Die Revolution wird dir keinen besseren Atem bescheren. Die Revolution wird dich nicht fünf Pfund leichter aussehen lassen. Die Revolution wird nicht besser zu Coca Cola passen. Vor allem aber: Die Revolution wird nicht im Fernsehen laufen.
Vielleicht haben Sie es erkannt: Ich habe einige Zeilen des Gedichts »Revolution Will Not Be Televised« von Gil Scott-Heron auf Deutsch paraphrasiert. Der Titel und Refrain des Gedichts lauten zu Deutsch etwa: »Die Revolution wird nicht im Fernsehen laufen.« – Das zu Jazz-Klängen als Sprachgesang intonierte Gedicht von 1970 gilt als Vorläufer von Rap und Hip-Hop (Sie können es auf YouTube hören).
Wie Michelangelo einst die Form aus dem Stein holte, so schält Scott-Heron aus dem Raum der Möglichkeiten das heraus, was die Revolution sein wird, indem er wegmeißelt, was die Revolution nicht sein wird.
Wo wir aber gerade von Dingen reden, die nicht das sind, worum es eigentlich geht, wären wir erst einmal bei den Nachrichten.
»TakaTuka-TV-Land«
Es gibt Dinge, die sind in sich absonderlich, doch in absonderlichen Zeiten sind sie derart gewöhnlich geworden, dass man sie erst bemerkt, wenn einer einen darauf hinweist. Dieser Tage begegnete mir eine Meldung, die einen Monat alt war, und ich hatte sie damals gehört, doch ein Meta-Detail war mir damals nicht aufgefallen, obgleich es eigentlich in mein Metier fiel.
Am 28.6.2021 zitierte der Account @ergroovt zum Heute Journal desselben Tages: »Zitat @heutejournal 28.06.2021 zu #Wuerzburg: Was auch immer die Ermittlungen ergeben, die Frage nach dem Warum wird niemand beantworten können“. So einfach ist das im öffentlich-rechtlichen TakaTuka-TV-Land. Nie zuvor war die Bezeichnung „Regierungsfunk“ treffender, teures @ZDF« (@ergroovt, 28.6.2021)
Ich will gern gestehen, dass selbst ich im professionellen Zynismus des politischen Essayisten es kaum glauben konnte – hatten die das tatsächlich so gesagt?
Ich schaute nach. Ich quälte mich durch zu viele Minuten klebriger Propaganda. Ich fand es wieder.
Es geht um einen Anschlag vom 25.6.2021. Ein aus Somalia stammender Merkelgast aus dem Unrechtjahr 2015 tötete drei Menschen (siehe meinen Essay vom 26.6.2021). Später (siehe Essay vom 28.6.2021) sollten wir von den Dramen jenes Tages erfahren, von der Mutter, die sich – selbst sterbend – vor ihre 11-jährige Tochter warf. Es ist die neue Realität, die neue, bittere Realität im Deutschland der linken Lügner und Leugner, der gerngehorsamen, grausamen Gutmenschen.
Am 28.6.2021 berichtete dann auch das Heute Journal darüber. Es ist eine Sendung des verfluchten deutschen Staatsfunks; also ist es wenig überraschend, dass bereits die Online-Überschrift wie eine dreiste Lüge wirkt. »Was folgt aus dem Würzburg-Anschlag?«, so wird auf der zdf.de-Seite zum Heute Journal vom 28.6.2021 gefragt, doch wer das schmierige Propaganda-Stückchen sieht (Link nur zu dem eineinhalb Minuten langen Videomüll), stellt fest, dass man genau das Gegenteil des implizit Versprochenen liefern will: Aus dem Anschlag soll nichts folgen, das ist das verkündete Dogma.
Der demagogische Kurzstreifen des deutschen Staatsfunks zeigt zuerst einen Mit-Somalier, der als Trauernder gezeigt wird. Es endet schließlich mit dieser merkwürdigen Erklärung (ab ca. 1:28): »Was auch immer die Ermittlungen ergeben, die Frage nach dem Warum wird nichts und niemand beantworten können.«
Aha.
Es ist selten, dass der Staatsfunk so offen zugibt, wie weit die Schere zwischen berichteter Wahrheit und realer Realität inzwischen offen steht.
Durch ihr Handeln (und, mancher sagt: inzwischen durch ihre blanke Existenz) demonstrieren »die« es ja täglich implizit, dass es ist, wie es ist – dass sie es aber derart quasi-offen quasi-zugeben, das ist… bemerkenswert.
Das Wort »können«
Der Staatsfunk sagt, »nichts und niemand« werde beantworten können, was den Mörder zum Morden bewegte.
Es lohnt sich bei Propaganda immer wieder, auf kleine Wörter zu achten, die besonders schwere Arbeit leisten, die Scharniere zwischen möglicher Wahrheit und (der eigentlich transportierten) blanken Lüge. Hier ist das Wort »können«.
Nehmen wir an, Sie fragen Ihren lokalen Bankangestellten, was Ihr Nachbar monatlich an Einkommen nach Hause bringt. Er könnte Ihnen sagen: »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen.« – Stimmt es aber? Es kommt drauf an, wie man »können« deutet! Wahrscheinlich wäre er durchaus technisch (sowie geistig wie auch körperlich) in der Lage, es Ihnen zu sagen – er darf es aber nicht (und da er seinen Job wie auch seine Freiheit behalten möchte, wird er es nicht tun). Er sagt »können«, doch »dürfen« ist, was er meint.
Wenn der Staatsfunk aber sagt, dass unabhängig vom Ausgang der Ermittlungen zu einem Attentat nicht gesagt werden kann, was den Täter antrieb, dann ist logisch schlicht keine andere Ausdeutung möglich als eben die: »Egal, was die Ermittlungen ergeben – das Warum dieses Anschlags darf nicht gesagt werden.« (Ich nehme an, wenn sich konstruieren ließe, dass Regierungskritiker die Schuld am Anschlag tragen, dieses »Verbot« sehr schnell aufgehoben würde.)
Wir könnten (im Sinne von: es wäre begriffslogisch denkbar), dass irgendwer beim Staatsfunk die Botschaften heute ins Extreme überdreht, in der heimlichen, subversiven Hoffnung, dass jemand da draußen es doch merken muss. Wir könnten auch annehmen, dass die es ernst meinen. – Unsere Konsequenz bleibt dieselbe.
Sofakissen bestellen
Die Revolution wird nicht im Fernsehen laufen, so heißt es. Eine Revolution ist ja, wörtlich verstanden, eine Rückwälzung, eine Umdrehung, eine Rückkehr. Ach, ich bin der Nostalgie müde, die in solchem Sehnen nach alten, wahrhafteren Zeiten liegt (was keinesfalls heißt, dass ich solcher Schwermut nicht selbst von Zeit zu Zeit erliege – und das durchaus mit gewissem Genuss).
»Revolution« ist ein großes Wort, ein komplizierter Begriff mit (zu) vielen Unbekannten – wer will so etwas überhaupt, gerade heute? Sagen wir es einfacher! Lasst uns das Fundament legen, bevor wir die Sofakissen bestellen!
Wenn das TV uns eine Revolution sendet, dann eine »Revolution von oben«. Ach, ich will überhaupt keine Revolution vom Fernsehen – aber etwas mehr Wahrheit würde ich freundlich begrüßen. Jedoch, dem leeren Himmel sei es wieder geklagt: Die Wahrheit läuft nicht im Fernsehen. (Wir denken auch an jenen bekannten Aphorimus, gelegentlich wird er Orwell zugeschrieben: »In a time of universal deceit, telling the truth is a revolutionary act.« – zu Deutsch etwa: »In einer Zeit der universellen Täuschung, ist es ein revolutionärer Akt, die Wahrheit zu sagen.«)
»The revolution will be live«
Heute könnte man sagen: Wahrheit ist die Revolution. Die Aufgabe jedes Staatsfunks ist es (nicht nur in Deutschland), die Revolution zu verhindern. Dazu gehört eben, zu bestimmen, was man sagen »kann« – und was nicht.
Die Wahrheit wird dir keinen besseren Atem bescheren – im Gegenteil! Mancher wird von dir die Wahrheit hören, und er wird so tun, als stinke die Wahrheit ihm – so hat es ihn die Propaganda gelehrt.
Die Wahrheit wird dich nicht fünf Pfund leichter aussehen lassen. Du wirst auf der Wahrheit bestehen, und sie werden denken, du seiest nur zu träge, dich an die Wahrheit-des-Tages anzupassen.
Die Revolution wird nicht besser zu Coca Cola passen. Ach, die Konzerne folgen doch den moralischen Moden des Tages – deren »Wahrheit« ist deren Umsatz und Aktienkurs, nicht dein persönliches Schicksal – und gewiss nicht das Wohl deines Landes.
Die letzte Zeile jenes Gedichtes lautet: »The revolution will be live«, zu Deutsch etwa: »Die Revolution wird live passieren.«
Wahrheit ist die Revolution. Die Wahrheit wird live passieren. Genauer: Die Wahrheit passiert schon jetzt – und wie sie passiert!
Es liegt an dir. Die Wahrheit drängt sich dir nicht auf, du Wahrheit verlangt Arbeit von dir – und sicher weißt du nur eins: Die Wahrheit läuft nicht im Fernsehen.