten schlicht nicht ausgelegt sind. Man kann sagen: Wenn die Kinder tatsächlich nicht älter als 14 Jahre alt sind, dann haben sie unser Rechtssystem gehackt.

Wie ein Spiel

Spiele wie Schach oder Poker sind abstrahierte Darstellungen von Vorgängen in der Realität. Im Schach versuchen wir einander nach denselben gemeinsamen Regeln zu besiegen, mit vollständigen offenen Informationen, mit jeweils gleicher Ausgangslage. Beim Poker versuchen wir einander mit unklarer Informationslage zu besiegen, mit immer anderer Informationslage, und mit einem Gegner, der uns mit Körpersprache und Andeutungen aktiv in die Irre führen will. Spiele bilden Aspekte der Realität ab, doch die abbildende Qualität ist auch in anderer Richtung interessant, und dann nennt man es »game theory«.

Gesellschaft funktioniert wie ein Spiel, und Teil eines Spieles sind eben Regeln, nach welchen sich die Gesellschaft verhalten soll. NGOs, finanziert von reichen Leuten, die selbst sicher hinter großen Mauern leben (plus deren nützlichen Idioten in Redaktionen, Parteien und Schulen) unterminieren Demokratie und Rechtsstaat, indem sie den Irrglauben verbreiten, Bauchgefühl und Empörung stünden über Recht und Ordnung. Deutschland ist offiziell dasselbe Land wie vor zehn oder zwanzig Jahren, doch es sind ganz neue Sitten eingekehrt – manche würden fragen, ob es damit wirklich noch dasselbe Land ist.

Wie spielt man ein Spiel, wenn ein Teil der Mitspieler sich nicht an die Regeln halten will – und ein weiterer Teil der Mitspieler ununterbrochen kommuniziert, Regeln einzuhalten und einzufordern sei sowieso moralisch fragwürdig?

Spiele und Sportarten

Die Regeln, welche die Mächtigen und Strippenzieher den »kleinen Leuten« auferlegen, werden täglich härter – und die Regeln, auf die sich der Bürger berufen kann, werden aufgeweicht.

Während im Staatsfunk angekündigt wird, das Zensurgesetz »NetzDG« noch weiter zu verschärfen im »Kampf gegen rechts« (tagesschau.de, 29.9.2019), bekennen sich täglich lauter erschreckend viele Meinungsmacher zu den anti-demokratischen Schlägertrupps der Antifa (siehe auch »Es ist 2019 und in Deutschland bekennt man sich wieder öffentlich zur politischen Gewalt«) – wie soll Demokratie funktionieren, wenn eine Seite gar nicht mal so tut, als wollte sie sich an die Spielregeln halten?

Nicht nur Spiele und Sportarten bestehen zu einem buchstäblich wesentlichen Teil aus Regeln, auch die Gesellschaft ist das Zusammenleben von Menschen nach Regeln. Gesellschaft wird von innen heraus zerstört, wenn ein kritischer Teil der Leute auf eine Weise denkt, die von den Gesetzen gar nicht in Erwägung gezogen wurde.

Wir erleben weltweit ein Auflösen von Regeln im Namen linker Empörung. Ein fast schon kurioses Beispiel: Männer, die zu schwach sind für einen Erfolg in ihrer Sportart, können sich selbst zu Trans-Frauen erklären und mit Frauen in Wettbewerb treten – aktuell ist etwa die Situation im britischen Rugby in der Debatte, wo Schiedsrichter sich weigern, Spiele zu pfeifen, weil sie brutale Verletzungen fürchten, wenn biologische Männer gegen Frauen antreten (thetimes.co.uk, 29.9.2019). Den Schiedsrichtern droht eine Strafe, wenn sie eine Person mit Bartwuchs und männlich-muskulösem Körperbau daran hindern, am Frauen-Rugby teilzunehmen, obwohl diese Person von sich sagt, sie sei eine Frau – und da treten die Schiedsrichter lieber zurück, als die Verletzungen in Kauf zu nehmen. Es ist ein kurioses Beispiel, ja, aber es steht für den Irrsinn einer Welt, in der Regeln und Begriffe aufgelöst werden.

Erde braucht das Hüpfen nicht

Erfolgreiche Gesellschaften haben immer die Menschen konservativ erzogen, und dann konnte man vorsichtig gegen einzelne der Regeln rebellieren, sie reformieren und neu schreiben – doch das Fundament musste stehen und bleiben.

Um zu überleben, bräuchte es eine Erziehung der Menschen zu konservativen Werten, und eine konsequente Durchsetzung eben dieser. Alle anderen politischen Richtungen wie Liberalismus oder Soziales, setzen immer voraus, dass ein konservatives Fundament gelegt wurde. Das fröhlich hüpfende Kind braucht die Erde, von der aus es sich abstoßen kann – die Erde aber braucht das Hüpfen nicht.

Der Weg der linken Regelauflöser führt entweder ins Chaos nach Vorbild internationaler Krisenregionen (Berlin gleitet dahin ab), oder zu einer Quasi-Diktatur wie es sie in einigen nicht in jeder Hinsicht erfolglosen Ländern gibt. Linksgrüne Regelauflösung und die von dubiosen NGOs geförderte gefühlte Moral sind die realistische Bedrohung der Demokratie seit dem Fall des Kommunismus. (Es ist nur konsequent, dass dieselben Kreise wieder mit dem Sozialismus liebäugeln.)

Es gilt, sich zu schützen, wohin der Weg von heute an auch führt. Schützt euch, damit ihr nach euren Regeln leben könnt, wenn die Gesellschaft sich nicht mehr an allgemeine Regeln hält.

Verstärkt eure Türen. Lebt nicht allein und lebt lieber weiter draußen, außerhalb der Großstädte. Sucht euren Innenhof. Lasst die Schummeleien und das Hacken den Schummlern und Hackern, denn sie mögen kurzfristig einen schnellen Euro machen, doch ihr Glück höchstens nur kurz.

Wisst, wer euch wichtig ist, und dann spielt etwas Fußball mit ihr oder ihm, oder spielt etwas Schach, doch spielt nach den Regeln.

Weiterschreiben, Wegner!

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