26.12.2020

Ein Jahr wie ein Hollywoodfilm

von Dushan Wegner, Lesezeit 5 Minuten
Wer von der Polizei im Corona-Staat nachts beim Zigarettenholen erwischt wird, dem kann ein Brutal-Bußgeld von 1.000 Euro drohen. Ist das der Deutschland-Film, den wir gewählt haben?
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Wenn Hollywood-Filme die Geschichte einer angsteinflößenden Dystopie erzählen, zeigen Regisseure nicht selten Szenen nächtlicher Ausgangssperren (siehe etwa filmpulse.info). Und wenn sie eine weltweite Bedrohung fürs Storytelling brauchen, greifen sie neben Außerirdischen, »den Russen« oder weltweit operierenden NGOs wie »Spectre« auch gern mal auf gefährliche Seuchen zurück.

2020 war ein Jahr, in welchem gleich mehrere Hollywood-Zukunftsvisionen wahr wurden. (Im Internet finden sich Listen von Filmen, die lange vor 2020 vorhersagten, was auf uns zukommen könnte, siehe etwa moviemaker.com, 20.12.2020).

In »V for Vendetta« etwa verlässt die Protagonistin Evey ihre Wohnung nachts um 11:00 Uhr, um prompt von den Fingermen aufgegriffen zu werden (siehe YouTube). Der Virus-Film Contagion (mit Beratung der WHO…) etwa wurde von Wissenschaftlern für seine wissenschaftliche Genauigkeit gelobt – und auch seine Story exerziert die Selbstverständlichkeit der Aufgabe von Freiheits- und Grundrechten im Angesicht einer Virusbedrohung.

Dies ist ein anderes Jahr, ein anderer Dezember, ein anderes Weihnachten und wohl auch ein anderer Jahreswechsel als die in den vergangenen Jahrzehnten.

In Teilen Deutschlands herrscht eine Ausgangsperre (neudeutsch: »Lockdown«), und wie in jenen Filmen sollte man sich doppelt und dreifach umschauen, wenn man nachts die Wohnung verlassen möchte, und zwar aus einem Grund, den schlechtgelaunte Polizisten für nicht so essentiell halten wie man selbst. Aus Bayern wird von einem Pärchen berichtet, das es wagte, nachts Zigaretten zu holen, und das Pech hatte, von vorbeifahrenden Polizisten aufgegriffen zu werden und nun drohen ihnen 1.000 Euro Strafe (pnp.de, 21.12.2020).

Wer von der Polizei im Corona-Staat nachts beim Zigarettenholen erwischt wird, dem kann 1.000 Euro Brutal-Bußgeld drohen. Das ist das Deutschland, das die Deutschen wählen – aber warum?

Im Song »Ich war noch niemals in New York« von Udo Jürgens geht der Song-Erzähler »noch eben Zigaretten holen«; seine Frau fragt: »War was?«, und er antwortet: »Nein, was soll schon sein?« – heute hätte sie gefragt: »Hat dich die Ausgangsverbot-Streife erwischt?«

Ein neuer Geist der »moralischen Ermächtigung« hat nicht nur die Merkel-Regierung ergriffen (siehe Essay »Grundlage zur Ermächtigung« vom 27.11.2020). Zu Heilig Abend meldet Moralistin Jutta Ditfurth über ihre Nachbarn: »Von etwa 60 Wohnungen, die ich aus meinem Fenster sehe, haben nur 4-5 das Licht an. Alle anderen sind offensichtlich ausgeflogen.« (@jutta_ditfurth, 24.12.2020/ archiviert).

Randnotiz! – Apropos »Moralisten«: »Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch scheinen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat!«, so ruft Jesus in Matthäus 23:27 (ich habe es etwa 2019 in »Öko-Aktivismus: Kettenfett predigen, Kerosin saufen« zitiert). Nun, ein Herr Woelki ist vor einiger Zeit damit aufgefallen, sich offensiv dazu zu bekennen, ein »Gutmensch« zu sein, was doch eigentlich etwa »penetranter Heuchler« oder »fragwürdiger Moralist« bedeutet (siehe Essay »Gutmensch« von 2017). Nicht, dass man ihm noch zustimmt! Aktuell ist er in den Schlagzeilen, weil er einen Missbrauch nicht gemeldet haben soll (ksta.de, 9.12.2020). Zu Weihnachten 2020 aber hat er »um Verzeihung« gebeten, und er tat es auf die denkbar gutmenschlichste Art: Herr Gutmensch bittet um Verzeihung darum, dass die Gläubigen auch »Kritik« an seiner »Person ertragen mussten« (klingt wie Satire, ist aber wahr und damit Realsatire, siehe etwa tagesschau.de, 25.12.2020). Immerhin das ist beruhigend, nämlich wie wenig sich in der Angelegenheit der Gutmenschen als »getünchte Gräber« seit buchstäblich den Zeiten Jesu Christi getan hat. – Ende der Randnotiz.

»The times, they are a`changing«, so sang einst ein späterer Nobelpreisträger (der jüngst die Rechte an allen seinen Lieder für sehr viel Geld verkaufte, siehe natürlich bangkokpost.com, 9.12.2020) – die Zeiten sind ein sich Änderndes (soll man da überhaupt noch Verantwortung für Irgendetwas übernehmen?!). Zu den Veränderungen der Zeiten gehören die sich verändernden Ratgeber in den Medien: »Bis zu 25.000 Euro – so teuer wird es, wenn Sie Weihnachten die Corona-Regeln brechen«, so warnt welt.de, 24.12.2020, allerdings hinter Bezahlstacheldraht – selbst die Informationen zu den sich täglich ändernden Strafen im Propaganda- und Ausgangssperren-Staat muss man sich erst leisten können.

An einige Dinge wie Hunger, Einsamkeit oder den Verlust von Freiheit kann sich der Mensch nicht gewöhnen, und dass ist auch gut so, denn sie bedrohen sein Überleben.

An andere Eigenschaften der Welt gewöhnen wir uns dagegen recht schnell, und wir würden uns sogar wundern, wenn dem nicht mehr so wäre.

Zu jenen Parametern des »neuen Normal«, die eben noch absurd erschienen, bis sie 2020 ganz »normal« wurden, gehört eben, dass utopische, hyperbolische und als warnende Mahnung gedachte Szenarien in einer bis dato ungeahnten Leichtigkeit zur neuen Realität wurden.

Es ist beinahe, als hätte es schon immer diese Option gegeben, als hätte schon immer ein »großer Schalter« existiert, Wahlzettel und Wahlen zu »heilen« (USA: »to cure«), etwa wenn sie »unverzeihlich« sind (Deutschland) , oder die Regierung zur Aufhebung der Grundrechte zu »ermächtigen« (wieder Deutschland), und dank Virus konnte dieser große Schalter endlich (?) umgelegt werden.

Ja, einiges an dieser Welt ähnelt der Dystopie eines düsteren Hollywood-Filmes. Sollten die Bürger beim Zigarettenholen nicht auch weiterhin mehr Angst vor Lungenkrankheiten als vor der zufällig vorbeifahrenden Streife haben? Mancher ansonsten brave Bürger fürchtet die petzende Missgunst des gutmenschlichen Nachbarn und die harte Hand der Coronapolizei auf der Schulter schon lange deutlich mehr als irgendwelche mutierenden Viren.

Wer lange genug an einem Hollywood-Film dranbleibt, so dunkel die Zukunftsvision auch sein mag, der wird zumeist mit einem guten Ende belohnt, einem für internationale Märkte optimierten Und-wenn-sie-nicht-gestorben-sind.

Dies ist kein Film – dies ist die Realität! Kein Hollywood-Magnat wird für unser gutes Ende sorgen (die haben eh nicht so viel Zeit dieser Tage, wenn die nicht gerade wegen unappetitlichen Dingen im Knast sitzen, sind die damit beschäftigt, Propaganda für den lügenden Greis zu treiben, den sie »president elect« nennen).

Es ist der zweite Weihnachtstag, während ich diese Zeilen schreibe. Die Tochter schläft heute aus, doch der Sohn macht es dem Vater nach und arbeitet schon früh. Er schreibt allerdings nicht furchtbar schlaue Essays, sondern bastelt weiter an Lego und Mindstorms (er baut einen »Roomba für den Tisch«, der dank Berührungssensor bei Hindernissen umdreht und mit Hilfe des Ultraschallsensors auch Tischkanten erkennt, und derart Krümel aufwischt). Elli hat mir einen ihrer Traum-Kaffees gebracht, dazu einige der Weihnachtsleckereien, die in diesen Tagen in der Wohnung herumkullern (ich meine die Kekse, nicht die Wegners).

Dieser ganz reale Film ist unsere echte Welt, unser eigenes, durchaus reales Leben. Es liegt an uns selbst, das »gute Ende« zu schreiben.

Ich danke Ihnen

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