Es ist eine kleine Notiz, und noch dazu aus dem Vorfeld der katholischen Kirche, doch ist sie es wert, darüber einige Minuten lang nachzudenken. Glaubt mir das, auch wenn ihr sonst nicht(s) glaubt!
Dass es aussichtslos ist
In Freiburg steht ein katholisches Priesterseminar. Kürzlich, so wurde berichtet (katholisch.de, 22.05.2025), reichten »neun Theologiestudentinnen« ihren Aufnahmeantrag ein.
Eigentlich können Frauen in der katholischen Kirche nicht Priesterinnen werden. Und eigentlich wissen das die Damen ja. Doch sie reichten dennoch einen Aufnahmeantrag ein. Nein, nicht »dennoch«, sondern gerade deshalb!
Warum, wenn sie doch wussten, dass es aussichtslos ist?
Nun, wir können spekulieren – allerdings von der Faktenlage und unserer allgemeinen Lebenserfahrung ausgehend.
Die Faktenlage ist, dass sie nicht nur ihren Antrag einreichten, sondern in der Lokalpresse prompt darauf auch bebilderte Artikel über den Fall erschienen.
»Neun Freiburgerinnen wollen Priesterinnen werden und bewerben sich beim Priesterseminar«, titelt badische-zeitung.de, 21.05.2025.
»Ein wenig aufgeregt und sehr entschlossen sind Stephanie Gans und Vera Fath, als sie sich …«, so beginnt der Text ganz dramatisch. (Dann blendet die Bezahlschranke aus, was man anderswo gratis lesen kann.)
Was war die wahre Motivation dieser Damen? Ihr wisst, dass ich geradezu allergisch auf Mutmaßungen zu Motiven reagiere. Wenn aber eine Handlung prima facie sinn-, weil aussichtslos ist, aber öffentlich inszeniert wird, dann wird es doch der Zweck dieser Handlung sein, dass wir über ihre »Meta-Ebene« nachdenken. (Gewissermaßen ähnlich wie bei der Kunst, deren Zweck ja die umrissene Lücke ist.)
Gerufen sein oder fordern
Die neun Damen hatten zuvor an der Freiburger Universität katholische Theologie studiert. Dann hatten sie sich gemeinsam am Freiburger Collegium Borromaeum beworben – aussichtslos.
Ich will auf nur einen Aspekt verworrenen Irrtums hinaus, denn aus diesem können wir ganz konkret etwas lernen – auch als Ungläubige! Lasst mich also zunächst in Stichworten eine Reihe weiterer Falschheiten abhandeln.
Da wäre zunächst die Respektlosigkeit und moralische Qualifikation. suedkurier.de, 28.5.2025 titelt: »Die Kirche verbietet es – deswegen tun sie es: Neun Frauen bewerben sich für das Priesteramt«.
Welche moralische Qualifikation hat man für ein katholisches Priesteramt, wenn man öffentlich eine Handlung begeht, ausdrücklich weil das Angestrebte bei Erfolg eine Häresie darstellt?
Selbst wenn es möglich werden sollte: Unter welchem Segen könnte das Wirken eines Priester stehen, wenn es damit begann, der Kirche konkreten Schaden zuzufügen?
Die Damen argumentieren, dass sie sich »berufen fühlen« zum Priesteramt. Ist das eine ähnliche Argumentation wie in der Trans-Debatte, wo ein Mann sich als Frau »fühlt«, also angeblich eine Frau »ist«? Die Damen sind nicht zum Priesteramt berufen, zumindest logisch nicht in dieser Kirche, wie auch immer sie sich zu fühlen meinen.
Nein, es gibt kein »Recht«, Priester zu werden, weder für Frauen noch für Männer. Berufung ist nicht persönliche Ambition. Gerufen sein und fordern sind nicht dasselbe.
»Ich will dienen« und »die Kirche soll zweitausend Jahre Tradition umwerfen, damit ich mich verwirklichen kann«, sind nicht dieselbe Aussage.
Die Damen wollen Teil eines Clubs sein, den sie aber zuvor verändern und zu einem anderen Club machen wollen. Es erinnert an jene toxischen Ehepartner, die den Partner erst heiraten und sofort zu einem ganz anderen Menschen umformen wollen. Was oder wen wollen solche Leute eigentlich wirklich heiraten? Diese Damen »wollen« Priesterinnen werden, sagen sie, aber ausgerechnet in einer der wenigen Kirchen, in denen das nicht möglich ist?
Die Damen wollen wohl nicht zu den Protestanten wechseln, wo bekanntlich alles und sein Gegenteil möglich ist (außer konsequente Bibeltreue).
Nein, sie wollen ausdrücklich »katholische Priesterinnen« werden (also »schwarze Schimmel« oder »kreisförmige Rechtecke«). Sprich, sie wollen die Kirche »protestantischer« machen.
Die Damen erinnern mich an Angehörige einer bestimmten anderen Religion, welche diese für die einzig wahre halten. Rätselhafterweise wollen sie abernur ungern dort leben, wo diese Religion auch wirklich den Alltag bestimmt. Dafür ziehen sie in andere Gebiete, die zunächst explizit nicht zu ihrer Religion passen, und formen diese um – teils mit Gewalt, oft unter Ausnutzung von Gutgläubigkeit.
(Theo-)Logisch
Zu solchen psycho-logischen und einfach-nur-logischen Argumenten gesellen sich natürlich die theo-logischen Argumente.
Der Dekan der Theologischen Fakultät der Uni Freiburg hat für die Respektlosigkeit der neun Damen eine »Erklärung des Respekts für Freiburger Studentinnen« veröffentlicht (theol.uni-freiburg.de).
Dass darin Unsinn enthalten ist, lässt sich bereits anhand des einleitenden Satzes ahnen, wo tatsächlich die Rede ist von »Theologiestuden:tinnen« [sic!]. (Kirche und Glauben stellen ja selbst eine Art von Parallelwelt zum schnöden Alltag dar, siehe Joh. 17. Dies aber ist eine Parallele zur Parallele. Erstaunlicherweise kommt sie aber nicht wieder in dieser Realität an – sondern in einer noch mal ganz anderen Dimension – lest selbst.)
(Ich grübele, am Rande: Wer hat die neun Damen eigentlich ermuntert, wer hat hat es womöglich koordiniert? Cui bono?)
»Gründe, die gegen die Priesterweihe von Frauen vorgetragen werden, können aus theologisch-wissenschaftlicher Perspektive nicht überzeugen«, so heißt es. Aha, die katholische Fakultät Freiburg weiß es besser als zweitausend Jahre Tradition? Hat sich womöglich jemand in jener Fakultät vertan und wäre lieber Protestant?
Für eine leicht verständliche Argumentation, warum solche Behauptungen schlicht falsch sind, sei etwa die »Vergewisserung« von Dominikus Kraschl empfohlen (researchgate.net, Last).
Zu den theologischen Gründen aber gesellt sich ein psychologischer – und das ist der Punkt, an welchem es auch für Atheisten und Beobachter extra lehrreich wird.
Die einen, die anderen
In der (westlichen) säkularen Debatte hat sich eine schillernde Praxis etabliert, in der Frauen abwechselnd eine Sonderstellung einfordern und diese dann wieder leugnen können, je nach »Bedarf«.
In der gelebten kognitiven Dissonanz der sogenannten Moderne kann eine Frau sagen, dass sie speziell als geborene Frau wichtige Sichtweisen einbringt, die Männern verschlossen sind – aber dass Männer und Frauen keinesfalls kognitiv unterschiedlich sind. Alle Menschen sind gleich, aber Frauen sind gleicher?
Ich versprach, dass diese Angelegenheit auch jenseits kirchlicher Spielereien relevant und interessant sein würde. Interessant war es, hoffe ich, auch bislang, doch hier wird es auch relevant!
Es gilt heute als verbotene Wahrheit, dass Menschen unterschiedlich sind. (Deshalb ist »Diversity« ein kommunistisches Gegenteilwort: Es heißt Verschiedenheit, bedeutet aber verlogene Gleichmacherei – außer wenn es politisch andersherum nützlicher wäre, natürlich.)
Was du bist
Menschen unterscheiden sich, Männlein wie Weiblein. Die einen sind bessere Bewahrer (bloß in der Politik richten sie erstaunlich viel Zerstörung an). Die anderen sind bessere Kämpfer (außer wenn sie gehirngewaschen wurden und verweichlicht sind).
Kinder müssen Kinder sein dürfen. Und Erwachsene sollten endlich erwachsen werden.
Das gehört zum Kern dessen, was heute attackiert wird: das Recht und die Pflicht des Einzelnen, er oder sie selbst zu sein.
Natürlich werden der Westen und das Christentum attackiert. Natürlich ist Beliebigkeit ein Werkzeug des Bösen. Die ultimative Form der Beliebigkeit ist aber eine Beliebigkeit des »Ich«.
Ich weiß, es klingt wie eine Binse fürs Poesiealbum. Doch in dieser von bösen Mächten verwirrten Zeit ist es revolutionär und skandalös, zu sagen: Nimm an, was du bist!
Nimm an, was du bist. Erforsche, wer genau du bist. Vervollkommne das, was du bist.
Wenn du ein Löwe bist, sei ein stolzer, starker Löwe. Wenn du die Nachtigall bist, dann singe das schönste Lied. Eine Nachtigall aber, die sich als brüllender Löwe versucht, oder ein Löwe, der wie die Nachtigall singen will – ach, lasst uns darüber nun den Kopf schütteln und uns wieder Ernsthaftem zuwenden.