24.04.2023

Habeck oder Sein

von Dushan Wegner, Lesezeit 6 Minuten, Nie gegen die Familie!
Habecks Wirtschaftsministerium sucht Mitarbeiter. Sind Sie mit einem Staatssekretär verwandt oder verschwägert? Super! Bewerben Sie sich jetzt, und jede Besprechung wird zum Familientreffen!
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Was ist der beliebteste Film im Wirtschaftsministerium? Ist es vielleicht »Der Pate« mit Don Corleone und seiner, äh, Familie?

Ich weiß es nicht, doch dieser Tage entdecken wir bei den Grünen überraschend viel Liebe zur, äh, Familie.

Wir lesen aktuell Schlagzeilen wie: »Habeck führt sein Ministerium wie einen Clan« (focus.de, 24.4.2023).

Einer der Vorteile der Demokratie ist, dass die Bürger zuverlässig die klügsten und moralisch integersten Personen ins Amt wählen. (Moment, ich wische kurz den Sarkasmus von der Tastatur.)

Und diese Integren suchen sich dann via Ausschreibung und Bewerbung die kompetentesten Leute als wohl dotierte Berater aus. So wie Herr Habeck, und über den liest man: »Keine Ausschreibung – Habeck besetzte neun Referatsleiterposten nach eigener Auswahl« (welt.de, 3.4.2023).

Rein zufälligerweise sind die besten Leute, die der Grüne für die vom Steuerzahler hoch bezahlten Posten finden konnte, wohl zum guten Teil alte Kumpels – und teils untereinander verwandt.

Da wäre ein Michael Kellner, enger Habeck-Vertrauter und ehemaliger Bundesgeschäftsführer der Grünen (siehe Wikipedia). Jetzt Staatssekretär … und verheiratet mit einer Verena Graichen.

(Hinweis zu Links: Alle folgenden Links sind Stand 24.4.2023 und sie sag(t)en zu diesem Zeitpunkt die im Text erwähnten Informationen aus. Es ist denkbar, dass die Informationen sich über die Zeit verändern.)

Verena Graichen aber ist »Senior-Researcher« beim »Öko-Institut e.V.« (via oeko.de/das-institut/team/team-detail/verena-graichen), welches gruselig viele Behörden berät (oeko.de/forschung-beratung/referenzen).

Via Verena Graichen hat Herr Kellner zwei gewiss sehr sympathische Schwäger, nämlich Patrick und Jakob Graichen – und beide helfen im Wirtschaftsministerium mit.

Jakob Graichen ist wie seine Schwester »Senior Researcher« beim »Öko-Institut« (www.oeko.de/das-institut/team/team-detail/jakob-graichen), und laut focus.de, 24.4.2023 arbeitete er an (mindestens) einer Studie für das Wirtschaftsministerium mit.

Der andere Bruder, ein Herr Dr. Patrick Graichen ist – Trommelwirbel, bitte – Staatssekretär im Wirtschaftsministerium (siehe bmwk.de).

Beim hier erwähnten Öko-Institut arbeitet auch ein gewisser Dr. Felix Christian Matthes (oeko.de/das-institut/team/team-detail/felix-christian-matthes). Man findet diesen Namen u. a. als Mitglied der Kommission »Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung« (bmwk.de).

Laut focus.de, 24.4.2023 ist Dr. Matthes mit Regine Günther verheiratet, einer ehemaligen Umweltsenatorin im Berliner Senat (siehe Wikipedia).

Regine Günther leitet zusammen mit Rainer Baake die »Stiftung Klimaneutralität« (www.stiftung-klima.de/de/geschaeftsfuehrung/).

Herr Baake aber diente von 2006 bis 2011 als Bundesgeschäftsführer der bekannten »Deutschen Umwelthilfe«. Er ist selbst ehemaliger Staatssekretär und laut Focus ehemaliger Chef des Patrick Graichen. Und Habeck hat ihn zum »Sonderbeauftragten des BMWK für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation« ernannt (bmwk.de, 11.7.2022).

Die CDU/CSU-Fraktion rühmt sich derzeit, diese Dinge via Anfrage aufgedeckt zu haben. Nun, da ich kein Journalist bin, arbeite ich ordentlich und habe Punkt für Punkt einzeln nachrecherchiert – siehe die vielen Links im obigen Abschnitt.

Die Metapher vom »Clan« im Wirtschaftsministerium las man zuerst wohl 2021 in der TAZ: »Energiewende als Familienprojekt«. Der knackige Teaser dazu lautete: »Deutschlands Unternehmen organisieren sich gern in Clans und Verwandtenzirkeln. Das gilt jetzt auch für das grüne Wirtschafts- und Klimaministerium.« (taz.de, 19.12.2021)

Notfalls mit Androhung

Bislang dachten wir ja, die Grünen würden keine Familienunternehmen mögen, denn die machen schließlich Deutschland stark. (Gnädig wären die Grünen gegenüber Familienunternehmen wohl nur, wenn man eine Lungenkrebs-Dynastie wäre, die in der Hitlerzeit von Zwangsarbeit profitierte und heute junge Damen vorweisen kann, die aggressiv gegen Deutschland und für den Öko-Zertifikate-Reibach agitieren.)

Die neue Chefin des deutschen Familienunternehmen-Verbands warnt aktuell sehr deutlich vor den Folgen des Grünen-Wahnsinns (focus.de, 21.4.2023). Aber klar, es gibt auch Familienunternehmer mit einem theoretischen Herz für die Grünen, etwa den Megayacht-Besitzer Reinhold Würth (kuerier.at, 7.6.2019; Megayacht »Vibrant Curiosity« bei Wikipedia: eine Tankfüllung 284.500 Liter).

Andere Familienunternehmer (zumindest die, die nicht direkt von der Politik profitieren, etwa indem sie magische Herde im Ausland herstellen und in Deutschland verkaufen) sehen dirigistische Eingriffe im Namen »höherer Werte« eher kritisch.

Ist das Wirtschaftsministerium nun ein Familienunternehmen oder doch eher ein Clan? Nun, einiges würde auch für den Clan sprechen, denn ähnlich wie ein Clan bewirbt man sich nicht beim Kunden um Aufträge und Geld – man kann vielmehr, ähnlich wie die (Partei-)Freunde beim Staatsfunk, dem Zwangskunden das Geld notfalls mit Androhung von Gefängnis abpressen.

Mehr Jugendlichkeit!

Natürlich wollten und könnten wir an dieser Stelle hoffen, dass die Kollegen der anderen Fraktionen dem Wirtschaftsminister endlich auf die Finger gucken.

Aber wer? Bevor Olaf »Erinnerungslücke« Scholz oder Nancy »Antifa-Gastautorin« Faeser den Kampf gegen »G’schmäckle« in der Politik aufnehmen, wird eher Joe »Zombie« Biden für mehr Jugendlichkeit in der Politik plädieren.

Das Justizministerium vielleicht? Nun, das Justizministerium gehört der FDP. Die FDP biegt nicht rechts ab, um dann links zu fahren, oder andersrum. Die FDP sitzt im BMW, drängelt und lichthupt wie verrückt – und rast dich dann immer wieder überraschend im Rückwärtsgang platt. bild.de, 20.4.2023 titelt: »Justizminister vergibt Stellen ohne Ausschreibung«.

Kein richtiger Mann

Wir sehen täglich klarer: Der sogenannte Klimaschutz ist vor allem ein riesiges Business, das – ähnlich wie die Kirche – mit moralischem Druck die Sahne vom Milchtrog tatsächlich geschaffener Werte abschöpfen will. Öko-Funktionäre schaffen wenig greifbare Werte, schippern aber in stattlichen Schlitten durch die Landschaft und scheffeln sündhaft viel Schotter.

Die verschiedenen Mode-Moralitäten, ob Gutmenschentum, Alphabet-Sexualität oder eben Klimapanik, sind nicht nur profitables Business, sondern oft auch Farbschicht, die von ganz anderen Rissen ablenken soll.

Will ein Konzern von Massenentlassungen in Europa oder Quasi-Sklavenarbeit anderswo ablenken, kann er extralaut die Rechte von LGHDTV+ verlangen. (Und wie vielen von Ihnen ist aufgefallen, dass ich eben tatsächlich ein TV-Modell abkürzte?)

Will man den Staat um Millionen und Abermillionen erleichtern, kann man das im Namen der Umwelt tun. Das ist legal und gilt sogar als moralisch!

Ich mache keinem Einzelnen in der Habeck-Gang einen persönlichen Vorwurf. Geld vom Staat, Klima retten und dabei in der Familie bleiben – ein Angebot, das keiner ablehnen kann.

Erich Fromm unterscheidet in »Haben oder Sein« zwischen zwei grundlegenden Ansätzen für das Leben selbst: Das Haben ist auf Besitz und Kontrolle ausgerichtet und kommt zu diesem Zweck immer fassadenhaft daher. Das Sein nach Fromm ist ja tatsächlich an Familie und Zwischenmenschlichem ausgerichtet, doch gewiss nicht in diesem Sinne! Das Sein nach Fromm soll authentisch sein, kongruent zu den behaupteten Werten, statt Werte zu Status-Vehikeln zu reduzieren. Genau dies ist es ja, was uns an den Grünen derart gegen den Strich geht: Sie tun, als wären sie ganz viel Sein, doch bei näherem Hinschauen entpuppen sie sich regelmäßig als denkbar radikal am Haben orientiert. Das Wirtschaftsministerium stellt uns die Frage: Wollt ihr Habeck oder Sein?

Panzer aus der Nähe

Gerade jene Leute, welche die Moral wie einen Panzer durchs Land fahren und täglich jeden mit Moralgranaten niederschießen, der sich ihnen in den Weg stellt, wirken aus der Nähe erstaunlich unmoralisch.

Schusters Kinder, so heißt es, tragen die schlechtesten Schuhe, und beim Moralisten daheim geht es wohl wenig moralisch zu.

Die Grünen sind das Gegenteil von nützlich, und darin liegt ihr einziger Nutzen: dass wir uns daran erinnern wollen, nicht so zu werden wie die, denn die haben ihren Lohn schon gehabt.

Grüne sind andere Leute als ich. Mir ist recht egal, ob Sie oder andere Leute mich für moralisch halten. Ich will Ihnen nützen, und wenn ich Ihnen genützt habe, dann ist mir das genug Moral.

Und wenn wir schon so offen reden: Wenn alle um uns herum das ähnlich sähen, dass wir einander Nutzen bringen wollen, mal praktisch, mal emotional und mal beides, dann wäre die Welt ein besserer Ort.

Weiterschreiben, Dushan!

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