Dushan-Wegner

12.02.2022

Dein Kopf sagt: Das ist jetzt halt so

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Foto von Mohsen Tebi
Das Verfassungsgericht scheint brav abzunicken, was Politik, Pharma und Propaganda in den Kram passt. Man fasst es nicht, und man fasst sich an den Kopf, und man ruft: Das hält man doch im Kopf nicht aus!
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Man möchte einander ja »Kopf hoch!« zurufen, im Hinterkopf weiß man aber, dass wer den Hals zu weit vorstreckt, schnell einen Kopf kürzer gemacht wird – (hoffentlich nur) bildlich gesprochen.

Hauptsache ist doch, den Kopf nicht hängenzulassen, so sagen wir uns aus altem Reflex.

Ich möchte mir ja nicht allzu sehr einen Kopf darüber machen, was heute passiert, doch das, was heute passiert, das hält man doch im Kopf nicht aus!

Deutschland ist ein Land, in welchem ein Rechtsanwalt mit »umstrittener Vergangenheit« (Zitat handelsblatt.com, 3.2.2020) zum obersten Verfassungsrichter ernannt wurde. Dieses alleroberste Gericht spricht etwas, das sie »Recht« nennen, was sich aber für uns Unbedarfte wie etwas ganz anderes anfühlen könnte.

Mal geht es um einen Antrag zur Erhöhung der Propagandasteuer (die sie »Rundfunkbeitrag« nennen, siehe dazu auch Essay vom 5.8.2021: »Verfassungsgericht macht Deutschland zum Propagandastaat«), mal um Anträge zur Impfpflicht im Gesundheitswesen (siehe welt.de, 11.2.2022 und bundesverfassungsgericht.de, 10.2.2022), und immer wieder fassen wir uns an den Kopf.

»Panik-Karl« (siehe auch Essay vom 10.2.2022) begrüßte die aktuelle Entscheidung des obersten Gerichts (@karl_lauterbach, 11.2.2022), Eilanträge gegen die Pflege-Impfpflicht abzulehnen. Wie schon bei der geradezu lächerlichen Entscheidung zur GEZ-Erhöhung fanden sich in der Begründung einige Punkte, die schlicht mindestens fragwürdig zu sein scheinen, nach mancher Meinung mehr regierungs- als realitätsfreundlich. 

Ein Zitat, direkt aus der Begründung:

Schwerwiegende Nebenwirkungen oder gravierende Folgen, die über die durch die Verabreichung des Impfstoffes induzierte Immunantwort hinausgehen, sind nach derzeitigem Kenntnisstand sehr selten. Ungeachtet dessen bleibt es den von der Nachweispflicht betroffenen Personen unbenommen, sich gegen eine Impfung zu entscheiden. Dass die damit verbundenen beruflichen Nachteile in der begrenzten Zeit bis zur Entscheidung über die Hauptsache sehr schwer wiegen, ist nicht zu besorgen. (bundesverfassungsgericht.de, 10.2.2022)

Selbst Orwell hätte sich nur mit Mühe eine derart zynisch-perfide Verteidigung des Regierungshandelns ausdenken können: Die Impfpflicht ist nicht so schlimm, da du ja fürs Erste den Job kündigen und deine Existenz aufgeben kannst – oder dir eine Injektion setzen lassen darfst, die dich weder vor Infektion noch vor Weitergabe schützt. Es will einem schier der Kopf platzen!

Ich bin so alt, dass ich mich noch erinnere, als das Bundesverfassungsgericht für die meisten von uns eine echte moralische Autorität war – und sich nicht für viele Bürger wie der dreiste, verlängerte Arm der Parteien und ihrer Spender anfühlte.

Der Fisch stinkt, so sagt man, vom Kopf her. Diese Redeweise bezieht sich darauf, dass das weiche, eiweißhaltige Gehirn des Tieres besonders schnell verrottet – was die Metapher extra gruselig macht. Ich bin nicht sicher, welchen einzelnen Teil von Deutschland man als »Kopf« bezeichnen sollte. Wo ist dieses Gehirn? Wir müssten wohl dem fiesen Geruch folgen, um es herauszufinden, doch es fällt mir gerade nicht einfach, denn der Geruch ist schon sehr streng und mir dreht sich bereits ein wenig der Kopf.

Im Essay »Moralisch ist, was möglich ist – bätschi!« vom 26.1.2020 nahm ich den Song »Wear Sunscreen« von Baz Luhrmann zur Inspiration, und ich schrieb: »Akzeptiere es als Wahrheit und Grundkonstante der Welt, dass Politiker unmoralisch sind.«

Ich sollte mir wohl tatsächlich die Idee aus dem Kopf schlagen, dass es auf einfache, naheliegende Weise anders sein könnte, als es heute ist. An jedem neuen Tag sind die Nachrichten ja wie ein Schlag vor den Kopf – die Migräne ist das wahre »neue Normal«.

Wie gern würde ich der Republik den Kopf etwas gerade rücken. Sehen die Leute denn nicht, wie uns das Hemd über den Kopf gezogen wird? Ach, man zermartert sich den Kopf, man will sich die Augen aus dem Kopf weinen, doch auch das wäre vergeblich. Hauptsache nicht kopflos vorgehen! Und doch, ich will mir nicht auf dem Kopf herumtanzen lassen, mir nicht auf den Kopf spucken lassen, und mir steht der Kopf auch überhaupt nicht danach, dass mir jemand den Kopf vollquatscht.

Ich will lieber den Kopf freihaben – ich habe doch Augen im Kopf! – und ich will es wagen, den Mitmenschen, die Wahrheit nach meinem bestmöglichen Verständnis vor den Kopf zu knallen.

Mein Herz will es nicht wahrhaben, mein Magen rebelliert, doch mein Kopf sagt mir nüchtern: Das ist jetzt halt so!

Ich bin kein Hitzkopf (meine ich), eher so ein kühler Kopf, und nicht der Typ dafür, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen. Umso mehr bewundere ich die Leute, und beneide sie wohl auch um ihren Mut, die eben nicht den Kopf einziehen, die heute noch immer unverzagt für Grundrechte und Freiheit auf die Straße gehen – selbst wenn sie dafür buchstäblich den Kopf hinhalten – woraufhin die deutsche Polizei dann womöglich ihnen gegen den Kopf tritt; siehe Essay vom 31.8.2021. (Was geht eigentlich im Kopf dieser Polizisten vor?)

Ja, ich bin wohl eher ein Grübler, und ich zerbreche mir den Kopf, und ich frage mich, wo das alles noch hinführen soll. Ich finde keine Antwort, selbst wenn ich mich auf den Kopf stelle.

Ich fürchte heute gelegentlich, es alles bald nicht mehr im Kopf auszuhalten – und das ist noch bevor ich darüber nachdenke, dass Deutschland aktuell von einem Mann als Kanzler regiert wird, der noch immer mit dem riesigen Cum-Ex-Skandal in Verbindung zu stehen scheint (ndr.de, 13.12.2021).

Wie man es sonst von einer Bananenrepublik erwartet hätte, wurde die Prüfung der Ermittlung gegen Scholz rechtzeitig vor der Bundestagswahl beendet, so daserste.ndr.de, 17.12.2021. Die Cum-Ex-Modelle wurden laut t-online.de, 15.5.2020 wohl auch in einer bestimmten Anwaltskanzlei ausgetüftelt, »um den Staat auszuplündern« (ebenda), in welcher zu jener Zeit ein gewisser Herr Harbarth arbeitete, und der ist heute der Chef des Bundesverfassungsgerichts. – Zufälle gibt’s, da schwirrt einem der Kopf!

(Ein Sarkast könnte korrekt feststellen: Es wäre falsch, den deutsche Staat als eine Räuberbande zu bezeichnen, denn was der Staat tut, ist legal, und wenn Sie das nicht glauben, dann fragen Sie bitte das Bundesverfassungsgericht.)

Man kratzt sich den Kopf, und man fragt sich, warum Staatsfunker und andere sogenannte »Journalisten« es nicht viel schärfer hinterfragen, was die Großkopferten heute motivieren könnte, doch wir ahnen es: Allzu scharf zu fragen kann einen Journalisten im metaphorischen Sinne den Kopf kosten.

Was sollen wir tun? Wir stecken die Köpfe zusammen, doch uns fällt wenig ein. Wir sehen zu, wie die-da-oben das Geld samt der Zukunft auf den Kopf hauen, als wären sie alle auf den Kopf gefallen.

Diese Zeiten sind verkehrt, es ist so manches nicht richtig. Einst hatte ich mir in den Kopf gesetzt, die Logik der großen Entscheidungen verstehen zu wollen und nach Lösungen zu suchen, doch es wollte mir nicht in den Kopf gehen – mir drehte sich bald der Kopf. Die Welt steht Kopf, und es ist gerade keiner da, der die Dinge vom Kopf auf die Füße stellt.

Können wir nochmal den Kopf aus der Schlinge ziehen? Will ich selbst lieber den Kopf in den Sand stecken, oder werden wir grübeln und nachdenken und einen Ausweg suchen, bis uns der Kopf raucht?

Das ist halt jetzt so, so sagt mir mein Kopf, doch mein Magen sagt mir: Dir wächst das alles bald über den Kopf!

Ich selbst aber sagte mir: Selbst wenn sie mir das Dach überm Kopf in Brand stecken, wenn sie mir den Kopf erst waschen und dann abbeißen wollen, ich will eben diesen Kopf dennoch nicht hängen lassen.

Ich sage, und da bin ich stur: Kopf hoch, auch wenn der Hals dreckig ist. Sprich aus, was dir wirklich im Kopf herumgeht, auch wenn du Leute damit vor den Kopf stößt. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, mir jeden Tag aufs Neue einen klaren Kopf zu schaffen, den Kopf zur Ruhe kommen zu lassen, vielleicht indem ich den Kopf in ein gutes Buch vergrabe.

Es geht uns heute ja nicht »nur« um Kopf und Kragen. Es geht um die Würde, den Respekt, den wir uns selbst gegenüber empfinden – um die Frage, ob wir mit Recht den Rücken gerade halten und den Kopf hochhalten können.

Tröste dich: Wenn sie dir den Kopf abschlagen wollen, dann kannst du doch darauf stolz sein, denn sie bescheinigen dir damit zumindest eines: Du hast deinen eigenen Kopf.

Weiterschreiben, Wegner!

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