Dushan-Wegner

06.05.2023

Die Benin-Bronzen sind weg – bleibt höflich!

von Dushan Wegner, Lesezeit 4 Minuten, Das Boot ist ganz schön abgefahren.
Deutschland gibt Benin-Bronzen an Nigeria – und die Dinger gehen sofort in den Privatbesitz des Königs über. Es hat Gründe, warum deutsche Politiker darauf bestehen, dass es extra strafbar sein soll, sie zu beleidigen.
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Bestimmt haben Sie schon vom »Nigeria-Scam« gehört. Das sind Spam-E-Mails von einem angeblichen »nigerianischen Prinzen«, der Ihnen verspricht, Sie an seinem geerbten Millionenvermögen zu beteiligen – er braucht bloß einen kleinen »Vorschuss« für die Transferkosten (siehe Wikipedia).

Vielleicht haben Sie selbst schon so eine Mail bekommen.

Und Sie haben sich gefragt, was das für Leute sind, die auf so etwas hereinfallen.

Meine Güte, das müssen doch … an dieser Stelle möchte ich den Gedankenfluss unterbrechen. Vorsicht an der Meinungskante!

Nach § 188 StGB ist es in Deutschland extra strafbar, einen Politiker zu beleidigen. Auch wenn er oder sie hereingefallen sein sollte, und zwar auf einen nigerianischen Prinzen – oder sogar einen nigerianischen König!

Wer glaubt denn sowas?

Annalena Baerbock und Claudia Roth haben jüngst in einem Staatsakt wertvolle »Benin-Bronzen« (siehe Wikipedia) an ihre politischen Kollegen in Nigeria zurückgegeben.

»Ein Stück Gerechtigkeit«, titelte tagesschau.de, 19.12.2022, die kluge Annalena Baerbock zitierend.

»Ein historischer Moment«, erklärte Staatsministerin Claudia Roth laut bundesregierung.de, 21.12.2022.

»Gerechtigkeit« ist allerdings ein Wort, unter welches Politiker so ziemlich alles subsumieren können, etwa »Klimagerechtigkeit«, wenn sie via CO₂-Zertifikaten das Geld von Arm nach Superreich umverteilen.

Was also versteht Frau Baerbock im Fall der Benin-Bronzen konkret unter »Gerechtigkeit«?

Das Metall stammt aus bronzenen Armreifen (»Manillen«), welche das Königreich Benin einst als Bezahlung für schwarze Sklaven erhielt. (telegraph.co.uk, 15.8.2022).

Das Könighaus von Benin unterwarf Nachbarvölker und verkaufte sie in die Sklaverei nach Europa. Das zur Bezahlung erhaltene Metall wurde eingeschmolzen und zu wirklich hübschen Kunstwerken verarbeitet. Ein Teil dieser Benin-Bronzen wird von kritischen Historikern als »Blut-Metall« bezeichnet.

1897 wurden die Bronzen tatsächlich von britischen Truppen »erbeutet«, im Rahmen einer »Strafexpedition«. 52 deutsche Söldner plünderten mit. Die Kunstwerke standen dann in westlichen Museen, wo auch die Nachfahren der Sklaven sie anschauen konnten. (Ein Drittel der »zurückgegebenen« Kunstwerke bleibt immerhin als »Leihgabe« in Deutschland – und die dürften sich jetzt wohl eines ganz neuen Interesses erfreuen!)

Im grünlinken Tralala-Weltbild existiert keine aktive Rolle afrikanischer Könige am Sklavenhandel, also ist es »Gerechtigkeit«, dass man – gegen den Rat von Experten und auch Geschichtsethikern – die Bronzen an genau das Königshaus zurückgibt, welches seine afrikanischen Rivalen als Sklaven verkaufte.

Ein deutscher Historiker verglich die »historische Geste« mit Brands Kniefall (deutschlandfunkkultur.de, 30.4.2021).

Und weil deutsche Politik ohnehin meint, dass deutsches Geld überall besser angelegt ist als in Deutschland, hat Deutschland gleich noch Millionen Euro für ein dediziertes Museum zugesagt.

Bei jenem Staatsakt besichtigte die kluge Frau Roth auch das Grundstück, auf dem das Museum stehen wird … bestimmt … irgendwann.

Gar nicht erst

Die Bronzen sind jetzt auf jeden Fall weg – und gehören jetzt ganz offiziell dem aktuellen Oberhaupt der Königsfamilie Oba Ewuare II. – privat. Ist doch schön, wenn er und seine Frauen noch etwas Schönes zum Angucken haben, wenn ihnen vom Herumfahren im 460.000-Dollar-Rolls-Royce (vanguardngr.com) langweilig ist.

Ich bin sicher, dass sich in der linksgrünen Logik eine Erklärung dafür findet, warum das Metall der Sklavenhändler-Zahlungen im Privatbesitz des Königshauses, das einst seine Nachbarn als Sklaven verkaufte, »moralischer« aufgehoben ist als in deutschen Museen mit politisch hyperkorrekter »Einordnung«.

Und das Museum, dessen Grundstück die Bundeskunstexpertin Roth besichtigte, wird gar nicht erst gebaut (welt.de, 5.5.2023).

Der erwähnte Historiker lobte, dass Deutschland mit der Übergabe der Benin-Bronzen »die Deutungshoheit und die Verfügungshoheit abgibt« (deutschlandfunkkultur.de, 30.4.2021) – wohl etwa so, wie der Patient in der Geschlossenen in gewisser Hinsicht »die Deutungshoheit und die Verfügungshoheit abgibt«.

Womöglich die Antwort

Wir schütteln den Kopf. Uns wird aufs Neue bewusst, warum deutsche Politiker den Paragraphen 188 StGB vor sich hertragen wie den letzten Schutzschild zwischen sich und der peinlichen Wahrheit.

Der Kaiser ist nackig, und der Junge in jenem Märchen, der dies laut aussprach, würde heute wegen »Hass und Hetze« im Gefängnis schmoren.

Sollten Sie sich gefragt haben, was das für Leute sind, die auf E-Mails von nigerianischen Prinzen hereinfallen, jetzt haben Sie womöglich die Antwort.

Sprechen Sie die Antwort aber lieber nicht zu laut aus!

Die Herrschaften könnten sich »beleidigt« fühlen, wenn die Untertanen darüber lachen, wie unsere Majestäten von anderen Majestäten hereingelegt wurden.

Weiterschreiben, Wegner!

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