Wenige Tage nach der Explosion im Tesla Cybertruck in Las Vegas vor einem Trump-Hotel, kursiert in den Fluren und Ecken des Internets der Screenshot einer E-Mail, die das Manifest des Toten im Cybertruck sein soll.
Bei Reddit wird dieses Manifest ganz allgemein unter dem Stichwort Verschwörung (»Conspiracy«) diskutiert, aber auch speziell im Kontext von UFO-Politik.
Im dritten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends seit Geburt jenes Außerirdischen in Bethlehem diskutieren zurechnungsfähige Menschen ernsthaft über UFO-Politik – ja, das klingt wie Science Fiction. Dieses Manifest aber wird zum Gegenstand, weil in dieser E-Mail über die Drohnen gesprochen wird, die in den vergangenen Wochen in den USA gesichtet wurden (tagesschau.de, 16.12.2024). Diese sollen laut jenem Manifest von einer Art »Schwerkraftantrieb« (wörtlich: »gravitic propulsion systems«) in der Luft gehalten werden, und sie sollen aus China stammen.
Ich schrieb 2023 den Essay »Ballons, sehr lustig, bis zuletzt«. Es ging um einen chinesischen Ballon mit elektronischen Geräten an Bord, der einmal quer über die USA geflogen war. Ich präsentierte die These, dass dies tatsächlich ein Testballon war, aber nicht wirklich ein Wetter-Testballon, und auch nicht wirklich ein (aktiver) Spionage-Ballon – dafür war es doch alles zu offensichtlich –, sondern ein von China betriebener Test, wie die amerikanische und allgemein westliche Öffentlichkeit auf ein solches Ereignis reagiert.
Das Ergebnis eines solchen »Tests« wäre gewesen: Die Menschen machen dümmliche Witze darüber … und nehmen es hin, leben ihr Leben einfach weiter, so gut und so lange sie können.
Dann kamen 2024 die Drohnen, und auch die wurden von der Öffentlichkeit hingenommen. Und dann sprengte sich angeblich ein Mensch in die Luft, um angeblich auf die Drohnen hinzuweisen.
Verzweiflung … oder UFOs
Ich selbst hatte ja die These aufgestellt, dass jener Selbstmord im Cybertruck schlicht eine emotionale Verzweiflungstat eines verlassenen Mannes war. Jetzt aber soll es eine Warnung vor UFOs mit Schwerkraftantrieb aus China gewesen sein – aha!
Ich will mich ja gern korrigieren, wenn und weil jetzt »die Wahrheit« und »die wahre Motivation« ans Licht kommen, doch ein Detail daran stört mich noch arg.
Intelligenz bedeutet auch Mustererkennung. Gerade »wir Verschwörungstheoretiker« rühmen uns ja der Fähigkeit, Muster und Zusammenhänge zu erkennen und diese dann auch mutig zu benennen, wo der Blick des trägen und von Propaganda gelähmten Geistes nur Zufall und den Nebel des Infokriegs wahrnimmt.
Mir fällt an diesem Manifest ein sehr ungewöhnliches Meta-Detail auf: Man hört ja immer wieder von Attentätern, dass sie ein Manifest veröffentlichten. Doch das verschwindet regelmäßig in den (digitalen) Asservatenkammern des FBI und wird von den Zensoren der sozialen Medien und großen Suchmaschinen zensiert.
Dieses Manifest aber ist nicht nur vielfach im Internet zu finden, sondern wird sogar von ultra-mainstreamigen Medien wörtlich reproduziert, ja geradezu beworben, etwa bei newsweek.com am 3.1.2025. Und das FBI hat wohl ausdrücklich gesagt, dass sie das Manifest für echt halten.
Zur Frage, wie glaubwürdig solche Aussagen des FBI sind, empfehle ich meinen Essay »Facebook, das FBI und du« vom 26.8.2022. Damals sprach das FBI »Warnungen« aus, die de facto und wahrheitswidrig das Hunter-Biden-Laptop und dessen Inhalt als »russische Desinformation« abtaten, woraufhin Facebook Meldungen darüber passend zur US-Wahl zensierte. Es erscheint mir nach aller Lebenserfahrung nicht zwingend, etwas schon allein deshalb zu glauben, weil das FBI will, dass man es glaubt.
Aus dem Kaninchenbau
Etwas fällt da aus dem Muster! Warum haben die politik- und behördennahen Mainstream-Medien ein Interesse daran, Theorien über chinesische Drohnen so publik werden zu lassen?
Und warum bitteschön sollte sich ein US-Soldat und Vater in einem Tesla Cybertruck selbst erst erschießen und dann in die Luft sprengen, um auf ein Manifest hinzuweisen, das bloß als E-Mail existiert, zumal Medien doch regelmäßig solche Schreiben zensieren?
An diesem Punkt meines Nachdenkens über Drohnen, Manifeste und den chinesischen Schwerkraftantrieb stelle ich wiederum an mir selbst ein bekanntes Muster fest: Ich beginne, das zu tun, was man im Amerikanischen »to go down a rabbit hole« nennt – das bedeutet etwa: sich in den Tunneln eines gedanklichen Kaninchenbaus zu verlieren.
Was zum Handwerk gehört
Ich bin noch immer etwas geschockt von jener Prophezeiung, dass sich die Glockenkurve namens »menschliche Intelligenz« bald radikal verändern wird. Die Mitte wird herausbrechen, und es werden sich zwei Glocken bilden:
Die Intelligenz der einen Glocke ist von Smartphones, Propaganda und der Jagd nach Dopamin zerstört. Die Intelligenz der anderen Glocke ist von Allgemeinbildung, Büchern und aktiver Übung in logischem Schließen trainiert, und sie wird vor allem durch die Integration des eigenen Denkens mit unterstützender künstlicher Intelligenz zur neuen hybriden Intelligenz.
Intelligenz wird zum Handwerk. Und Meisterschaft in einem Handwerk bedeutet immer auch, sich Gedanken über genau dieses Handwerk zu machen. Ein Schreinermeister etwa versteht sich nicht nur auf den Möbelbau, sondern vermag auch über die Kunst der Schreinerei zu reden.
Ein echter Bestatter ist nicht bloß geschickt darin, Körper für ihr Ende durch Flammen oder Würmer vorzubereiten; ein Bestattermeister verfügt auch regelmäßig über weise Einsichten übers Bestattetwerden allgemein.
Ebenso sollten Intelligenz-Handwerker angeben können, was sie unter Intelligenz verstehen, was alles dazugehört – und was nicht dazugehört!
Noch viel zu wenig
Wir sagten, dass Intelligenz auch (und wesentlich) bedeutet, Zusammenhänge zu sehen – und sie sehen zu können –, und dann korrekte Schlussfolgerungen zu ziehen.
Ich will mir aber immer wieder bewusst machen, dass es, um Zusammenhänge zuverlässig erkennen zu können, zwingend die Fähigkeit und Demut braucht, ehrlich zu erkennen, wo keine plausiblen Zusammenhänge bestehen, wo die Story nicht stimmt.
Oder, um der spekulativen Natur mancher dieser Entdeckungen gerecht(er) zu werden: Ich will mich darin üben, ehrlich und präzise auf mein »logisches Bauchgefühl« zu hören und ganz besonders darauf, wo der Wunsch nach einer Erklärung mich verleitet haben könnte, eine bestimmte Erklärung für wahr zu halten, wenn tatsächlich keine der logischen und sichtbaren Möglichkeiten einen auch nur potenziell endgültigen Sinn ergibt.
»Prüfe alles, glaube wenig, denke selbst«, so gebe ich mir — und damit meiner geschätzten Leserschaft – als Mantra vor. Und das Ergebnis dieses prüfenden Vorgangs sollte bisweilen eben lauten, dass ich von Sokrates inspiriert feststelle: Ich weiß, dass ich in dieser Angelegenheit wenig weiß – und dass mit den aktuell vorliegenden Informationen wenig zu wissen ist.
Ich will mich aber nicht grämen: Ich weiß doch auch, dass nur derjenige dazulernen kann, der sich dessen bewusst ist, dass er noch viel zu wenig weiß.